Autor Thema: Bad Wrong Fun! Eine Einführung in Nutzentheorie im Rollenspiel  (Gelesen 5630 mal)

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"Du spielst falsch!" "Das würde mir so gar keinen Spaß machen!" "Würfeldrehen mag ich nicht. Da würde ich sofort die Runde verlassen." Es kommt immer wieder zu Diskussionen darüber, was eigentlich Spaß macht im Rollenspiel.

Bisweilen sind Leute beleidigt, wenn ihr jeweiliger Spielstil auf wenig Begeisterung stößt oder, wie im Falle der Nutzung umstrittener Techniken wie Railroading, rundweg abgelehnt wird. Bei der Aussage, dass bestimmte Spielrunden weniger cool oder deutlich cooler wirken als in den Augen der Leute am Spieltisch, schwingt ein recht großer Strauß an unausgesprochenen Annahmen mit. Die möchte ich im Ansatz mit diesem Beitrag auf eine einigermaßen systematische Weise sichtbar machen. Das könnte für das Verständnis von Rollenspielpräferenzen sinnvoll zu wissen sein und parallel etwaige Irritationen ausräumen. Wer sich einlesen möchte (dauert insgesamt nicht mehr als 3 Minuten, versprochen!), sei auf folgende Links in dieser Reihenfolge verwiesen: Nutzentheorie, kompensatorische Entscheidungsregeln, multiattributives Nutzenmodell, non-kompensatorische Entscheidungen. Wenn man das gelesen, verdaut und verstanden hat, erklären sich viele der Missverständnisse und Irritationen im Forum quasi von selbst.

Zusammengefasst: Rollenspielrunden kann man beschreiben als System von Merkmalen (einige Beispiele dafür sind etwa Regeltreue, Schauspielanteil, Genre, Spielsystem, Bedeutung von persönlicher Freundschaft fürs gemeinsame Spiel, Fokus auf Ingame-Anteile) mit bestimmten Ausprägungen. Das kann man in Beziehung setzen zu den idealen Ausprägungen pro Merkmal eines Spielers1. Je stärker sich nun die Ausprägungen der Rollenspielrunde decken mit den Idealvorstellungen des Spielers, desto größer ist der Nutzen und umso stärker die Präferenz.

In vielen Fällen wird es dabei vermutlich kompensatorische Beziehungen zwischen den Merkmalen geben. Wenn in einer Runde beispielsweise nur total lausige Schauspieler sitzen und mir dieser Punkt eigentlich wichtig wäre, dann mache ich womöglich trotzdem mit, weil ich eine tiefe, persönliche Beziehung zu den anderen Spielern ebenfalls total wertvoll finde und da ein paar von meinen besten Freunden dabei sind. Dann mag diese Runde attraktiver sein als die Runde mit den Superprofischauspielern, die ich halt nicht so gut kenne bzw. nicht so gerne mag.

Davon unterscheiden muss man aber non-kompensatorische Entscheidungsregeln. Das sind Merkmale, die bestimmte Schwellenwerte erfüllen müssen, damit überhaupt eine entsprechende Entscheidung ermöglicht wird. Wenn ein eingefleischter Tactician im Sinne von Laws Spielertypen beispielsweise in eine Runde kommt, die mit großer Begeisterung an den Würfeln dreht und es ingame mit der Planung nicht so genau nimmt, dann wird er da nicht mitspielen wollen - unabhängig davon, wie geil der Rest der Runde auch sein mag. Würfeldrehen ist für ihn halt ein "NoGo".

Was wir täglich im Forum beobachten, sind schlicht unterschiedliche Präferenzprofile. Es unterscheiden sich bei uns, die wir an diesem Forum teilnehmen, die Idealausprägungen auf quasi allen Merkmalen. Das führt zu unterschiedlichen Urteilen darüber, was wir an Rollenspielrunden toll finden und was nicht. Wenn jemand also eine Runde nicht mag, für die ihr total brennt, liegt das vermutlich einfach an einer unterschiedlichen Präferenzstruktur. Da ist nix böse dran gemeint. Passiert.

