Pen & Paper - Spielsysteme > Midgard

Lesebegleitthread Midgard 5: Der Kodex

<< < (12/27) > >>

Achamanian:

--- Zitat von: Cierenmuir am 10.01.2018 | 08:55 ---Generell ist es mit M5 verstärkt so, dass das Regelwerk gewisse Dinge offen lassen möchte. Manchmal beißt sich das mit dem Wunsch der Mehrheit der Spieler nach einer Vorgabe, denn zu viel Offenheit bedingt entsprechend umfangreichere Einigungen innerhalb der Gruppe. Gerade unerfahrene Gruppen wissen aber noch gar nicht um die Vor- und Nachteile der verschiedenen Optionen. Da hilft nur spielen, spielen, spielen...  :)

--- Ende Zitat ---

Ich sehe ehrlich gesagt genau das entgegengesetzte Problem mit dem Regeltext: M5 macht ganz klare, starre Vorgaben dafür was (Zitat) „auf jeden Fall“ verdeckt zu würfeln ist. Insgesamt finde ich den Ton in M5 extrem präskriptiv. Für erfahrene Rollenspieler ist das egal, weil denen klar ist, dass sie sich an solche Vorgaben nicht halten müssen und einfach die bei ihnen etablierte „Best Practice“ verwenden können. Einsteiger laufen dagegen Gefahr, zu glauben, dass das Spiel „nicht funktioniert“, wenn man sich an eine solche Vorgabe nicht hält. Da hätte man zumindest mal anmerken können, dass Gruppen hier ihre jeweils eigene Herangehensweise entwickeln können und das keine davon „falsch“ ist.
Ich bin bei dem Thema etwas emotional, weil die (in meinen Augen) Unsitte des verdeckten Würfelns meine erste langjährige Rollenspielgruppe über Jahre heimgesucht und immer nur zu nervigen Verzögerungen („Tja, wenn wir jetzt nicht wissen, ob wir die Falle entschärft haben, machen wir lieber noch mal Wahrnehmungsproben, und wenn wir nicht wissen, ob die gelungen sind, tasten wir lieber noch mal mit dem Schwert voran, und vielleicht nehmen wir dann doch einen anderen Gang ...“), Unklarheiten und Streit („Ich habe aber doch gesagt, dass ich gucke, ob er einen Papagei auf der Nase sitzen hat!“ - „Ja, aber du hast deinen Wahrnehmungswurf verpatzt!“) geführt hat. Waren wir alle froh, nachdem wir uns endlich weitgehend davon verabschiedet hatten. Man kann neuen Spielern zumindest erlauben, Alternativen dazu auszuprobieren.


EDIT:


--- Zitat ---Verdeckte Würfe sind eigentlich von der Logik her sinnvoll, wenn eine Figur den Erfolg oder Misserfolg nicht sofort selber einschätzen kann. Auch ist nicht einfach für eine Gruppe aufgrund von widersprüchlichen Infos zu diskutieren, wenn alle wissen, dass die eine Figur Erfolg hatte und die andere einen Patzer.
--- Ende Zitat ---

Ich habe hier übrigens die entgegengesetzte Erfahrung gemacht: Was von der Logik her sinnvoll ist, ist nicht unbedingt für's Spiel sinnvoll, und am Schwierigsten sind nicht Diskussionen auf Grundlage widersprüchlicher Infos, sondern Diskussionen auf der Grundlage, dass alle das Wissen ihrer Figuren ständig in Frage stellen, weil die Würfe, auf die es zurückgeht, verdeckt sind.

Boba Fett:

--- Zitat von: Rumpel am 10.01.2018 | 09:44 ---Ich sehe ehrlich gesagt genau das entgegengesetzte Problem mit dem Regeltext: M5 macht ganz klare, starre Vorgaben dafür was (Zitat) „auf jeden Fall“ verdeckt zu würfeln ist. Insgesamt finde ich den Ton in M5 extrem präskriptiv.
--- Ende Zitat ---

Das finde ich auch optimierungsfähig. Wie Du schon schreibst, für den erfahrenen Spieler, der seine Art und Weise, wie gespielt, gewürfelt und dergleichen ohnehin für sich längst gefunden hat, ist das egal.
Aber dem Neuling wird suggeriert, es gäbe nur die eine Art und die sei alleine richtig. Und das finde ich schade.
Daran, so zu spielen, ist nichts falsches, aber anders zu spielen, eben auch nicht. Und da finde ich die Message "hey, es gibt verschiedene Wege zum Glück. Finde den für Dich besten. Probiere mal folgende aus..." einfach eleganter.


--- Zitat ---
--- Zitat ---Verdeckte Würfe sind eigentlich von der Logik her sinnvoll, wenn eine Figur den Erfolg oder Misserfolg nicht sofort selber einschätzen kann. Auch ist nicht einfach für eine Gruppe aufgrund von widersprüchlichen Infos zu diskutieren, wenn alle wissen, dass die eine Figur Erfolg hatte und die andere einen Patzer.
--- Ende Zitat ---
Ich habe hier übrigens die entgegengesetzte Erfahrung gemacht...
--- Ende Zitat ---

Verdeckte Würfel sind (ohne über Sinn und Unsinn diskutieren zu wollen) erst einmal eine Frage des "wie soll gespielt werden".
Es gibt Vorteile, die damit einher gehen, aber alternative Arten zu spielen haben eben auch ihre Vorteile. Und sicherlich haben alle Wege irgendwo auch Nachteile.
Insofern finde ich besser, die "macht Sinn" Aussage zu vermeiden, denn der Umkehrschluß würde bedeuten, dass alles andere keinen Sinn macht.
Und das ist schlicht nicht korrekt.
Auch hier wäre ein Kapitel mit "wie will man mit "Wissen und Wahrnehmung von Spieler und Charakter umgehen" schön gewesen, denn da hätte man unterschiedliche Methoden vorstellen und Vor- und Nachteile erörtern und es letztendlich der Spielerrunde die Entscheidung über das "wie" selbst überlassen können...

Ich habe innerlich bei sowas immer ein virtuelles kleines Facepalm. Denn das "so wird richtig gespielt, das macht Sinn (und alles andere macht keinen Sinn und ist falsch)" ist so Neunziger Jahre...
Und eigentlich sind wir von dieser Schulmeisterei und Pauschalaussagen doch lange weg.
Und beim Facepalm drängt sich mir dann immer wieder der "Oh weh, wenn das jetzt jemand unbedarftes liest und unreflektiert übernimmt, haben wir wieder einen ins 'Rollenspielmittelalter' geschickt." gefolgt von "Oh jemine, wenn Du da jetzt widersprichst, handelst Du Dir von den Fanboys wieder flammende Reden ein, warum das nur so richtig sein kann. Dabei willst Du doch eigentlich nur darauf hinweisen, dass es statt "macht Sinn" einfach geschickter wäre "macht für mich Sinn" zu schreiben.

Cierenmuir:

--- Zitat von: Rumpel am 10.01.2018 | 09:44 ---Ich habe hier übrigens die entgegengesetzte Erfahrung gemacht: Was von der Logik her sinnvoll ist, ist nicht unbedingt für's Spiel sinnvoll, und am Schwierigsten sind nicht Diskussionen auf Grundlage widersprüchlicher Infos, sondern Diskussionen auf der Grundlage, dass alle das Wissen ihrer Figuren ständig in Frage stellen, weil die Würfe, auf die es zurückgeht, verdeckt sind.

--- Ende Zitat ---
Wenn Dir der Spielleiter sagt, Deine Figur würde dies und jenes wissen und es widerspricht nicht Deinem Spielerwissen, wo soll dann die Unsicherheit herkommen?
Ich sehe hier nicht das Problem verdeckter oder offener Würfe sondern eher die Aufnahme von Beschreibungen (mit allen möglichen Missverständnissen die bei Kommunikation nun mal auftreten).

Als Spieler sind mir viele verschiedene Spielleiter aufgefallen, die die Frage verdeckter Würfe gleich behandeln, mich als Spieler aber dennoch ganz unterschiedlich informiert (oder verwirrt) zurück lassen. Eigentlich möchte ich als Spieler die Info haben: "Da ist was", "da ist nichts" oder "Du findest nichts". Letzteres ist die ungenaueste Antwort und je nach Situation bitte ich vielleicht noch eine andere Figur um eine zweite Meinung. Selber würfeln macht natürlich mehr Spaß, aber ob daraus auch mehr Vergnügen im Abenteuer ziehen kann hängt entscheidend vom Spielleiter ab. So könnte ich mit einem Würfelergebnis von 18 etwas geschafft haben, weiß aber nicht automatisch um die Schwierigkeit einer Aktion. Bei einem offenen Wurf bräuchte ich hier also noch zusätzlich die Information über die WM+2. Manche Spielleiter bringen das gut rüber, andere Spieler wollen dies aber gar nicht wissen. Ich kenne die Vor- und Nachteile, lasse selbst als Spielleiter die Spieler vieles würfeln (alleine aus eigener Faulheit) und gebe den Spielern so die Gelegenheit mir zu helfen, verwende aber bewusst manchmal den verdeckten Wurf als Instrument für die Szene. Den einen Weg habe ich aber noch nicht gefunden, es immer wieder aufs Neue ein Kompromiss.

