Autor Thema: Das Verhältnis von Charakterklassen, Leveln, Nischen, Balance  (Gelesen 5509 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline Feuersänger

  • Stollentroll
  • Moderator
  • Titan
  • *****
  • Deadly and Absurdly Handsome
  • Beiträge: 32.989
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Feuersänger
Denke, das kann man so abzeichnen.

Nehmen wir mal D&D: das ist ja ein klassisches Spiel mit starkem Nischenkonzept, zum Beispiel. Wobei aber je nach Edition die Klassen unterschiedliche Nischen ausfüllen können.
Ursprünglich waren Klassen sicher als Nischenschablonen vorgesehen. AD&D beispielsweise stellt sehr effektiv sicher, dass dem Warrior in Sachen Nahkampf niemand etwas vormacht, während niemand außer dem Dieb auch nur versuchen darf, Fallen zu entschärfen, und so weiter. 
Das verkehrt sich allerdings in der 3E ins Gegenteil. Hier kann man Klassen völlig anders spielen als der Laie gemeinhin erwartet -- eine Aussage wie "Ich spiele einen Kleriker" ist also absolut nutzlos im Hinblick auf die Nische, denn dieser Kleriker könnte auch ein bogenschießender Stealth-Experte sein.
In 5E ist es wieder deutlich rigider, aber jede Klasse kann immer noch aus einer (kleineren) Bandbreite von Nischen auswählen. Bemerkenswert finde ich hierbei, dass der Barbar prädestiniert für die Tank-Nische und der Paladin für den Bruiser ist, also genau andersrum als bei quasi allen anderen Spielsystemen seit Anbeginn der Zeit.

Sinnvoll finde ich, einerseits Nischen im Kampf und außerhalb des Kampfes zu unterscheiden. Jeder Charakter sollte imho in Kampf- und Nichtkampfsituationen eine Nische haben. Kampfnischen können z.B. sein "Bruiser", "Fernkampf", "Tank", "Crowd Control" und so weiter. Nischen außerhalb des Kampfes teilen sich in Soziales und Exploration auf, also z.B. Verhandeln, Fallen entdecken, Spurenlesen und so weiter.

Wie du schon sagst, ist eine noch so hohe Kompetenz natürlich nichts wert, wenn sie nie relevant wird. Da muss man auch nicht den Zuckerbäcker bemühen. Wir hatten das z.B. mal, als wir mit D&D 3.5 die Red Hand of Doom durchgespielt haben: in den chonologisch ersten 4/5 des Abenteuers gibt es NICHTS, wofür man einen Schurken bräuchte - keine Fallen zu finden oder zu entschärfen, beispielsweise. Wir hatten dann auch keinen Schurken dabei, weil der SL uns das netterweise im Voraus gesteckt hatte. Die paar Geheimgänge haben wir auch so gefunden. Die paar abgeschlossenen Türen ließen sich einfach brachial zerklopfen (Ask any Fighter - a hammer is just a heavy set of lockpicks). Lediglich im letzten Fünftel gab es _eine_ richtig saftige Falle -- und die mussten wir halt fressen. Aber danach ging es dann wieder problemlos weiter.
War ja insofern bei uns alles okay -- aber _wenn_ wir einen Schurken dabeigehabt hätten, hätte der sich wohl ziemlich redundant gefühlt.
Der :T:-Sprachführer: Rollenspieler-Jargon

Zitat von: ErikErikson
Thor lootet nicht.

"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

Kleine Rechtschreibhilfe: Galerie, Standard, tolerant, "seit bei Zeit", tot/Tod, Stegreif, Rückgrat

Offline 1of3

  • Richtiges Mädchen!
  • Titan
  • *********
  • Proactive Scavenger
  • Beiträge: 18.983
  • Username: 1of3
    • Sea Cucumbers and RPGs
OK, auf besonderen Wunsch:

Kapitel 1-A: Combat Roles
Wir haben Nischen kennen gelernt, als Problemstellungen, die bestimmten Situationen Spotlight (oder besonderes Kompetenzgefühl) bereiten können. Eine Nische in diesem Sinne wird offenbar wenn alle dich angucken und sagen: "Fühl dich völlig frei. Sie gehören ganz dir."

Wenn wir nun ein Kampfsystem aufrufen, funktioniert dies nicht mehr ohne weiteres. Die Rundenstruktur bestimmt, dass jeder Charakter regelmäßig dran. Auch hier können in begrenztem Umfang Nischen auftreten, wenn etwa bestimmte Effekte nur gegen bestimmte Gegner funktionieren. Oder gegeben bestimmte Gegner anders funktionieren als normal, aber mit: "Hier ist ein Monster, macht was damit!", lässt sich keine Nische abrufen.

Also z.B. kann es zum Beispiel vorkommen, dass ein SC eine überraschende Sonderkompetenz gegen Konstrukte oder Remorrhaze hat und fortan, wann immer Konstrukte oder Remorrhaze auftreten, ordentlich aufdreht. Aber was passiert denn normalerweise?

Auch das wird sicherlich von der Konfiguration der Gruppe abhalten. Einige Charaktere bleiben eher hinten und werfen Feuerbälle, einige gehen in den Nahkampf. An dieser Stelle muss man eher von einer dynamischen Rollenverteilung als von festen Nischen sprechen. Dynamisch auch, weil, wer steht vorne, wenn der Tank am Boden liegt?

Offline Antariuk

  • Legend
  • *******
  • Beiträge: 4.797
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Antariuk
    • Plus 1 auf Podcast
Dynamisch vor allem auch deshalb als dass eine Gruppe in der Praxis nicht immer die Idealfkonfiguration aufbauen, bzw. zum Zuge bringen kann. Variable Umstände wie körperliche Gesundheit (der SCs), Lichtverhältnisse oder schwieriges Gelände verhindern oft eine Bilderbuchaufstellung oder -verteilung.

Spannend wird es mMn nach wenn man dazu noch einberechnet dass ein SC, der von einem anderen Spieler gespielt wird (weil der Besitzer vielleicht krank ist), die angedachten Nischen oft mit merklich veränderter Kompetenz abdeckt.
« Letzte Änderung: 4.12.2016 | 13:11 von Antariuk »
Kleiner Rollenspielstammtisch: Plus 1 auf Podcast

"Ein Zauberer mag noch so raffiniert sein, ein Messer im Rücken wird seinen Stil ernsthaft versauen." - Steven Brust