Pen & Paper - Rollenspiel > Pen & Paper - Rollenspiel- & Weltenbau

Systemsuche: Übernatürliche Ermittler im 19. Jahrhundert

<< < (7/8) > >>

Oberkampf:
Für "simulationistisches Spiel" ist Midgard 1880 eine recht sichere Bank, glaube ich. Allerdings haben Spielercharaktere da (wenn ich mich richtig erinnere) wenig bis keine eigenen Kräfte oder Zauberfähigkeiten. Es gibt zwar mediales Talent als Attribut, aber kaum konkrete Ausprägungen. Wenn nächstes Jahr ein Band für Übernatürliches herauskommen soll, kann das bei Midgard leider auch bedeuten, dass der Band erst 2020, 2025 oder 2070 erscheint, so ein Midgardjahr ist lang.

Savage Worlds ist auf jeden Fall ein Kandidat. Inwieweit es die "simulationistisch" genug ist, aknn ich nicht beurteilen, aber pulpig und actionreich funktioniert damit. An vorhandenen Savage Settings kann man auf Rippers, Deadlands Reloaded oder sogar Solomon Kane zurückgreifen (obwohl das zeitlich sehr viel früher angesiedelt ist).

Wenn der Schwerpunkt auf Ermittlungen liegt, würde ich persönlich ein GUMSHOE-System in Erwägung ziehen. Zu Ermittlungsabenteuern gibts ja verschiedene Schulen, von "die Spieler müssen jede Handlung genau beschreiben, finden Hinweise nur dann, wenn sie explizit den Ort ihrer Suche benennen und müssen die vom Meister ersonnenen, kryptischen Hinweise korrekt nach Vorbild des englischen Kriminalromans kombinieren" bis hin zu "die Spieler denken sich im Verlauf des Abenteuers gemeinsam den Tathergang und die Motive aus und nutzen dabei Metaregeln". GUMSHOE bleibt eher auf der klassischen seite, sorgt aber durch seine Regeln dafür, dass Spielercharaktere garantiert ihre Hinweise erhalten und jeder Spieler/Charakter etwas zur Lösung beitragen kann. Mit Nights Black Agents hat man sogar eine relativ actionreiche Variante von GUMSHOE, mit Mutant City Blues Regeln für Superkräfte.

Das TORG-Setting (klassisch und eternity) hat übrigens einen Kosmos (ein Untersetting), der in einem viktorianischen Horrorland (britisches Kolonialgebiet) angesiedelt ist. TORG fällt vielleicht nicht unter Simulationismus, aber das alte Quellenbuch hatte einen interessanten Mechanismus, um Monsterjagd unter Horrorbedingungen spielmechanisch zu unterstützen: Die Gruppe hat einen Durchhaltewert, den sie bei jeder Konfrontation mit dem Übernatürlichen gegen die Horrorstufe des Abenteuers (abhängig vom Hauptgegner) würfeln. Wenn die Probe versagt, erleiden sie mehr oder minder massive Kampfnachteile (abhängig von der Stärke des aktuellen Gegners in der Szene). Je mehr die Gruppe über den Hauptdrahtzieher herausfindet, je mehr sie seine Schwächen kennt, desto höher wird ihr Durchhaltewert. Außerdem kann jeder Hauptgegner nur einen ganz spezifischen "Endgültigen Tod" sterben, den die Gruppe ermitteln muss.

Camouflage:
Ok, ich sollte das mit dem "simulationistisch" mal klarstellen.

Der Vermerk kommt daher, dass ich ja meine Pappenheimer kenne und genau weiß, dass auf die Frage "Mit welchem System kann ich Szenario xyz bespielen" hier die Antwort IMMER "Nimm Fate" lautet. Meine Frage zielte darauf ab, dass ich wissen wollte, ob es ein... crunchigeres System gibt, das die gesetzten regelrelevanten Parameter abdeckt (Techlevel 19. Jh, Charaktere mit optionalen übernatürlichen Fähigkeiten, die in ihrer Natur ein breites Spektrum abdecken können, Opposition kann alles abdecken von klassischem Wild-West-Outlaw über Voodoo-Priester, Zombiehorden, Vampire, Dämonen, Eldritch Horros bis hin zu "wie sorgen wir dafür, daß der schlafende Gott XYZ nicht aufwacht und uns alle auffrisst?").

Ich habe Fate noch nie gespielt, ich kenne PtbA und Savage Worlds auch nur soweit, dass ich Quellenbücher gelesen habe, die auf den Systemen basieren - nur halt eher wegen des Hintergrunds als wegen der Regeln. Ich weiss, daß ich mir bei Systemen, die die "logistischen" Details des Charakterlebens konsequent weghandwedeln, tendentiell immer ein bißchen verarscht vorkomme.

Ich gehöre halt zu den Leuten, die versuchen auf der Basis der Regeln die Funktionsweise der Welt zu verstehen, um mit dem Wissen dann im McGyver-Stil kreativ zu werden. Das resultiert darin, daß bei mir der "Charakterbogen" dann auch mal in eine 15-seitige Exceltabelle mit endlos detaillierten Ausrüstungslisten (bis hin zu wieviele Nadeln und Ahlen beim Flickzeug dabei sind und aus welchem Material sie bestehen) ausartet und ich eine genaue Buchführung habe, was mein Charakter wann zwischen den Abenteuern gemacht hat (ok, das war mein Shadowrun Decker/Rigger bei dem ich tracken mußte, wieviel Zeit er hat seine Ausrüstung selber zu bauen, zu reparieren und zu modifizieren). Das mache ich aber in erster Linie für mich, ich verlange nicht, daß alle anderen das genauso handhaben und gebe mir normalerweise Mühe, den Rest damit nicht zu nerven. Normalerweise waren die SL dann oft überrascht, daß ich die ganzen Details dann durchaus plot-relevant kreativ nutzen kann -  ist im Prinzip nicht anders als wenn man sich per Player-Empowerment ein notwendiges Detail für eine coole Aktion herbeibeschreibt, nur dass ich nicht sonderlich spontan bin und deshalb lieber in meiner Charakterausgestaltung möglichst viele Ansätze für Aktionen in Form abstrus spezifischer Details vorbereite.

Ich hab aber auch schon Engel mit dem Arkana-System gespielt*, und großen Spaß damit gehabt, aber spätestens wenn ich als Spielleiter eine Kampagne plane, dann brauch ich was handfesteres, zumal ich grade bei Eigenbau-Kampagnen einen sehr sandkastigen Ansatz verfolge.

Das ist übrigens auch der Hintergrund, warum ich die Pinkerton-Agentur gewählt habe:
- sie existiert wirklich, d.h. man findet da Infos über Aufbau, MO, Personen, etc.
- sie hat in der anvisierten Zeit tatsächlich polizeiliche Aufgaben übernommen (für die es eben damals bei der Polizei noch keine eigenen Abteilungen gab)
- sie ist eben keine Behörde mit den entsprechenden offiziellen Befugnissen dahinter, es bleibt also das Kopfgeldjäger-/Regulator-Flair mit den ganzen damit verbundenen Konflikten
- es passt auch der anvisierte MO, bei dem die Agenten im Feld große Freiheit haben, wie sie ihre Aufträge angehen und Eigeninitiative erwartet und gefördert wird (ist eines meiner Hauptprobleme mit Organisationen in Rollenspielen, denen die SC angehören: Die meisten sind eigentlich streng reglementiert und hierarchisch organisiert, so dass es eigentlich keinen Freiraum für eigene Entscheidungen der SC gibt, es sei denn sie sind Abtrünnige oder nach einem Zwischenfall von der Organisation getrennt)

Grimtooth's Little Sister:
Also ich würde da fast zu d20 Past oder nahe dran tendieren. Hausregeln sind dafür schnell gemacht.                                       

Skeeve:

--- Zitat von: Camouflage am  1.11.2018 | 10:32 ---Ich weiss, daß ich mir bei Systemen, die die "logistischen" Details des Charakterlebens konsequent weghandwedeln, tendentiell immer ein bißchen verarscht vorkomme.

--- Ende Zitat ---
Ja, das könnte wohl Probleme mit SavageWorlds geben. Bei den Details geht es nicht besonders in die detailierte Tiefe. Hast du bei der entsprechenden Probe Flickzeug dabei, dann gibt es einen Bonus auf den Proben-Wurf, wenn nicht, dann nicht. Ob da nun Nadeln und Ahlen dabei sind oder nicht ist für die Probe erst mal egal. Das Material ebenso.
So weit nach den grundsätzlichen Regeln. Kann man natürlich in der eigenen Spielrunde differenzierter betrachten.

Vielleicht ist das vorgeschlagene Handling von Munition bei NSC-Verbündeten ein brauchbares Beispiel:
Die Munitionsstufe jeder Gruppe beginnt bei Sehr Hoch (außergewöhnlich viel Munition verfügbar), Hoch (die übliche Stufe), Niedrig oder Leer. Nach jedem Kampf sinkt die Munitionsstufe der gesamten Verbündetengruppe um eine Stufe (es sei denn, der Spielleiter ist der Meinung, dass die Verbündeten in dieser Begegnung nicht viel Munition verbraucht haben). Und zufallsgesteuert kann  auch während des Kampfes die Munitionsstufe in einer Kampfrunde um eine Stufe sinken. Passiert theoretisch selten.
Bei den Spielercharakteren sieht es natürlich anders aus, da zählt jede Patrone.

Andererseits macht es bei entsprechenden Gegnern schon einen Unterschied ob man denen gerade magischen Schaden, eine Silberkugel (oder eine silberen Waffe) oder Koblauch rein würgt.
Gegen das eine oder andere sind sie möglicherweise immun oder können es schwerer heilen...

Kurna:

--- Zitat von: Destroy all Monsters am  1.11.2018 | 09:52 ---Für "simulationistisches Spiel" ist Midgard 1880 eine recht sichere Bank, glaube ich. Allerdings haben Spielercharaktere da (wenn ich mich richtig erinnere) wenig bis keine eigenen Kräfte oder Zauberfähigkeiten. Es gibt zwar mediales Talent als Attribut, aber kaum konkrete Ausprägungen. Wenn nächstes Jahr ein Band für Übernatürliches herauskommen soll, kann das bei Midgard leider auch bedeuten, dass der Band erst 2020, 2025 oder 2070 erscheint, so ein Midgardjahr ist lang.

[...]

--- Ende Zitat ---

Midgard 1880 ist nicht klassisch Midgard. Deswegen wäre ich mit dem Erscheinungstermin nicht so pessimistisch. Der Text des Buchs zum Übernatürlichen ist praktisch schon fertig und wird derzeit in Testrunden ausprobiert (bis März, wimre). Und er gibt optionale Regeln, wie man die Fertigkeiten der Charaktere um Zauberartiges erweitern kann.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln