Autor Thema: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?  (Gelesen 17986 mal)

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Offline Feuersänger

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Mein Eindruck: fragt man (z.B. als SL bei der Planung einer Runde) beliebige Spieler, zumindest von kampflastigen Systemen (wie D&D), was sie im Spiel haben wollen, kommt meistens als eine der ersten Antworten: "herausfordernde Kämpfe" oder "herausforderungsorientiertes Spiel". Ich selber bilde da keine Ausnahme. Allein: so langsam habe ich den Eindruck, ich verstehe unter "herausfordernd" etwas ganz anderes als die meisten Leute. Darum dieser Thread, um mal herauszufinden wie sich das verhält, und was ihr so darunter versteht.

Jetzt juckt es mich natürlich in den Fingern, erstmal darüber zu schreiben, was _ich_ so darunter verstehe. Aber andererseits möchte ich nicht die Meinungen über Gebühr beeinflussen. Darum werde ich mich für den Anfang erstmal ein wenig zurückhalten. Es sei mir aber gestattet, schonmal vorwegzunehmen, was es meiner Meinung nach _nicht_ heisst: nämlich "die Kämpfe so gestalten, dass sie nur durch überdurchschnittliches Würfelglück zu gewinnen sind". Denn diesen Eindruck habe ich manchmal, wenn ich hier so im Forum lese -- aber es kann natürlich sehr gut sein, dass ich mit dieser Einschätzung (also dass viele so denken) total daneben liege. Umso gespannter bin ich auf eure Antworten.

Edit:
Ich trag's mal hier noch im Startpost nach, damit Querleser meine weiter unten gepostete Bitte nicht übersehen:
Vielleicht tut ihr mir noch einen Gefallen, und unterfüttert eure theoretischen Überlegungen direkt mit einem praktischen Beispiel für Doofe wie mich:

1. was ist das Setup des fraglichen Kampfes?
2. was macht diesen Kampf herausfordernd?
3. wie _konkret_ können die Spieler diese Herausforderung bewältigen?
« Letzte Änderung: 1.05.2016 | 22:40 von Feuersänger »
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Offline Crimson King

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #1 am: 1.05.2016 | 22:17 »
Jeder Kampf, dessen Ausgang nicht vorher feststeht, und dessen teilnehmende Spieler versuchen, den Kampf zu gewinnen oder zumindest einen maximalen Effekt zu erzielen, ist in gewissem Maß herausfordernd. Das ist ja nicht digital.

Der Begriff der Herausforderung muss letzten Endes immer im Gesamtkontext gesehen werden. Ein Kampf mag für sich genommen einfach sein. Speziell bei DnD gibt es immer wieder solche Kämpfe, die den Charakteren keine Niederlagen hinzufügen, sondern lediglich Resourcen entziehen sollen. Dies kann, auch wenn es für sich genommen nicht herausfordernd ist, zur Gesamtherausforderung passen.

 Nicht herausfordernd wäre es, die Kämpfe von vorneherein mit dem Ziel zu konzipieren, die Charaktere gewinnen zu lassen, solange sie sich Mühe geben. In dem Sinne definiert sich die Herausforderung nicht über die Schwierigkeit der Kämpfe, sondern über die Grundeinstellung, mit der die Spieler, speziell die Spielleitung, an die Sache herangehen.
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Pyromancer

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #2 am: 1.05.2016 | 22:19 »
Kämpfe, die nach Schema F ausgefochten nicht ohne inakzeptable Verluste gewonnen werden können.

Offline Grandala

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #3 am: 1.05.2016 | 22:29 »
Also herausfordert wird für mich ein Kampf dann, wenn er durch vermasselte Planung von Seiten der Spieler verloren werden kann/wird. Das beste Beispiel bei DnD war da immer der Drachenkampf. Ein fliegendes feuerspeiendes Ungetüm, das auch noch zaubern kann und dazu übermenschlich Intelligent ins, ist schwer zu schlagen. Noch dazu kommt, dass das Viech auf seinem Hometurf kämpft. Der Drache muss nicht in den Nahkampf gehen und wird wahrscheinlich jede Gruppe einfach verbrennen können, wenn der SL was von seinem Job versteht und den Kampf vorbereitet hat.

So ein Kampf ist ohne Beinarbeit (wie SR das nennt) und ohne Vorbereitung, Absprachen und Planung kaum gewonnen werden kann. Die Antwort auf die Frage, wie ich den Drachen in den Nahkampf bekomme, oder gar zum Landen, ist das, was hier eine echte Herausforderung darstellt.

Der zweite Fall einer Herausforderung, die häufiger vorkommt und die ich sehr schätze ist, wenn die Gruppe aus Gegnern koordiniert abeitet und gut abgestimmt ist. Diesen Kampf, wenn die Kräfte ausgeglichen sind, kann ausßerordentlich anstrengend sein, da man die Taktik der Gegner begreifen und behindern sollte, sprich sich ebenso koordinieren um zu bestehen.

Generell würde ich einfach sagen, herausfordernde Kämpfe sind solche, bei denen ich meinen Kopf mehr benutzen muss als die Würfel, sei es um "Missionsziele" zu erreichen oder einfach nur um überhaupt zu gewinnen/überleben.

Besonders spannend finde ich da auch Encounterreihen, z.B. im Dungeoncrawl (den ich eigentlich hasse wie die Pest) wo vorher klar ist, dass es nicht nur darum geht einen Encounter zu bestreiten, sondern danach auch noch genug Ressourcen über zu haben um auch den nächsten/übernächsten zu bestehen. Besonders bei Spielen wie Midgard oder Shadowrun gewinnt dann irgentiwe an Reiz.

Vielleicht fällt mir später noch mehr ein... ist ja auch schon spät
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Offline Isegrim

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #4 am: 1.05.2016 | 22:31 »
Herausfordernd sind Kämpfe, in denen ich als Spieler das Gefühle habe, dass es etwas ausmacht, was mein Charakter veranstaltet. Würfeln und Hitpoints abziehen kann im Zweifelsfalle auch spannend sein, aber wenn man keine Optionen hat außer "Ich greif halt an" fehlt was.
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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #5 am: 1.05.2016 | 22:31 »
Hm. Ich gehe eigentlich schon fast reflexartig davon aus, daß die Spieler in den meisten Abenteuern mit einer Reihe von Herausforderungen werden klarkommen müssen und dabei zumindest in vielen Fällen etwas unter Zeitdruck stehen werden, sich also nicht wie z.B. in einigen Videospielen nach jeder Anstrengung erst mal wieder komplett ausruhen werden können. Außerdem sind natürlich Situationen, in denen die Spieler mit etwas nicht fertigwerden und dann das komplette Abenteuer irgendwie festhängt, auch nicht so dat Jelbe vom Ei.

Insgesamt würde ich also den Schwierigkeitsgrad der meisten Einzelherausforderungen so hoch gar nicht ansetzen. Natürlich sollen sie auf der anderen Seite auch nicht komplett trivial sein (wobei das ohnehin bei den meisten Spielleitern weniger das Problem sein dürfte), aber wenn die Prinzessin um Mitternacht dem Drachen geopfert werden soll und die Gruppe wahrscheinlich im Endgefecht jeden SC brauchen wird, um das noch zu verhindern, dann geht das auch wieder nicht so wirklich konform mit einer Reihe von Vorkämpfen, bei denen voraussichtlich in jedem ein weiteres Gruppenmitglied hops geht, am besten noch die Heiler zuerst...

Offline Feuersänger

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #6 am: 1.05.2016 | 22:39 »
Vielleicht tut ihr mir noch einen Gefallen, und unterfüttert eure theoretischen Überlegungen direkt mit einem praktischen Beispiel für Doofe wie mich:

1. was ist das Setup des fraglichen Kampfes?
2. was macht diesen Kampf herausfordernd?
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Eulenspiegel

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #7 am: 1.05.2016 | 22:50 »
Es gibt zwei Kampfsituationen, die ich als herausfordernd betrachte.

1. Kampfsituation:
Ein Kampf ist herausfordernd, wenn die Spieler(!) herausgefordert werden. Das heißt, wenn die Spieler nicht einfach nach Schema F vorgehen dürfen, sondern kreativ/analystisch herangehen müssen, um den Kampf zu gewinnen.

Beispiel:
Der Gegner ist extrem schnell und lässt sich nur durch Fernkampfangriffe verwunden. (Das finden die Spieler aber erst während des Kampfes heraus.) Sie müssen nun während des Kampfes (nicht bereits vorher!) überlegen, wie sie mit dem Problem umgehen: Habens ie eine Möglichkeit, den Gegner zu verlangsamen? (Nur eine Herausforderung, wenn es keinen Standard-Zauber gibt, der das tut.) Oder STellen sich alle Charaktere möglichst weit auseinander auf, so dass 3 immer ein freies Schussfeld haben und nur 1 SC vom Gegner attackiert wird? Und wie verhindert man, dass der Gegner ausgerechnet den einzigen Fernkämpfer angreift? Hier ist das Hirnschmalz der Spieler gefragt. Und das macht den Kampf herausfordernd.

2. Kampfsituation:
Ein Kampf ist herausfordernd (für die SCs), wenn diese mehr Ressourcen als sonst verbraten müssen, um den Kampf zu gewinnen.

Beispiel:
Normalerweise kostet der Kampf eine paar Pfeile sowie ein wenig Mana an Ressourcen.
Wenn ich jetzt zusätzlich eine kostbare Zauberspruchrolle und ein paar Heiltränke verwenden musste, um den Kampf zu gewinnen, dann ist der Kampf herausfordernd.

Offline YY

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #8 am: 1.05.2016 | 23:05 »
Jeder Kampf, dessen Ausgang nicht vorher feststeht, und dessen teilnehmende Spieler versuchen, den Kampf zu gewinnen oder zumindest einen maximalen Effekt zu erzielen, ist in gewissem Maß herausfordernd. Das ist ja nicht digital.

Das geht schon in meine Richtung.

Ich sehe die Herausforderung i.d.R. auf Spielerebene, was dann meistens heißt, dass die Spieler keine "Gewinngarantie" haben und überlegen dürfen/sollten, was sie überhaupt erreichen wollen und welche Kämpfe sich bis zu welchem Punkt "lohnen".

Kreativität und unkonventionelle Lösungen im eigentlichen Kampf sind in meinen Augen nicht wichtig bzw. halte ich für ziemlich überbewertet, aber man sollte eben doch den Ticker mitlaufen haben, was grad abgeht und ob man nicht lieber Fersengeld gibt...

