Pen & Paper - Spielsysteme > Fate
Wie viel Beschreibung braucht ein (Fate-)Setting eurer Meinung nach?
Fragmentis:
Nur noch mal zur Klarstellung... Ich finde
1. das Preis-Leistungs-Verhältnis bei NEST erschreckend. So wenig Hintergrund für so viel Geld. Gefühlte Überschriften-Absatz-Leere... Habe mir jetzt doch Bergungskreuzer Möwe geholt und finde das da ausgewogener.
2. Bei Eis&Dampf finde ich das Setting und die Umschreibungen gut genug, um eine ziemlich gute Vorstellung davon zu haben, wie ich einen Char zu spielen habe, denn die Weltbeschreibung und die Politik - ähnlich wie bei Möwe - wecken in mir zig Ideenassoziationen.
3. Ja, FATE ist ein Baukastensystem, was man umbauen und eben da und dort was anbauen kann. Aber eben das macht es ja auch so Universal, wie ich meinte. BRP für sich ist aber genauso universal. Wie gesagt.. und letzteres wird ja auch im Rahmen der Settings angepasst. FATE hat da kein Alleinstellungsmerkmal, will ich damit nur sagen und hat zumindest dieses Rad nicht neu erfunden.
4. Ich finde aber, dass ein ausgearbeitetes Setting, durch das man viele Ideen bekommt, nicht schaden kann und NEST ist da halt ein Negativ-Beispiel. Idee gut, Umsetzung dürftig.
5. Ich spiele unter anderem seit zig Jahren Cthulhu. Ich habe den Schrank voll mit Settings und Abenteuern und Bänden dazu. Das ist natürlich das andere Extrem, aber ich habe es nie als hinderlich empfunden, sondern eher als Bereicherung und Freiraum, noch mehr Inspirationen zu bekommen. D.h. der Einstieg ins Abenteuer a la FATE ist doch auch damit nicht unmöglich, sondern verlockt doch eher. Beispiel für Möwe: zwischen Dresdner Fjord und Bielefeld ist auch noch die Stadt XY, deren Problem oder Ambiente ich frei gestalten kann. Wo ist das Problem ?
6. Und jetzt bitte nicht argumentieren, dass die Grundidee des Spezialisten von FATE dem stabi-verlierenden Cthulhuchar entgegensteht, denn das ist ja nicht das Thema. Es geht um den Umfang von Settings bei gleichzeitiger Freiheit der Gruppe und der SL. Und da finde ich eine Weltenbeschreibung wie bei Numenera oder den Atlas zu Aborea doch eher inspirierender als beschränkend und NEST einfach lieblos und wenig den SL begeisternd, der aber die anderen mit Spass und Stimmung an das Setting ranführen soll.
7. Ich erlebe schön ausgearbeitete Settings eher als eine Sammlung von Ideen-Inseln, an denen ich kurz ankern kann und nicht als Geflecht von Verfilzungen, in denen sich mein Anker verfängt und am weiterfahren hindert.
8. Und bitte nicht persönlich nehmen, Nobody. Ich glaube schon, dass ich mich ein wenig mit FATE und auch anderen Rollenspielen beschäftigt habe. Und trotzdem darf ich doch meine Meinung haben, ohne unterstellt zu bekommen, dass ich die Idee nicht verstanden habe. Ich mag einfach Settings und Welten und die Bände dazu und fand NEST das seit bestimmt Jahren schlechteste Büchlein zu einem Setting, das ich gekauft habe. Und damit meine ich nicht nur die Bebilderung. Um in dem Vergleich zu bleiben von 7.: 15 € für ein paar Brocken hingeworfener Sandschlamm im Meer statt wohlfeil ausgemalte Ideen-Atolle, auf denen Abenteurer viele Sachen entdecken können, die sie sich sogar selber passend ausmalen können.
Grüsse, Fragmentis
nobody@home:
Hm? Nö, ist schon in Ordnung -- muß ja jeder letzten Endes selbst entscheiden können, was für ihn und seine Gruppe am besten funktioniert, und wenn ich tatsächlich mal aus meiner persönlichen Meinung einen kategorischen Imperativ abgeleitet wissen will, sage ich das schon dazu. :) Mir stehen zu detailreiche Settings halt eher im Weg herum, als daß sie mir nützen, das ist alles.
Und was das Preis-Leistungsverhältnis angeht:
-- Nest als Einzelband auf Deutsch (Softcover, farbig): € 14,95
-- Nest im Sammelband mit Masters of Umdaar, Psychedemia, und Behind the Wall als "Worlds Rise Up" auf Englisch (Hardcover, farbig): $ 25,-
-- Nest auf Englisch zum Download bei DriveThruRPG (PDF, farbig): Pay what you want.
Jepp, da gibt's schon einen gewissen Unterschied. Ich bin mir im Moment ehrlich noch etwas unsicher, ob sich der "einzelne Worlds of Adventure jeweils als eigene Bände"-Ansatz auf dem deutschen Markt zu diesen Preisen auf Dauer durchsetzen wird; mMn gibt es da deutlich einige Welten, die sich dafür besser eignen als andere, und speziell Nest ist eigentlich eher so was wie ein einzelnes Abenteuer als ein Setting im eigentlichen Sinn. (Masters of Umdaar hat beispielsweise auch nicht viel Settingdetail -- genaugenommen eher noch weniger als Nest, jedenfalls soweit es konkret vorgefertigte Handlungsschauplätze und NSC zum sofortigen Gebrauch betrifft --, ist aber mMn wesentlich besser als Ideenlieferant, und die deutsche Übersetzung hat ein paar Extra-Zufallstabellen, die's für die englische nur als Zusatzmaterial zum Gratisdownload gibt, gleich mit in die Druckfassung aufgenommen.)
Chruschtschow:
In Fate bin ich eher bereit, meiner achtarmigen Giraffe bei Umdaar mal lapidar "Die letzte ihrer Art" dahin zu schreiben. So what? Aber einem Elben in Mittelerde? Upps. In Eis und Dampf "Der letzte Friese"? Autsch. In Fate habe ich im Vergleich zu BRP eben nicht nur einen anderen Spieltypen im laufenden Spiel. Die SC-Gestaltung hat von Grund auf oft ein viel stärker den Hintergrund gestaltendes Moment.
Klar, es geht auch anders, siehe eben Eis und Dampf. Und natürlich könnte man das auch in BRP (das aus anderen Gründen am Tisch nicht mein Fall ist), GURPS, Savage Worlds etc. Aber ich habe es nirgends sonst mit der Regel "Charakteraspekte sind wahr" so stark kodifiziert und in die Hände des einzelnen Spielers im Wechselspiel mit seiner Runde gelegt. (Außer mal von Microscope und Konsorten abgesehen, aber die sind halt noch mal extremer.) Das ist halt schon noch ein Mal was anderes, wenn ein gegebenenfalls weltbestimmendes Attribut der Welt gleichzeitig eine Charaktereigenschaft eines Spielers ist. Es hat Auswirkungen auf das Empfinden des Settings, wenn in einem Pulpsetting in den 20ern ein SC auf dem Blatt "Ja, DER Sisyphos" stehen hat. (Hat natürlich was mit deutschen Wissenschaftlern im Großen Krieg zu tun.)
Und das passt halt sehr schön zusammen mit dem Erschaffen von Fakten und Erschaffen von Vorteilen gut zusammen, wenn die Welt dünn beschrieben ist und die einzelnen Aktionen somit viel Autorenschaft erlauben, ohne jedes Mal große Mengen an Hintergrundinformationen gegenprüfen und hinterher vielleicht retconnen zu müssen.
Die Nachteile sind auch offenkundig. Wer einen Top-Down-Ansatz von SL zu Spielern bevorzugt, wird damit den SL nicht ausreichend gut ausstatten. Es ist für viele ein ungewohnter und durchaus auch ungewollter Spielmodus. Da sollte man schon auch mindestens zwei, drei stark gestaltende Spieler haben. Und man muss regelmäßig den gemeinsamen Vorstellungsraum abgleichen, das letzte ist letztlich das Zu-viel-Meta-Argument. Hier dauert es sonst länger, bis die Gruppe merkt, dass der ein oder andere ein anderes Setting bespielt als der Rest der Runde und die Distanz ist an dem Punkt vielleicht auch schon recht groß.
Glücklich der, dem die Nachteile wenig bis nix ausmachen. Ich habe da genau meinen SL-als-Spieler-Spielplatz. ;)
Ich kann also nur unterstreichen, was Wisdom geschrieben hat, während ich hier freudig vor mich hin editiere.
Wisdom-of-Wombats:
Zur Ausgangsfrage: die genanten Settings mit viel viel Background sind ja oft deutsche Settings, die entsprechend detailliert und ausschweifend beschrieben werden. Die Amis sind da eher kurz und knackig. Ich sage jetzt mal: 32-64 Seiten Setting + Settingregeln sollten ausreichen, um für Fate Core/Turbo Fate was zu bieten.
Isegrim:
Fate braucht halt einen gemeinsamen Vorstellungsraum. Ist der durch Genre, Klischees oä gegeben, kann man auf umfangreiche Settingbeschreibungen verzichten. "Der Zusammenbruch des kontinentumspannenden Reiches von Mor läutet die dunkle Zeit ein", reicht aus, um die ganzen Klischees von Rom und dem dunklen (Früh-) Mittelalter heraufzubeschwören. Fehlt eine solche gemeinsame Vorstellung, muss die Settingbeschreibung sie schaffen, und das funzt schlecht in Kurzform. Ist zumindest meine Erfahrung, nachdem ich es mit einem Steinzeit-Setting in Fate probiert habe: Ich hatte eine recht genau Vorstellung, aber die den Spielern zu vermitteln war kaum möglich. Hätte ich vorher so viel Setting-Material geschrieben, wie DSA es hat, hätte es vermutlich besser geklappt, aber die 30 Jahre wollte ich halt nicht warten...
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