Autor Thema: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"  (Gelesen 7130 mal)

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Offline Slayn

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #50 am: 17.08.2014 | 11:30 »
Ja, du bist auch ein Fanboy.

Nö. Ich hab´s auch mit Fate und PDQ# versucht und kam eben nicht zu der für mich wichtigen Stelle, nämlich auch mal sinnlos gegen eine Wand laufen zu können.
Für mich gehört es beim Samurai Drama eben auch dazu das die Charaktere eine reale Chance haben unterzugehen.
Wenn wir einander in der Dunkelheit festhalten .. dann geht die Dunkelheit dadurch nicht vorbei
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Offline Crimson King

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #51 am: 17.08.2014 | 11:39 »
Letzter OT-Post von meiner Seite.

Nö.

Doch. Das ist für Außenstehende wirklich sehr offensichtlich. Aber es verwundert auch nicht, dass Selbst- und Fremdbild da auseinander laufen.


Ich hab´s auch mit Fate und PDQ# versucht und kam eben nicht zu der für mich wichtigen Stelle, nämlich auch mal sinnlos gegen eine Wand laufen zu können.
Für mich gehört es beim Samurai Drama eben auch dazu das die Charaktere eine reale Chance haben unterzugehen.

Das liegt dann womöglich mehr an dir als an FATE. Mit dem System kann man Charaktere wunderbar untergehen lassen.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

Achamanian

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #52 am: 17.08.2014 | 11:51 »

Zwei Punkte die ich für unsere Diskussion hier noch mal besonders herausstellen will:
- es ist ein verbreitetes Phänomen unserer Zeit den Begriff und die Denkschablone "Konflikt" auf alles mögliche anzuwenden
- Konflikt ist eine Geisteshaltung. Es lässt sich tatsächlich fast jede Art von Handlung näherungsweise in eine Konflikt-Schablone hereinpressen. Aber dadurch wird die Einstellung und Motivation auf ein ganz bestimmtes Denkmuster reduziert.

Gerade den zweiten Punkt sehe ich fürs Rollenspiel doppelt kritisch: zum einen verenge ich die Denkmuster aller Charaktere in meiner Phantasie-Welt auf das Konflikt-Schema; zum anderen erziehe ich auch die Spieler dazu ausschließlich in Konflikt-Mustern zu denken.

Das geht jetzt schon sehr ins Allgemeine, also Spoiler:
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Offline D. Athair

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #53 am: 17.08.2014 | 12:00 »
Zwei Punkte die ich für unsere Diskussion hier noch mal besonders herausstellen will:
- es ist ein verbreitetes Phänomen unserer Zeit den Begriff und die Denkschablone "Konflikt" auf alles mögliche anzuwenden
- Konflikt ist eine Geisteshaltung. Es lässt sich tatsächlich fast jede Art von Handlung näherungsweise in eine Konflikt-Schablone hereinpressen. Aber dadurch wird die Einstellung und Motivation auf ein ganz bestimmtes Denkmuster reduziert.

Das ist auch ein Ergebnis deines verkürzten Begriffsverständnisses. Das einerseits nicht die ganze Weite des Wortes erfasst und andererseits die forge-geprägte "Fachvokabel" außer Acht lässt.

... auch der Grund, dass ich keinen Raum sehe, hier meine Gedanken sinnvoll einzubringen.
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Offline Würfelspucker

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #54 am: 17.08.2014 | 12:06 »

Oder zumindest eine nachvollziehbare Definition von konfliktfreier Herausforderung liefert.

Wenn man Konflikt als theoretischer Begriff (wie oben von Zarkaows beschrieben: entschiedene Spielsituation) ist das prinzipbedingt schwierig. Es kann nur Situationen geben, die irrelevant sind und wir könnten uns dann streiten, ob bei einer Herausforderung etwas auf dem Spiel stehen muss.

Bei der Definition mit zwei sich widerstreitenden Interessen wäre ein Beispiel hingegen: Ich klettere auf den Felsen.


Ich teile das Unbehagen von Text bezüglich des Übertragens der Konfliktregeln auf andere Bereiche. Wobei zu beachten ist, dass kein mir präsentes Spiel explizit sagt, dass es die Definition „entschiedene Spielsituation“ verwendet.

Bei Fate Core beispielsweise muss für einen Konflikt „the intent and the ability to harm one another“ vorliegen. Ich habe kein Problem das auch einseitig zu sehen und es für Feuer, Stürme etc. anzuwenden, aber wenn es um diplomatische Verhandlungen oder einen Flirt geht liegt diese Bedingung nicht zwangsläufig vor. Genauso kann damit nicht die Manipulation eines anderen abgedeckt werden.

Wie regele ich nun eine Verhandlung mit jemanden, den ich dazu bringen möchte mich zu unterstützen? Ein Contest liegt auch nicht vor, unsere Ziele schließen sich nicht gegenseitig aus. Bleibt die Challenge, die ich mir je nach Spiellage zusammenstellen muss. Je nach Ausgang der Challenge weiq ich, dann wie erfolgreich die Verhandlung geführt wurde. Damit habe ich zumindest einen Anhaltspunkt, wie groß die  Unterstützung ausfällt aber manchmal würde ich mir schon ein konkreteres System wünschen.

Neben der Challange in Fate, fallen mir noch die Manipulation in Splittermond und die Doors Mechanik in WoD: God Machine ein, mit denen sich so etwas darstellen lässt.

Edit: Ich liefere natürlich keine Definition, sondern nur ein Beispiel.
« Letzte Änderung: 17.08.2014 | 12:09 von Würfelspucker »

Offline Der Nârr

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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #55 am: 17.08.2014 | 12:07 »
Verabschiedet euch vom Konfliktbegriff.

Der Begriff ist inzwischen extrem aufgeladen und eigentlich völlig nichtssagend geworden. In D&D-Sprech gibt es Encounter, bei den Encountern geht es aber auch immer um Konflikte. ("Ich Monster, ich dich mach platt.") In HeroWars/HeroQuest können auch Umwelthindernisse zu Konflikten werden, weil Hindernisse aktiv verstanden werden. Das Umwelthindernis "Erdspalte" hat dann ein Interesse an "hier kommt niemand durch", der Held hat das Interesse "ich will da durch", *zack* ist der Konflikt da.

Manche benennen Lebenspunkte in Stress um und fügen dann gleich noch verschiedene Ausdauerbalken bei, *zack* sind die Regeln konfliktorientiert.

Andere unterscheiden zwischen "task resolution" und "conflict resolution", andere haben aber schon aufgezeigt, dass es diese Unterscheidung in Praxis und Theorie nicht gibt (nicht zuletzt wie oben dargestellt auch HeroQuest, weil da ja eben jeder task als conflict verstanden wird).

Konflikte in Rollenspielen sind zunächst eine Mode. Es ist hip, Konflikte in Rollenspielen zu haben und damit sind nicht Konflikte gemeint, sondern es ist tatsächlich einfach hip, von Konflikten zu sprechen.

Konfliktorientierte Regeln müssen auch nicht weniger kleinschrittig oder sonstwas sein. Gerade wenn "konfiktorientierte Systeme" mit sozialen Lebenspunkten arbeiten, kommen da oft mehrere Proben zusammen, wo ein angebliches klassisches "task resolution"-System nur eine Probe verlangt (entweder gelingt die Überreden-Probe oder nicht, steht das Ergebnis, wird damit weiter gespielt).

Was wird denn tatsächlich oft anders gemacht? Wir haben eine Verregelung von sozialen Prozessen, die soziale Auseinandersetzungen komplexer darstellen (sozialer Stress). Es wird versucht, Unterschiede zwischen verschiedenen Sorten von Konflikten aufzuheben, so dass tendentiell verschiedene Konflikte mit den gleichen Regeln ausgetragen werden können, egal, mit welchen Mitteln sie ausgetragen werden. (Ob ich mit Waffen kämpfe oder mit Worten spreche ist egal. Das ist eher neu, in vielen klassischen Systemen wurden Kämpfe anders ausgetragen, als soziale Auseinandersetzungen oder ein innerer Konflikt. Selbst innere Konflikte gab es aber z.B. schon in DSA sehr früh mit schlechten Eigenschaften. Die waren nur anders verregelt als eine Probe auf Lügen oder ein Kampf.) Reduktion auf Konflikte heißt also erst, Herausforderungen immer durch dieselbe Brille zu sehen und anzunehmen, dass sehr verschiedene Handlungen mit den gleichen Regeln abgehandelt werden können. Ist das nicht das neue? Und das ist in der Tat eine Reduktion, eine Reduktion durch die Rückführung auf allgemeine Regeln, also Abstraktion.

