Autor Thema: Wissen ist Macht!  (Gelesen 5239 mal)

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Offline Der Läuterer

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Wissen ist Macht!
« am: 23.07.2016 | 11:20 »
Mich hat der letzte Thread "Die SCs lernen etwas über den grösseren Kontext des Mythos" zu diesem Thema geführt. Eigentlich ein naheliegender Schritt...

Das Problem: Wenn die Spieler/Chars bereits Einzelheiten, Clous und Kniffe kennen, ist es nichts Neues mehr und eine Wiederholung langweilend vielleicht sogar. Schlimmstenfalls gehen die Spieler/Chars sogar im Meta steil.

Ich bin der Meinung, dass gerade bei sog. Horror-Rollenspielen Wissen das Vergnügen der Spieler schmälert und die Spannung häufig völlig zerstört.

Wissen stört regelrecht das Cthulhu-Spiel. Das Ganze ist viel verstörender, weil undurchsichtiger, wenn alles weitgehend nebulös im Unklaren bleibt.
Selbst eine enorm grosse Gefahr verliert an Substanz, sobald sie sich offenbart hat. Es ist wie bei der Krankheit, deren Ursache und deren Erreger man noch nicht kennt...
Das Gehirn ist einfach unnachahmlich darin, wenn es darum geht, Gespinste zu entwickeln. Und wenn man nicht genügend Informationen besitzt, dann erschafft man halt Dinge, die schlimmer sind als die Wahrheit. Sobald sich die Wahrheit gezeigt hat, ist es mit der Spannung hinüber.

Man kann das Wissen der Spieler/Chars aber auch abträglich einsetzen und als Überraschung nutzen. Und zwar genau dann, wenn sich herausstellt, dass das Wissen keine Allgemeingültigkeit besitzt, weil man Änderungen vorgenommen hat.

Nichts zu wissen ist mächtig... und gut für die Atmo. So zumindest ist es meine Erfahrung.

Ähnlich verhält es sich mit Mythos-Büchern, Zaubern, Unterstützern bzw. Mentoren und natürlich Ressourcen.

Die Frage stellt sich jetzt, wie grosszügig bzw. sparsam man diese Elemente ins Spiel einbinden und benutzen sollte, was wohl auch davon abhängt, ob man eher ein puristisches oder pulpiges Spiel bevorzugt.
« Letzte Änderung: 23.07.2016 | 11:23 von Der Läuterer »
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grannus

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #1 am: 23.07.2016 | 11:31 »
Um es kurz zu machen: Wissen (so begrenzt es auch sein mag) ist für die SPIELER und deren Charaktere wichtig um die nächsten Schritte zu planen. Wenn man ihnen nichts an die Hand gibt, so läuft es auf ein rein reaktionäres Spiel hinaus und das ist extrem unbefriedigend. Ein gewisses Maß also an Informationen (auch über den "Mythos") mit einer gewissen Gültigkeit sind nötig um die Spieler zu mehr als nur Statisten zu machen.

Ich persönlich finde es genauso gruselig zu wissen, dass ich etwas weiß und dies mir am Ende doch nichts bringen wird. Aber ich kann es wenigstens versuchen. Die Spieler ohne Informationen ins offene Messer laufen lassen? Wenn ich Spaß an so etwas habe, dann kann ich gleich "Rappan Athuk" spielen   ~;D

Offline Chruschtschow

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #2 am: 23.07.2016 | 11:43 »
Ja, stimmt so weit.

Ok, vielleicht sage ich auch was produktives. ;)

Im Prinzip gibt es zwei Methoden mit dem Horror durch Unwissen der SC bei Wissen der Spieler umzugehen:

(1) Der Horror ist gespielt und das ist auch jedem klar. Und auch die Spieler haben ihren Anteil zu erbringen, dass das klappt. Ich kenne ehrlich gesagt keine Spielleitung, die in mir jemals das Gefühl der Furcht ausgelöst hat, unabhängig davon ob ich die Regeln und das Setting kenne. Wirkliche Emotionen kann ich nur als Spieler selbst in mir erzeugen. Das sind aber Techniken, die mehr mit Schauspiel zu tun haben, ncht mit Metawissen.

(2) Das wirbelnde Chaos hält sich nicht an die Regeln. Der Zauber in dem Regelbuch besagt: "Blah?" Kein Problem. Nur ist nicht jeder Mönch so ein toller Kopist. Dein Zauber macht: "Blubb!" Du hast mal gehört, dass Hunde von Dingensdalos das und das machen? Toll. Wer hat je behauptet, dass alle Hunde von Dingensdalos identisch sind? Oder auch nur im Entferntesten an menschliche Kategorien gebunden sind? Aber das muss ich vorher mit den Spielern besprechen. Wenn die nämlich eigentlich kein Horror- sondern ein Pulp-Wir-hauen-Cthulhu-auf-die-Fresse-Setting oder ein Mystery-Spiel spielen wollen, dann ist so eine Herangehensweise Dynamit.
« Letzte Änderung: 23.07.2016 | 11:48 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline nobody@home

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #3 am: 23.07.2016 | 12:39 »
Rein persönlich entsteht bei mir durch einmal als solches erkanntes gezieltes Spielerkleinhalten (und "ach du heiliger Azathoth, die wissen zuviel, da muß ich gleich mal sabotieren!" kann durchaus schon mal schnell in diese Richtung gehen) eigentlich eher weniger Horror als vielmehr Ärger. Das ist dann, glaube ich, auch nicht so wirklich stimmungsfördernd. ;)

Wenn ich als SL meine Spieler tatsächlich ständig aufs Neue "echt" überraschen will, dann ist aus meiner Sicht schlicht mein ehrlicher Erfindungsreichtum gefragt...und ja, das kann dann speziell auf Dauer anstrengend werden. Andererseits kann ich meinen Spielern am Tisch ja schlecht erinnerungstrübende Drogen verabreichen oder einen Neuralisator vorhalten, nur um mir den Aufwand ersparen und denselben Kladderadatsch auch zum x-ten Mal noch als völlige Neuheit präsentieren zu können...

Ucalegon

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #4 am: 23.07.2016 | 23:31 »
Problem Nr. 1: Die Gruppe kennt das jeweilige SL-Handbuch auswendig. Dann muss man halt selbst ran und ein neues übernatürliches Phänomen basteln. Sollte machbar sein.

Problem Nr. 2: Der jeweilige Schrecken folgt einer inneren Logik und die Spieler(innen) haben rausgefunden, wie er funktioniert. Das Video tötet alle, die es ansehen. Das Wesen fürchtet nur Mondschein. Hier würde ich es vermeiden wollen, willkürlich Elemente zu verändern, sobald die Gruppe auf einer richtigen Fährte ist. Das riecht nach Railroading. Es sollte genug andere Aspekte rund um das jeweilige "Problem" geben, die für Unsicherheit sorgen, weil die Spieler(innen) schlicht nicht rausfinden können, was dahintersteckt. Da kann ich als SL durchaus Lücken lassen. Ich muss ja selbst nicht alles wissen. Je mehr im aktuellen Szenario offen geblieben ist, desto mehr Spielraum habe ich für das nächste.

Edit: Im Grundsatz stimme ich dir zu. Unsicherheit ist entscheidend. Mythos-Horror ist kein Whodunit. Für das Schicksal der SC sollte es ohnehin keine Rolle spielen, was sie rausfinden oder nicht. Es wird ihnen nicht helfen bzw. im Gegenteil ihren Untergang beschleunigen.

« Letzte Änderung: 23.07.2016 | 23:42 von Ucalegon »

Offline Scimi

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #5 am: 24.07.2016 | 00:46 »
Ich spiele Spiele mit "Cthulhu" im Titel doch wahrscheinlich, weil ich schonmal irgendwas von "Cthulhu" gehört habe oder weil mir die ganzen Tentakeldesigns im Internet so gut gefallen. Vielleicht habe ich sogar schon Geschichten von Lovecraft oder Hohlbein oder sonstwem gelesen oder ein paar von den furchtbaren Filmen gesehen. Und dann erwarte ich auch, dass diese ganze Hintergrundwelt im Spiel auftaucht. Ich will Innsmouth auf der Karte finden, ich will Berge des Wahnsinns am Südpol haben und ich will mir in MU das Nekronomikon in der Bibliothek ausleihen können. Und wenn ich vielleicht nicht so bewandert bin, will ich den ganzen Mythoskram durch das Spiel kennenlernen, um mich auf Cons und im Internet mit anderen Fans und Spielern unterhalten zu können. Wenn ich die wöchentlichen Horrorinnovationen meines SLs spielen will, gibt es dazu genug Spiele und Systeme. Aber wenn "Cthulhu" draufsteht, dann soll auch Cthulhu drin sein und im Südpazifik bei 47°9′S 126°43′W anzutreffen sein.

Lovecraft selbst war ja auch überhaupt kein Fan von diesem ganzen "War da was oder doch nur ein Schatten? Ist das echt oder bin ich verrückt? Verdammt, Scully hat wieder in die falsche Richtung geguckt!"-Eiertanz. Bei ihm entsteht der Hortor ja teilweise gerade durch Wissen. In Pickman's Model lässt erst der Fotobeweis keinen Zweifel daran, dass die verstörenden Fantasien des Malers keine sind. In At The Mountains Of Madness tauchen die Elder Things das erste Mal auf dem Seziertisch von Professor Lake auf, der während einer vollständigen Obduktion mit Zeugen realisieren muss, dass sein ganzes Weltbild Mumpitz ist. In Haunter Of The Dark (und allen möglichen darauf basierenden Abenteuern) entsteht die Spannung ja gerade dadurch, dass von dem Monster vor allem seine Schwachstelle bekannt ist.
Oder nehmen wir das ganze Zombiehorror-Genre, bei dem der Zuschauer und die Charaktere ziemlich genau wissen, was die Eckdaten von Zombies sind oder es zumindest fix herauskriegen und im Notfall ein paar Zombies ins Labor sperren und alles über sie herausbekommen können. Das ist aber kein Hindernis für Spannung, Schrecken und Grusel.

Und zu guter Letzt gibt es so viele Horrorgeschichten, die mir bei jedem erneuten Lesen besser gefallen - das könnte nicht funktionieren, wenn ihr Reiz oder ihre Effektivität auf einem "Big Reveal" oder auf meiner Unwissenheit basieren würden.


Das heißt nicht, dass ich von jedem Viech die vorgegebenen Spielwerte benutzen oder dass jeder Shoggothe exakt der Erwartung entsprechen muss. Aber wenn das Monster eine gute Rolle in meiner Geschichte hat, dann sollte die nicht dadurch entwertet werden, dass die Spieler oder auch die Charaktere das Monster vielleicht schonmal in einer anderen Rolle gseehen oder in einem Buch davon gelesen haben...

alexandro

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #6 am: 24.07.2016 | 03:29 »
Wissen verursacht mehr Horror, als nicht-Wissen.

Schauen wir uns mal einige der besten Horrorfilme an:
Die Fliege (Remake): Ohne Wissen ist es einfach nur ein total widerliches Monster. Packt man halt die Fliegenklatsche aus. Mit Wissen sitzt der Schock darüber, dass ein Mensch sich freiwillig in dieses...Ding... verwandelt hat wesentlich tiefer.
Die Mächte des Wahnsinns: Ja, komische Stadt, in der gruselige Sachen vorgehen, ohne dass es irgendeinen Zusammenhang zu geben scheint. *gähn* Weiß man aber, wodurch das alles ausgelöst wird, und wie fragil die Realität in dieser Welt ist, dann ist das viel beängstigender.
usw.usf.

Und für eine fortlaufende Kampagne kann man sowieso nicht auf graduelle Enthüllungen der Zusammenhänge verzichten, denn spätestens beim dritten "random monster of the week" setzen dann gewisse Ermüdungserscheinungen ein.

Was natürlich nicht heißt, dass man mit Informationen zu freigiebig sein sollte, aber wenn die Spieler die richtigen Fragen stellen, verdienen sie imo auch Antworten.

Offline Der Läuterer

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #7 am: 24.07.2016 | 09:59 »
Interessant, wie unterschiedlich man das sehen kann. Danke für Eure Einschätzungen.

Zuerst einmal spiele ich Cthulhu, weil ich die Atmo, die mir der Hintergrund bietet, mag und nicht weil jedesmal das Böse ein gigantischer, geflügelter Krake ist...

Die bekannte Hintergrundwelt abzuspulen, damit jemand in der Gruppe in seiner Begeisterung bestärkt wird und ausrufen kann 'Hey, das Ding kenn ich.', lehne ich ebenso ab, wie die ganze Kreaturen-Monster-Enzyklopädie hintereinander abzuspulen. Das soll jeder machen, der das möchte, aber mein Ding ist das nicht.

Interessant ist doch, dass sich selbst Lovecraft selten wiederholt; neue Orte = neue Wesen = neue Geschichte... Und so viele Wesen hat er auch nicht eingesetzt (ohne jemals wirklich nachgezählt zu haben), die kamen mit den Jahren durch andere Schriftsteller hinzu.

Dass bei Lovecraft der Horror teilweise durch Wissen entsteht, ist absolut richtig.
Man muss hierbei nur beachten, WANN dieses Wissen dem Leser bzw. dem Protagonisten zur Verfügung steht.
In Lovecraft's Geschichten kommt mit der Gewissheit oder der Erkenntnis auch sogleich das baldige Ende der Geschichte mit dem Tod oder Wahnsinn des Protagonisten.
Das wird im jeweiligen Crunch auch sehr gut transportiert, wobei sich nun die Problematik der Kurzlebigkeit der Chars stellt, aber das wäre sicherlich ein neues Thema.

In meinen Sessions befinden sich die Chars länger in der Phase der Unwissenheit bzw. Ungewissheit, kurz bevor sich der Vorhang der Erkenntnis hebt.

Wenn meine Spieler Szenarien mögen würden, bei denen es darum geht einen Auftrag zu erfüllen, der besagt 'Geht nach X und besiegt Kreatur Y.', dann wären sie bei mir falsch, oder ich müsste 80er D&D servieren.

Ich erinnere mich da an den Beispiel-Char Harvey bei CoC... der findet eine Schleimspur und schafft seinen Mythos-Wurf. Jetzt weiss er, dass es sich bei der Hinterlassenschaft um die einer Major Creature handelt und er geht in die entgegengesetzte Richtung davon.

Da der Vergleich zu Filmen herangezogen wurde...
Wenn ich mich zwischen den alten Horrorfilmen der 30er-50er Jahre und denen der jüngeren Generation entscheiden sollte... dann würde ich erstere wählen. Nicht, dass ich etwa nicht in Schockmomenten zusammenzucken würde; das bringen die neuen Filme sehr gut rüber, aber sie lassen eben keinen Raum für Kopfkino.
Die alten Filme hatten wenig Technik und zumeist ein kleines Budget. Hier ein Schatten, dort ein Geräusch, eine Spur im Sand und der Zuschauer hatte Zeit, sich alles gruselig auszumalen.
Und bei den ganzen Zombiefilmen geht es eben nicht um Wissen, sondern um Flucht. Flucht vor der zahlenmässigen Überlegenheit des Gegners. Das Gefühl kannst Du auch mit einem wütenden Mob, einem Rudel zähnefletschender Hunde, Ratten oder was auch immer, erreichen. Das klappt gut, ist auf Dauer meiner Erfahrung nach aber zu eindimensional.
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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #8 am: 24.07.2016 | 11:15 »
Hm. Eine Methode, einem unerwünschten Aufbau von Wissen einen Riegel vorzuschieben, wäre sicherlich, ab und zu die Spieler zu feuern und eine völlig neue Gruppe zusammenzustellen. Am besten aus Leuten, die von Cthulhu und Lovecraft noch nie gehört und keine Ahnung haben, daß es bei CoC überhaupt um Horror gehen soll.
Müßte doch eigentlich der ideale Ansatz sein, oder? ~;D

Offline Sir Markfest

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #9 am: 24.07.2016 | 12:09 »
Wissen verursacht mehr Horror, als nicht-Wissen.

Hm... möchte ich fast anzweifeln.
Die Angst vor dem Unbekannten ist ja ein beliebtes Thema in allen Horrormedien - zumindest zu Beginn.

Dass natürlich dann am Ende Wissen herrscht, das ist klar. Aber zu Beginn das Nichtwissen einer unbekannten, nicht klassifizierbaren, nicht in Schubladen verstaubare Bedrohung, das hat schon seine Berechtigung.

Offline nobody@home

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #10 am: 24.07.2016 | 12:39 »
Hm... möchte ich fast anzweifeln.
Die Angst vor dem Unbekannten ist ja ein beliebtes Thema in allen Horrormedien - zumindest zu Beginn.

Dass natürlich dann am Ende Wissen herrscht, das ist klar. Aber zu Beginn das Nichtwissen einer unbekannten, nicht klassifizierbaren, nicht in Schubladen verstaubare Bedrohung, das hat schon seine Berechtigung.

Ich denke allerdings, wenn man das zum Extrem treibt, verkehrt es sich wieder ins Gegenteil. Vor einer Bedrohung, von der ich keine Ahnung habe, daß sie überhaupt existiert, habe ich auch keine Angst -- ein Mindestmaß an Wissen (und wenn's bloß "da ist irgendwas und es ist gefährlich" ist) ist also schon Voraussetzung.
« Letzte Änderung: 24.07.2016 | 12:41 von nobody@home »

Offline Scimi

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Re: Wissen ist Macht
« Antwort #11 am: 24.07.2016 | 12:58 »
Auf Bekanntes zurückzugreifen heißt ja nicht, dass sich Geschichten, Details und Themen wiederholen. Mit dem Monster of the Week "Gespenst" kann ich so unterschiedliche Sachen wie Dark Water, The Others, 13 Ghosts, What Lies Beneath und Ghostbusters herausbekommen. Das Wissen, dass es sich um eine Geistergeschichte handelt, entwertet oder spoilert ja nicht die ganze Handlung. Vor allem, weil "oh, es ist ein Geist, wir müssen seine Gebeine einsalzen und verbrennen" nicht unbedingt den Konflikt der Geschichte lösen muss. Umgekehrt fände ich den "ich will eine Geistergeschichte erzählen aber Geister kennt jeder darum nehme ich was was genauso ist wie ein Geist aber explizit kein Geist"-Ansatz eher befremdlich. Ghoule, Farben aus dem All, Dhaoloth und der König in Gelb sind für mich noch lange nicht ausgelutscht, dass ich sie ersetzen müsste.

Bei Lovecraft ist es ja schon so, dass seine Protagonisten vor allem gebildete Menschen sind, die einerseits viel Kontext und Vorwissen mitbringen und andererseits über die geistige Ausrüstung verfügen, den Mythos zu verstehen. At the Mountains of Madness legt nahe, dass das gesamte Forscherteam schon zu Studienzeiten das Nekronomikon gelesen hat (aber für abergläubischen Kokolores hält). Das ermöglicht Dyer später aber nicht nur, die Elder Things korrekt zu identifizieren und ihre Historie aus Wandreliefs zu rekonstruieren, sondern auch, Empathie mit den Monstern zu empfinden. Generell ist das Thema oft, dass die Charaktere alle Infos besitzen und das Monster sozusagen nur dazu dient, deren Wahrheitsgehalt zu beweisen. Umgekehrt scheinen eher ungebildete Charaktere wie Ammi Pierce oder Gustaf Johansen (oder Conan) die Tragweite des Schreckens bis zum Ende nicht zu verstehen, was es ihnen ja gerade ermöglicht, Cthulhu erfolgreich mit einem Schiff zu rammen oder ihre mutierten Nachbarn per Spaten zu entleiben.

Wobei ich auch ganz klar sagen muss, dass ich in meinem Bekanntenkreis jetzt auch nicht der Hohepriester bin, der die ahnungslose Menschheit in den Kult des Großen Cthulhu einführt. Fast jeder, den ich kenne, hat im Bereich "Everything Cthulhu" ausreichend Vorwissen, ob jetzt von den Originalgeschichten, dem Rollenspielkram, Comics oder dem Arkham Horror-Brettspiel. SL ist auch jeder lange genug gewesen. Da gefällt es mir persönlich besser, mit den Leuten auf Augenhöhe zu interagieren und mir vielleicht noch etwas Input zu holen als mir die Spieler künstlich kleinzuhalten. Dass die dann ihren Charakter nicht alles wissen lassen, was sie wissen, ist dann wieder eine andere Sache...

Hm... möchte ich fast anzweifeln.
Die Angst vor dem Unbekannten ist ja ein beliebtes Thema in allen Horrormedien - zumindest zu Beginn.

Dass natürlich dann am Ende Wissen herrscht, das ist klar. Aber zu Beginn das Nichtwissen einer unbekannten, nicht klassifizierbaren, nicht in Schubladen verstaubare Bedrohung, das hat schon seine Berechtigung.

Wobei das ja eher auf die Charaktere zutrifft. Der Zuschauer/Leser hat häufig vorher den Klappentext gelesen/den Trailer gesehen und weiß, dass er einen Vampirfilm sieht oder ein Buch über Aliens gekauft hat. Ein Teil der Spannung entsteht ja auch gerade dadurch, dass ich weiß, dass es (im Buch) Werwölfe gibt und darum in jedem Baumschatten und bei jedem raschelnden Blatt ein Monster erwarte, während der Charakter ahnungslos durch den Wald spaziert. Das Problem ist eben, das so zu spielen und nicht zu sagen "ich habe da so eine Ahnung und packe das Sturmgewehr mit der geweihten Silbermunition in den Picknickkorb". Dann spiele ich statt The Ninth Gate ganz schnell End of Days. Ich würde das aber nicht lösen wollen, indem ich den Spieler/Zuschauer/Leser so kurz halte wie den Charakter.

alexandro

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #12 am: 24.07.2016 | 13:06 »
Ich erinnere mich da an den Beispiel-Char Harvey bei CoC... der findet eine Schleimspur und schafft seinen Mythos-Wurf. Jetzt weiss er, dass es sich bei der Hinterlassenschaft um die einer Major Creature handelt und er geht in die entgegengesetzte Richtung davon.

Ich denke es ist nicht verkehrt, wenn man mit den Auswirkungen der Kreaturen konfrontiert wird, bevor man die Kreatur selbst zu Gesicht bekommt. Auf diese Weise wird mehr Spannung aufgebaut, und man weiß dass eine Gefahr droht - und dass man versucht dieser zu entkommen macht es nur um so schrecklicher, wenn man schließlich von dieser eingeholt wird.

Wenn Harvey einfach an der Schleimpfütze vorbeilaufen, um eine Ecke biegen, und dort eine Major Creature sehen würde, wäre das imo überhaupt nicht gruselig.

Zitat
Da der Vergleich zu Filmen herangezogen wurde...
Wenn ich mich zwischen den alten Horrorfilmen der 30er-50er Jahre und denen der jüngeren Generation entscheiden sollte... dann würde ich erstere wählen. Nicht, dass ich etwa nicht in Schockmomenten zusammenzucken würde; das bringen die neuen Filme sehr gut rüber, aber sie lassen eben keinen Raum für Kopfkino.
Die alten Filme hatten wenig Technik und zumeist ein kleines Budget. Hier ein Schatten, dort ein Geräusch, eine Spur im Sand und der Zuschauer hatte Zeit, sich alles gruselig auszumalen.
Diese Filme hatten aber auch Expositionsdialoge, wo die Protagonisten sich darüber unterhalten (durch eine gesunde Mischung aus Spekulation und gesicherten Erkenntnissen) was eigentlich vorgeht.

Offline Sir Markfest

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #13 am: 24.07.2016 | 14:35 »
...Vor einer Bedrohung, von der ich keine Ahnung habe, daß sie überhaupt existiert, habe ich auch keine Angst -- ein Mindestmaß an Wissen (und wenn's bloß "da ist irgendwas und es ist gefährlich" ist) ist also schon Voraussetzung.

Das hat ja auch keiner bestritten :)

Oft läufts ja bei Cthulhu so ab:
Seltsame Vorfälle, eine Bedrohung taucht auf (Nichtwissen) - Ermittlungen der SCs (Nichtwissen weicht allmählich) - finale Szenen, Erkenntnis (Wissen).

Dieses Nichtwissen zu Beginn verbunden mit der Neugier der SCs (und natürlich der Spieler) ist eine starke Triebfeder.

Und weil jemand erwähnte, dass man bei einem Horrorbuch auch weiss, dass es z.B. um Werwölfe geht: ich bin ja so einer, der recht paranoid Klappentexte der Bücher und Trailer der Filme meidet - etwas Überraschung will ich immer gerne haben.

alexandro

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #14 am: 24.07.2016 | 14:44 »
Es ging ja auch niemals darum, gleich am Anfang alle Informationen rauszuhauen! Aber der Ermittlungsprozess (bzw. bei Horrorromanen die langsam dämmernde Erkenntnis, worum es in diesem Plot geht) ist schon was besonderes.

Wie du schon sagtest: Neugier ist eine starke Triebfeder für die SC, und wenn sowieso nichts einen Sinn ergibt, dann bin ich auch nicht mehr lange neugierig.

Ucalegon

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #15 am: 24.07.2016 | 15:37 »
Und dann erwarte ich auch, dass diese ganze Hintergrundwelt im Spiel auftaucht. Ich will Innsmouth auf der Karte finden, ich will Berge des Wahnsinns am Südpol haben und ich will mir in MU das Nekronomikon in der Bibliothek ausleihen können. Und wenn ich vielleicht nicht so bewandert bin, will ich den ganzen Mythoskram durch das Spiel kennenlernen, um mich auf Cons und im Internet mit anderen Fans und Spielern unterhalten zu können. Wenn ich die wöchentlichen Horrorinnovationen meines SLs spielen will, gibt es dazu genug Spiele und Systeme. Aber wenn "Cthulhu" draufsteht, dann soll auch Cthulhu drin sein und im Südpazifik bei 47°9′S 126°43′W anzutreffen sein.

Ich lege da keinen gesteigerten Wert drauf. Insofern sind "die wöchentlichen Horrorinnovationen meines SL" genau mein Ding. Gibt ja auch genug Szenarios, die den Kanon stark variieren bzw. komplett ausbrechen. Die Delta Green-Schule.

Hm. Eine Methode, einem unerwünschten Aufbau von Wissen einen Riegel vorzuschieben, wäre sicherlich, ab und zu die Spieler zu feuern und eine völlig neue Gruppe zusammenzustellen. Am besten aus Leuten, die von Cthulhu und Lovecraft noch nie gehört und keine Ahnung haben, daß es bei CoC überhaupt um Horror gehen soll.
Müßte doch eigentlich der ideale Ansatz sein, oder? ~;D

Ersteres ist angenehm, weil man dann Läuterers "Hey das Ding kenn ich"-Problem eben nicht hat. Der Nachteil ist, dass ich den cosmic horror Maßstab aktiv andeuten muss, so ich ihn den haben will, und mich nicht darauf verlassen kann, dass die Leute das automatisch mitdenken. Letzteres kommt aus offensichtlichen Gründen nicht in Frage.

Aber der Ermittlungsprozess (bzw. bei Horrorromanen die langsam dämmernde Erkenntnis, worum es in diesem Plot geht) ist schon was besonderes.

Ich bin da auf der Nicht-Wissen=Horror Seite. Ein Whodunit, wo sich am Ende alles oder ein Großteil aufklärt, kann zwar immer noch ein gutes Horror-Szenario sein, aber das Gegenteil mag ich einfach mehr. Wobei mir ein Szenario, das tatsächlich gar keiner inneren Logik folgt und in dem nichts einen Sinn ergibt, jetzt auch nicht bekannt wäre.
Beispiele für hervorragende Szenarios, in denen die Hintergründe des jeweiligen "Problems" für die Spieler(innen) vage und unerklärt bleiben: Bryson Springs, The Last Equation, Cold Harvest, Night Floors.

---

Und wenn hier schon mit Filmen argumentiert wird, kann ich nicht widerstehen und schmeiße ein paar meiner Lieblinge in den Ring:
Safe (1995)
Picnic at Hanging Rock (1975)
Charisma (1999) und Kairo (2001)
Suicide Circle (2001)
Upstream Color (2013)
« Letzte Änderung: 24.07.2016 | 15:41 von Ucalegon »

Offline Der Läuterer

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #16 am: 24.07.2016 | 19:05 »
Die ersten zwei sind sehr gute Szenarien, der etwas anderen Art.
Überaus gelungene Empfehlungen.

