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Ziele von Rollenspielen und Spieldesignern
BBB:
Hallo Turning Wheel,
vielen Dank für das liebe Angebot. Darauf komme ich eventuell tatsächlich beizeiten zurück :-)
Bezüglich des Spielziels: Meine Frage kommt so ein bisschen aus der Richtung, aus der du auch kommst. Ich spiele seit ca. zwanzig Jahren Rollenspiel und hatte nie ein wirkliches Ziel dabei - mal davon abgesehen, dass glaube ich DSA3 irgendwo explizit stehen hat, dass das Ziel des Spiels das Finden eines schwarzen Auges ist. Ich bin aber beim Querlesen aller möglichen Threads hier im Weltenbau Bereich auf die Aussage gestoßen, dass auch ein Spiel ein Ziel verfolgen sollte.
Daher kommt so ein bisschen die Frage.
Und wie gesagt: So ein bisschen kann ich es auch nachvollziehen, denn gerade bei bestimmten Designentscheidungen kann es sehr hilfreich sein, wenn man ein klares Ziel vor Augen hat. Nur ist mir eben nicht immer klar, welches Ziel ein Spiel verfolgt/verfolgen soll.
Daher die Frage, welche Ziele eurer Meinung nach in diesem Spielen verfolgt werden.
KhornedBeef:
Hm, die Unterscheidung nach Ebenen eines Ziels ist schon wichtig. Dein Beispiel mit dem schwarzen Auge ist ja das, was Turning Wheel als "inplay"-Ziel beschreibt. Mein Beispiel mit Night's Black Agents auch. Aber es gibt ja durchaus Spiele, die zumindest bewusst Themen mit aktueller gesellschaftlicher Bedeutung aufgreifen, wo man das Auseindersetzen damit als Ziel außerhalb des Spiels ansehen kann. Bluebeard's Bride dürfte so eins sein, und es gibt glaube ich einen Kickstarter für ein Rollenspiel mit LGBTQ-Bezug (kürzt man das jetzt so ab?).
Yney:
Sich zu überlegen, wie man ein Rollenspiel entwickelt und dabei vernünftige Ziele zu setzen ist sicherlich weise. Ich denke aber, es dürfte bei den persönlichen Eigenproduktionen selten zu einer klaren Struktur kommen, wie beispielsweise bei einem auf Profit orientierten Unternehmen. Man wurschtelt halt so vor sich hin, baut hier an und dort ab …
Der kleine Vorteil bei einer Eigenkreation gegenüber Hausregeln ist, dass man vielleicht weniger Skrupel hat auch die große Säge auszupacken, wenn einem etwas nicht passt. Aber ich habe da nur sehr eingeschränkte Erfahrungen (bezüglich Hausregeln bei gekauften Systemen - beim eigenen System habe ich vor einigen Jahren eine große Portion TNT verwendet ;) ).
Im Bezug auf "Warum macht man nicht auch mal was fertig?" würde ich sagen: Weil das verflucht höllisch viel Arbeit ist. Eine erste spritzige Idee ist schnell hingeworfen (10 min - fertig). Die auch für Fremde klar nachvollziehbar zu formulieren dauert ein wenig (1-2 h). Sie fertig auszuarbeiten mitsamt Layout, Diagrammen, Karten, Bildern, Detailinformationen, Korrekturlesen etc. etc. zieht sich gewaltig (≥ 1 Jahr). Da geht einem schon mal die Puste aus und es macht viel mehr Spaß, was Neues anzufangen, denn das geht so schön schnell …
Mein Feuereifer ist auch immer am größten, wenn ich angehe einen Neuen Band/Teil meiner Welt detailliert und aufgeschönt zu verarbeiten. Für den teils trockenen Arbeitsteil zwischendrin (uuuuund noch ein Gasthaus …) braucht es dann doch immer wieder mal Akrobatik für einen selbst verabreichten Tritt in den Allerwertesten.
Und weil das alles doch ein Hobby und kein Beruf ist fragt man sich nicht selten (zurecht): "Wozu das Ganze?"
YY:
--- Zitat von: Sagadur am 28.05.2018 | 13:47 ---Ich denke aber, es dürfte bei den persönlichen Eigenproduktionen selten zu einer klaren Struktur kommen, wie beispielsweise bei einem auf Profit orientierten Unternehmen.
...
Und weil das alles doch ein Hobby und kein Beruf ist fragt man sich nicht selten (zurecht): "Wozu das Ganze?"
