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[Fate] Kritik und Remmidemmi

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Daheon:

--- Zitat von: nobody@home am 14.11.2017 | 22:47 ---Heißt das also jetzt, daß umgekehrt bei "Standard"-Rollenspielen die Charaktere grundsätzlich inkompetent sein sollen...oder vielleicht doch nur, daß "Pulp" im Rollenspiel eigentlich schon von Anfang an mehr die Regel als die Ausnahme ist? ;)

--- Ende Zitat ---

Weder noch. Nächster Versuch.

Achamanian:
@Pulp & Kompetenz:

Ich würde Fate auch als pulpig beschreiben, finde aber, dass das nur am Rande mit der Kompetenzfrage zu tun hat. "Pulp" bedeutet für mich erst mal, dass die Figuren stark durch ihre vordergründigen Eigenschaften und "Signature Moves" definiert werden. Indiana Jones lässt seinen Hut nicht zurück. Luke kann seinen Vater trotz allem nicht hassen. Yoda die Worte in seltsamer Reihenfolge anordnet. Wolverine hat Klauen und kann regenieren, was ihm allerdings Schmerzen bereitet. Das sind in vieler Hinsicht die für die Figuren wichtigsten Eigenschaften, das, woran man sie erkennt. Alles, was den Wiedererkennungswert durch Wiederholung steigert, wird in Fate belohnt, während es keine Belohnungen für Brüche und Widersprüche in der Figur gibt (was letztendlich heißt, dass diese tendenziell "bestraft" werden). Das begünstigt eine Pulp-Figurenzeichnung.

alexandro:

--- Zitat von: Rumpel am 15.11.2017 | 09:47 ---Ich würde Fate auch als pulpig beschreiben, finde aber, dass das nur am Rande mit der Kompetenzfrage zu tun hat. "Pulp" bedeutet für mich erst mal, dass die Figuren stark durch ihre vordergründigen Eigenschaften und "Signature Moves" definiert werden. Indiana Jones lässt seinen Hut nicht zurück. Luke kann seinen Vater trotz allem nicht hassen. Yoda die Worte in seltsamer Reihenfolge anordnet. Wolverine hat Klauen und kann regenieren, was ihm allerdings Schmerzen bereitet. Das sind in vieler Hinsicht die für die Figuren wichtigsten Eigenschaften, das, woran man sie erkennt. Alles, was den Wiedererkennungswert durch Wiederholung steigert, wird in Fate belohnt, während es keine Belohnungen für Brüche und Widersprüche in der Figur gibt (was letztendlich heißt, dass diese tendenziell "bestraft" werden). Das begünstigt eine Pulp-Figurenzeichnung.
--- Ende Zitat ---

Ok, das ist mal etwas konkretes (da Ulcergon sich weigert zu sagen, was er mit "Pulp" meint), darauf kann man eingehen.

Und wieder: was ist der Unterschied zu anderen Rollenspielen. Definierende, einzigartige Merkmale sind einfach schon immer Teil des Spiels und kann man nicht wirklich daraus entfernen. Auch ist das im Pulp nicht nur auf einzelne Figuren beschränkt, sondern auch auf Archetypen (Indy ist ja keineswegs einzigartig) und Volksgruppen. In dieser Hinsicht ist "Dog eat Dog" mehr Pulp, als die meisten anderen Rollenspiele.  >;D

EDIT: Und des weiteren - und da kommen wieder Eeros Verständnisschwierigkeiten ins Spiel - legt jeder Spieler andere Foki, was genau diese "definierenden Merkmale" sein sollen. Wolverines Klauen müssen in Fate keineswegs ein Aspekt oder Stunt sein - und es ist auch nicht so, dass sie "belohnt" würden, wenn man sie auf diese Weise umsetzt (jedenfalls nicht mehr, als Merkmale wie "Verliebt in Jean Grey" oder "Beschützer von Jubilee") - im Gegenteil: wenn man sie wiederholt und ausgiebig einsetzt, dann wird man in Fate eher bestraft, weil einem die Punkte fehlen. Brüche in der Figur werden dagegen durchaus belohnt (i.e. widersprüchliche Aspekte, welche häufige Gelegenheiten für Compels liefern).

Ucalegon:
Sorry, alexandro, aber das entspricht exakt dem Zitat von Eero Tuovinen, das du mit "Er hats nicht verstanden" abgeräumt hast. Mein Kommentar war:


--- Zitat von: Ucalegon am 14.11.2017 | 21:05 ---Ich mag Rollenspiele, die meine Figuren und Geschichten aufs Spiel setzen. Die was mit ihnen machen. Sie rumschubsen, verändern, zerstören. Fate ist das Gegenteil davon.