Bryson Springs !!!
Wunderbar bizarres Marionettentheater in den USA der 30er...
Besonders für Storyteller... Und für umme auf drivethru.

The Last Equation !!!
Mathe regiert die Welt und treibt in den Wahnsinn. Delta Green...
Von meinem Lieblingsautor Dennis Detwiller... Und ebenfalls für umme im Netz.

Cold Harvest ???
Sorry. Nie gelesen, nie gespielt.

Night Floors ???
Delta Green...
Ebenfalls von Dennis Detwiller... Und genauso für umme im Netz. Sofort geholt. Danke für den Tipp.
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alexandro

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #17 am: 25.07.2016 | 00:25 »
Bryson Springs
Was bitte soll da ungeklärt sein? Sind halt böse Marionetten, es steht drin wie sie sich verhalten und wie man ihnen beikommen kann. Was braucht man mehr?

Zitat
The Last Equation
Ebenfalls nachvollziehbar, was da passiert. Und von Global Frequency geklaut.

Ucalegon

  • Gast
Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #18 am: 25.07.2016 | 00:59 »
@alexandro: Wie gesagt, das sind keine Beispiele für Szenarios ohne innere Logik. Und die haben die meisten, weil Geschichten, wenn sie nicht wirklich sehr experimentell sind, so funktionieren. Es sind aber eben auch keine Szenarios, in denen Kontext oder Ursprung der Bedrohung erklärt werden. Es bleibt in beiden Fällen völlig offen, warum passiert, was passiert. Kein Plan Nyarlathoteps im Hintergrund, keine naturwissenschaftlich erklärbare alte Alienzivilisation auf die man sich stützen könnte. Gerade die Marionetten machen fundamental keinen Sinn. Es ist nicht vorgesehen, dass die Spieler(innen) mehr rausfinden als das.

Der "Ermittlungsprozess" bzw. die Art und Weise wie die SL und das Szenario mit Clue-Vergabe/Klarheit/Lücken/offenen Enden/dem Mythos-Hintergrund umgehen, unterscheiden sich, wie der Thread zeigt, je nachdem ob Wissen oder Nicht-Wissen der Fixpunkt des Horrors sein sollen.

Edit: Mir ist doch noch ein Beispiel für ein Szenario eingefallen, das absichtlich versucht, das Problem selbst möglichst unklar zu lassen und keine Möglichkeit zu geben, wirklich damit umzugehen oder rational zu einer Lösung zu kommen: Walmsleys Watchers in the Sky aus The Final Revelation.

« Letzte Änderung: 25.07.2016 | 01:24 von Ucalegon »

alexandro

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #19 am: 25.07.2016 | 01:25 »
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Das reicht mir vollkommen aus, um ihre Rolle im Szenario zu verstehen und (sofern der Charakter ingame herausfindet), dass jemand damit Schindluder treiben kann. Der größere Kontext (Welcher Gott? Welche Funktion haben die Marionetten genau in seinen Diensten? Warum reagieren sie auf Beschwörungen? Warum sehen sie ausgerechnet wie Marionetten aus?) ist für dieses Szenario schlicht nicht von Belang.

Es ist ein bißchen wie in Hitchcocks "Die Vögel": man weiß nicht genau, was jetzt genau dieses Verhalten ausgelöst hat, aber es scheint (das wird dem Zuschauer klar, auch wenn die Protagonisten im unteren zweistelligen IQ-Bereich dümpeln und nicht einmal offensichtliche Zusammenhänge erkennen) irgendwie mit dem von Tippi Hedren gekauftem Vogelpäarchen zusammenzuhängen.

Ucalegon

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #20 am: 25.07.2016 | 01:37 »
Das reicht mir vollkommen aus, um ihre Rolle im Szenario zu verstehen

Mir auch.  :d

So wie ich den Läuterer verstanden habe, ging es ihm jetzt auch nicht darum, irgendwelche komplett willkürlichen und logisch nicht erfassbaren Phänomene irgendwie zu einer Art semikohärentem Szenario zusammenzuklatschen.

Was er aber vermeiden will ist:
Wenn meine Spieler Szenarien mögen würden, bei denen es darum geht einen Auftrag zu erfüllen, der besagt 'Geht nach X und besiegt Kreatur Y.', dann wären sie bei mir falsch, oder ich müsste 80er D&D servieren.
« Letzte Änderung: 25.07.2016 | 01:44 von Ucalegon »

alexandro

  • Gast
Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #21 am: 25.07.2016 | 01:57 »
Interessanterweise ist das Abenteuer ja gar kein Horror-Plot, sondern ein Detektivplot. Wenn man die Beziehungen der Charaktere und ihre Geheimnisse aus dem Abenteuer rausnimmt, und nur die Marionetten drin lässt, dann hat man effektiv kein Abenteuer mehr. Wenn man dagegen die Marionetten rausnimmt, und durch einen mundanen Serienmörder ersetzt, funktioniert das Abenteuer dagegen fast unverändert.

Und was genau hält die Charaktere davon ab, sobald das Abenteuer gelöst ist, und sie wissen was in der Stadt vorgefallen ist, nach dem Ursprung der Fischer-Schriftrolle zu suchen, um zu verhindern, dass nochmal jemand so etwas macht? Oder selbst ihre Probleme durch die Anwendung des Rituals aus der Welt zu schaffen?




Ucalegon

  • Gast
Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #22 am: 25.07.2016 | 02:15 »
Interessanterweise ist das Abenteuer ja gar kein Horror-Plot, sondern ein Detektivplot. Wenn man die Beziehungen der Charaktere und ihre Geheimnisse aus dem Abenteuer rausnimmt, und nur die Marionetten drin lässt, dann hat man effektiv kein Abenteuer mehr. Wenn man dagegen die Marionetten rausnimmt, und durch einen mundanen Serienmörder ersetzt, funktioniert das Abenteuer dagegen fast unverändert.

Letzteres: Klar. Der Trick dürfte bei vielen Szenarios klappen. Warum es irgendwas ändern soll, wenn man die ganze Situation auf die Marionetten beschränkt, verstehe ich allerdings nicht. Es bleibt ein relativ offenes Horror-Szenario (ich würde nicht von Sandbox sprechen, aber es geht in die Richtung).

Und was genau hält die Charaktere davon ab, sobald das Abenteuer gelöst ist, und sie wissen was in der Stadt vorgefallen ist, nach dem Ursprung der Fischer-Schriftrolle zu suchen, um zu verhindern, dass nochmal jemand so etwas macht? Oder selbst ihre Probleme durch die Anwendung des Rituals aus der Welt zu schaffen?

Nüscht. Die Kampagne, die sich daraus ergibt kann aber trotzdem immer noch offen und ohne Antworten zur Natur des Fischers enden.

alexandro

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #23 am: 25.07.2016 | 02:29 »
Letzteres: Klar. Der Trick dürfte bei vielen Szenarios klappen.
Bei "Der Sänger von Dhol" z.B. nicht.

Zitat
Warum es irgendwas ändern soll, wenn man die ganze Situation auf die Marionetten beschränkt, verstehe ich allerdings nicht.
Marionetten bringen Leute in der Stadt um. Entweder die Charaktere kriegen was davon mit, und damit ist das Abenteuer effektiv beendet (entweder durch "Marionetten? Wir greifen sie an!" oder durch "MARIONETTEN! Nichts wie weg aus dieser verrückten Stadt!"), oder nicht, womit das Abenteuer gar nicht erst stattfindet ("Die Morde sind bedauerlich...aber ist das nicht eher eine Aufgabe für die Polizei?"). Erst wenn sie einen "stake" in der Stadt haben, sich für die Beziehungen der NSCs interessieren, und sich darüber klar werden wer hier mit wem einen "beef" hat, können sie hinter das Muster hinter den Morden kommen und ihnen ein Ende setzen.

Ucalegon

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Re: Wissen ist Macht!
« Antwort #24 am: 25.07.2016 | 10:14 »
Bei "Der Sänger von Dhol" z.B. nicht.

Ja. Der ist das Gegenteil eines Leichtgewichts wie Bryson Springs. Wo ist da die Verbindung zum Threadthema?

Marionetten bringen Leute in der Stadt um. Entweder die Charaktere kriegen was davon mit, und damit ist das Abenteuer effektiv beendet (entweder durch "Marionetten? Wir greifen sie an!" oder durch "MARIONETTEN! Nichts wie weg aus dieser verrückten Stadt!"), oder nicht, womit das Abenteuer gar nicht erst stattfindet ("Die Morde sind bedauerlich...aber ist das nicht eher eine Aufgabe für die Polizei?"). Erst wenn sie einen "stake" in der Stadt haben, sich für die Beziehungen der NSCs interessieren, und sich darüber klar werden wer hier mit wem einen "beef" hat, können sie hinter das Muster hinter den Morden kommen und ihnen ein Ende setzen.

SC brauchen idealerweise eine Motivation bzw. einen Zwang, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen und nicht einfach Reißaus zu nehmen. Man könnte Okies spielen, die ohnehin nicht weg können. Oder die Polizei - aus dieser Idee ist DG entstanden. Oder. Oder. Je mehr Clues man weglässt, desto schwieriger wird es für sie, rauszufinden, was in Bryson Springs passiert. Ein Horror-Szenario bleibt es weiterhin, wenngleich eines das unter Umständen mehr in die Survival Horror Richtung geht. Und dass Clues an sich abzulehnen seien hat hier ja, wie gesagt, niemand behauptet, insofern verstehe ich noch nicht, worauf du am Beispiel Bryson Springs hinauswillst.