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[Midgard] das Midgard-Blubber-Läster-Bällebad

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Rowlf:
Keine Sorge, fühle mich nicht angeriffen!


--- Zitat von: Boba Fett am 19.04.2017 | 11:02 ---[...]So, wie es jetzt beschrieben wird (Rundumschlag, etc.) frage ich mich, warum Du vorher ein "das hätte man niemals RAW..." geschrieben hast.[...]
--- Ende Zitat ---
Nun, der Kodex schreibt für Aktionsphasen vor, dass zuerst eine Bewegungsphase und dann erst die Handlung zu erfolgen hat. Gut, das darf man ausklammern, bzw. muss man handwedeln/improvisieren, wenn es unrealistisch wird. Einen Sturmangriff in der hier gespielten Form gibt es so nicht. Ich hatte ja keine Spießwaffe und wollte auch weiter laufen - nicht höheren Schaden machen.

RAW hätte ich einen Iniwurf machen müssen, mich nach unten zu den Ratten bewegt. Die hätten sich danach oder vorher bewegt und ich hätte einen Rundumschlag gegen maximal drei optimal plazierte Ratten führen können. Und anschließend wären wir im Kontrollbereich geklebt und hätten mal wieder öde die Punkte runter gekloppt. Dies ist auch exakt die einzige Möglichkeit, die mir normalerweise Midgard-SL (bsp. auf Cons) zugestanden haben. Vermutlich hätten sie auch den Geländelauf dahin verlangt und ihn zu meiner einzigen Aktion in dieser Runde erklärt, da ich ja mehr als 1m gelaufen bin. Ganz unter Berufung auf die geschriebenen Regeln!

Es gibt keine konkreten Tipps im Regelwerk, wie man so einen Stunt durchführen kann und soll. Ich kann mich RAW höchstens auf den Passus "Der Spielleiter muss in solchen Situationen eine realistische Bewegungsfolge zulassen, auch wenn dies den Buchstaben der Regel „erst bewegen, dann handeln“ widerspricht" (KOD, S.60) berufen und hoffen, dass der SL irgendeine gute Idee hat, denn Vorschläge und Tipps gibt es keine passenden.

Generell ist für mich die Abkopplung von Bewegung und Handlung in zwei verschiedene Phasen Unsinn. Wenn man nicht ausschließlich Stellungskämpfe spielt, führt das immer zu unrealistischen Ergebnissen, was dann immer Handwedelei oder Hausregeln vom SL verlangt. Das missfällt mir echt, weil ich Bewegung für ein wichtiges, dynamisches Element in Kämpfen halte und diese durch die klebrigen Kontrollbereiche zusätzlich erschwert wird. Und nein, mir geht es nicht darum, dass nur SC einen Vorteil bekommen. Auch bei NSC nervt mich das, weil es meine suspension of disbelief zerplatzen lässt.

@Lichtschwerttänzer: Meinst du den sekundengenauen Ablauf? Das war ein echt geniales Meisterstück, wie man die Abhandlung von Kampfrunden noch vieeeeeeeel länger ausdehnen konnte!

Issi:
Stimmt Sturmangriff geht mit Spiesswaffen und Rundumschlag geht mit Zweihaender. Dazu hast Du noch besondere Bedingungen durch die Halfpipe durch die Du viel mehr Schwung hast beim Rennen.
Frage:Gibt es Regeln für das Anrennen über eine Halfpipe?
Antwort:Nein.
Es ist nun die Aufgabe das möglichst plausibel in Regeln zu fassen. D.h. den Schwung und die Geschwindigkeit miteinzubeziehen. - Somit sprechen wir von keinem normalen Angriff mehr, sondern von einem stark beschleunigten Angriff, mit entsprechender Wucht. Daher auch der am ehesten passende Sturmangriff. Unter normalen Umständen hätte es diesen natürlich nicht so gegeben.
Es ist in Midgard mMn. auch Aufgabe des SL Regeln flexibel an eine ungewöhnliche Situation anzupassen. Dafür sind sie ja da. Anstatt nur gewöhnliche Situationen zu zulassen die auch genau geregelt sind. Das würde das Spiel ja unnötig beschränken.
Ansonsten müsstest der SL sagen" Pech gehabt. Du hast Dir zwar was schönes ausgedacht, aber das ist so ungewöhnlich, dass dazu nichts in den Regeln steht, also können wir das so nicht spielen. "

Will damit sagen, die Regeln sollen dem Spiel dienen und wollen dafür benutzt werden.
Wenn der Spieler anfängt zu improvisieren dann müssen die Regeln Schritt halten bzw.  mitmachen. Und an die Situation angepasst werden. Man darf improvisierte Waffen benutzen. Und man darf sich durch (wie in diesem Fall) Improvisation im Kampf einen Vorteil verschaffen.

Das kann die Gruppe auch ruhig zusammen entscheiden, wie sich so eine ungewöhnliche Situation regeltechnisch am besten abdecken lässt.

nobody@home:
Hm, in gewisser Hinsicht mag ich "klebrige Kontrollbereiche". Meistens will man ja auch nicht, daß die Goblins irgendwie alle einfach zwischen den Beinen des Kriegers durchwuseln. ;)

Problematisch wird's mMn dann, wenn der Kontrollbereich zu sehr als einfach automatisch immer da und 100% sichere Sache behandelt wird. Wenn ich schon die effektive "Kontrolle" über das Raumvolumen in Reichweite meiner Waffe haben will, dann sollte das auch mich zumindest ein kleines bißchen aktive Anstrengung kosten und nicht etwas sein, das schon aktiv wird und eine quasi-magische Aura ausstrahlt, sobald ich nur mein Schwert ganz locker-lässig in der Hand halte und grinse.

Rowlf:
@Issi: Genau, ich denke, wir sind hier auf einer Linie. Ich kreide Midgard (in allen Editionen) an, dass keinerlei Anleitung zur Umsetzung kreativer Vorhaben hat. Alles ist im Regelfall und -werk so beschrieben, als sei es mehr oder weniger alternativlos, bzw. wenn überhaupt, dann soll sich der SL eben etwas ausdenken. Schaue ich zu Fate, habe ich da einen riesigen Baukasten (man nehme die vier Aktionen der Fertigkeiten, Stunts und sowieso die ganze Sache mit den Aspekten). Der M5-Ansatz, diesmal wenigstens die Schwierigkeiten zu vereinfachen und zusammenzufassen, war ein kleiner Schritt in die richtige Richtung - nur eben gewohnt zögernd und halbherzig.

@Kontrollbereiche: Ja, genau, wo ist das Problem, die so zu definieren, dass sie nur durch willentliche und aktive Handlung des Spielers entstehen? Bei SaWo und anderen Spielen lasse ich die Entstehung etwas Vergleichbarem durchaus auch zu, wenn der Spieler oder der SL für einen NSC das Vorhaben äußert, niemanden vorbei zu lassen. Beispielsweise kann man eine klare Ansage verlangen und dann pauschal -2 oder -1 auf den Angriffswert verlangen. Das Lösen oder Durchqueren klappt dann wie im Regelwerk beschrieben ("Panisch fliehen" oder "vom Gegner lösen", bzw. Geländelauf oder Akrobatik).

Ergänzung noch @Boba: Wir haben von ca. 1992 bis 2002 M3 mit viel Freude, teilweise völliger Regelignoranz und chaotischen Szenen gespielt. Als M4 dann erschien, wollten wir Midgard RAW spielen ("Gruppenvertrag"). Also alle Hausregeln über Bord und alles nur noch so, wie es in den Regeln steht. Dabei sind wir ziemlich sicher in die Falle getappt, die du beschrieben hast. Plötzlich wurde alles störrig, kaum noch coole Aktionen kamen vor - man konzentrierte sich nur noch darauf, was das Regelwerk beschrieb. Und M4 beschrieb so verdammt viel! Kreuz und quer auf allen Hunderten von Seiten. In allen Regelwerken und Quellenbüchern. Manchmal sogar in Abenteuern. Gaaaah.

Ich gebe gerne zu, dass wir selbst dafür verantwortlich waren. Das wurde noch extrem verstärkt durch die Midgard-Cons, die ich seit 2000 regelmäßig bis zu sechsmal im Jahr besuchte. Dort war nämlich Midgard RAW und eine völlig statische Welt, in der sich nichts über Dorfgrenzen hinaus verändern durfte, großer Konsens. Viele Midgärdner, die ich kennenlernte, sind extrem konservativ und kennen auch kaum andere Systeme. Somit wurde der Horizont immer kleiner und die fehlende Unterstützung seitens des Regelwerks, kreativ mit allem möglichen umzugehen, tat ihr Übriges.

Wir mussten dann das Projekt Midgard komplett beerdigen, um unsere Freiheit wieder zu finden. Lustigerweise kam mit Dungeonslayers erstmalig etwas in unsere Hände, das uns wieder zur Kreativität brachte. DS hat zwar definitiv seine eigenen Fehler und funktioniert für uns in höheren Stufen (so ab 7) nicht mehr, aber die Lockerheit hat es wieder hergestellt.

Ich werde bei Midgard immer die Borniertheit der Macher und vieler Spieler bemängeln. Da gibt es nur starre Regeln und beim unwahrscheinlichen Fall, dass man doch etwas anders möchte, muss man entweder darauf verzichten oder irgendwie selbst eine Lösung finden.

Ja, das kann man auch mit den bestehenden Regeln. Siehe nur mein Eimer-Wasser-Problem weiter oben. Warum nicht mit Beredsamkeit und Situationsmodifikatoren arbeiten, statt stur im Kampfmodus mit Angriff und Abwehr zu bleiben? Leider bietet Midgard RAW da einfach nichts an und ermutigt auch nicht wirklich (siehe mein Zitat von S. 60 oben, das ist doch abtörnend!).

Ich denke, gestern haben wir einen Weg gefunden, wie wir trotz allem spaßig Midgard spielen. Am Freitag geht's auf einen Midgard-Con und da schaue ich mal, ob ich meine dortigen SL auch etwas bewegen kann. Es lebe die Action und die gute Geschichte!

Issi:
@ Rowlf
Ja stimmt da wird den Spielern (positiv formuliert) in vielen Bereichen sehr viel Freiheit gelassen, Sachen zu improvisiern und anzupassen.
Ob das jetzt die Baukasten Erschaffung von Figuren ist, dass Füllen von weißen Flecken innerhalb der Spielwelt, dass Anpassen von Regeln an besondere Situationen. Der Spieler hat da freie Hand und teilweise mehr Anhaltspunkte als Vorgaben.
Das ist natürlich etwas anderes, als wenn Dich jemand an der Hand nimmt und Dir genau sagt, dass sind deine Möglichkeiten und genauso geht's.

Ich vermute dennoch- es ist Absicht. Bzw. es wird die Notwendigkeit nicht gesehen dem Spieler mehr vorzugeben als nötig.

Es bleibt damit mehr Platz für eigene Kreativität. Wie man zu spielen hat wird nicht immer explizit vorgegeben.

Es gibt Spiele die geben mehr Handlungsoptionen vor. Und machen dem Spieler Vorschläge.
Das tut Midgard nicht in dem Maße. Ich denke auch nicht aus Versehen.

Das kann man mögen oder auch nicht. Oder sich ärgern,  dass andere Systeme scheinbar mehr Komfort in dieser Hinsicht - Anleitung bieten.
Aber im Grunde ist es ein System für die Spieler die es aus meiner Sicht einfach für ihr eigenes Spiel und ihre eigenen kreativen Ideen zu nutzen wissen. Dafür funktioniert es hervorragend.
Man kann sich unter bestimmten Umständen und in bestimmten Runden auch sicher sehr gut damit langweilen.


PS. Ich habe kaum bis wenig Midgard Con Erfahrungen. Da gibt's Leute die können viel mehr dazu sagen als ich. Aber die versteckten sich vermutlich gerade im Schwampf. :-)




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