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Systemeelemente die Charakterentwicklung unterstützen
gilborn:
Super, vielen dank für eure Antworten.
Werde mir auf jeden Fall mal Burning Wheel und Pentragon anschauen, vor allem Ersteres hört sich sehr vielversprechend an.
Die Bindings aus Dungeon World hatte ich auch im Kopf, ja.
Solar System mit den Pfaden geht auch in die Richtung, ist mir aber eventuell zu starr.
Suche auf jeden Fall Mechanismen die Charakterentwicklung unterstützen und Anreize geben aber NICHT dazu zwingen.
Ich bin auch der Meinung von Crimson King, dass der Spieler die Deutungshoheit haben sollte in welche Richtung es mit dem Charakter geht.
Zarkov:
Wie gesagt wurde, kann man natürlich immer Charakterspiel betreiben, wenn man nur will. Wie für alles beim Rollenspiel, braucht es dafür eigentlich keine Regeln, solange sich immer alle einig sind (was Vincent Baker so schön als „vigorous creative agreement“ bezeichnet). Aber wenn sich immer alle einig sein müssen, verschenkt man, wie ich finde, viel von dem Potential des Mediums. Kreativ Fiktion erzeugen, ernsthafte Konflikte austragen und dabei viellicht sogar Dinge herbeiführen, die eigentlich keiner will, aber die doch irgendwie begehrenswert und interessant sind – da sind Regeln schon hilfreich.
Jedenfalls, ein Rollenspiel, daß ich noch empfehlen kann, wäre Apocalypse World – und zwar gerade, weil es auf den ersten Blick gar keine offensichtlichen Elemente hat, die Charakterentwicklung unterstützen. Dabei macht es eigentlich nichts anderes.
Das wurde mir erst so richtig klar, als ich eine Weile Blades in the Dark geleitet (und inzwischen auch mal gespielt) habe. Bei Blades ist „Charakterspiel“ eine Sache, die gerne verschütt geht, wenn ich von unseren Erfahrungen und auch von berichteten Runden ausgehe: Man möchte eigentlich, aber dann stehen andauernd andere Dinge im Vordergrund, und dann geht der Score los und dann gibt es Action und nochmal Action … kurz, BitD fordert eigentlich Charakterspiel und belohnt es sogar, aber es läßt ihm oft nicht genug Luft. Der Fokus liegt meist woanders. Die Runde AW, die ich mal mitspielen konnte, war dagegen der totale Kontrast. Bei BitD mußte ich mich abmühen, meinem Männchen Farbe zu verleihen. Bei AW ging das wie von selbst. Das war schon kurios. AW läßt dem Charakterspiel Luft und rückt es ins Zentrum.
Das ist ein Punkt, an dem man Charakterspiel abwürgen oder zumindest erschweren kann, glaube ich. Das hat nicht mal was mit „Immersion“ oder Crunch oder fiction first zu tun – sowohl in BW und AW läuft Charakterspiel bei mir, bei BitD oder (früher) bei Shadowrun muß ich mich quälen.
ArneBab:
--- Zitat von: Zarkov am 20.08.2018 | 22:07 ---Das ist ein Punkt, an dem man Charakterspiel abwürgen oder zumindest erschweren kann, glaube ich. Das hat nicht mal was mit „Immersion“ oder Crunch oder fiction first zu tun – sowohl in BW und AW läuft Charakterspiel bei mir, bei BitD oder (früher) bei Shadowrun muß ich mich quälen.
--- Ende Zitat ---
Das ist seltsam, gerade bei SR ging das bei mir problemlos, zum Teil vermutlich, weil es durch den detaillierten Hintergrund befördert wurde. Allerdings fürchte ich, dass das so stark an der jeweiligen Gruppe hängt — oft auch an einzelnen Leuten oder Konstellationen — dass es schwer ist, aus Einzelerfahrungen viel zu schließen.
So ist für mich z.B. Fate ein Gegenbeispiel: Es hat Regeln, die für Charakterentwicklung toll sein könnten (ich übernehme von Fate für mein System das Verschieben von Punkten — eine klasse Idee!), aber die Verregelung der Aspekte hat bei uns bisher meist das Spiel eher abgewürgt als unterstützt. Wenn ich mich frage "wofür nutzt es mir, dass ich hier meiner Schwäche nachgebe", dann wird dieses Nachgeben einem anderen Ziel untergeordnet und steht nicht mehr als eigenständiges Erlebnis. Die intensivsten Fate-Runden hatten wir bisher, wenn wir das System den größten Teil der Zeit nicht benutzt haben …
Issi:
Ich finde halt der Spieler sollte die Deutungshoheit über seinen SC behalten.
Sowas wie" dein SC fühlt oder denkt jetzt das, weil die Regeln es sagen" beschränkt diese Deutungshoheit.
Charakterspiel bedeutet (für mich zumindest ), dass der Spieler diese Deutungshoheit ganz behält.
Ausnahmen bilden dann sowas wie Beherrschungszauber, die dem Spieler etwas anderes auferlegen können. Aber darüber hinaus eigentlich nichts.
Wenn dem Spieler solche Entscheidungen abgenommen werden, von den Regeln z. B., dann würde ich eher von "Vorgaben" oder "Drehbüchern" sprechen, die der Spieler dann erfüllen muss.
Edit. Ich kann den Wunsch "Charakterentwicklung durch Vorgaben anregen" durchaus verstehen.
So geht man evtl. auf Nummer Sicher, dass es überhaupt vorkommt(wenn eine Gruppe vielleicht von sich aus damit wenig am Hut hat. Oder nicht weiß wie sie sowas anstellen soll).
Die Kreativität steckt hier ein Stückweit im Spiel und muss deshalb weniger von den Spielern kommen.
Für mich persönlich wäre es jetzt trotzdem nicht das Mittel der Wahl. Denn wenn ich es nutzen würde, würde es nicht das Spielgefühl erzeugen, das ich mir wünsche.
Da finde ich "Inspiration" in Form von Zufallsbegegnungen besser, da hier den Spielern immer nur Angebote und Vorschläge gemacht werden, statt Entscheidungen genommen.
Auch eine Ideensammlung für Spielleiter könnte ich mir als Hilfreich vorstellen.
A la." Wie verlocke ich eine Figur zu etwas? Wie inszeniere ich eine Szene, die einen SC in einen Konflikt bringt? Wie reize ich ihre Reizpunkte? Wie erschaffe ich Gegner, Freunde, Geliebte und Motivationen?" usw.
Aber das ist nur mein Geschmack. Für andere Spieler ist ein verregeltes Charakterspiel vielleicht eine hilfreiche Stütze.
Vielleicht regt es auch zu guten Ideen und Szenen an, die es sonst nicht gegeben hätte. Was dann evtl. den Vorteil einer alleinigen Deutungshoheit durch den SPL überwiegt.
KhornedBeef:
@Zarkov: Fate ist nicht für krasses "method acting" gemacht, sondern eher für...Charakter-als-Storyelement-Spiel? "meta acting" ? Ist jedenfalls auch mein Eindruck. Nichts falsch dran.
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