Das Tanelorn spielt > [Cthulhu] Spawn of Azathoth

[SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm - So., 18.09.1927

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Katharina:
AM KAISERDAMM / in Hans Schlafzimmer

"Hans?" Ungläubig blicke ich meinen Gatten an. Er sieht so friedlich aus. Ich kneife die Augen zusammen, versuche zu erkennen, ob sich etwas verändert hat. Als das nicht der Fall ist, blicke ich an mir selbst hinab und kneife mir in die Hautfalte zwischen Daumen und Zeigefinger der linken Hand. Erst jetzt merke ich, dass ich in nichts als Unterwäsche im Bett liege, während rundherum munteres Treiben herrscht. Ruckartig ziehe ich die Decke bis zum Kinn.

"Es geht mir überraschend gut, glaube ich.", anworte ich schließlich, viel zu spät. "Ist dieses....dieses Wesen weg? Oder sind wir beide schon im Himmel, Hans?"

Joran:
AM KAISERDAMM / in Hans Schlafzimmer

Als ich in das Schlafzimmer zögerlich zurückkehre, klopfe ich zaghaft, obschon die Tür noch offen steht.

Nachdem ich zuvor vollauf mit Agathe beschäftigt war, bleibe ich jetzt zunächst im Türrahmen stehen und betrachte nun erstmals die gesammte Szenerie als Außenstehender: die Unordnung im ganzen Zimmer, das Wasser auf dem Boden, Miri auf allen vieren beim Aufwischen ... letzteres ein Anblick, den ich sonst sicherlich ausgekostet hätte, aber nicht heute ... Agathe im Bett, in das ich sie zurückgelegt habe, und wieder bei Bewusstsein. Hans Lohenstein ist unverändert verstört und unsicher, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Agathe schaut Hans fragend an, der offensichtlich auf eine Frage, die unbeantwortet im Raum zu hängen scheint, nicht recht zu antworten weiß.

Rötungen in Agathes Gesicht und an ihren Unterarmen zeichnen sich mit zunehmender Deutlichkeit ab.

Obwohl mir keine Wahl blieb, als Agathe mit Gewalt daran zu hindern, sich selbst zu Schaden, ist mir die Situation unangenehm. Scham ist mir eher ungewohnt und das Gefühl verunsichert mich. "Die Hämatome an den Armen wird Agathe mit Kleidung bedecken können ... aber was ist mit ihrem Gesicht?" Unwillkürlich streiche ich über meine Wange, auf der Agathes Fingernägel drei lange Kratzer hinterlassen haben, entlang derer nun kleine Blutstropfen trocknen. Die vielsagenden Schrunden in meinem Gesicht werden in den nächsten Tagen Anlass zu Spekulationen geben, soviel scheint mir sicher. "Noch ein paar stumme Demütigungen mehr ... was soll's ... Frauen sind wie Katzen! ... ich bin stärker als sie, aber sie verpassen einem selbst wenn sie unterliegen mit Sicherheit einen Denkzettel, den man nicht so schnell vergessen wird." Erneut meldet sich mein schlechtes Gewissen. "Was machst DU dir Gedanken darüber, was die Leute über DICH denken? ... Für Agathe ... nein: für BEIDE Lohensteins ... wird die Situation ungleich unangenehmer ... und ungewohnter."

Heute habe ich ganz andere Lohensteins kennengelernt als bisher. Je stärker der Wahn Agathe machte, um so schwächer wurde Hans. Und ich kann nicht umhin, Agathe mit einer gewissen Bewunderung zu betrachten. "Ich hätte nicht gedacht, dass so viel Kraft in ihrem schlanken Körper stecken könnte ... so viel ... Wildheit ... Es war wirklich schwer, sie zu packen zu kriegen." Ich erinnere mich an unser Ringen, an die körperliche Nähe, an die Herausforderung und was sie in mir anstieß ... "Nein, ich war nicht verängstigt, wie Hans Lohenstein ... ich habe es ... genossen, sie zu bändigen." Ich weiß, ich sollte mich wohl für meine ungebührlichen Gedanken schämen. Unwillkürlich blicke ich zu Boden und unterdrücke ein dieser Situation völlig unangemessenes Lächeln. "Verdammt, reiß Dich zusammen." Aus einer irrationalen Furcht davor, jemand könne in meinem Gesicht lesen, hefte ich meinen Blick auf Miri, als würde das der Situation angemessener sein. Aber meine Angst, 'ertappt' zu werden, schwindet auf diese Weise. Unziemlicher Gedanken wegen Miri verdächtigt zu werden, würde mein Inneres unentdeckt lassen.

Ich fühle mich fehl am Platz ... zuviel Nähe, zuviel Vertraulichkeit, zuviel Grenzüberschreitung ... "Ich sollte nicht hier sein. Ein Fahrer wie ich sollte nicht in diesem Schlafzimmer sein." Aber ich habe auch das Gefühl, jetzt einfach zu gehen, würde die Sitiuation verschlimmern ... könnte mich entlarven. "Ich sollte gelassen wirken ... unbeteiligt ... als wäre nichts ungewöhnliches geschehen. Kein Urteil, keine Erinnerung, als hätte ich sie nie berührt, als hätte ich sie nie so gesehen? Als wäre alle Erinnerung schon längst verblasst!"

"Vielleicht sollte ich kaltes Wasser holen ... und ein Tuch ... zum kühlen?", frage ich schließlich unsicher in die Stille. "Oder ein Mittel gegen Kopfschmerzen?" Medikamentennamen wie Aspirin, Oxycodon oder das aufputschende Ephedrin tauchen aus meiner Erinnerung ... lediglich aufgeschnappte Worte aus meiner Ambulanzzeit ... "Was könnte in einem solchen Fall richtig sein? Ich habe keine Ahnung von Erster Hilfe bei ... Irrsinn?"

Katharina:
AM KAISERDAMM / in Hans Schlafzimmer

Irritiert blicke ich zu Herrn Hempel und brauche einen Augenblick, um seine Worte zu verstehen. Mein Blick wandert zwischen ihm und Hans hin und her. Was ist hier bloß in den letzten Minuten geschehen? Ich sehe vor meinem geistigen Auge noch immer dieses Monster, doch nun hat es plötzlich das Gesicht von Anton, während die Augen immer noch seltsam leuchten.

"Danke, Herr Hempel. Aber es scheint, die Gefahr ist gebannt. Wenn Sie uns dann bitte alleine lassen?" Meine Stimme klingt eine Spur gereizter als beabsichtigt, doch die Situation, halbnackt unter der Bettdecke gefangen, während mich alle anzustarren scheinen, wird mir zusehends unangenehm. Und gleichzeitig will das Bild von Herrn Hempel, der mich zu Boden ringt, nicht aus meinem Kopf verschwinden.

Joran:
AM KAISERDAMM / in Hans Schlafzimmer

Ich nicke wortlos, werfe noch einen verlegenen Blick auf Miri, die ihre Aufmerksamkeit jedoch alleine dem Wischlappen zu widmen scheint, als gäbe es nichts Interessanteres auf der Welt, dann wende ich mich zum Gehen und ziehe die Tür hinter mir zu.

Im Flur verharre ich einen Moment. Agathe hat deutlich gemacht, wo mein Platz NICHT ist. Der gereizte Unterton in Agathes Worten ist mir dabei nicht entgagen. "Macht sie mir jetzt Vorwürfe?" Obwohl an der Reaktion Agathes objektiv betrachtet nichts auszusetzen ist, bin ich ... enttäuscht? ... verletzt? ... Die deutlichen Worte stehen in einem verwirrenden Widerspruch zu der Gemeinsamkeit morbider Faszination und der fast noch gegenwärtigen körperliche Nähe. Der Moment der Verunsicherung vergeht rasch, als er von trotzigen Gefühlen verdrängt wird. "Hab' mir nichts vorzuwerfen ... hab' nur getan, was nötig war! Ob ich's gern gemacht hab oder nicht, geht keinen was an!"

Ich stelle mir vor, dass Miri meinen Abgang mit Schadenfreude verfolgt hat. "Wart's nur ab ..."

Zurück in meiner Kammer fällt mein Blick auf das zerknitterte Butterbrotspapier mit seinem ungewöhnlichen Inhalt auf meinem kleinen Tisch. Vergeblich versuche ich den Moment der Vertrautheit zurückzuholen. Dann seufze ich und trete vor den Spiegel, um die dringend nötige Rasur nachzuholen. Meine rauen Finger streichen über die Striemen auf meiner Wange. Meine Hand duftet ... vermutlich war Parfum an Agathes Handgelenken. Agathe Lohensteins Worte hallen in mir wieder. "Ist die Gefahr wirklich gebannt?", murmle ich zu mir selbst. Das Schicksal der Witwe Elfriede von Eisenstein kommt mir in den Sinn. "Ist es wirklich schon vorbei?"

Katharina:
AM KAISERDAMM / in Hans Schlafzimmer

Ich warte, bis Herr Hempel den Raum verlassen hat, dann lasse ich mich erschöpft in die Kissen sinken. Ich zögere kurz, atme einmal tief durch und streife die Bettdecke ab. Mein Blick fährt meinen Körper entlang. Ich erblicke Hämatome und Kratzer, aber jeweils zu harmlos, um zu diesem Monster zu passen. "Hans?", frage ich leise, während mein Blick zu meinem Gatten wandert. "Was ist da passiert? War da...war da ein Monster? Oder der Russe? Oder habe ich einfach nur geträumt? Bitte, ich mag alles wissen!"

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