Statt zwischen konflikt- und handlungsorientiert würde ich eher konkrete und abstrakte Regeln unterscheiden. Und dann kann man anfangen, sich Gedanken um den Grad der Abstraktion zu machen. Natürlich ist selbst OD&D abstrakt und auch GURPS ist abstrakt. Es handelt sich also nicht fundamentale Kategorien, etwas ist entweder abstrakt oder konkret, sondern es handelt sich um Idealtypen, an die man sich nur annähern kann, die in ihrer Reinform aber wahrscheinlich niemals auftreten werden (vielleicht, weil es aus logischen Gründen sogar unmöglich ist). Es gibt also nicht entweder abstrakte oder konkrete Regeln, sondern es gibt nur Regeln, die etwas mehr abstrakt oder etwas mehr konkret sind.
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Re: Reduktion von allen Herausforderungen auf "Konflikte"
« Antwort #56 am: 17.08.2014 | 14:27 »
Der Begriff Herausforderung ist genauso problematisch wie der Begriff Konflikt.

Ich verwende die beiden Begriffe fast deckungsgleich und ebenso den Begriff Hindernis. Sie alle beschreiben einfach erstmal Situationen, deren Ausgang nicht geklärt ist, die auf mindestens zwei unterschiedliche Arten Ergebnisse hinauslaufen können (und vielleicht sogar unterschiedlich verlaufen können) und deren unterschiedliche Ergebnisse nicht gleichermaßen von den SCs erwünscht wird. Dann liegt ein Konflikt zwischen SC und Spielwelt (oder bei PvP-Spielen SC und SC) vor.

Wenn denkende, kommunikationsfähige Wesen beteiligt sind, kann ein Kompromiss auf verschiedene Weisen enden: Konsens, Kompromiss (Teilerfolg mit Preis), Niederlage (Rückzug, Schaden) oder Sieg. Etwas anders sieht es aus, wenn die Konfliktparteien nicht wirklich denken oder fühlen, beispielsweise weil man einen Sturm oder eine Feuersbrunst als Konfliktpartei präsentiert. Aber auch dann sind die Ergebnisse Niederlage, Teilerfolg und Sieg möglich - selbst wenn der Sieg nur daraus besteht, ohne Blessuren den Konflikt zu verlassen.

Gute Regelwerke bieten Möglichkeiten an, die unterschiedlichen Ergebnisse eines Konflikts zu ermitteln und in Spielwerte zu übersetzen.

Herausforderungen ohne Konflikt kann ich mir kaum vorstellen, weil das Wort Herausforderung für mich auch die Möglichkeit unterschiedlicher Resultate (Scheitern, Erfolg, Teilerfolg) hat. Um dieses Resultat zu ermitteln braucht man irgendeine Mechanik - und wenn die nur daraus besteht, dass ein SL über den Erfolgsgrad nach seinem eigenen dramaturgischen Empfinden oder Sinn für Realismus entscheidet (was ich persönlich ziemlich Panne finde, aber oft genug passiert). Besser sind für meinen Geschmack Systeme, die solche Entscheidungen nach Wertevergleich (Karma), Kosten (Storypunkte, Bennies) oder Zufallsmechaniken (Fortune, oft Würfel) treffen.

Alles, was keine 2+ Ergebnisse hat, ist weder ein Konflikt, noch eine Herausforderung. Solche Szenen braucht man auch, aber ich würde sie nicht Herausforderungen nennen, sondern Stimmungsspiel.
Dans un quartier qui est triste à tuer
Prends des bombes de peinture et bombe tout
Ecris se que tu penses sur les murs!
Couleurs sur Paris...nanana...
Il est temps de changer... na nana na