Und wenn es tierischen Streit gibt über die Erlaubnis von Würfeldrehen in einer Runde, dann unterscheidet sich sogar darüber hinaus die Natur der zugrundeliegenden Entscheidungsregeln. Bei mir wäre ein bisschen Railroading oder Würfeldrehen beim Spielleiter dann in Ordnung, wenn halt auf anderen Ebenen supergeil geliefert wird. Kompensatorische Beziehung. Bei vielen anderen Leuten hier im Forum besteht ganz offensichtlich ein non-kompensatorischer Zusammenhang. Das führt natürlicher Weise zu massivem Unverständnis.

Wollte das immer schon mal loswerden, weil ich mir davon einen Mehrwert für Diskussionen verspreche.





1: Da kommen dann noch die Wichtigkeit einzelner Merkmale ebenso rein wie Modelle zu den Wirkbeziehungen. Aber das soll uns hier nicht weiter interessieren.
« Letzte Änderung: 23.09.2016 | 19:33 von Wellentänzer »

Offline Orlock

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Wie recht Du doch hast!
Ich lese diese ganzen Grundsatzdiskussionen schon gar nicht mehr (von beteiligen ganz zu schweigen), weil es doch immer wieder auf das hinausläuft, was Du in besseren Worten gesagt hast, als ich jemals dafür finden würde.

Offline ArneBab

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Danke! Ich finde es toll, dass du Hintergrund dazu lieferst.

Jetzt ist aber die fiese prakitsche Frage: Wie nutze ich dieses Verständnis zum besseren Rollenspieldesign?
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
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Wellentänzer

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Danke! Ich finde es toll, dass du Hintergrund dazu lieferst.

Jetzt ist aber die fiese prakitsche Frage: Wie nutze ich dieses Verständnis zum besseren Rollenspieldesign?

Zu aufwendig. In der Wirtschaft werden diese Ansätze im Marketing in extremer Weise dafür verwendet, Produkte besser zu verbimmeln. Die Analyse und das Verständnis von Präferenzstrukturen und Wahlprozessen von Kunden ist aufwendig und komplex. Außerdem gibt es dabei unfassbar viel zu beachten. Das wäre problemlos auch für Rollenspiele und deren Design möglich - aber nicht zu einem für Rollenspielverlage machbaren Preis.

Ganz nutzlos finde ich den Ansatz aber auch wiederum für Rollenspiele nicht. Immerhin kann man nun ein bisschen besser nachvollziehen, wenn jemand sagt, dass ihm eine Runde nicht so wahnsinnig zusagt. Macht der dann das eigene Spiel schlecht? Nein, nicht unbedingt. Da hat jemand halt einfach andere Interessen und das lässt sich nun etwas formvollendeter fassen als das vorher der Fall war.

@ Orlock: Danke für die Blumen! Ehrlicher Weise habe ich mir das aber nicht ausgedacht. Wohl habe ich in der Vergangenheit zu einem Teilbereich der multiattributiven Nutzentheorie mal ein winziges Puzzlestück an Wissen ergänzt. Aber verglichen mit dem gewaltigen Berg an Vorarbeiten bleibe ich eine Ameise. Leider sind noch keine Nobelpreise in Sicht  ;)

Samael

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Wellentänzer, du bist einfach gut.

Offline Orlock

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Du hast es aber sehr gut zusammengetragen!  :d

Ich denke mir da immer nur ganz unwissenschaftlich "jeder Jeck ist anders". Und entweder kommt man damit klar, dass die Mitspieler evtl. andere Präferenzen haben, als man selbst, oder die Gruppe scheitert an den eigenen Erwartungen. Aber auf dieses saloppe Argument habe ich eigentlich nie eine vernünftige (oder überhaupt eine) Antwort bekommen.
Auch ein Grund, warum ich mich von diesen Diskussionen fernhalte.  :)
« Letzte Änderung: 23.09.2016 | 19:53 von Orlock »

Offline Rhylthar

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 :d

Ergänzend vielleicht noch:
Das ist das Internet hier. Vieles wird sicherlich nicht so heiss gegessen, wie es teilweise hier gekocht wird in den Diskussionen.
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Offline Wandler

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Das ist die komplizierteste Art "jedem das seine" zu formulieren die ich je gelesen habe. :) Macht es darum ja nicht schlechter :P

Offline Yney

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Mir schwirrt nach erstem Lesen ein wenig der Kopf, aber interessant ist es auf jeden Fall (vielen Dank). Für mich persönlich würde ich es knapp eindampfen darauf, dass man sehr vorsichtig sein muss seine Skala anzulegen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Verschiedene Messsysteme liefern beim Bewerten ein und derselben Sache verschiedene Werte. Da könnte man sich dann über "besser" und "schlechter" streiten oder sich einig werden, dass es einfach "verschieden" ist.

