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Wie viel Beschreibung braucht ein (Fate-)Setting eurer Meinung nach?

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Chruschtschow:
In der langen Zeit habe ich ja nun auch das ein oder andere Mal mit sehr unterschiedlichem Erfolg in weiter ausgebautem Settings gespielt. Mal ein paar Erfahrungen:

Star Wars: West End Games hat damals das Richtige gemacht. Die haben sehr sehr sehr viel Zeug erstellt, das nichts mit den Filmen zu tun hatte. Das war Traveller in Flashy (Regelseite) mit mehr Rost (Used Universe). Wenn ich mich nicht vertue, dann gab es damals kräftig Wechselwirkungen zwischen Expanded Universe von WEG und dem der Romanschreiber. Entsprechend hat man an so vielen anderen Stellen was zu tun gehabt, dass einem der Kern der Rebellionssache am Poppes vorbei gehen konnte. Das klappte vor allem, wenn man sich in Richtung der Timothy-Zahn-Reihe bewegte. Da waren die Bossrebellen schon mit ihrer Show fertig und man konnte frei schalten, walten und Kulisse zerstören. Perfekt.

Mittelerde: Ok, wir spielen hundert Jahre vor den Ringkriegen. Moment mal, sind wir gerade mit einem Hobbit in Minas Tirith? Da, wo die Leute so einen Aufriss drum gemacht haben, als Gandalf mit Pippin aufgetaucht ist, weil Hobbits was aus gaaaaaanz alten Geschichten sind. Und nicht vergessen, die Gondorer von Minas Tirith sind Dúnedain, Nachkommen der Numenorer, ziemlich langlebig, Denethor II. war 89, als er sich angezündet hat, Faramir wurde 120. Also direkt mal mit dem Kanon kollidiert. Das ist nicht schlimm. Gelegentlich. Aber dann hat man die Bude voller Mittelerde-Kenner und rumpelt im Halbstundentakt gegen die Settingkonsistenz. Und wieder. Und noch ein Mal. Das ist eine Juckstelle, die einfach irgendwann nicht mehr aufhört zu jucken. Dafür ist Mittelerde einfach zu sehr auf ein paar Handlungsorte konzentriert. Das mag mit TOR besser sein, das kenne ich nicht. Damals bei MERS hatten wir das Problem aber definitiv.

Star Trek: Das geht wieder recht gut. Der Episodencharakter ist so übertragbar. Nasen kann man beliebig neu modellieren. Läuft. Die haben in der Serie selbst auch genug Quatsch gemacht, dass es auch kein schlechtes Gefühl im Spiel gab.

Das Schwarze Auge: Erstickt ... Früher gerne, als ich dann aber mal zurück kam und merkte, wie unfassbar eng das verflochten ist und wie wenig Ellebogenfreiheit stellenweise bleibt, war ich dann doch etwas erschrocken und habe mich von der vierten Edition direkt wieder abgewandt, zu einem guten Teil wegen des Settings.

Das lässt sich noch ein bisschen fortführen. Z.B. Shadowrun. Da konnte ich Ignoranz schon so gut, dass mich das einfach nicht gekratzt hat.

@Isegrimm:

--- Zitat ---Ich brauch etwas Weltbeschreibung, damit sich das Setting nicht leer oder zu generisch anfühlt. Damit ich mir etwas jenseits allgemeinster Klischees vorstellen kann, und trotzdem nicht ständig ins Gehege mit anderen Vorstellungen komme.
--- Ende Zitat ---
Alles eine Frage der Kommunikation. Mit den richtigen Kreativmitteln lässt sich da einiges vereinheitlichen. Nimm zum Beispiel mal A Spark in Fate Core zur Hand. Oder bau deine Fatewelt mit Microscope.

Wandler:
nobody@home: Du kannst aber in einem Homebrew-Interpretation-Setting nicht wissen was es dort gibt. Auch wenn Setting A in Gruppe A und Setting B in Gruppe B ihre Interpretation von einer kurzen Beschreibung im Buch sind, so können sie weiter auseinanderliegen je weniger dort definiert ist. Wenn das Buch aber das Setting sehr detailliert beschreibt und beide das Buch als gemeinsamen Nenner/Referenz gelesen haben, dann ist klar "da gibt es den Ort, die Person, die politische Fraktion, das sind die Guten, das sind die Bösen". Wenn das aber nicht im Buch steht, dann ist es gut möglich, dass genau diejenigen die in Gruppe A die Bösen sind, in Gruppe B die Guten sind.

Ich versteh dein Argument natürlich, aber wie schon weiter oben geschrieben, bin ich der Überzeugung, dass jedes Setting unendliche Möglichkeiten hat und damit egal wie viele (endliche) Dinge du in einem Buch festschreibst, gibt es eben immer noch unendlich viele Möglichkeiten für die Spielgruppen. Darum laufen ja sogar oft die selben Abenteuer, also eine viel viel kleinere Einheit als ein ganzes Setting, geleitet vom selben Spielleiter mit zwei unterschiedlichen Gruppen ganz unterschiedlich ab. Ein Setting ist viel viel größer als ein einzelnes Abenteuer und bietet dementsprechend noch viel mehr Variation, Spielraum und Möglichkeiten als ein einzelnes Abenteuer. Wenn du jetzt allerdings genau dieses Festgeschriebene anders spielen/leiten willst, dann ist in meinen Augen die Qualität dessen einfach nicht gut genug um dich zu überzeugen (... oder trifft halt deinen persönlichen Geschmack nicht, aber das kann für ein Setting als Gesamtes genauso gelten wie für jeden anderen Teil davon).

Wie gesagt zuviel Beschreibung wird einfach ignoriert. Entweder weil man es erst gar nicht liest oder sich nicht merken kann oder weil es zu komplex wird um im Spiel auch so gespielt zu werden. Wenn ein Setting jetzt aber "zuviel" Beschreibung hätte, dann würde das auf das selbe hinauslaufen als wenn es das nicht hätte: Man könnte sich nicht mehr darauf verlassen, dass eine andere Gruppe den selben Wissensstand hat und genau gleicht aussieht. Übrigens habe ich überhaupt nicht behauptet, dass mehr immer besser ist, nur dass der Umkehrschluss eben nicht gilt, dass zuviel schlechter sein kann. Es kann maximal so schlecht sein, wie es wäre wenn es nicht so viel Beschreibung hätte. All das unter der - natürlich rein theorethischen - Voraussetzung, dass jemand auch unendlich viel Beschreibung in selber Qualität überhaupt schreiben kann. Aber das ist dann eine Qualitätsfrage für mich und sicher keine Quantitätsfrage und ehrlich gesagt scheitert es in der Realität bei großen umfangreich beschriebenen Settings doch daran: Irgendwann leidet die Qualität. Für Ort XYZ war noch super viel Kreativität und Detail dar und dieses Meisterwerk lies sich für die nachfolgenden 214 Orte nicht wiederholen.

Eulenspiegel:
Ich denke, es verläuft wie folgt:
Zu Beginn gibt es eine interessante Story. Durch diese Story entstehen viele Film- und Buch-Fans. Wegen dieser Film- und Buch-Fans wird mehr Content zu der Story geschaffen. Dadurch wird das Setting erweitert. Irgendwann hat das Setting eine Komplexität erreicht, dass es für Rollenspieler interessant mach. Daraufhin wird aus dem Film-/Buch-Setting ein Rollenspiel-Setting.

Wichtig ist zu beachten: Das Film-/Buch-Setting hat häufig sehr einfach angefangen. Hier gab es tatsächlich erst die Fans und anschließend wurde das Setting komplexer.
Zu dem Zeitpunkt, wo das Setting aber fürs Rollenspiel übernommen wurde, hat es bereits eine hohe Komplexität erreicht.

Klar, kann man in vielen Settings zwei Roboter, einen Schmuggler und einen Psi-Lehrling spielen, die im Auftrag der Terroristen gegen den Staat kämpfen. Aber viele Leute wollen das halt nicht in irgendeinem Setting spielen, sondern in DEM Setting. Und meistens will man auch nicht die Story nachspielen. Das heißt, man nimmt das Setting von Star Wars, Star Trek, Harry Potter, Harry Dresden etc. und bespielt damit seine eigenen Abenteuer. Aber man spielt nicht die Abenteuer aus dem Filmen/Romanen nach.

Ansonsten ersetzt Quantität natürlich keine Qualität: Wenn ich viele Diamanten habe, freue ich mich über noch mehr Diamanten.
Wenn ich jedoch nur Mist habe und mich darüber ärgere, wird es nicht besser, wenn man mir noch mehr Mist präsentiert. - Sehr wohl kann es aber besser werden, wenn man ein paar Diamanten dazutut.

Das Problem ist in vielen Settings also nicht, dass zu viel da ist. Das Problem ist eher, dass das Falsche da ist.


--- Zitat von: Hell van Sing am 18.04.2017 | 20:16 ---Warum brauche ich eine dicke Settingbeschreibung wenn diese mir derart im Weg rumsteht dass ich sie niederreißen muss. Und wenn ich eine Welt habe in der große Metaplots angelegt sind dann können mir diese unglaublich im Weg rumstehen. Und zwar so dass ich sie rauswerfe. Und wenn ich sie rauswerfen muss um gut spielen zu können frage ich mich wozu sie überhaupt da sind.
--- Ende Zitat ---
Ich vermute mal, weil das Setting für Leute geschrieben wurde, die den Metaplot nicht rauswerfen.

Hast du mal Harry Dresden oder Harry Potter als RPG gespielt?

nobody@home:

--- Zitat von: Wandler am 18.04.2017 | 23:23 ---nobody@home: Du kannst aber in einem Homebrew-Interpretation-Setting nicht wissen was es dort gibt. Auch wenn Setting A in Gruppe A und Setting B in Gruppe B ihre Interpretation von einer kurzen Beschreibung im Buch sind, so können sie weiter auseinanderliegen je weniger dort definiert ist. Wenn das Buch aber das Setting sehr detailliert beschreibt und beide das Buch als gemeinsamen Nenner/Referenz gelesen haben, dann ist klar "da gibt es den Ort, die Person, die politische Fraktion, das sind die Guten, das sind die Bösen". Wenn das aber nicht im Buch steht, dann ist es gut möglich, dass genau diejenigen die in Gruppe A die Bösen sind, in Gruppe B die Guten sind.

--- Ende Zitat ---

Problem: Das gilt natürlich nur so lange, wie keine der beiden Gruppen auch nur irgendetwas am gemeinsamen Setting ändert, denn sobald eine damit ernsthaft anfängt, fliegt der gemeinsame Nenner sowieso raus. ("Moment mal, hier müßte doch der gute König XYZ herrschen...?" "Äh, ja, da gab's in unserer Kampagne vor einem halben Jahr einen Umsturzversuch, den er leider nicht überlebt hat, und seitdem ist alles etwas den Bach runtergegangen...")

Heißt, spätestens ab einem bestimmten Punkt muß man sich mMn halt ohnehin entscheiden, ob man das Setting in Watte packen und nur bewundern, aber bloß nicht anfassen oder doch auch tatsächlich mit allen eventuellen Konsequenzen darin spielen will. Beides zusammen geht irgendwann nicht mehr.

mpathy:
Ich mein, das kommt halt aufs Setting an?

Entweder ist es was, das man schon kennt - da reichen dann Referenzen und Andeutungen, gerade im Fantasy-Bereich - oder es sind halt komplett neue Welten, bei denen nicht mindestens drei Viertel der Leser das Setting in einer gewissen Form schon aus Film & Literatur kennen.

Da reicht dann nur ein Abriss, wie sich der Autor vorgestellt hat, das ganze mit Aspekten und anderen FATE-Mitteln umzusetzen, und einige Welten, Akteuere etc. die man für den Grundplot dazu erfunden hat.

Wenns was ganz eigenes ist, das es so noch nicht gab, oder bei dem man ganz prägnante Unterschiede hat die sich vom allgemeinen Verständnis des Settings abheben, braucht es halt eine umfassende Beschreibung, das man reinkommt.. (Wobei hier mit "umfassend" nicht das DSA-mäßige, Bücherregale füllende und die Fantasie erdrückende, "was nicht im Regelwerk steht gibts / geht nicht" umfassend gemeint ist)

(Und das Problem haben ja selbst die ganz großen Systeme.. Während man bei klassischen Fantasysettings leicht in jedes System reinkommt, tut man sich bei Numenera z.B. erstmal schwerer, außer man versucht es wie SciFi oder klassische Fantasy zu spielen, aber irgendwie fühlt es sich dann nicht richtig an.. Da müssen dann ein paar Romane her und das Buch muss komplett durchgelesen werden, dann flutscht es und macht gerade aufgrund seiner Andersartigkeit Spaß. Apropos: Listen in punkto passender Literatur und Filmen finde ich für jedes Setting ne tolle Idee um die Leute reinzukriegen..)

Und dann kann man natürlich noch, egal ob das eine oder andere zutrifft, den Lesern natürlich noch ein Schnellstart-Paket schnüren: Eine fertige Crew, ein fertiges Schiff, ein komplett beschriebenes Dorf/Stadt/Organisation/Region.  Das ist natürlich was, das für jedes Setting toll ist, dann kann man es einfach direkt schnell mal antesten.

Hab ich das jetzt zu simpel beantwortet oder geht das Thema eh schon in ne bestimmte Richtung?
Sorry konnte nicht alle Seiten durchlesen ;)

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