--- Ende Zitat ---

Da war noch gar nicht die Rede von Pulp.


--- Zitat von: alexandro am 15.11.2017 | 10:29 ---In dieser Hinsicht ist "Dog eat Dog" mehr Pulp, als die meisten anderen Rollenspiele.  >;D

--- Ende Zitat ---

I'll bite. Dog Eat Dog kennt tatsächlich Charaktermerkmale, die Einheimischen in Konflikten untereinander weiterhelfen (Hilai, schnellste Läuferin diesseits der Berge), also quasi ein high concept, und Merkmale für das Inselvolk. Nur: Die ganze Idee hinter Dog Eat Dog ist, erfahrbar zu machen, wie sich der Kolonialismus Identität(en) aneignet oder sie zerstört. ("It's a game about how colonialism steals identities"). Einmal: Sobald die Besatzungsmacht in der Szene präsent ist, werden die Figurenmerkmale irrelevant, weil die Einheimischen für ihre Kolonialherren alle gleich sind. Und im Kern: Das Zusammenleben auf der Insel gerät durch die Regeln und Annahmen, die man nach jeder Szene entwickelt, in eine äußerst prekäre Situation. Was macht es mit Hilai, dass sie ihrer Botentätigkeit zwischen den Dörfern nicht mehr nachgehen kann, weil die Besatzer den Kontakt untersagt haben, um einen Aufstand zu unterdrücken? Stemmt sie sich verzweifelt dagegen? Richtet sie ihr Leben neu aus? Oder verschwindet dieser Teil ihrer Identität einfach sang- und klanglos? Das sind die Fragen, um die es in Dog Eat Dog geht. Nennen kannst du das, wie du willst.

nobody@home:
Ich denke, bei "Pulp" muß man auch zwischen Pulp und Pulp unterscheiden.

Historisch betrachtet ist "Pulp" erst mal einfach nur eine Publikationsmethode: ich hab' mein Magazin mit Kurz- und Fortsetzungsgeschichten, das aus Verlagssicht möglichst regelmäßig erscheinen, billig sein, und sich gut verkaufen soll. So eine Art Mischung aus Groschenroman und Klatschzeitschrift gewissermaßen. Wie jedes andere literarische Format auch wird dieses seine stilistischen Fingerabdrücke im veröffentlichten Material hinterlassen -- es macht aber erst mal keine festen Vorgaben in Sachen Genre, und entsprechend gab's ja zur selben Zeit beispielsweise auch Liebes-, Erotik-, und Sport-Pulps.

Frag' natürlich einen Rollenspieler, und er wird "Pulp" wohl als so etwas speziell in der Art von "Klischee-Actionabenteuer mit unrealistischen und überzeichneten Elementen" definieren. ;) Das ist nun durchaus etwas, das es in den historischen Pulps auch gab -- schließlich will man ja Geld verdienen, und Abenteuererzählungen liefen immer schon gut -- und das im Rückblick mit am stärksten hängengeblieben ist, aber es ist einerseits weder schon das komplette Pulp-Phänomen noch andererseits besonders auf die Pulps an sich begrenzt. Hollywood und diverse Comicverlage beispielsweise haben ja genau dasselbe Feld auch recht gut beackert und tun das gerne heute noch.

Für die Verknüpfung zwischen speziell Fate und Pulp-im-zweiten-Sinn im öffentlichen Rollenspielerbewußtsein ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Spirit of the Century mitverantwortlich. Erstes großes kommerzielles Fate-Spiel mit großzügig überarbeiteten Regeln (vorherige Fate-Versionen waren ja "nur" im Netz herumschwirrende Fanerweiterungen für Fudge) und gleichzeitig in genau diesem Genre verhaftet, wie man ja schon von außen schnell an der Aufmachung (siehe Spoiler) sieht? Ja, das dürfte schon so seinen prägenden Eindruck hinterlassen...und daß Nachfolger wie zum Bleistift Starblazer Adventures, Legends of Anglerre, oder Bulldogs! in im wesentlichen das gleiche Horn gestoßen haben, schadet natürlich bei der Zementierung desselben in den Köpfen auch nicht gerade.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Allein schon das Titelbild: Ein Typ mit Maske und Kapuze, ein zweiter mit Jetpack und zwei Pistolen, und eine junge Dame mit Schraubenschlüssel am Gürtel, die sich gerade einen am Steuer eines fliegenden Doppeldeckers sitzenden Gorilla vornehmen wollen, während im Hintergrund ein Zeppelin brennt...sieht irgendwie nicht so unbedingt nach einem Rollenspiel zum Thema "Tischmanieren & Teezeremonien" aus, aber vieleicht liegt das ja auch nur an mir. :)

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