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"Taktisches" Würfelsystem
pharyon:
Hallo allerseits,
dieser Faden schwebt irgendow zwischen "Rollenspiel- & Weltenbau" und "Systemübergreifende Themen".
Mein Grundanliegen: Ich möchte ein Regelsystem, dass neben einer "natürlichen Begabung" (Attribut) und einer "erworbenen Kompetenz" (Fertigkeit) noch eine Komponente "Anstrengung" bei einer Probe berücksichtigt. Als Ergebnis möchte ich gerne "Fehlschlag", "Erfolg mit Mehrkosten" und "Erfolg" erzielen können. Wenn es so ein Regelwerk (oder zumindest Grundmechanismus) gibt, dann muss ich selbst keine Energie investieren und wäre für eine Empfehlung dankbar, wenn nicht, hätte ich eine Idee.
Warum überhaupt:
Nach inzwischen etwa 12 Jahren fast ununterbrochenen Rollenspielens habe ich einige Regelwerke durch, wobei mich immer etwas gestört hat. Meistens waren die Ergebnisse zu "instabil" und wichen oftmals von der vorgestellten Kompetenz meiner SCe ab. Andererseits war ich dem Mechanismus oftmals "ausgeliefert" und konnte von Probe zu Probe keinen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeiten nehmen. Bei manchen Werken war es näher dran, bei anderen nicht. Splittermond und die pbtA-Spiele brachten mich dabei jedoch auf eine Idee, wie ich "mein Problem" angehen könnte.
Der Grundgedanke ist, dass in der Fiktion oft genug der in Kompetenzen noch nicht so erfahrene Protagonist den fähigeren Antagonisten schlägt, da er mehr in den Konflikt investiert. Das kann man natürlich gerne philosophisch, psychologisch oder anderweitig wissenschaftlich bzw. allgemein analysieren. Ich möchte ein Regelkonstrukt konstruieren, um dies in einem Rollenspiel nutzen zu können.
Was benötige ich:
Da hier 3 Eingangs und 3 Ausgangsvariablen verarbeitet werden sollen, möchte ich gerade bei den Eingangsvariablen möglichst einfache Ideen verwenden. Für Attribute und Fertigkeiten gelte: höher = besser.
Da mein Augenmerk gerade der Komponente "Anstrengung/Aufwand" gilt, möchte ich diese gerne ambivalent gestalten. Mehr Anstrengung führt zwar zu mehr Erfolg (bzw. besseren Aussichten auf Erfolg), jedoch besteht auch eine proportionale Chance auf Rückschläge. Dies soll gegeneinander austariert werden, so dass der Profi letzten Endes erwägen mag, sich weniger anzustrengen, dafür auch nur geringe Chancen zu bieten, geschlagen zu werden, und der Anfänger ein höheres Risiko eingehen kann, um den Profi evtl. dennoch zu "schlagen".
Meine Idee:
Ich benutze ein W12-Poolsystem. Die Fertigkeiten stellen einen fixen Bonus dar (wie z.B. bei D&D oder Midgard), Werte etwa 0-5. Die Attribute ziehen wir als Vergleichswerte heran, würfelt man unter oder genau auf den Wert, habe man einen Erfolg.
Die Anstrengung habe zwei positive Folgen: 1. Sie bestimmt die Anzahl der gewürfelten W12. 2. Sie erhöht den Vergleichswert bis zu einem Maximum von 10. Sie hat zugleich auch 1 negative Folge: Jede Augenzahl über dem Attributswert, die dank Anstrengung noch als Erfolg gewertet wird, erzeugt einen Punkt Erschöpfung. Ist diese Ressource ausgefüllt, kann mein SC in der Szene nicht mehr handeln.
Optionale Idee: Zugunsten desjenigen, der mehr "Anstrengung" investiert, zählt eine gewürfelte 1 als 2 Erfolge.
Beispiel 1: Charakter A nutze: Attribut 3, Fertigkeit 4, minimale Anstrengung = 1W12. Vergleichswert = 4 = Attribut (3) + Anstrengung (1). Der Charakter erzielt mindestens den Wert 4, mit 1/3 Chance ein Ergebnis über 4, davon mit 1/4 Chance eine 5, mit 1/12 Chance eine 6. Ebenfalls 1/12 ist die Chance zu erschöpfen (bei einer gewürfelten 4).
Beispiel 2: Charakter B nutze: Attribut 3, Fertigkeit 2, maximale Anstrengung = 5W12. Vergleichswert = 8 = Attribut (3) + Anstrengung (5). Mit 0,4%iger Chance erzielt er keinen zusätzlichen Erfolg, bleibt also bei einem Ergebnis von 2, mit 4,1% Chance kommt er zu einem Ergebnis von 3, mit 16,5% zu einem Ergebnis von 4, mit 32,9% zu einem Ergebnis von 5, ebenfalls mit 32,9% zu einem Ergebnis von 6 und mit 13,2% zu einem Ergebnis von 7. Den Effekt der 1er noch nicht einmal berücksichtigt. Dafür ist die Chance zu erschöpfen auch ziemlich hoch (je 5/12 - bei 4 bis 8 - pro Würfel).
Wie lauten eure Gedanken zu meiner Ausgangsidee und meiner Umsetzungsidee?
Das interessiert mich. Deshalb schon einmal vielen Dank an alle, die konstruktives Feedback beisteuern (auch wenn ihr die Idee auseinander nehmt).
