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Kampfsysteme - Glücksspiel oder Taktik?

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(Hoffentlich anregende) Gedankenfragmente:


--- Zitat von: Eadee am  5.10.2018 | 09:11 ---Da dies bedeutet, dass moderne Schusswaffen in dem Setting vorhanden (aber in begrenzter Anzahl ohne Aussicht auf neue Munition) sind, sollte der Fernkampf ziemlich tödlich sein.

--- Ende Zitat ---

Fernkampf generell oder nur die modernen Waffen? ;)

Es gibt ja noch genug andere Fernkampfwaffen, mit denen man sich langfristig befassen kann/muss.


--- Zitat von: Eadee am  5.10.2018 | 09:11 ---Im Nahkampf soll ein Treffer auch schwere Folgen nach sich ziehen (oder gar Kampfentscheidend sein) weshalb man tunlichst vermeiden wird zu kämpfen wenn man nicht meint einen entscheidenden Vorteil zu haben.

--- Ende Zitat ---

Jeder Treffer oder "echte" Wirkungstreffer?
Im Rollenspiel wird nämlich recht oft unterschlagen, wie gut Rüstung funktioniert - das betrifft auch wieder die modernen Feuerwaffen, die sich über antike Rüstungen kaputt lachen. Genau da würde ich regelseitig ansetzen, weil das die geringsten Umstände macht. So kann die "antike" Technik in sich geschlossen sein und die Feuerwaffen kommen als Fremdkörper hinzu, der eben einen Teil der Gleichung ignoriert.
Da wären dann ingame-Auswirkung und spielmechanische Abbildung weitgehend deckungsgleich, was mMn selten verkehrt ist :)


Aber generell muss man eben schauen, über welchen Kontext man spricht (siehe unten).
Oft wird von militärischen Waffen, aber ziviler Schutzausstattung (sprich: so gut wie keine) sowie Volltreffern ausgegangen und davon die Tödlichkeit abgeleitet. Rüstungen sind dann ein lieblos nachgeschobener, meist zu klein geratender Faktor*.
Das ist ungefähr so, als würde ich den Sturmgewehrschützen, der unbewaffnete und ungepanzerte Zivilisten zusammenschießt, als Grundlage meines Kampfsystems hernehmen. Das wird dann offensichtlich zu tödlich.


*Problematisch ist dabei oft die Suche nach einem Weg, Rüstungen (sehr) nützlich, aber nicht übermächtig zu machen und sich trotzdem nicht in verschiedenen Schadensarten u.Ä. zu verrennen.
Da lohnt sich mMn der Blick zu abstrakten Ansätzen wie in Der Eine Ring.

Wenn man z.B. Rüstung als binäre Frage betrachtet (also: trägt man eine gegen die angreifende Waffe grundsätzlich geeignete Rüstung - ja/nein?) und darüber die maximalen (nicht aber die minimalen!) Auswirkungen eines Angriffs bewertet, hat man grundsätzlich eine einfache und funktionale Methode.
Geht freilich nur, wenn das System ausreichend abstrakt ist - mit Trefferzonen u.Ä. ist man schnell in einem Bereich, wo man das so nicht mehr machen kann.


--- Zitat von: Eadee am  5.10.2018 | 09:11 ---Da solche Vorteile nicht nur Überzahl sondern zB auch Moral, Vertrautheit mit der Umgebung und Positionierung in der Umgebung beinhalten bin ich fast gezwungen dazu narrative Elementen eine regeltechnische Auswirkung im Kampf zu geben.

--- Ende Zitat ---

Das sind ja nicht per se narrative Elemente - aber das ist eher eine Frage der Formulierung bzw. der Perspektive.
Sprich: Was gieße ich in "harte" oder vielmehr detaillierte Spielmechanik und was schmeiße ich in einen großen Trichter?

Man kann solche Dinge mit wenig Aufwand über eine Vor- und Nachteilsmechanik wie in D&D5 oder Mongoose Traveller 2nd abbilden. Bei Vorteil wirft man dann z.B. keinen einzelnen d20, sondern zwei und nimmt den besseren. Bei Nachteil umgekehrt.
Damit hat man vieles abgedeckt, ohne sich groß mit relativen Kleinigkeiten abgeben oder sehr schwammige Elemente spielmechanisch wirklich "greifbar" machen zu müssen.
Kernfrage ist da die Form der Aufrechnung - Traveller rechnet Vor- und Nachteile "echt" auf, während bei D&D5 beliebig viele Nachteile von einem einzelnen Vorteil aufgehoben werden und man dann normal würfelt (was ich nicht sehr intuitiv und auch sonst wenig gelungen finde).


--- Zitat von: Eadee am  5.10.2018 | 09:11 ---Grundsätzlich ist mir ein "glaubhaftes" (nicht realistisch, das wäre übertrieben, aber glaubhaft) Kampfsystem wichtig in dem üblicherweise nur eine Partei das Ziel hat den Feind zu besiegen während die andere eher das Ziel hat unbeschadet aus dem Kampf zu entkommen um zu einem späteren Zeitpunkt zu den eigenen (siegverheißenden) Konditionen den Kampf suchen kann.

--- Ende Zitat ---

Da muss ich die Frage nach dem ingame-Kontext stellen.

Wenn Kriege nicht im Fokus stehen, warum und unter welchen Umständen kämpft man dann i.d.R.?
Das betrifft vor Allem die Frage nach der zum Einsatz kommenden Ausrüstung - gibt es typische Abenteurer, die schwer gerüstet umherziehen? Oder sprechen wir da von einem eher bodenständigen Setting, in dem im Alltag niemand mit kriegsähnlicher Ausrüstung unterwegs ist?

Das macht schnell etwa den Unterschied aus, ob man über keine oder sehr leichte Rüstung spricht und sich mit Dolchen, Kurzschwertern, Knüppeln, Schleudern und Kurzbögen beharkt oder ob man in schwerer Rüstung mit Helm und großem Schild unterwegs ist und dem Gegner mit langen Speeren u.Ä. zu Leibe rückt.
Für letzteres gibt es eben kaum einen nachvollziehbaren zivilen Anlass - Monster u.Ä. mal außen vor, gegen die das ggf. sinnvoll wäre.


Andere relevante Fragen sind die verfügbare medizinische Versorgung und die "übliche" Zielsetzung der Beteiligten. Wird z.B. bei gewonnen Kämpfen bzw. erlangtem Vorteil in fiesester Form nachgetreten?

Wie wichtig ist den Kämpfern die eigene Unversehrtheit? Das ist spielmechanisch selten wirklich greifbar, aber stellt den größten Einzelposten, warum reale Kämpfe selten so brutale, kompromisslose Frontalzusammenstöße sind wie im Rollenspiel. An der Stelle ist Zufall bzw. Unwägbarkeit wieder schwer relevant: Man sollte eben selten ganz genau wissen können, was in der nächsten Runde passiert und sich daher gut überlegen müssen, ob man wirklich noch eine Runde geht oder es lieber beim herausgeholten Vorteil belässt und seine Ziele erreicht, ohne die Gegenseite total ausradieren zu wollen (das ist dann übrigens auch im Krieg wieder so und einer der Faktoren, warum das seinerzeit vergleichsweise unblutig war).

Eadee:
Das Setting nimmt den "Antiken" Technologiestand schon relativ ernst. D.h. außerhalb von Armeen der größeren Reiche sind Rüstungen quasi nur bei irgendwelchen Stammeskulturen zu finden. Im Alltag gibt es einfach keinen Grund für ein Mitglied eines Reiches eine Rüstung zu tragen.

Waffen (vA Speere, Wurfspeere) sind verbreitet und für die Jagd oder Verteidigung gegen wilde Tiere genutzt. Schwertklingen sind eher kurz und Seitenwaffen. Selbst militärische Rüstungen bedecken selten den gesamten Körper sondern schützen vor allem Kopf und Torso vor tödlichen Treffern.

Und ein Treffer mit dem Bogen ist meiner Einschätzung nach nicht weniger verheerend als ein Treffer mit einer Kugel, weshalb die Aussage "Fernkampf ist ziemlich tödlich" sich nicht auf Feuerwaffen beschränkt.

Der Spielfokus soll auf Mysterien, Geheimnissen und Intrigen liegen und Kampf ein notwendiges Übel sein aber nichts was man leichtfertig provoziert. Ich gehe davon aus, dass eine Durchschnittliche Spielrunde zwar ein, zwei begabten Kämpfer haben wird, aber nur selten in einer Position ist in der sie schwerbewaffnet und gerüstet durch die Städte eines Reiches ziehen kann (schon allein das freie Umherziehen könnte in manchen Kulturen Missmut bei der Obrigkeit erzeugen). Dabei dürfen die Charaktere gerne hohe Positionen erreichen, aber je höher ihr Status desto mehr sind sie eben mit Verplichtungen eingedeckt. So können sie in größerem Rahmen Einfluss auf die Spielwelt nehmen, opfern dafür aber etwas der Handlungsfreiheit ihrer Charaktere.

Ich habe so das Gefühl das ich mit dieser Beschreibung etwas off-topic wandere, vielleicht mache ich demnächst lieber ein neues Thema auf damit hier weitere Leute ihre Meinung zum idealen Kampfsystem kundtun können.

YY:

--- Zitat von: Eadee am  5.10.2018 | 15:32 ---Im Alltag gibt es einfach keinen Grund für ein Mitglied eines Reiches eine Rüstung zu tragen.

--- Ende Zitat ---

Joah - da ist die Frage, was man so vor hat und in welchen Kreisen man sich bewegt.
Über "zivile" Rüstungen analog zu heutigen Unterziehschutzwesten findet man so gut wie nichts. Die Vermutung liegt nahe, dass man da zumindest auf "dual use"-Kleidung zurück griff, sprich schwere Kleidung, die vielleicht nicht als Rüstung gedacht war, aber zumindest vor kleineren Waffen halbwegs Schutz bot.

Mit mehr Geld und Mitteln kann man sich da wieder einiges aus den Fingern saugen, aber das steht dann endgültig auf keiner verbrieften historischen Grundlage mehr und geht eher in Richtung "denkbar und nicht technisch unmöglich".


--- Zitat von: Eadee am  5.10.2018 | 15:32 ---Und ein Treffer mit dem Bogen ist meiner Einschätzung nach nicht weniger verheerend als ein Treffer mit einer Kugel, weshalb die Aussage "Fernkampf ist ziemlich tödlich" sich nicht auf Feuerwaffen beschränkt.

--- Ende Zitat ---

Das ist zumindest für Langwaffen entschieden falsch, auch abseits vom Thema Rüstung.
Kommt natürlich drauf an, wie sehr man überhaupt simulieren will, aber wenn man das in den selben Topf wirft, sind entweder die antiken Fernkampfwaffen viel zu gefährlich oder die modernen (Lang-)Waffen zu harmlos.

ArneBab:

--- Zitat von: Eadee am  5.10.2018 | 09:11 ---Da solche Vorteile nicht nur Überzahl sondern zB auch Moral, Vertrautheit mit der Umgebung und Positionierung in der Umgebung beinhalten bin ich fast gezwungen dazu narrative Elementen eine regeltechnische Auswirkung im Kampf zu geben.

--- Ende Zitat ---
Dazu ein Erfahrungswert: Oft reicht es hier schon, Beispiele und eine Spannbreite der Boni und Mali anzugeben. Z.B. "für Überlegene Moral einen Bonus von 1 (aufmunternder Rede) bis 6 (Beweise, dass die Feinde Kinder fressen zusammen mit uneingeschränktem Vertrauen in ein Wunder)".

Holycleric5:
Ich persönlich bevorzuge Charakterwerte und Würfelglück bei den Kämpfen.

Warum keine Taktik?
Andere Poster haben es bereits gesagt: Wenn ich mich rein auf Spielerentscheidungen im Kampf verlassen würde, könnte ich auch gleich Tabletop oder Schach spielen.

In einem guten Kampfsystem schätze ich, dass sich einerseits die Werte des Charakters im Kampf auswirken (Ein Magier ist meistens nicht so geschickt mit seinem Dolch wie ein Meuchelmörder), andererseits soll der Würfel eine gewisse Unberechenbarkeit in den Kampf bringen, damit Kämpfe nicht wie im Schachspiel nach Schema F ablaufen.

Warum Charakterwerte?
Auch Attribute und Fertigkeiten sollen sich auf den Kampf auswirken, z.B. auf die Trefferchance, den verursachten Schaden oder die Menge des Schadens, den man einstecken kann.
Anhand meiner Werte möchte ich sagen können: "Ich halte mich lieber aus den Kämpfen raus", "Ich stelle mich dem Ork im Nahkampf" oder "Ich bewege mich auf den feindlichen Bogenschützen zu und greife ihn mit meiner eigenen Fernkampfwaffe an." o.ä.


Auch die Werte der Ausrüstung sind für mich wichtig, wobei ich mit der Zeit gemerkt habe, dass ich dort einen etwas höheren Komplexitätsgrad bevorzuge.

1. Beispiel "niedrigerer" Komplexität:

Pathfinder
Waffen haben als einheitliche Grundwerte nur den Schadenswürfel, den Krit-Breich, den Krit-Multiplikator und die Schadensart. Einige Waffen haben noch Zusatzeigenschaften wie Reichweite und zu-Fall-bringen.

2. Beispiel "höherer" Komplexität:

Warhammer 4
Waffen haben als einheitliche Grundwerte Schaden, Spezialeffekte (wie z.B. "Verringerter Schaden gegen Rüstungsträger" oder "Mehr Möglichkeiten auf kritische Treffer") und die Reichweite, die es in mehreren Abstufungen von "Personal" (Faustkampf) bis "Massive" (Pike) gibt.
Neben dem verursachten Schaden ist es also auch wichtig zu schauen, ob man nicht vielleicht eine Waffe mit Reichweite verwendet, um die Attacken des Gegners zu erschweren oder sogar "hinter" einem Verbündeten stehend zuzuschlagen.

Warum Würfelglück:
Wie oben schon erwähnt, möchte ich kein "Schachspiel". Und in Verbindung mit variablen kritischen Treffern und verschiedenen Trefferzonen fühlen sich die Kämpfe realistischer an. Die getroffenen Zonen sind nicht nur reine Erzählung (wie z.B. in Pathfinder), sondern haben auch noch unterschiedliche Krit-Wirkungen.
(Beispiel für Kritische Treffer aus Warhammer 4:
- Körpertreffer "Stunned 1, halbe Bewegung für 1W10 Runden. Zusätzlich: Endurance-Probe oder Zustand liegend"
- Beintreffer "Prone, Bleeding 2, Broken Bone (Minor). Zusätzlich: Endurance-Probe oder Stunned 1")

Und auch wenn einige Charakterklassen Wertetechnisch "schlechter" im Kampf sind, können sie so trotzdem mal einen "Glückstreffer" landen.

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