--- Ende Zitat ---
Ich erlebe das eher umgekehrt:
Wenn ich selbst irgendwas mache, dann weiß ich genau, wo ich hin will und meist auch, wie ich das hinbekomme.
Mein Vorteil ist ja gerade, dass ich das hinterher keinem Dritten verkaufen will oder muss.
Eismann:
Wenn ihr in der Vergangenheit ein eigenes Rollenspielsystem entwickelt habt oder gerade daran sitzt, eines zu entwickeln, welche Ziele verfolgt ihr (als Designer) damit und welches Ziel hat das Spiel?
Für "Die Schwarze Katze" habe ich erst einmal das simple Ziel gehabt, Katzen als Charaktere in Aventurien zu ermöglichen. Das war quasi die Grundidee. Warum? Weil ichs kann und mich die Idee amüsiert hat.
Dann habe ich als Orientierungspunkte Zielgruppe, Spielziel und grob angepeilt Spielstile definiert, die das Spiel möglichst abdecken soll, und mir überlegt, wie ich das Konzept schlüssig in Aventurien integriert bekomme, ohne unerwünschte Wechselwirkungen mit anderen Publikationen zu produzieren.
Zielgruppe: Leute mit Katzen und Leute, die Katzen mögen, eher experimentierfreudige DSA-Spieler, Idealtyp: DSA-Spielerin mit Katze und leichtem Gothbezug
Spielziel: Man spielt heldenhafte Katzen. Die Katzen sollen auf Abenteuerfahrt gehen, für Katzenverhältnisse große Heldentaten begehen, aber gleichzeitig auch immer noch "katzisch" bleiben, also im Extremfall auch mal egoistische, kleine Arschgeigen.
Spielstil: DSA ermöglicht schon mehr oder weniger gut eine relativ große Bandbreite von Spielstilen, auch wenn es sich regelseitig stark zwischen gamistischen und simulatorischen Elementen bewegt. DSK ist etwas fokussierter, weil es die Regeln nochmal runterkomprimiert und Detailkram teilweise über Bord wirft, um eine höhere Geschwindigkeit zu erreichen. Trotzdem ist DSK immer noch relativ komplex, wenn auch bei weitem nicht so sehr wie DSA5. Es hat also keinen einzelnen Spielstil, auf den es sich komplett fokussiert.
Der Vergleichspunkt ist also regelseitig DSA5: DSK darf und soll mechanisch anders, vorzugsweise einfacher und schneller, funktionieren, aber soll sich gleichzeitig an DSA5 anlehnen. Einen DSK-Charakterbogen kann man als DSAler sofort verstehen, da er seinem Vorgänger ähnelt, und theoretisch lassen sich Crunchelemente mit wenigen Handgriffen auf DSA5 umstellen.
Vom Hintergrund her ist das Ziel die verschiedenen popkulturellen Vorstellungen von Katzen einzufangen und spielbar zu machen. Es geht also nicht darum eine möglichst präzise Katzensimulation zu erschaffen, sondern anthropomorphe Katzen als Charaktere zu ermöglichen, eben ähnlich dem gestiefelten Kater. Dazu habe ich eine ganze Weile Klischees und Zuschreibungen gesammelt, halt all das, was man für katzentypisch hält, um daraus dann Archetypen zu erschaffen. Sowas wie die liebende und hegende Mutter, die selbstverliebte, arrogante und ambivalente Hauskatze, der grausame Kleintiermörder, der mythische Mittler zwischen Diesseits und Jenseits usw.
Ebenso wie Einzelelemente ("Katzen schlafen gerne in Kisten") floßen diese Archetypen dann stark in die Regelentwicklung und den Hintergrund mit ein, besonders bemerkbar bei den Castertypen, aber auch im mythologischen Hintergrund, dem Herrschaftssystem und dem alltäglichen Leben.
Bei der Hintergrundentwicklung stand dann auch noch das Ziel im Raum, DSK so mit DSA zu verschmelzen, dass man DSK theoretisch überall in Aventurien spielen kann, und zwar so, dass es am Beschreibungshorizont von DSA nicht erscheint, also den Menschen (Elfen, Zwergen usw.) in Aventurien nicht auffällt, dass da Katzen aufrecht gehen, sich Klamotten anziehen und Abenteuer suchen.
Mittlerweile wurschtel ich seit drei Jahren nebenher an dem Projekt, aber so langsam geht es auf die Zielgerade.
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