Dafür ist es um so relevanter, dass man Kämpfe umgehen, im Vorfeld modifizieren usw. kann.


Ich habe das Gefühl, dass ich damit eher in die Gegenrichtung von dem denke, was man landläufig so unter herausforderungsorientiertem Spiel versteht - mit Combat as Sport kann ich nicht viel anfangen.
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Offline Der Nârr

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #9 am: 1.05.2016 | 23:10 »
Für mich kommt es eigentlich auf die beiden Aspekte zusammen, die Eulenspiegel sehr gut auf den Punkt gebracht hat.

Allerdings ist ein Kampf im zweiten Sinne vielleicht herausfordernd, muss aber nicht spannend sein - zum Beispiel, weil der Kampf aus Spielersicht plötzlich leicht wird, indem man seltene Ressourcen einsetzt (z.B. in D&D4 seine Daily-Powers einsetzt, in D&D3.5 hohe Spell-Grade verbraucht, viele Karmapunkte investiert usw.). Darum finde ich letzten Endes den ersten Aspekt entscheidend - wie konzentriert müssen die Spieler dabei sein und sich voll in die Kampfszene einbringen, damit der Kampf erfolgreich und möglichst wenig Verlust für die eigene Seite verläuft?

Wann ein Kampf herausfordernd ist, hängt auch sehr viel von den Ansprüchen der Spieler ab. Wie wichtig ist es ihnen z.B., ob eventuell Geiseln oder mitkämpfende Nichtspielercharaktere auf der eigenen Seite im Kampf drauf gehen?

Auf der anderen Seite wird auch wichtig, wie flexibel der Spielleiter ist. Wenn ich letztlich nur bestimmte Spielaktionen ausführen kann, fühle ich mich als Spieler nicht herausgefordert. Kürzlich hatten wir in einem Steam-Fantasy-Setting einen Kampf gegen einen mächtigen Untoten, der durch Apparate verbessert war - der SL hatte Schläuche, eine Hydraulik an der Rüstung usw. beschrieben. Ich hatte nun den Wunsch, nicht den Untoten anzugreifen, sondern diese Schläuche, da ich als Spieler auf die Idee gekommen war, dass man so den Untoten womöglich schwächen könnte und der Kampf danach leichter wird. Leider blockte der SL dies ziemlich ab, da die Regeln für so etwas Spezielles keine eigene Regel hatten und er wohl Angst hatte, um seinen Kampf betrogen zu werden durch eine Aktion. Effektiv langweilte ich mich dann als Spieler, meine Angriffe auszuwürfeln und jede Kampfrunde das gleiche machen zu dürfen. Der Gegner war schwierig und hat gut zugeschlagen, aber da wir keine Möglichkeit hatten, den Kampf zu bestimmen fühlte ich mich nicht herausgefordert.

In abgespeckter Form wird es aber auch in anderer Hinsicht schnell herausfordernd.

Kürzlich war ich Zeuge eines schwierigen und gleichzeitig total langweiligen Kampfes in Splittermond. Es war halt ein zähes Rumgewürfel und man war um jeden guten Wurf froh, aber der Kampf selbst bot kaum etwas. Kein besonderes Gelände, monotone Gegner... Letzten Endes hat jeder Spieler immer seinen besten Angriff versucht durchzubringen und das war es. Gähn.

Aspekte, um einen Kampf herausfordernd zu gestalten, sind für mich also unter anderem:
- Ein komplexes Gelände mit verschiedenen Untergründen, Hindernissen und Objekten, mit denen man interagieren kann
- "Zivilisten" im Kampfgeschehen, die eine zusätzliche moralische Komponente einbauen (Schutz)
- Verschiedene Kämpfer mit verschiedenen Fähigkeiten - z.B. Tanks, Glaskanonen, Fernkämpfer, Nahkämpfer, Zauberer, Crowd Controller…
- Gegner mit ausnutzbaren Schwächen (und damit meine ich nicht niedrigen Widerstand gegen X)
- Gegner mit unbekannten, überraschenden Fähigkeiten

Leider verwechseln meiner Erfahrung nach viele SL "herausfordernde Kämpfe" mit "schwere Gegner" (=hohe Monsterklasse, hohes Challenge Rating etc.).
Spielt aktuell Deadlands reloaded
Spielleitet aktuell gar nix
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Offline YY

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #10 am: 1.05.2016 | 23:14 »
Leider verwechseln meiner Erfahrung nach viele SL "herausfordernde Kämpfe" mit "schwere Gegner" (=hohe Monsterklasse, hohes Challenge Rating etc.).

Da sollte man als Spieler im Vorfeld wohl eher von interessanten Kämpfen sprechen, dann wird das etwas klarer.
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Offline Feuersänger

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #11 am: 2.05.2016 | 00:36 »
So, jetzt ich.

Ich verstehe unter "herausforderungsorientiert" im weitesten Sinne: Man muss sich etwas einfallen lassen und/oder seine Ressourcen clever nutzen, um den Kampf für sich zu entscheiden - und dabei sich nicht so sehr zu verausgaben, dass man danach nicht weitermachen kann.  Anders gesagt: Herausforderung bedingt, dass die Entscheidungen der Spieler einen Einfluss auf den Verlauf bzw Ausgang haben können.
Allerdings kriege ich dann wieder mit, dass viele SLs dann unglücklich sind, wenn die Spieler sich dementsprechend verhalten.

Nun schwelt dieses Thema schon seit einer ganzen Weile in meinem Hirn, und ich beginne mich zu fragen, ob Pen&Paper-Rollenspiele _überhaupt_ konsistent herausforderungsorientierte Kämpfe ermöglichen. Nochmal zur Erinnerung:  überdurchschnittliche Würfelergebnisse dürfen _keine_ Bedingung für den Erfolg sein.

Prinzipiell sehe ich als primäre Elemente für den Erfolg in einem herausfordernden Kampf:
- kluge Wahl der taktischen Mittel;
- intelligenter und angemessener Einsatz von Ressourcen;
- Timing.

Das Problem dabei ist: für gewöhnlich bildet sich recht schnell eine dominante oder zumindest fixe Strategie heraus. Schon allein dadurch bedingt, dass SCs für gewöhnlich nur ein, zwei Kompetenzgebiete haben und abseits dieser sehr schmal aufgestellt sind. Sobald diese Strategie steht, gilt es nur noch, sie konsequent durchzuziehen. Damit hat sich aber der Punkt mit der Herausforderung schnell erledigt.
SLs haben nun an dieser Stelle oft den Reflex, den Spielern in die Suppe zu spucken und ein oder mehrere Elemente der Spielerstrategie auszuhebeln. Wenn beispielsweise zwei gut aufeinander abgestimmte Nahkämpfer nach dem Motto Schelle links - Schelle rechts die Gegner plattmachen, sich Encounter auszudenken bei denen die beiden keinen Gegner in den Nahkampf verwickeln können. Damit  ist zwar die Strategie unterbrochen -- jedoch sehe ich da auch wieder nicht die "Herausforderung", wenn das Setup einige Spieler von vornherein kategorisch ausschließt.
Eine andere Geschichte ist das, wenn die Spieler eine Möglichkeit finden können, durch kluges Handeln _doch_ in den Nahkampf zu kommen. Die Herausforderung bestünde dann also darin, genau _das_ zu bewerkstelligen. Sobald dies geschafft ist, triggert wieder die dominante Strategie, und der Rest des Kampfes ist reine Formsache. Derartige Encounter sind _mal_ cool, aber auf Dauer ist das auch nicht das Gelbe vom Ei.


Gerade kommt mir nebenbei der Gedanke, dass es paradoxerweise vielleicht vielmehr die SLs sind, die sich herausgefordert fühlen. Wenn sie z.B. irgendein Monster hinstellen von dem sie denken, dass es ein knapper Kampf werden dürfte, und die Spieler zermoschen es dann in zwei Runden. Oder wenn sowas passiert wie beim Narr und dem Steam-Untoten. Eine gute und logische Idee, einfach abgeblockt um den Kampf als reines Fleischberg-wunterwürfeln durchzupeitschen. Dies, und:

Zitat
Leider verwechseln meiner Erfahrung nach viele SL "herausfordernde Kämpfe" mit "schwere Gegner" (=hohe Monsterklasse, hohes Challenge Rating etc.).


passt beides zu meinem Eindruck, dass auch die Auffassung recht weit verbreitet zu sein scheint, dass ein Kampf nur dann herausfordernd war, wenn die SCs danach möglichst auf dem Zahnfleisch gehen: einstellige HP, Schwere Wunden, Arm ab, zwei Mann am Boden, was auch immer. Aber da geht es mir ebenso: wenn der Kampf einfach nur Schadensabtausch ist, "and the only strategy involved is realizing when things have gone tits up and legging it",  [Zitat Yahtzee] hat das für mich nichts mit Herausforderung zu tun.

Mal ganz genau betrachtet: was heisst da schon "schwer"? Schwierigkeit ist für mich das gleiche wie Herausforderung: sie hat nur dann eine Bedeutung, wenn es auf meinen "Skill" als Spieler ankommt.
Leider kommt es genau hier schon zu einem Clash mit divergierenden Grundansichten: ich sehe es als Teil der Challenge, die Schwächen eines Gegners zu kennen oder, so ich sie nicht kenne, in Erfahrung zu bringen, und dann auszunutzen. Andere Spieler verdammen es als übelstes Metagaming, wenn mein Barbar dem Troll mit Feuer einheizt, und verlangen dass man sich blöd zu stellen habe, obwohl dann der Gegner _niemals_ besiegt werden kann. (Ich persönlich berufe mich generell darauf, dass das was _ich_ über ein Monster aus einer Fantasywelt weiß, doch einem _Bewohner_ dieser Welt _erst recht_ bekannt sein muss, der ist ja schließlich damit aufgewachsen.)


Bei Computerspielen läuft das ja mit den herausfordernden Kämpfen ganz anders und viel simpler: du läufst in einen Kampf rein, kriegst die Hucke vollgehauen, überlegst was falsch gelaufen ist und probierst es nochmal.
Je nach Spiel kommt es dann vielleicht darauf an, das Timing richtig hinzubekommen (bis hin zu Quicktime Events, möge ihr Erfinder in der Hölle braten), oder schlicht zu erkennen, welche Ausrüstung / Ressource hier den Erfolg ermöglicht. Oder beides.
Ich habe z.B. NWN2 Module gespielt, da musste ich ein und denselben Kampf vier, fünfmal probieren, mit verschiedenen Taktiken, und als dann der Knoten geplatzt war, nochmal mit Gefühl. Das ging aber eben nur, weil ich immer wieder laden und nochmal probieren konnte. Diese Option hat man ja im P&P nicht. Man kann höchstens versuchen Fersengeld zu geben und später wiederzukommen -- aber dann spätestens beim zweiten Anlauf muss man es ja dann wohl schaffen. Alle Ingame-Effekte mal komplett außen vor gelassen, ist der Unterschied halt einfach, dass da am Spieltisch ca 5 Personen eine Stunde lang am rumtüfteln sind, während ich beim Computerspiel einen Kampf-Anlauf in 3, 4 Minuten durchziehe.
Will man so einen Ansatz -- grob "Schwäche finden und ausnutzen" -- im P&P umsetzen, läuft es eher auf Recherche und Planung hinaus. Und diese Recherche und Planung kann halt auch schonmal ein paar Stunden dauern - und ist natürlich dann tendentiell eher… nicht so spannend.

Nunja, soviel für den Moment.
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Offline Isegrim

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #12 am: 2.05.2016 | 01:18 »
Für die Diskussion wäre eine Unterscheidung zwischen taktischen und strategischen Entscheidungen sinnvoll. Strategie: Vorbereitung von Kämpfen, von Ausrüstungsbeschaffung über Organisieren von Unterstützung bis zur Setzung des genauen Szenarios und der Planung des genauen Kampfablaufes.

Bsp.: Shadowrun lebt von der Beinarbeit vor den Runs, bzw wenn es nicht um Runs geht davon, wer unter welchen Umständen angreift. Der beste Streetsam hat ein Problem, wenn die Opposition ihn nackt mit einer Streetline special in der Hand erwischt. Wenn er in seinem Element (dh auf einem gut geplanten Run) ist hat idR der Konzern ein Problem.

Taktik: Entscheidungen während des Kampfes unter den dann gegeben Umständen, von der Wahl der Waffe (wenn mehrere vorhanden) oder des Kampfstiles (wenn das System mehrere anbietet) über die Frage "angreifen oder manövrieren" bis zur Entscheidung, ob man um den Sieg kämpft, oder um möglichst heil aus der Situation raus zu kommen.

Ich muss gestehen, dass ich auf ersteres zunehmend weniger Lust habe, sowohl als Spieler als auch als SL. Daher nur zur Taktik:

Ich möchte, dass ein Charakter immer mehrere Handlungsoptionen hat, bis er dann deutlich verloren hat (Kapitulation, tot, bewusstlos, so schwer verwundet dass handungsunfähig, unter einem dutzend Gegner begraben, von den Cops im Polizeigriff abgeführt, was auch immer). Ich möchte, dass ich mir bzw die Spieler sich nach einem "herausfordernden" Kampf fragen "Hätte ich zu dem Zeitpunkt A getan statt B, hätten wir dann verloren?", oder anders rum "Hätte ich mich für B statt für A entschieden hätten wir dann eine Chance gehabt?" Und das es dabei nicht um einen Würfelwurf geht.

Hatte ich bisher eher selten, muss ich sagen. Die meisten Systeme leisten das nicht.

Das größte Problem oder eher gesagt die Hohe Kunst ist es mE ohnehin, das Meta-Spiel anhand von Regeln mit der Vorstellung der Spielwelt in Einklang zu bringen. Auch in Systemen, wo es auf den ersten Blick die beste (oder einzige...) Option ist, anzugreifen und Schaden zu machen, kann es SL und Spielern gelingen, Kämpfe dennoch durch andere spontane Aktionen zu entscheiden. Wie gesagt, Hohe Kunst...
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Offline FlawlessFlo

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #13 am: 2.05.2016 | 01:35 »
Ich glaube nicht an herausfordernde Kämpfe in Rollenspielen. Zumindest nicht im allgemeinen Sinne, dass in einer Kampagne die Kämpfe im Wesentlichen herausforderend sein sollten. Mal der eine oder andere Kampf ist okay, wenn ich als Spieler herausgefordert werde, aber es sollte sich in Grenzen halten.

Denn was heißt denn herausfordernd (für die Spieler)? Dass die Spieler vor einem Kampf stehen, den sie nur gewinnen (oder ihr sonst wie geartetes Ziel erreichen), wenn sie eine Herausforderung "knacken".

Das führt meiner Erfahrung nach dazu, dass die Spieler out-of-character gemeinsam planen und out-of-character die Handlungen der Charaktere festlegen. Denn die Herausforderung macht es nötig, dass die Charaktere in eine bestimmte Richtung (nahezu) optimal handeln. Effektiv wird dann aus dem Rollenspiel ein Strategiespiel, die Charaketer verkommen zu Ressourcen der Spieler.

Bei einzelnen Situationen im Laufe einer Kampagne ist das kein Problem (sogar eine gute Abwechslung oder Würze), gerade wenn die Spieler selber überascht werden, dass sie vor einem größeren Problem stehen. Sind aber alle oder zumindest häufig die Kämpfe oder generell Probleme so gestrickt, dass sie die Spieler selbst herausfordern sollen, dann werden auch alle Kämpfe und Probleme entsprechend angegangen.
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Offline Kampfwurst

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #14 am: 2.05.2016 | 07:01 »
Herausforderung bedingt, dass die Entscheidungen der Spieler einen Einfluss auf den Verlauf bzw Ausgang haben können.
Das wäre ziemlich genau auch meine Definition gewesen. Allerdings ohne das "können". Ein Kampf den ich gewinne, egal was für Entscheidungen ich treffe ist ebensowenig eine Herausforderung wie ein Kampf den ich verliere, egal welche Entscheidung ich treffe. Der Einfluss der Entscheidung ist also unabdingbar dafür, dass es sich um eine Herausforderung handelt. Oder willst du die Möglichkeit einräumen, dass man die richtigen Entscheidungen getroffen hat, aber durch Würfelpech dennoch verliert? Das wäre für mich eine andere Dimension, die mit dem Begriff der Herausforderung nichts zu tun hat.

Offline Sashael

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #15 am: 2.05.2016 | 07:23 »
Ich glaube, dass "herausfordernde Kämpfe" extrem schwer im Rollenspiel unterzubringen sind. Bei "herausfordernden Situationen" sieht das anders aus.

Ich gehe da mit Feuersänger konform, dass sich durch die Beschränktheit der Mittel in den verschiedenen Systemen extrem schnell bestimmte Taktiken der Spieler entwickeln, nach denen die Kämpfe dann ablaufen "müssen", damit sie halbwegs sicher zu gewinnen sind. Da die Kämpfe aber in eine große Geschichte eingebettet sind und ein Reset á la load-&-try-again nicht vorgesehen ist, sind ja alle Beteiligten (auch extrem viele SL) daran interessiert, dass die Spieler den Kampf auch wirklich schaffen. Eine echte Herausforderung bedingt eigentlich ein mögliches Scheitern. Je "herausfordernder" der Kampf also wird, desto höher muss demnach die Möglichkeit des Scheiterns sein.
Eine schlechte Möglichkeit, das zu bewerkstelligen, sind die bereits erwähnten Supergegner. Der Kampf beinhaltet die Herausforderung in sich selbst. Und kann damit auch sehr schnell zu einem Absturz einer gesamten Kampagne führen. Macht ein SL das immer wieder, führt das meiner Erfahrung nach nur zu Frust bei den Spielern.

Interessanter ist dabei jedoch, die Spieler im Vorfeld über die Bedingungen des Kampfes zu informieren bzw. ihnen die Möglichkeit zu geben, sich diese Infos zu holen und zu analysieren.
Die Herausforderung besteht dann darin, die Bedingungen des Kampfes von vornherein so zu beeinflussen, dass die Wahrscheinlichkeit eines Sieges in annehmbare Höhen steigt.

Leider gibt es viele SL, die das als Betrug an ihren vorbereiteten Encountern empfinden und SCs sehr gerne blind in die Initiative rennen lassen.

Ich versuche mich derzeit in meinen Gamma- und Dungeonslayersrunden ernsthaft an den Echt-schwierigen-Encountern-es-sei-denn-man-beeinflusst-die-Bedingungen. Auf der einen Seite habe ich eine gewisse Befriedigung erfahren, als die Spieler tatsächlich eine Recon-Mission unternahmen, um dann den Gegner mit Guerillataktiken zu zermürben. Auf der anderen Seite musste ich aber auch feststellen, dass auch viele Spieler von "Arenakämpfen" ausgehen, in denen der Encounter mit den ständig zur Verfügung stehenden Ressourcen "schaffbar" ist. Das erforderte dann auch von meiner Seite sehr deutliche Winke mit dem Zaunpfahl, dass dieser Kampf so wohl nicht gut ausgehen  wird.
Aber sie lernen. ;D

Mit den Guerillataktiken habe ich gerade auch etwas angesprochen, das mich schon seit einiger Zeit beschäftigt.
Sehr schwere Kämpfe müssen die Option beinhalten, sich zurückzuziehen und später erneut zuzuschlagen. Den Gegner zermürben. Kleine kurze Angriffe und sofortige Rückzüge.
Auch das ist etwas, das ich als Spieler so gut wie gar nicht erlebt habe. Es hieß immer "Bis zu bitteren Ende". Oft genug sogar ohne die Möglichkeit des Ergebens. Das bedeutete, dass selbst Recon-Missionen nur binäre Ergebnisse brachten: Schafft-ihr vs. Schafft-ihr-nicht.

Wo ist da die Herausforderung?

Die gesamte Frage hängt von der klassischen Diskussion des Combat-as-War vs. Combat-as-Sport ab. Ich persönlich will meiner Gruppe jetzt mal ausdrücklich Combat-as-War anbieten und schauen, wohin uns dass führt.

Bis jetzt fand ich die Ergebnisse befriedigend. ;)
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


Leitet Itras By mit Battlemap. ;D

Offline Arldwulf

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #16 am: 2.05.2016 | 07:33 »
Das Problem dabei ist: für gewöhnlich bildet sich recht schnell eine dominante oder zumindest fixe Strategie heraus. Schon allein dadurch bedingt, dass SCs für gewöhnlich nur ein, zwei Kompetenzgebiete haben und abseits dieser sehr schmal aufgestellt sind. Sobald diese Strategie steht, gilt es nur noch, sie konsequent durchzuziehen. Damit hat sich aber der Punkt mit der Herausforderung schnell erledigt.

Ich glaube der Schlüssel hierzu liegt in Taktik auf Monsterseite. Wenn diese ins Spiel kommt und eine wichtige Rolle einnimmt, gibt es keine optimale Strategie mehr für die Spieler welche sie einfach durchziehen können. Sie müssen dann auf die Situation eingehen.