Einig sind wir uns, dass die Beschreibung in M5 dies wesentlich knapper und damit auch eingeschränkter darstellt. Ich kenne aber auch keine Neulinge, die sich Midgard nur mit dem Regelwerk selbst beigebracht haben. Meist kommt der erste Impuls in Verbindung mit einem erfahrenem Mitspieler, d.h. dessen Verhalten beeinflusst die Schritte danach sehr stark oder es handelt sich um Spieler mit umfangreichen Erfahrungen von anderen Spielen, die sich dabei schon Gedanken um Spielmechaniken gemacht haben. M5 ist hier gegenüber M4 deutlich besser für Einsteiger (mit und ohne andere Erfahrungen mit Pen&Paper) aufgestellt, aber sicher kann es weiter verbessert werden. Sinnvoll wären deutlich mehr Beispiele, hier würde eine Ausweitung des PDF-Materials schon viel bringen - und es müsste nicht der Umfang der Bücher erhöht werden.

felixs:

--- Zitat von: Rumpel am 10.01.2018 | 09:44 ---Ich sehe ehrlich gesagt genau das entgegengesetzte Problem mit dem Regeltext: M5 macht ganz klare, starre Vorgaben dafür was (Zitat) „auf jeden Fall“ verdeckt zu würfeln ist. Insgesamt finde ich den Ton in M5 extrem präskriptiv. Für erfahrene Rollenspieler ist das egal, weil denen klar ist, dass sie sich an solche Vorgaben nicht halten müssen und einfach die bei ihnen etablierte „Best Practice“ verwenden können. Einsteiger laufen dagegen Gefahr, zu glauben, dass das Spiel „nicht funktioniert“, wenn man sich an eine solche Vorgabe nicht hält. Da hätte man zumindest mal anmerken können, dass Gruppen hier ihre jeweils eigene Herangehensweise entwickeln können und das keine davon „falsch“ ist.

--- Ende Zitat ---

Das stimmt zwar alles grundsätzlich, wird aber durch die Erklärungen in den an Einsteiger gerichteten Abenteuern (Oger von Thame etc.) und ggfs. Runenklingen wieder realtiviert. Da finden sich nämlich sehr gute Hinweise zum praktischen Umgang mit diesen Dingen und die sind dann überhaupt nicht mehr strikt.

Aber auch sonst glaube ich nicht, dass es für Anfänger schlimm ist, erstmal Erfahrungen zu machen und dann irgendwann zu erfahren, dass es auch anders geht. Zuviele Optionen am Anfang erschlagen einen ja dann auch wieder. Es ist halt ein bißchen kompliziert, wächst sich aber in der Praxis schnell aus.

Achamanian:

--- Zitat von: Cierenmuir am 10.01.2018 | 11:24 ---Ich kenne aber auch keine Neulinge, die sich Midgard nur mit dem Regelwerk selbst beigebracht haben. Meist kommt der erste Impuls in Verbindung mit einem erfahrenem Mitspieler

--- Ende Zitat ---

Das ist in meinen Augen genau das Problem, sich darauf zu verlassen ... wie gesagt erlebe ich durchaus eine Nachfrage nach Rollenspielen, die für einen gemeinsamen Einstieg von Leuten geeignet sind, die vielleicht alle mal von Pen&Pager RPG gehört, es aber noch nie probiert haben.

Wobei die kritisierten Passagen dafür jetzt auch nicht sooo problematisch sind; klar werden auch neue Spieler früher oder später ihre eigene Spielweise finden. Aber der Hinweis darauf, dass es genau darauf ankommt, ist m.E. schon hilfreich. Es geht ja auch nicht um Massen von Optionen, sondern um einfache Anmerkungen wie: "Wenn ihr Wert darauf legt, dass auch die Spieler nicht wissen, was ihre SC nicht wissen, solltet ihr entsprechende Würfe verdeckt machen. Vielleicht ist euch das aber auch zu aufwändig, oder ihr findet, dass ihr alle auch so gut genug zwischen eurem eigenen Wissen und dem Eurer SC trennen könnt; dann würfelt einfach offen. Am besten probiert ihr einfach für ein paar Sitzungen aus, was euch in eurer Gruppe am meisten Spaß macht, und legt euch dann gemeinsam auf ein Vorgehen fest."
Das wäre sogar deutlich weniger Text als die ziemlich umfangreichen genauen Erörterungen im Kodex, wann offen und wann verdeckt zu würfeln ist.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln