Autor Thema: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"  (Gelesen 1946 mal)

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Offline klendathu

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Hallo Leute,

ich recherchiere gerade zu einem kulturwissenschaftlichen Artikel über Rollenspiele und deren Konstruktionen und Zuschreibungen von und an Behinderung(en). Da meine PnP-Sammlung nun nicht allumfassend ist und ich dazu neige sicherlich auch Dinge zu überlesen, würde ich Euch bitten mir doch mal Beispiele aus Systemen bzgl. Behinderungen auf Crunch- oder Fluffseite zu nennen. Dabei interessieren mich sowohl psychische als auch physische Behinderungen (bzw. Impairments, Disabilities, sog. Geisteskrankheiten und deren Synonyme, sog. Verkrüppelungen, "Schwachsinn", "Idiotie" und die ganzen anderen diskriminierenden Begriffe).
Am besten wäre eine kurze Nennung der jeweiligen Quelle mit Seitenangabe und - wenn möglich- auch eine kurze Beschreibung um was es geht.

Bin mal gespannt, was dabei herauskommt,

Vielen Dank im Voraus!  :D

PS: Ich hoffe, das Thema ist hier richtig aufgehoben, ansonsten gerne verschieben, danke.
[Edit: Behinderungsbegriff erweitert]
« Letzte Änderung: 26.02.2017 | 19:54 von klendathu »
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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #1 am: 26.02.2017 | 19:38 »
Das klassisch-"realistische" Beispielsystem wäre vermutlich GURPS. Da tauchen die verschiedensten Arten von körperlichen oder geistigen Behinderungen als mögliche Nachteile auf, mit denen man seinen Charakter bei seiner Erschaffung ausstatten kann, um Bonuspunkte zu bekommen; dafür muß dann der Charakter im Spiel auch den seiner Behinderung entsprechenden individuellen Spezialregeln folgen. (Okay, offensichtlich ist der Grundansatz "wenn ich unter Verfolgungswahn leide oder nur einen Arm habe, bin ich dafür auf anderen Gebieten besser als Leute ohne" an sich erst mal nicht unbedingt realistisch, und es kursiert in Rollenspielerkreisen schon der eine oder andere Witz darüber. ;) GURPS ist allerdings schon recht stolz auf seinen Detailgrad und die damit oft verbundene Recherche, und das manchmal mMn durchaus zu Recht.)

Offline Grandala

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #2 am: 26.02.2017 | 19:48 »
Wenn geistige Krankheiten unter die von dir gebrauchte Definition von Behinderung fallen dann:

Quelle: Vampire the Masquerade 20th

Personality Archetypes: Nature and Demeanor - Eine Liste mit teils krankhaften Charaktereigenschaften, die beim Ausspielen eine Ressource wieder auffüllen (unter anderem solche wie Monster, die definitv nach SGBXIII als "Seelische Behinderung" benannt werden würde, auch Sociopath ist dabei) S. 87ff

Malkavianer -  Ein Vampirclan in dem alle Mitglieder eine Geistesstörung aufweisen S. 60f
die haben sogar eine einege Disziplin -Dementation- (Vampirkraft die auf ihrer kollektiven Geistesstörung beruht) S. 147ff

Morality - ist bei V20 ein verregeltes Punktesystem in dem auch die Spieler von dem "Pfad der Menschlichkeit/Path of Humanity" in andere Moralsysteme abweichen können und somit verhalten an den Tag legen (können) die in unserem sozialen Kontext als Symptome einer seelischen Behinderung interpretiert werden würden S. 309ff

Merits and Flaws -  ein System nachdem man so genannte Freebie-Points ausgeben/erhalten kann wenn man für den Charakter solche Vor-Nachteile kauft. Darunter auch klare körperliche Behinderungen, Erkrankungen und Störungsmuster wie Hard of Hearing, Bad Sight, Addiction, Lame, Blind ect.  S.479ff

EDIT:
Derangements - werden in einer Liste als Beispiele angegeben. Diese enthält Bipolar Disorder, Bulimia, Fugue, Hysteria, Megalomania, Multiple Personalities, Obsessive-Compulsive, Paranoia, Schizophrenia,   S.290ff
« Letzte Änderung: 26.02.2017 | 20:00 von Grandala »
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Offline Grandala

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #3 am: 26.02.2017 | 20:05 »
Call of Cthulhu - da kann ich grade leider nix konkretes zu schreiben aber das gibt eigendlich alles her um PTBS-das Rollenspiel zu sein.
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Offline Viral

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #4 am: 26.02.2017 | 20:11 »
Die ganzen White-Wolf/Onyx Path Spiele haben doch ein Point By und spätestens in den Player Handbooks gibt es immer Vorteile und Nachteile, die unter Anderem physische und psychische Vor und Nachteile enthalten.

Psychische Krankheiten bzw. Auswirkung von Horror ist in Unknown Armies und auch Teil in Shadow of the Demon Lord aufgeführt.

Und dann gibt es natürlich noch das Rollenspiel über das man nicht spricht. Dort gibt es diverse Möglichkeiten, dass Charaktere auf unterschiedlichste Weise verstümmelt werden.

Offline Sir Markfest

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #5 am: 27.02.2017 | 09:34 »
Cthulhu hat sogar einen eigenen Band dazu: In "Dementophobie" dreht sich alles um den Wahnsinn und andere geistige Störungen samt Regeln und Tipps wie diese im Spiel eingebaut werden können.

Offline Rhylthar

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #6 am: 27.02.2017 | 09:42 »
Hat Shadowrun nicht auch sowas?

Im Kompendium zur 3.01D waren meines Erachtens unter "Flaws & Edges" auch körperliche und geistige Beeinträchtigungen enthalten.
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

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Offline YY

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #7 am: 27.02.2017 | 10:23 »
Hat Shadowrun nicht auch sowas?

Im Kompendium zur 3.01D waren meines Erachtens unter "Flaws & Edges" auch körperliche und geistige Beeinträchtigungen enthalten.

Bei GURPS als Baukasten kann man manches evtl. noch nachvollziehen, aber Shadowrun musste sich zeitweise schon die Frage gefallen lassen, warum man Nachteile verregelt, die den SC direkt aus dem Runnergeschäft rauskegeln würden, wenn sich nicht Gruppe und SL krummlegen, um ihn irgendwie drin zu halten.
Da passt das Angebot an Nachteilen nicht zum Spielfokus.


Was bei GURPS im Vergleich zu anderen Systemen auffällt, sind die teils extremen Auswirkungen diverser mentaler Sachen - Wahnvorstellungen u.Ä. sind ja Dinge, die man in anderen Systemen gerne mal mitnimmt, um Punkte zu schinden. Das überlegt man sich bei GURPS zwei mal...

Grundsätzlich ist das Ganze da recht pragmatisch und nüchtern umgesetzt. I.d.R. passt es regeltechnisch auch ganz gut, bis auf einige kleine Ausnahmen.
Und GURPS ist das einzige mir bekannte System mit einer Unterscheidung, ob man nur als Individuum zu wenig Beine hat oder ob die ganze Spezies grundsätzlich keine Beine hat  :o ;D


Diskriminierende Begriffe kenne ich hauptsächlich aus Deadlands, weil man da recht erfolgreich versucht hat, den damaligen Ton und Umgang mit den entsprechenden Behinderungen zu treffen.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline Rhylthar

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #8 am: 27.02.2017 | 10:28 »
Zitat
Bei GURPS als Baukasten kann man manches evtl. noch nachvollziehen, aber Shadowrun musste sich zeitweise schon die Frage gefallen lassen, warum man Nachteile verregelt, die den SC direkt aus dem Runnergeschäft rauskegeln würden, wenn sich nicht Gruppe und SL krummlegen, um ihn irgendwie drin zu halten.
Da passt das Angebot an Nachteilen nicht zum Spielfokus.
Geht. Nicht, dass ich es besonders toll gefunden hätte, aber ein lahmender (als Beispiel) Magier hat im Hauptgeschehen evtl. keine großen Einschränkungen, da er sich im Astralraum vollkommen normal bewegen kann. Der Extremfall ist der komplett gelähmte Decker, der mit entsprechenden Maschinen auch vom Bett aus operieren kann.
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Offline YY

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #9 am: 27.02.2017 | 10:36 »
Genau an letzteren dachte ich - um den muss man nämlich ganz schön herumeiern, wenn man ehrlich ist.
Und für das recht blöde Klischee wärs mir das nicht wert.

SR ist aber auf der anderen Seite das Paradebeispiel für Behinderungen, die Punkte geben, aber eben nicht behindern. Schwere Mondstauballergie und so...  ;D
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Offline Rhylthar

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #10 am: 27.02.2017 | 10:39 »
Genau an letzteren dachte ich - um den muss man nämlich ganz schön herumeiern, wenn man ehrlich ist.
Und für das recht blöde Klischee wärs mir das nicht wert.

SR ist aber auf der anderen Seite das Paradebeispiel für Behinderungen, die Punkte geben, aber eben nicht behindern. Schwere Mondstauballergie und so...  ;D
Dass es häufig nur zum Abgreifen von Punkten gut war ("Dunkles Geheimnis" ist mein Favorit), steht außer Frage. Wobei manche Dinge (siehe Magier) eben auch gehen und das Spiel nicht künstlich behindern.
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Ucalegon

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #11 am: 27.02.2017 | 12:09 »
Was psychische Erkrankungen betrifft:

Das Spieler-Handbuch, 3te Edition für das deutsche Cthulhu hat auf S. 177 bspw. eine Zufallstabelle für ein "kurzzeitiges temporäres Trauma", das mit dem Verlust von "Stabilitätspunkten" einhergeht. In der Tabelle werden für die unterschiedlichen Auswirkungen Begriffe wie Phobie, Manie, Hysterie und Wahn benutzt. Beginnend auf S. 185 folgt dann eine beschreibende Liste psychischer Störungen wie Schizophrenie, Depression, Sucht und Persönlichkeitsstörungen. Auswirkungen auf bspw. Fertigkeitswerte eines SC sind Teil der Beschreibung, wenngleich nicht gesagt wird, was man mit den einzelnen Störungen im Spiel genau anfangen soll.

Laut dem Agent's Handbook für Delta Green, S. 69ff äußert sich eine Temporary Insanity - vergleichbar mit dem temporären Trauma in CoC - in Flucht (flee), Kampf (struggle) oder Unterwerfung (submit). Psychische Störungen (Disorders) werden als Verarbeitung verschiedener Arten von Traumata und als chronisch charakterisiert. Sie folgen aus dem Erleben von Gewalt, Hilflosigkeit und über-/unnatürlichen Erfahrungen. Im Vergleich zu CoC verschiebt sich der Fokus dadurch und durch die Art der Störungen in Richtung PTBS. Andererseits findet man hier z.B. auch die Zwangsstörung (OCD) als Kategorie wieder, was weiterhin fragwürdig erscheint.

Einen anderen Weg geht Lovecraftesque. Hier findet man von S.75 bis 87 einen Aufsatz über "Mental Health and Lovecraft", der die oben angeführte Tradition kritisch reflektiert und Tipps für einen angemessenen Umgang mit dem Thema im Spiel gibt.   

Offline KhornedBeef

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #12 am: 27.02.2017 | 12:25 »
Delta Green verbindet damit auch die schöne Option, Wahnsinn fernzuhalten indem man den Stress auf seine sozialen Kontakte projeziert und diese damit an die Wand fährt.

Ich bin überrascht dass es noch nicht genannt wurde: Warhammer Fantasy RP. Steht nicht gerade für eine ernsthafte und rücksichtsvolle Behandlung des Themas. Körperlicher Mutation und geistige Störungen sind da mehr oder weniger gleichberechtigt. Das heißt halt auch, du kannst eine "realistische" Störung wie Händezittern bekommen, oder dir wächst eine zweite Nase.  ¯\_(ツ)_/¯
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Offline fivebucks

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #13 am: 27.02.2017 | 12:40 »
In Space Master gibt es sehr lange Tabellen mit verschiedenen Beeinträchtigungen; unter anderem Down-Syndrom.
   

Offline bobibob bobsen

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #14 am: 27.02.2017 | 13:09 »
Geisteskrankheiten gab es schon zu AD&D Zeiten. Im DMG findet sich eine Liste mit 20+ Geisteskrankheiten und ihren Auswirkungen auf das Spiel.

Offline Phantar

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #15 am: 27.02.2017 | 13:40 »
In Deadlands gibt es die Mad Scientists, die an unterschiedlichen Ausprägungen von "Geisteskrankheit" leiden können, wobei sich da das meiste auf Wahnvorstellungen, schizoide Anfälle und/oder Paranoia konzentriert. Bestimmte Begegnungen können auch ein dauerhaftes psychisches Trauma bei einem Charakter auslösen.

Speziell im Deadlands (Classic) Quellenbuch "Smith & Robards" wird darauf nochmal näher eingegangen.
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Der Rote Baron

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #16 am: 28.02.2017 | 16:39 »
HERO System hat mit damals Champions als erstes Spiel überhaupt sogenannte "Physical Limitation" eingeführt - 1981, wenn ich mich richtig entsinne. (In der neuen Version heißt es "Complication" statt "Limitation") Damit war dann "Einbeinig", "Blind", "Kein Geruchsinn" usw. abgedeckt, die zwischen 5 bis 25 Punkte zur Charaktererschafung gaben.
"Psychological Limitations" konnten Geisteskrankheiten abbbilden, aber auch Gesinnungen oder starke Überzeugungen oder Charaktereigenschaften sein ("Tollkühn", Ehrenkodex der Tafelrunde", "Fanatischer Islamist").

"Berserk" oder "Enraged" deckt unkontrollierbare Aggressionen ab - je häufiger der Auslöser, je schneller man in die Wut kommt und je schwerer diese wieder  abklingt desto mehr Punkte gibt es.
"Enraged" unterscheidet sich von "Berserk", dass sich die Wut nur auf den Auslöser richtet, bei Berserk flippt mann völlig aus und schlagt auf alles und das kurz und klein.

Zudem gibt es noch "Dependence", "Vulnerability" und "Susceptibility" - alles jedoch am ehesten bei Superhelden oder übernatürlichen/ magischen Wesen zu finden:
Dependence bedeutet, dass ein Charakter Schaden nimmt, falls er ab einem bestimmten Zeitraum eine bestimmte Substance nicht mehr seinem Körper zuführt. Das klingt nach Drogen oder Alkohol, geht aber so schnell nach dem Auslösen, dass es dann recht tötlich wird. Also falls der Drogie in kürzester Zeit stirbt, falls er nach 5 Stunden keine Heroin bekommt, ist diese Suchte eine "Physical Limitation". Falls Water Boy nach einer Stunde aus dem Wasser in kurzer Zeit vertrocknet, dann hat er "Dependence: Water".

Vulnerability gibt an, dass ein Charakter mehr Schaden durch bestimmte Angriffe nimmt. Water Boy z.B. x2 Body & STUN damage from fire/ heat based attacks.

Bei einer Susceptibilty nimmt der Character Schaden von einem Umstand oder der Umgebung, der/die für andere harmlos wäre, z.B. ein Vampir im Sonnenlicht oder Superman von Kryptonit.

Soviel bei HERO System. Hoffe, da ist was für dich dabei.

Quelle: Steven S. Long, HERO System Sixth Edition Volume 1: Character Creation, New York City, NY 2009
zu Dependence: S 419f
zu Enraged/ Berserk: S. 422f
zu Physical Complication: S. 425
zu Psychological Complication: S. 425f
zu Susceptibility: S. 429f
zu Vulnerability: S. 431f
« Letzte Änderung: 2.03.2017 | 08:14 von Der Rote Baron »

Offline klendathu

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #17 am: 28.02.2017 | 18:39 »
Vielen Dank schon mal für die vielen tollen Antworten, weiter so!
Genau so etwas suche ich.
 :d
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Offline ElvisLiving

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #18 am: 3.03.2017 | 11:45 »
In Chronicles of Darknes (nWoD 2nd Edition) bekommen Charaktere immer wieder Conditions, also Zustände. Dies kann z.B. geschehen, indem dir jemand eine Taschenlampe ins Gesicht hält und du erblindest, wenn du einen fehlschlag auf eine soziale Probe erleidest und peinlich berührt bist, oder du Fieber bekommst und deshalb mental ausgelaugt. Oft geben solche einschränkenden Conditions auch einen Würfelabzug auf bestimmte Problem.

Wenn du eine solche Condition hast, sie sich auflöst oder den Spielverlauf gegen die Interessen deines Charakters bestimmt - sprich: Du dir eine plotgenerierende Herausforderung damit stellst, dann bekommt dein Charakter einen Beat (Beats sammeln sich zusammen zu EP)

Solche Conditions können auch von dauerhafter Natur sein. Zum Beispiel kannst du einen Charakter spielen, der blind ist, schüchtern oder Burn Out hat. Dann hättest du diese Condition dauerhaft, bzw. bis zur Behandlung, Therapie, Überwindung, Kur etc.

Anstatt dich also mit Vorteilspunkten zu versorgen, lernt man hier aus solchen Herausforderungen. Vor allem soll es aber dann ein bespieltes Thema werden, wenn eine solche Condition permanent auftritt.

Offline nobody@home

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #19 am: 3.03.2017 | 13:01 »
@ElvisLiving: Klingt oberflächlich betrachtet ähnlich wie bei Fate. Denn natürlich kann ich da im Prinzip eine zeitweise oder dauerhafte Behinderung einfach als Aspekt darstellen, und wenn der den Charakter dann in einer Situation angemessen behindert (also gereizt wird) und sein Spieler mitmacht, kriegt der dafür einen Fate-Punkt.

Andererseits ist das natürlich wieder nicht ganz dasselbe wie das Sammeln von Erfahrungen, sondern mehr eine Art von dramatischem Karma, weil Fate-Punkte nicht zum Horten zwecks späterer Charakterverbesserung, sondern zum Wiederausgeben im Spiel gedacht sind. Ist mein Charakter beispielsweise ein einbeiniger Scharfschütze, dann kann ich Punkte, die ich mit den Problemen, die seine Einbeinigkeit so verusacht hat, verdient habe, direkt wieder verwenden, um z.B. je nach Situation seine Schußergebnisse aufzubessern. Außerdem gibt's keine speziellen Einzelfallregeln dafür, wann genau eine bestimmte als Aspekt modellierte Behinderung jemanden nun exakt wie stark zu behindern hat und wann sie vielleicht eventuell sogar zu seinem Vorteil ist; das müssen Spieler und SL von Fall zu Fall untereinander ausmachen. Der Spieler kann ggf. sogar das Reizen einfach ablehnen, wenn er bereit ist, einen Fate-Punkt dafür auszugeben statt einen zu bekommen -- in dem Fall sorgt die Behinderung in dem konkreten Moment eben ausdrücklich nicht für dramatische Probleme (macht sich nicht ausreichend bemerkbar, der Charakter wächst kurzfristig über sich hinaus, was auch immer), und gut ist.

Ich hätte das als Fate-Fan sicher schon früher anführen können, aber ich war mir nicht sicher -- einerseits kann Fate auf diese Weise sicher so ziemlich jede Art von Behinderung modellieren, andererseits ist das aber auch kein spezielles Behinderungs-Untersystem. Rein mechanisch betrachtet funktionieren ja alle Aspekte praktisch gleich -- auch die, die mit dem Thema gar nichts zu tun haben --, nur bei der Frage, wann sie plausiblerweise zum Tragen kommen können, unterscheiden sie sich (teilweise sehr deutlich) je nachdem, wofür sie eigentlich jeweils konkret stehen.

Offline bobibob bobsen

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #20 am: 3.03.2017 | 13:51 »
Opus anima

das ganze spiel dreht sich um deine verloren gegangene Seele die du versuchst zu finden, zumindest teile davon. Du startest mit starken Einschränkungen und je mehr Seele du findest wirst du gesünder

Offline Chruschtschow

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Re: Suche Beispiele "Rollenspiele und Behinderung(en)"
« Antwort #21 am: 3.03.2017 | 17:58 »
Noch etwas zu Fate, weil ich gerade da den Umgang mit Behinderung ziemlich einzigartig finde. Wie immer bei Fate am Besten am Beispiel:

Wenn ich den Blinden Seher spiele, ist das eben kein Nachteil. Aber auch kein Vorteil. Behinderung wird nicht mit Punkten bewertet. Ja, das wird bei den Prozenten an Behinderung auch getan. Ich kenne aber Betroffene, denen das nur bedingt gut tut, dass man ihre Behinderung so teils gefühlt willkürlich bewertet. Bei Fate ist die Behinderung erst ein Mal neutral und ich kann sie eben zum Vor- wie auch Nachteil nutzen. Vorteil? Klar, ich hatte im Zivildienst einen Sozialpädagogen mit beidseitig spastisch gelähmten Beinen in einer Fortbildung getroffen, der sagte: "Meine Behinderung ist berufsqualifizierend." Das mag zum Teil Trotz, sicher aber auch eine Menge Selbstverständnis und -bewußtsein gewesen sein. Wenn ich das also erst ein Mal neutral als Teil des Menschen einbringen kann statt als expliziten Nachteil, bleibt auch die positive Interpretation offen. Wenn also in einer brenzligen Situation das Licht ausgeht, sind alle SC am Arsch. Für den Seher ist Dienstag.

Und Behinderung ist nur ein Ding, wenn es im Spiel wichtig ist. Ich habe mal nach behinderten Beispiel-SC gesucht. In "Deep Dark Blue" bin ich dann fündig geworden. Da sitzt ein Crewmitglied - der Bordschütze - im Rollstuhl. Im Statblock reichlich Stunts und Aspekte, um andere U-Boote in Stücke zu reißen. Aber kein Wort über den Rolli. Fand ich interessant, ist aber nur konsequent, denn in dem, was die Dame vor allem tut, ist das einfach nicht interessant: andere U-Boote von einer Steuerkonsole aus versenken, Sensorik bedienen, Verbindungen zu einem Konzern nutzen und ähnliches. Fand ich interessant, weil das im Gegensatz zum üblichen Ansatz anderer Spiele steht. Klar, wenn es irgendwo Probleme mit der Mobilität gibt, ergeben sich auch spielmechanische Konsequenzen, es ist aber nichts, was den Charakter zwingend formt. :)

Bitte nicht als Besser-Spieler-Hymne verstehen. Rollstuhlfahren ist erst ein Mal echt mühselig, was man fix merkt, wenn man sich in einem Rolli zum ersten Mal durch eine Stadt bewegt. Da macht es in vielen Systemen und bei deren Schwerpunkt Sinn ein paar Bonuspunkte zu verteilen. Da setzt sich Fate nur halt ein bisschen ab.
« Letzte Änderung: 3.03.2017 | 18:21 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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