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Deutsche OSR Systeme?

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Hm. Den Unterschied zwischen Interessen und Präferenzen hast Du schon mehrfach erwähnt. Ich habe das ehrlicher Weise immer noch nicht verstanden. Wenn das aus Deiner Sicht wirklich ein so zentraler Punkt ist, mach gerne mal nen eigenen Thread im Theoriechannel auf. Interesse ist für mich sowas wie eine Neigung, etwas zu tun. Eine Präferenz geht meinetwegen einen Schritt weiter und bildet eine nach Interessen und Realisierungswahrscheinlichkeit gewichtete Auswahl von Alternativen ab. So würde ich das intuitiv fassen. Oder meinst Du was anderes? Was das mit der OSR und Deinen Posts zu tun hat, erschließt sich mir auf Anhieb jedenfalls nicht.

D. M_Athair:
Ich antworte dann mal hier. Noch tue ich mich schwer das genau in Worte zu fassen. Wenn es bei dem kurzen Einschub hier bleibt, dann kann es ja im Thema bleiben. Wenn nicht, kann es ja verschoben werden.

Deine Differenzierung trifft es schon gar nicht so schlecht. Die Beschreibnung für Präferenz liest sich wie ne Punktlandung.
"Interesse" geht in die Richtung von "Bedürfnis" und ist damit ne Ja/Nein- und ggf. Vielleicht-"Entscheidung".

Wenn ich an etwas Interesse habe, dann beschäftige ich mich freiwillig damit. Wenn ich etwas vielleicht interessant finde, dann ist die Beschäftigung was sporadisches. Wenn ich an etwas kein Interesse habe, dann beschäftige ich mich nur damit wenn es in einen Bereich eindringt und sich verankert, an dem ich Interesse habe. (Beispiele wären hier die Diskussionen um "die SL würfelt nicht" oder "SL-Punkte".)

Die Reihenfolge ist die: Interesse generiert Präferenzen (vom persönlichen Steckenpferd bis hin zu "weil es halt auch irgendwie dazu gehört"). Entsprechend kann ich mit Differenzen bzgl. Präferenzen umgehen. Inkompatible Interessen lassen kaum sinnvollen Kompromisse zu.


Spielmechanismen dienen - im systemischen Zusammenhang - dazu bestimmte Spiel-Interessen zu unterstützen. Wenn man die Spielinteressen nicht oder im kleineren Teil von Teilweise teilt, dann wird es schwer mit nem System (oder ner Design-Schule) was anfangen. Grundsätzliche Präferenzen können Spiele trotzdem ansprechen. Das bedeutet dann: Ich kann mir aus nem System das, was mich anspricht entnehmen. Das Spiel als Ganzes wird mir - solange sich meine Interessen nicht ändern - immer fremd bleiben.

Abenteuer sind mMn von den Spielinteressen eines Systems oder einer Design-Schule geprägt.

Was ändert die Differenzierung von Interesse und Präferenz:
Ganz schön viel! So lange ich davon ausgehe, dass es nur Differenzen in der Präferenz gibt, habe ich nen Grund jemanden zu überzeugen, warum ne Regel, ein Spiel, ... toll ist. Wenn es um Interessenskonflikte geht, dann kann ich nur versuchen zu erklären, warum jemand X mögen kann und was die Funktion von x ist. Mein Gegenüber wird sich X nicht zueigen machen. Dasselbe gilt, wenn ich Fragen zu Dingen habe, die mit Interessenskonflikten und nicht mit unterschiedlichen Präferenzen zu tun haben.


Was z.B. völlig gegen meine Spielinteressen läuft, ist die Verschränkung von Dramaturgie und Spielmechanismen, wie das WFRP3 (Szenen, Akte, Abklingzeiten, ...) und FFG Star Wars tun. Ich kann zwar nachvollziehen was sie tun wollen, aber es ist nichts, was ich in einem Spiel, das ich spiele, sehen will. Ich musste erst FFG Star Wars ausprobieren, um zu erkennen, dass es mehr ist als die Änderung des unterstützen Spielstils gegenüber den anderen WFRP-Editionen.