So würde ich auch die Ausgangsfrage beantworten: Ein Kampf ist herausfordernd, wenn die Spieler (-charaktere) auf ihn eingehen müssen um zu überstehen. Wenn sie also nicht die angesprochene Standardvorgehensweise nutzen können.

Fördern tut man dies aus meiner Sicht am besten mit abwechslungsreichen und sich gegenseitig unterstützenden, zusammenarbeitenden Monstern welche verschiedene Taktiken ermöglichen. Ich würde dabei auch zwischen herausfordernd und schwer unterscheiden, da hier nur lose Verbindungen sind.
« Letzte Änderung: 2.05.2016 | 07:36 von Arldwulf »

Luxferre

  • Gast
Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #17 am: 2.05.2016 | 07:48 »
Für mich kann ein Kampf auf zweierlei Art und Weise herausfordernd sein.

Auf der enen Seite steht das Regelgerüst, auf dessen Basis Kämpfe rein simulationistisch und fernab von Charaktrerspiel stattfinden. Es passiert rein technisch und sachlich, die besten Strategien und Taktiken werden auf dem Kampfschauplatz -natürlich mit Grid!- ausgepackt und eigentlich startet ein Spiel im Spiel.
Hier ist meine Argumentation nah an der von Feuersänger.

Auf der anderen Seite gibt es auch Kämpfe, die in anderen Systemen für mich eher spielerisch und emotional heraufordernd sind.
Da sind die Regeln zweitrangig. Sie vermögen das Spiel etwas zu beeinflussen, aber es geht nicht um den einen Würfelwurf, die Modifikatoren und das Ausnutzen des Schauplatzes. Wobei Letzteres schon am ehesten zutrifft, weil man es so schön erzählerisch abhandeln kann.

Leider habe ich bisher kein System gefunden, welches beide Stile vernünftig abbildet und ganz generell abseits des Kampfes auf meine Bedürfnisse eingeht.

Luxferre

  • Gast
Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #18 am: 2.05.2016 | 08:15 »
Ja klar.
Hier ist das Regelgerüst recht einfach gehalten. FATE oder ähnlich einfache Mechaniken*1 bewirken den Ausgang der Aktion mit einem oder sehr wenigen Würfelwürfen.
Es macht aber der emotionale Konflikt oder das Hineinversetzen in die Situation den Unterschied.
"Wie würde ich mich verhalten?" oder auch "Wie würde sich mein Charakter plausibel verhalten!" und nicht das Ausreizen der mechanischen Werte und das Bewusstsein der Charaktere ihre Befähigungen auch gegen den blanken Horror lockerflockig einsetzen zu können.
Emotionale Konflike:
Möchte ich den Wachmann wirklich umbringen? Traue ich mich gegen den Ghul zu kämpfen? Kann ich das böse Kind wirklich töten?
Gibt es andere Lösungsmöglichkeiten? Wie kann ich mich aus dieser Misere hinauslavieren?

Ich bin also tiefer in meinem Charakter und weniger in seinen Werten verankert.
Und dieser Prozess in sich selbst macht den Unterschied.

Das hat übrigens mal ganz hervorragend in einer 1:1 Session mit einem guten Freund geklappt. Wir haben GEMINI in einem sehr gefährlichen Setting für ihn gespielt.
Als Mitglied einer Diebesorganisation sollte er in eine Wehrmühle einbrechen und ein kleines Holzkästchen stibitzen.
Wie also die Wachen umgehen? Wen töten, wen nicht? Was mit den anderen Schurken machen, die kurz nach ihm einbrechen?
Er hat sich erstaunlicherweise für einen sehr kampflosen Weg entschieden.



*1
ein sehr gefährliches System, wie z.B. Burning Wheel eignet sich für solches Spiel auch hervorragend.

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #19 am: 2.05.2016 | 09:19 »
Ich weiß nicht mal, ob das eine vernünftige Kategorie ist. Gute Kämpfe sind zunächst mal motiviert. Ich hab nie verstanden, warum Leute ein Rollenspielsystem quasi leer benutzen, also die Figuren auf der Battlemap absetzen und sie durch den Dungeon schieben. Je besser die Motivation, warum die Charaktere das ausfechten wollen, desto besser das Spiel. Das ist wirklich Kriterium #1.

Und dann sind sie über die Kampagne abwechslungsreich...

... abwechslungsreich in ihrer Zielsetzung. Klar kann man alle umhauen, aber vielleicht reicht es, ein Objekt rauszutragen. Oder fünf Runden durchzuhalten. Oder einen ganz bestimmten Gegner auszuschalten.

... abwechslungsreich in ihrer Szenerie. Mal ein Schiff, mal eine Brücke, mal ein nebliger Sumpf.

... abwechslungsreich in ihrer Passung. Es kann mal Situationen geben, die super einfach sind, weil zufällig ein Charakter den Trick XY kann. Es kann auch mal Kämpfe geben, wo niemand das optimale Werkzeug hat.

... abwechslungsreich in freischaltbaren Ressourcen. Mal könnte man Leute anwerben, mal steht da ein alter Mechanogolem, der auf Reparatur und Einsatz wartet.


"Herausfordernd" als Attribut ist genauso leer wie "ergebnisoffen". Damit kann niemand im praktischen Leben was anfangen.

Luxferre

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #20 am: 2.05.2016 | 09:25 »
Okay, verstehe ich jetzt.
Deine Beispiele scheinen sich ausnahmslos auf die Herausforderung zu beziehen, wie man den Kampf umgeht.
Das sind aber dann keine herausfordernde Kämpfe.

Okay. Das ist dann die Herausforderung um den Kampf herum. Konfliktresulotion als Oberbegriff. Passt  :d

Offline KhornedBeef

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #21 am: 2.05.2016 | 09:33 »
Ich weiß nicht mal, ob das eine vernünftige Kategorie ist. Gute Kämpfe sind zunächst mal motiviert. Ich hab nie verstanden, warum Leute ein Rollenspielsystem quasi leer benutzen, also die Figuren auf der Battlemap absetzen und sie durch den Dungeon schieben. Je besser die Motivation, warum die Charaktere das ausfechten wollen, desto besser das Spiel. Das ist wirklich Kriterium #1.

Und dann sind sie über die Kampagne abwechslungsreich...

... abwechslungsreich in ihrer Zielsetzung. Klar kann man alle umhauen, aber vielleicht reicht es, ein Objekt rauszutragen. Oder fünf Runden durchzuhalten. Oder einen ganz bestimmten Gegner auszuschalten.

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"Herausfordernd" als Attribut ist genauso leer wie "ergebnisoffen". Damit kann niemand im praktischen Leben was anfangen.
An sich guter Denkanstoß, aber kommen wir doch mit Threadersteller etwas mehr entgegen als "Dein Thema ist ganz falsch!!!" ;)
"Herausfordernd" heißt für mich vieles von dem was bereits gesagt wurde (u.A. dass man nicht vorher weiß, dass man eh gewinnt), aber vor allem auch, dass man (fast) seine gesamten Fähigkeiten nutzen muss. Das ist der Punkt, wo der Kungfu-meister gezwungen ist, den zweitem Arm mitzubenutzen, statt ihn beim Kampf hinter dem Rücken zu verschränken wie sonst. Auf Rollenspiele ist das mal leichter, mal schwieriger zu übertragen, aber die wichtigste Unterscheidung ist mit Sicherheit, ob es primär die Spieler oder die Charaktere herausfordern soll. Falls das schon jemand gesagt, sorry fürs Wiederholen :).

Edit: Ich finde übrigens nicht, dass "ergebnisoffen" ein Leerattribut ist. Man muss sich nur eingestehen, dass manche Diskussionen nur begonnen werden, um Standpunkte öffentlich auszutauschen, und nicht, um am Ergebnis etwas zu ändern. "Herausfordernd" ist ebendas, bloß nicht bei einer Diskussion, sondern bei einem eher wettbewerbsartigen Konflikt.
« Letzte Änderung: 2.05.2016 | 09:36 von KhornedBeef »
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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #22 am: 2.05.2016 | 09:58 »
Herausfordernd kann ja auch bedeuten, das Problem mit möglichst wenig Ressourcen zu lösen, weil man sie hinterher vielleicht noch braucht. Also gerade den "zweiten Arm" nicht mitzubenutzen.

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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #23 am: 2.05.2016 | 10:08 »
Herausfordernd kann ja auch bedeuten, das Problem mit möglichst wenig Ressourcen zu lösen, weil man sie hinterher vielleicht noch braucht. Also gerade den "zweiten Arm" nicht mitzubenutzen.
Sehe ich nicht so, bzw.  dann ist der Gesamtkonflikt die Herausforderung, oder du nimmst die Einschränkung in die Defintion mit hinein ("Ich besiege dich mit nur einem Arm, Fei Ling!"). Wenn die Kampfbedingungen sich also herausstellen, dass du dich langweilst, dann ist der Kampf an sich nicht herausfordernd, selbst wenn du dich dann entscheidest, nur mit einem Gummihuhn statt eines Schwertes zu fechten.
Außerdem: Nur einen Arm zu benutzen, hat nichts mit Ressourcenschonung zu tun, das dürfte ja sogar anstrengender sein
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Re: Was versteht ihr unter "herausfordernden Kämpfen"?
« Antwort #24 am: 2.05.2016 | 10:28 »
Mein Eindruck: fragt man (z.B. als SL bei der Planung einer Runde) beliebige Spieler, zumindest von kampflastigen Systemen (wie D&D), was sie im Spiel haben wollen, kommt meistens als eine der ersten Antworten: "herausfordernde Kämpfe" oder "herausforderungsorientiertes Spiel".
Als für mich sind "herausforderungsorientiertes Spiel" und "herausfordernde Kämpfe" nicht das selbe.

Unter "herausforderungsorientiertes Spiel" versteh ich, das es primär darum geht Herausforderungen zu überwinden (unabhängig von deren Schwierigkeit), sprich das ein großer Teil der Spielzeit zum Monster umhauen und Rätsel lösen verwendet wird und nicht für soziale Interaktion o.ä..

Herausfordernde Kämpfe sind welche mit Gegnern die man nicht so einfach weghauen kann (sprich mit Gegner die ähnlich stark sind wie die Helden) oder man halt den Richtigen Trick finden muss um zu gewinnen. Aber natürlich kann nicht jeder Kampf herausfordernd sein sonst machen die Chars zu früh schlapp.
Merke: Neue Regeln zu erfinden ist nicht schwer, unnötige Regeln zu erkennen und über Bord zu werfen erfordert bedeutend mehr Mut und Sachverstand.

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