Grüße und eine schöne Woche,
p^^
nobody@home:
Ich würde sagen, Fate geht grob in diese Richtung, auch wenn's nicht ganz alles abdeckt. Bei Fate ist der grundsätzliche Würfelmechanismus 4WF (rein mathematisch dasselbe wie 4W3-8) + Fertigkeitswert gegen Schwierigkeitsgrad, wobei an möglichen Ergebnissen seit Fate Core generell Fehlschlag, Gleichstand/Teilerfolg, Erfolg, und voller Erfolg unterschieden werden; wenn einem das Ergebnis so noch nicht zusagt, kann man es durch Aspekteinsätze noch verbessern (oder wahlweise auch gleich neu würfeln), was dann nicht unbedingt immer exakt körperlicher oder geistiger "Anstrengung" speziell des Charakters entsprechen mag, durch das Verbrauchen begrenzter Spielerressourcen (Fate-Punkte und "freie" Einsätze) aber mMn schon ein recht ähnliches Spielgefühl erzeugt.
Was Fate nicht bietet, ist die gewünschte Unterscheidung zwischen Attributen und Fertigkeiten, weil es die beiden Kategorien schlicht zu einer zusammenfaßt; "Kraft" und "Kämpfen" etwa sind in der Fate Core-Beispielliste einfach zwei gleichberechtigte Fertigkeiten nebeneinander. Das stört mich persönlich nicht, weil ich dieser Unterteilung ohnehin nicht viel abgewinnen kann, mag aber hier eventuell ein Ausschlußkriterium sein.
(Für weitere Details zum Thema Fate, falls Interesse besteht, würde ich erst mal faterpg.de empfehlen. Da gibt's die grundlegenden Regelwerke als Gratis-PDF sowie ein Online-Standardreferenzwerk, und ja, das ist alles ganz offiziell und koscher; Reinschnuppern erlaubt.)
Eventuell fällt mir später noch eine andere Empfehlung ein, im Moment muß ich aber weg.
KhornedBeef:
Die stances bei Warhammer Fantasy RP 3E gehen vage in die Richtung, spiegeln aber eher einen generellen "Problemslösungsstil" wieder (hautpsächlich im Kampf). Dabei erkaufst du entweder mehr Erfolge durch höheres Risiko schlimmer Komplikationen (z.B. Erschöpfung), oder weniger Komplikationen durch potentielle Verzögerungen.
Deine Idee finde ich aber in gewisser Weise cooler, weil halt dieses cineastische, explosive "Alles geben" besser herausgearbeitet wird. weniger kompetente Charaktere können also alles auf eine Karte setzen und sind danach eher platt, sehr kompetente Charaktere können Anstrengung etwas gefahrloser nutzen?
ArneBab:
Splittermond hat etwas ähnliches mit Risikowürfen: Du verdreifachst deine Patzerwahrscheinlichkeit und bekommst dafür einen deutlichen Bonus.
Aus unseren Runden kenne ich es dagegen eher, dass man weitermacht, obwohl man verloren hat, aber zu einem Preis. Ich habe das mal auf Grundlage des Kampfes Anakin vs. Obi Van aus Starwars als Regelskizze entworfen: http://www.1w6.org/deutsch/module/konfliktmodul-konf#comment-167
Eskalationen:
- Anakin gibt Padme auf, um weiterzumachen,
- Obi Van gibt seine Zukunft als Lehrer auf, um weiterzumachen (Luke wird von Yoda ausgebildet werden),
- Anakin gibt seinen Kontakt zu Obi Van auf und Obi Van gibt Anakin auf (vorher hätte Obi Anakin zur Flucht verhelfen können oder Anakin sich gefangen nehmen lassen können),
- schlussendlich gibt Anakin seinen Körper auf, um nicht zu sterben, und wird zu dem Darth Vader, den wir lieben — und der für immer mit dieser Entscheidung zu kämpfen haben wird.
pharyon:
Hallo und vielen Dank schonmal für eure Beiträge.
@ nobody@home: Fate kenne ich, bin bislang nur noch nicht in den Genuss zu kommen, es mal zu spielen. Allerdings habe ich hier keine Möglichkeit, auf 1 Würfel zu verzichten oder 1 Würfel hinzuzunehmen - nur weil ich als Spieler mehr oder weniger Risiken eingehen möchte, oder? Von daher passt es wohl nicht zu meinem anvisierten Spielgefühl.
@KhornedBeef: Stimmt, bei Warhammer FRPG 3rd Ed. habe ich auch einen derartigen Mechanismus gesehen. Bei Splittermond wars noch ein wenig auffälliger.
@ArneBab: Ich habe deinen Link mal gelesen. Ist eine interessante Variante (ich bin ur etwas irritiert, wenn du Annikan schreibst und Anakin gemeint sein dürfte), den Konflikt zu eskalieren. Allerdings änderst du dort auch nicht abhängig von deiner Risikobereitschaft die Anzahl deiner Würfel, oder doch?
--- Zitat von: KhornedBeef am 15.05.2017 | 11:58 ---... weniger kompetente Charaktere können also alles auf eine Karte setzen und sind danach eher platt, sehr kompetente Charaktere können Anstrengung etwas gefahrloser nutzen?
--- Ende Zitat ---
Ja, dass stimmt. Sehr kompetente Charaktere ermüden etwas weniger schnell. Die Möglichkeit, dass ein Anfänger einen Profi schlägt, ist gering, aber dennoch im Bereich des möglichen. Falls ich also zu passiv bleibe gebe ich eine Gelegenheit, mich zu übertreffen. Andererseits muss ich als Anfänger versuchen, den Konflikt möglichst schnell für mich zu entscheiden, sonst bin ich erschöpft und der gegner spielt mich an die Wand. Wobei ich hier auch zugeben muss, dass ich evtl. den Einsatz des 1. Würfels ohne Erschöpfung gestalte (also so, dass die minimale Anstrengung keine Erschöpfung einbringt).
Grüße
p^^
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