Hier ne gute Beschreibung:

--- Zitat ---    Suffice to say that v3 is centered on the Scene as a dramatic need and the rules are built to easily create great scenes. It is a game that throws tons of tools at the GM and tells him: here's a tool box, take what you need to make each scene memorable for your players. What is right for he scene is right for the game. So it's completely opposite to the usual simulationnist underpinnings of most games, including V1 and V2. Quelle
--- Ende Zitat ---

Am Ende erklärt die Differenz von Präferenz und Interesse das Phänomen von Edition-Wars mMn ganz gut.

... so ungefähr. (Vielleicht trifft es als Analogie die Differenz von Toleranz und Akzeptanz ganz gut.)

tartex:

--- Zitat von: Rhylthar am  7.03.2017 | 17:29 ---ohne einigermaßen gelungenes Artwork und wenigstens ein bisschen Beschreibung ist es mir zu minimalistisch. Ich brauche nicht zwingend die Ausführungen und Optik wie in einem Pathfinder AP (die alten im DUNGEON waren nicht schlechter und kamen mit weniger Platz aus); mir fällt als Positiv-Beispiel RttToEE ein, egal was man sonst vom Abenteuer hält.

--- Ende Zitat ---

Ich bin auch sehr visuell, was Rollenspielprodukte angeht, aber mich turnen halt S/W-Tuschezeichnung und Fanzine-Style an.

Beschreibungen? Bin nicht überzeugt, dass man in Textlawinen davon mehr findet, als in einer schicken Zufallstabelle. Und vor allem nicht im Laufe des Spielgeschehens. (Okay, der letzte Satz ist schon wieder zu ideologisch gefärbt.  ;) )

Rorschachhamster:
Ich mag, was die optische Aufmachung angeht, eigentlich alles - von stümperhaften Selbstversuchen in Augenkrebs bis zu vollfarb Kunstwerken oder minimalistischen Technikzeichnungen. Nur konsistent muß es sein...  ;)

Was ich absolut nicht mag, sind unnötig komplizierte Regeln, auch wenn mir das selber passiert. Aber man muß halt an sich arbeiten, um besser zu werden...  ;D Was ich mich ermüded ist, wenn diese Regeln dann gar nicht den Effekt haben, den sie vorgeben zu haben, aber als beste Erfindung seit geschnitten Brot angepriesen werden...  >:(

Zum Stichwort Immersion in OSR kann ich nur sagen, das ich da immer relativ viel erlebt habe... Natürlich ist die Bindung eines Spielers an einen Charakter, der faktisch Hintergrundlos erschaffen wird, am Anfang meist geringer, und ich habe auch schon "Selbstmord" durch absichtliche Sorglosigkeit, weil der Charakter einfach nicht funktionierte, erlebt - aber spätestens, wenn ein oder zwei Erfolge diesen Charakter ans Herz haben wachsen lassen, dann kippt das. Die emotionale Bindung ist halt gerade wegen der Tödlichkeit der Umgebung bzw. der Spielphilosophie gewachsen. Der Spieler fängt dann erst richtig an, die Gefahr zu verinnerlichen. Und ja, trotz Spielerkompetenz trumpft Charakterwissen. :) Oder vielleicht gerade wegen? Weil dem Spieler viel mehr noch als dem Charakter bewußt ist, wie zerbrechlich er ist... ;)

 

 

Pandelume:
@Wellentänzer:

Danke für Deine ausführliche Antwort am 7.3.  :d

--- Zitat von: Wellentänzer am  7.03.2017 | 10:26 ---1. Herausforderung der Spieler: In der OSR sollen ja die Spieler herausgefordert werden und nicht die Charaktere... Das ist selbstredend ein total legitimes Ansinnen, hat aber massiven Einfluss auf das Spiel. Mit diesem Einfluss gehen nämlich Veränderungen im Verhalten und Erleben der Beteiligten einher. Diese Veränderungen werden bewertet und verschiedene Leute kommen zu unterschiedlichen Ergebnisse. Einige findens super, andere scheiße. So weit, so logisch. Bezogen auf das Beispiel "Fordere die Spieler heraus, nicht die Charaktere": wenn das Spiel auf einer Metaebene die Spielweltlogik so biegt, dass die Spieler sich herausgefordert fühlen, dann leidet darunter die spielweltimmanente Konsistenz und Logik. Das mag sich seltsam anhören, wenn man über Fantasywelten mit Elfen, Drachen und zaubernden Einhörnern spricht. Aber ich empfinde das so. Wenn sich in einem Dungeon auf einer offenen Tür ein Schlangenkopf befindet, dann richtet sich dese Herausforderung offensichtlich an die Spieler. Ähnlich der Feuerballfalle aus dem obigen Beispiel. Die Frage, welchen tieferen Sinn diese Tür hat, wer die Tür mit welchen Mitteln wartet, weshalb man nicht unbeträchtliche magische und sonstige Energie in diese Tür investieren sollte, warum die Falle in der Tür dann doch wieder so offensichtlich und zugleich so wenig tödlich ist sowie zwei Millionen weitere Fragen: das ist in der OSR zumeist weniger von Belang als der Spaß, dieses Hindernis möglichst effizient zu bewältigen. Daran ist selbstredend auch rein gar nichts auszusetzen. Gleichwohl verändern Details wie diese, deren Vorhandensein sich vornehmlich aus der Herausforderung der Spieler speist und weniger aus einer spielweltimmanenten Logik, das Spielgefühl danz erheblich. Insbesondere sorgen sie dafür, dass man sich als Spieler ein wenig rauszieht und das Spiel abstrahierter betrachtet - weil man ja selbst herausgefordert wird. Auch reduziert sich dadurch die Identifikation mit dem gespielten Charakter, denn schließlich steht der ja weniger im Mittelpunkt des Geschehens. Es geht ja um die Spieler selbst. Und so weiter. Daraus ergeben sich dann sehr viele Änderungen. Da muss man nur, als ein Beispiel unter vielen, auf die Tödlichkeit abheben. Wenn ich im OSR-Feeling durch einen Dungeon cruise und dabei als Spieler im Mittelpunkt stehe, dann reduiziert sich parallel natürlich die Identifikation mit dem Charakter. Entsprechend leichter kann man mit Charaktertoden umgehen und entsprechend weniger Verständnis bringt man für die "Heulsusen" auf, die womöglich weniger bereitwillig den gespielten Charakterbogen zerreißen möchten. Und so weiter.

--- Ende Zitat ---
Wie Scurlock geschrieben hat, finden die meisten Situationen, in denen der Spieler gefordert wird, nicht in einem Vakuum, losgelöst von der Spielewelt statt. Die Herausforderung an den Spieler wird durch den gespielten Charakter katalysiert, daher funktioniert es meist für mich. Schwieriger wird es, wenn man sich in Situationen begibt, die man mit einem vorher gespielten Charakter bereits erlebt hat und dieser Charakter keinerlei Bezug zum jetzt gerade gespielten Charakter hat. Soll das erworbene Meta-Wissen vom Spieler eingebracht werden oder muss der Charakter ahnungslos bleiben? Dieses Dilemma ist ja nicht neu, doch wie sieht hier das OSR-gerechte Handeln aus? Als Herausforderung an den Spieler, darf dieses Wissen eingebracht werden? Wenn ja, dann kann ich nachvollziehen, dass das nicht Jedermanns Sache ist, weil es aus der Immersion rausreißt. Natürlich können anderen Charakteren Informationen auf welche Weise auch immer übermittelt worden sein, was solche Meta-Gaming Situationen abmildert. Szenarien wie Tomb-Of-Horrors sind hier, was das Übermitteln an Informationen von Charakteren und die Rechtfertigung von Meta-Wissen angeht, eine ganz besondere Herausforderung, weil hmm, nun ... ist noch jemand von der letzten Expedition übrig, der hier was überliefern kann? Ich bilde mir mal ein, dass es zumindest theoretisch möglich wäre...
Wo ich selbst tatsächlich Schwierigkeiten habe, sind Sachen wie DCC Level-0 "Funnels", wo man mehrere Figuren steuert...aber das ganze ist wohl eher als Präludium zum eigentlichen Spiel gedacht. Korrigiert mich bitte, wenn ich das falsch sehe.

--- Zitat von: Wellentänzer am  7.03.2017 | 10:26 ---2. Do it yourself: Das Prinzip, sich gegen eine Industrialisierung aufzulehnen und sich stattdessen im Hobby auf seine eigene Kreativität zu verlassen, finde ich grundsätzlich wahnsinnig sympathisch. Damit einher geht häufig die Ablehnung von als kommerzialisiert wahrgenommenen Hochglanzprodukten. Viele OSR-Produkte kommen deshalb mit einer betont eigenen, amateurhaften Aufmachung daher. Das wirkt sicherhlich einladend und senkt die Hemmschwelle von Leuten, selbst tätig zu werden und aktiv beizutragen. Parallel erschwert es aber aus einer anderen Richtung die Immersion und Konsistenz der Spielwelt. Es gibt ja schließlich einen Grund, weshalb modernes Interaction Design als extrem wichtig angesehen wird. Ich selbst habe davon zwar keine Ahnung, aber in den letzten Jahren sehr viel Erfahrung mit Top-Designern sammln dürfen. Meine anfängliche Skepsis diesen Leuten gegenüber ist einer aufrichtigen Bewunderung gewichen. Die sind imstande, sehr komplexe Sachverhalte auf absolut treffende Weise zu erläutern. Wer schon mal in einem modernen, clever "designten" Museum war und den Vergleich zur üblichen Darstellung vor 30 oder 40 oder gar 50 Jahren hat, der kennt die Unterschiede. Gutes Design hilft bei der Orientierung, hilft bei der Immersion, regt die Kreativität an, lässt die Gedanken kreisen. Die OSR erreicht nichts von dem, sondern erschwert mir durch bewusst beschissene Darstellung das Leben als Spieler und als SL. Auch da wieder: ich kann dem Grundgedanken ne Menge abgewinnen, aber im Ergebnis find ich es im Kontext von Rollenspielen schlicht scheiße.

--- Ende Zitat ---
Die Ablehnung von als kommerzialisiert wahrgenommenen Hochglanzprodukten ist bei einigen vielleicht tatsächlich etwas en vogue, nur um der Ablehnung willen. Aber es gibt auch genügend, die sich aus den Hochglanzprodukten das nehmen, was sie brauchen. Die konsistente Darstellung in Illustrationen fördert so ein Kit-Basher Ansatz natürlich nicht. Die Konsistenz ist aber auch oft schon nicht gewahrt, wenn man Illustrationen aus Quellmaterialien verschiedener Editionen zur Hand nimmt. Zur Qualität der Illustrationen selbst: Ich glaube nicht, dass die bei OSR Sachen bewusst schlecht sind sondern dass es die Künstler entweder nicht besser können oder dass es in anderen Fällen tatsächlich bewusste Entscheidungen zu einer bestimmten Ästhetik sind, die einem selbst nicht zusagen mag, die aber nicht per se schlecht ist. Unterm Strich: Ist mir ein Bild evokativ verglichen mit dem technisch perfekten, aber faden Bild, dann lieber das spannendere Bild. Nichts dagegen einzuwenden, wenn eine Illustration beide Kriterien erfüllt. Meist sind es für mich aber tatsächlich Bilder mit etwas reduzierter Darstellungsweise, wo ich noch selber genung Platz habe, was hineinzusehen. Das ist beileibe nicht bei allen OSR Illustrationen der Fall, zum Beispiel gibt es in DCC einige Illustrationen, die mir viel zu überfrachtet sind. Aber es war Peter Mullens Cover der Sword And Wizardry Core-Regeln, die mich veranlasst haben, dieses Heftchen aufzuklappen (= das Pdf zu öffnen) und mich für dieses OSR Zeug zu interessieren.

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