Technische Minianmerkung:  Nutzentheorie, kompensatorische Entscheidungsregeln in deinem Text führten zumindest bei mir zum selben Text (man findet die Entscheidungsregeln problemlos über die anderen Links, aber vielleicht willst du es umbasteln).

ErikErikson

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Schöner Post, Kurzer Einwurf:

Wenn ich es richtig verstehe, wird dem Würfeldrehen,RR bzw. dem "Regelbruch" vorgeworfen, sittlich und moralisch falsch zu sein. Also quasi ein Betrugsdelikt, ähnlich dem Betrügem im Schach. https://de.wikipedia.org/wiki/Betrugsf%C3%A4lle_im_Schach

Damit verschiebt sich die Debatte ja vom reinen "Jeder spiel was er will" hin zu einer nötigen Aktion, um andere Spieler vor einer (pseudo)kriminellen Handlung zu schützen und Moral und Anstand aufrechtzuerhalten. Der moralisch integre Spieler muss im Forum jede positive Äußerung zu Würfeldrehen unterbinden, um andere Spieler zu schützen.

Damit ist die Sache auf einer Ebene, wo es eben nicht mehr um Spielvorlieben geht, und wird zu einer Frage der Ethik.

 

Offline Greifenklause

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Es gibt zwei Formen der Legitimationen des Regelbruchs.
Die eine ist abspracheorientiert oder auch "mittelorientiert"und sicherer:
Wie wäre es alternativ mit "Der SL muss sich nicht an Regeln halten, wenn die Gruppe dieses Verhalten akzeptiert"? D.
Die andere ist "ergebnisorientiert" und unsicherer:
Mal etwas provokativ:
"Der SL muss sich nicht an Regeln halten, wenn er sich zu 99% sicher ist, dass ...
sich nicht an Regeln zu halten (Offenbarung unterstellt), entweder positiv aufgefasst wird
oder
das Gesamtergebnis (Miniereignis wie Heldentod/whatever, Plot, Abenteuer/whatever), für den oder bei dem der Regelbruch verwendet wird "das negative Auffassen des überraschenden Regelbruchs" mehr als ausgleicht!"  >;D

Für wie wahrscheinlich ihr, wir, ich, sonstwer hier ein "positives Ereignis" bzw ein positives Saldo hält, ist individuell verschieden und manche prognostizieren es bei eigener Teilnahme mit 0%.
EDIT: Der zweite Fall ist auch als "Ziegenfleisch unterschieben"-Problematik (seit heute) bekannt und wird kontrovers diskutiert.
« Letzte Änderung: 23.09.2016 | 20:39 von Pineapple Jaw »
Spielt Gnomberserker und Dachgaubenzorros

Offline Glühbirne

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Wenn ich es richtig verstehe, wird dem Würfeldrehen,RR bzw. dem "Regelbruch" vorgeworfen, sittlich und moralisch falsch zu sein.

Das habe ich von der Mehrheit der Würfeldrehablehner, inklusive mir, anders gelesen. Es ist sittlich und moralisch falsch, wenn es ohne vorheriges Einverständnis der Gruppe geschieht. Ansonsten ist es nur etwas, was einem dem Spaß verdirbt.

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Danke für die positiven Reaktionen. Freut mich!

@ Wandler: Das wirkt vielleicht etwas überkompliziert, dient aber ja nur als Ausgangspunkt für weitere Überlegungen. Mit einer solchen Basis lassen sich nämlich Präferenzstrukturen messbar und damit vergleichbar machen. Du kannst dann damit beispielsweise simulieren, bei welchen Leuten ein neues Rollenspielsystem wie aufgenommen würde. Das ist mangels Daten und Knete halt leider nicht möglich und bleibt theoretisch. Aber deshalb steht das Thema ja auch in diesem Channel.

@ Pineapple: Ich glaube zu wissen, was Du sagen willst. Versuch aber vielleicht die Thematik von Regelbrüchen aus diesem Thread fern zu halten. Ich habe nicht den Eindruck, dass es an Diskussionsmöglichkeiten dafür an anderer Stelle des Forums mangelt ;-)

Das habe ich von der Mehrheit der Würfeldrehablehner, inklusive mir, anders gelesen. Es ist sittlich und moralisch falsch, wenn es ohne vorheriges Einverständnis der Gruppe geschieht. Ansonsten ist es nur etwas, was einem dem Spaß verdirbt.

Ja und nein. Es ist scheiße ohne Einverständnis der Gruppe. Und es verdirbt halt nur den Spaß von Leuten mit den zugehörigen Präferenzstrukturen. Mir macht es beispielsweise in den meisten Konstellationen nicht viel aus, wenn der SL ein bisschen am Würfel dreht. Bei D&D4 gäbs dafür von mir allerdings auch ne klare Ansage. Aber wie gesagt: über die Angemessenheit und Bewertung von derlei Techniken ist an anderer Stelle Platz. Hier soll es eine Abstraktionsebene höher um Nutzem- und Präferenzstrukturen gehen. Sonst fürchte ich ein Fass ohne Boden ;) Danke!

Offline Wandler

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Bin voll bei dir. Ich liebe überanalytisches Zerpflücken von Themen. Es macht doch einfach Spaß seine Expertise auf etwas neues anwenden zu können. Nur weil man mit Kanonen auf Spatzen schießt, sind die Kanonen ja nicht weniger effektiv und so mancher Rollenspieler mag nunmal Kanonen :)

Edit: Ich finds wirklich gut - sollte das sarkastisch geklungen haben!

Offline Greifenklause

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@ Wellentänzer
Ich habe da lang drüber nachgedacht und versucht es möglichst neutral hier klarstellend einzustellen.
Deshalb auch die Etiketten "Sicher" und "Unsicher".
Und Wandler und ich haben uns ja auch wieder vertragen.
Ergo seh ich da nicht viel Streitpotential (mag mich aber in der Streuung irren  ~;D *)

*Sorry, der musste raus.
Spielt Gnomberserker und Dachgaubenzorros

Offline Bad Horse

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Ansonsten ist es nur etwas, was einem dem Spaß verdirbt.

Vielleicht wäre es hilfreich, davon auszugehen, dass mit so einer Aussage nicht "das verdirbt jedem den Spaß" sondern einfach nur "das verdirbt mir den Spaß" gemeint ist. Voilá, ein Haufen Probleme geklärt.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Glühbirne

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Vielleicht wäre es hilfreich, davon auszugehen, dass mit so einer Aussage nicht "das verdirbt jedem den Spaß" sondern einfach nur "das verdirbt mir den Spaß" gemeint ist. Voilá, ein Haufen Probleme geklärt.

So war das auch gemeint ;). Es wäre aber in dem Moment mein Problem, weil der SL mir ja gesagt hat das er das so macht und ich trotzdem mitspiele. Was übrigens total was mit der These des OP zu tun hat :-*

Wellentänzer

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Vielleicht wäre es hilfreich, davon auszugehen, dass mit so einer Aussage nicht "das verdirbt jedem den Spaß" sondern einfach nur "das verdirbt mir den Spaß" gemeint ist. Voilá, ein Haufen Probleme geklärt.

Ich finde es ein bisschen unfair, dass Du das ganze Geschwurbel in einem einzigen Satz verdichtest. Aber Spaß beiseite: logo, darum gehts.

So war das auch gemeint ;). Es wäre aber in dem Moment mein Problem, weil der SL mir ja gesagt hat das er das so macht und ich trotzdem mitspiele. Was übrigens total was mit der These des OP zu tun hat :-*

Exakt!

Offline Maarzan

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Als Ergänzung:

Damit da etwas kompensieren kann, muss für das für den Betreffenden auch einen Wert haben.
"Tolle Story" wie auch "faszinierend natürlich wirkende Preisfunktion für Hartwurst" sind keinerlei Kompensation für Leute, die dem so dargebotenen keine positive Bedeutung zu messen.

Letztlich wäre der Nutzen der Nutzentheorie VOR dem Spiel weitgehend abschätzen zu können, was da für ein Spiel bei rauskomemn wird udn so den Nutzen optimieren zu können bzw. grobe Ausreißer nach unten zu verhindern.
Und das funktioniert nur, wenn sich die Beteiligten bei den Beschreibungen und Absprachen ehrlich und offen verhalten und hinterher dran halten und sich als Rechtfertigung für eigenmächtige Änderungen nicht auf Kompensationen zurück, ziehen die für andere Beteilgte keine sind.


Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Chruschtschow

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Also letztlich auf einzelne Rollenspiele bezogen schlicht: System matters? ;)
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline Bad Horse

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"Ich mag das System" kann ja mit Sicherheit eine der als nützlich empfundenen Komponenten sein.

Ob das für viele Leute als einzige Kriterium ausreicht, bezweifle ich. Für mich eher nicht.

Das System kann natürlich auch ein Ausschlusskriterium sein. "Was, Fate / Gurps / Savage Worlds? Och nö, lass mal."
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Offline Chruschtschow

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Wie gesagt, auf's System ohne weitere Information über Gruppen bezogen. Dass der Gruppenkontext noch ein Mal einen weiteren Satz Kriterien drauf klatscht, ist ja nun auch nicht die neueste Erkentnis. ;)
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Offline D. Athair

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So langsam fügt es sich zusammen.
Ich glaube immer noch, dass das Modell im Rollenspiel mehrschichtig ist.

Das erste ist, was 1of3 als "legale Fiktion" beschreibt. Je nachdem wie eine Rollenspielrunde zusammen kommt gibt es eine andere "origins story" einer Gruppe. Hier werden erste Weichen in Bezug auf das Zusammenspiel gestellt. Da entstehen Implikationen in Bezug auf "wer macht was"? Es macht z.B. einen Unterschied ob ich beim Gesellschatsspielabend sage: "Ich kann Werwölfe vom Düsterwald mitbringen, aber ich habs noch nie gespielt, wir können das gern ausprobieren." Oder ob es heißt: "Kannst du Werwölfe mal mitbringen, wir würden das gern mal spielen." Oder: "Wir würden gern mal bei dir Werwölfe spielen."
Jetzt zu den Ableitungen, die sich ergeben:Beim Ersten: "Der Erklärbär ist nicht festgelegt - wir versuchen nach den Regeln zu spielen, so gut wirs halt hinbekommen." Beim Zweiten: "Du hast doch dieses Spiel, kannst du's uns beibringen." Und beim Dritten: "Wir wollen es von dir lernen nach den Regeln, die du für richtig hältst."

Die zweite Sache grundsätzlicher Art, die zu klären ist, ist, ob "Rollenspiel" als Medium zum Geschichtenerzählen (wie Film, Roman, Theater, ...) gesehen wird oder als Spiel, das Geschichten erzeugt. Alle Spiele haben, bzw. erzeugen ihre Story. Selbst Mensch-Ärgre-dich-Nicht. (Und dann, als alles verloren schien, hab ich drei 6en hintereinander gewürfelt und zwei rote und einen gelben Kegel rausgeworfen.)
Spiel und Erzählung, beides sind "archaische" Formen der Welterschließung und Methoden der Sinnstiftung. Man kann das gut kombinieren (das machen sogar fast alle Brettspiele, indem sie ein Thema und eine explizite Geschichte wie "Befreit das Land von Graf Stradh [...]" haben). Trotzdem kann man übergreifend nur entweder der Logik des Spiels oder der Logik der Erzählung folgen und damit entweder konkreten Spielregeln oder den Regeln des Erzählens.

Als dritten Schritt würde ich die Nutzentheorie sehen. Sie klärt konkret "Und was mach ich jetzt damit?"
Was sind die - für die einzelnen Spieler zentralen Spielinhalte und Spielziele. Die Spielertypen von z.B. Robin D. Laws oder die, welche im Gamemaster's Law von Rolemaster beschrieben sind, bewegen sich grundsätzlich auf der Ebene. Allerdings packen sie schon Pakete zusammen, die es zwar sicher so gibt, aber die weder abschließend noch vollständig sind. Sie können auch nicht direkt Spaßquellen oder Spielererwartungen hintergründig benennen. Sie sind mehr eine Beobachtung von "diese Präferenzen kommen so gebündelt vor und für das Spiel bedeutet das Folgendes." Die Spieler- (oder auch SL-) Typisierungen sind letztlich ein theoretisches Modell, ne gedankliche Abkürzung, das ein ungefähres Verständnis ermöglicht. Ein bißchen wie das bohrs'sche Schalenmodell in der Chemie. Die Spielertypen sind also eine einfache - wahrscheinlich zu einfache Krücke, um sich nicht mit Nutzentheorie und den konkreten Nutzen beschäftigen zu müssen. In der Praxis funktioniert das nur so halb. (Siehe dazu die Diskussionen um "Taktisches Spiel braucht verbindliche Regeln - die können prinzipiell genauso der Plausibilität wie konketen Spielmechanismen entspringen". Auch hier wieder: Was man mag, ist eine Präferenz bzw. Nutzen-Frage.)

... die creative agenda der Forge beobachtet (auch sich in der Folge abwechselnden) welche Gruppenintension - in den gerade stattfindenden Spielprozessen der Gruppe - zu Grunde liegt. Wenn ich nun von hier aus ein RSP designe, dann muss ich - um eine bestimmte CA relativ dauerhaft reproduzieren zu können, viele Festlegungen für die darüberstehenden Ebenen vornehmen. In der Regel heißt das: Ich muss die Spiellogik nehmen - denn auf die Spielregeln hab ich als Autor Einfluss (sonst schreib ich eher ein Handbuch zu Erzählungen - und genau das macht Dread ja auch) und ich muss relativ eng festlegen, welche konkreten "Nutzen" mein Spiel überhaupt bedient. (Und von dieser starken Fokussierung und Vorfestlegung kommt auch der Eindruck, Forge-Spiele seien "One-Trick-Ponys" oder "keine richtigen Rollenspiele".) Letztlich geschieht so auch die Festlegung von Spielthemen und Spielzielen ... womit Forge-Spiele (neben einigen wenigen anderen Rollenspielen/Rollenspielarten) wirklich Spiele sind und keine Spielzeuge.


... das mal als Systematisierungsversuch

 
« Letzte Änderung: 23.09.2016 | 22:59 von Contains Diseases »
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

Offline dunklerschatten

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Ohne Wasser in den Wein geißen zu wollen, das ist zwar sehr geschmeidig formuliert, aber inhaltlich doch irgendwie alter Wein in neuen Schläuchen.
An dem Punkt war des Endlosthema doch schon einige male...
"Stellt Euch den Tatsachen, dann handelt danach!"
Quellcrist Falconer

Offline D. Athair

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... wir könnten ja mal anfangen versuchen herauszufinden, was entsprechend der Nutzentheorie (die man - genauso wie "legale Fiktionen" - theoretisch auf beliebiger Ebene ansetzen kann1) Nutzen sein können. Am einfachsten geht das mMn da, wo bestimmte Spiele/Spielweisen deutliche Ablehnung erfahren.

Ich hatte schon an John Wicks "Chess is not an RPG" gedacht, bei dem er D&D 0-4 das "Rollenspiel-Sein" abspricht, aber dann habe ich gemerkt, dass sich das mit dem Rollenspielzugang Erzählung vs. Spiel vollständig erklären lässt. Die Ablehnung des RPGPundits gegenüber "Story Games" wäre vielleicht auch ein Anfang. Gerade, weil story games und OSR-Spiele Gemeinsamkeiten haben, die er vehement abstreiten würde.

Edition Wars ... weiß nicht. Einerseits könnte da immer noch viel Konfliktpotenial drinsstecken und viel Zeit verschwendet werden, wo es um bloße Veränderung der Spielmechanik geht, andererseits könnten da vielleicht wirklich Präferenzen/Nutzen gefunden werden, welche die neuere Version nicht liefert(e). oWoD/nWoD könnte man vielleicht unter dem Gesichtspunkt Metaplot, fixed Background v.s. Metaplot/Hintergrund-Toolkit anschauen. Als erste Frage (für ein neues Thema) könnte man z.B. nehmen: "Was geht verloren, wenn der Metaplot invalidiert wird?"

... nur mal als Idee in den Raum geworfen.





1 Die vorgenommene Aufteilung ist deswegen so, wie sie ist, weil ich der Meinung bin, dass die entsprechenden theoretischen Konstrukte - so wie ich sie zugeordnet habe - am sinnvollsten ist. Klar könnte man die Erzählung-Spiel-Achse damit genauer analysieren, allerdings scheint mir die Grundsatzentscheidung so paradigmatisch zu sein, dass sie kaum Erkenntnisgewinn bringt. Auf der Ebene auf der Absprachen stattfinden, also konkrete Regeln zur gemeinsamen Spielweise und zum Spielprozess verhandelt werden, ist das deutlich ergiebiger.
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan