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[Film] Joker (2019)

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BBB:
Ich würde es vielleicht so interpretieren, dass der Sieg ein Hinweis darauf ist, dass Joker kein Popcorn-Effekte-Kino ist.
Und genau das macht den Film für mich ja interessant.

Ob er Mainstream ist oder nicht, wird man sehen...

Lyonesse:
Für das Budget ist das selbstverständlich ein Mainstream-Film, was denn sonst?
Hier wird eine mögliche Herkunftsgeschichte eines der beliebtesten Comicschurken
hergeleitet, der ein Außenseiter ist. Und dieses arme Würstchen setzt sich irgendwann
zur Wehr. Hat schon in Taxi Driver wunderbar funktioniert, warum also nicht beim Joker?

Außerdem trifft der Film offenbar den Zeitgeist und löst idiotische (weil nicht zielführende)
Diskussionen über mögliche Nachahmungstäter aus.
Tja, wenn diese vermeintliche Gefahr besteht, dann fragt euch* mal wo diese abgehängten
Gestalten alle herkommen bzw. wer die produziert, vor denen man mal wieder ganz viel Angst
haben soll?

*hier meine ich hysterische Reviewer aus dem Netz und anderen Medien

Lyonesse:
Gelungenes, wenn auch überzeichnetes Sozialdrama mit Fingerzeigen in
Richtung Taxi Driver und The King of Comedy. Mit subtiler Psychologie hält sich
der Film nicht auf, allerdings wird in der harschen Umwelt von Gotham schnell
klar, wie Arthur in eine Spirale der Gewalt gerät. Die Szene in der U-Bahn gemahnt
an die verquere Plausibilität des späten Charlton Heston und seiner NRA.
Insgesamt gute, wenn auch bestimmt keine leichte Unterhaltung, und Joaquin
Phoenix spielt einfach herausragend. Auch die notwendige Verwebung mit dem
Batman-Mythos erfolgt äußerst geschickt.
Am Ende erleben wir so etwas wie die Geburt des Jokers, wobei dieser Mann
dennoch noch weit entfernt ist vom klassischen Clown Prince of Crime, was
Planung und Genialität anbelangt.
Das ist jedoch nicht weiter tragisch, weil Arthur noch mindestens 15 Jahre Zeit
hat, um in diese Rolle wirklich hinein zu wachsen.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Thomas Wayne als konservativer Reagan-Ära-Charakter, der sich angeblich um die
Armen kümmern will, aber nicht mal in einem konkreten Fall, der ihm vor Augen
geführt wird, Hilfe leistet, hat mir gefallen. Wayne ist vom alten Schlag, schwelgt
in der Nostalgie der Stummfilme und langt auch mal hin, wenn ihn was stört.
Das er mit seinem Clown-Kommentar die halbe Stadt in Aufruhr versetzt, war ihm
sicher nicht klar, aber die Einstellung passt natürlich zur politischen Agenda.
Klingt härter als ich es meine, aber es war passend, Wayne nicht als sonderlichen
Sympathieträger zu sehen.
8.5/10

Jiba:
In vielerlei Hinsicht stimme ich Lyonesse zu. Allerdings hat mir im Film so ein wenig der Twist gefehlt, wahrscheinlich das, was Lyonesse hier als "subtile Psychologie" beschreibt. Ich konnte den Film zu großen Teilen vorhersehen und die Elemente, die so zur Radikalisierung des Jokers führen, gehören zum kleinen 1x1 fast jeder beliebigen Superschurken-Origin-Story...

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)- Missbrauch als Kind
- Flaute im Liebesleben
- Ablehnung durch die Gesellschaft
- Krankheit
- Vernachlässigung durch die Institutionen
- Arbeitslosigkeit
- Armut
- Probleme, sich mitzuteilen
- Abwesende Vaterfigur
Nicht falsch verstehen: Alle diese Dinge sind für sich genommen schon schlimm und spannen natürlich den Bogen zu realer Radikalisierung in der heutigen Zeit, aber sie sind eben auch so grundlegend, dass man da keine großen Aha-Effekte vom "Joker"-Film erwarten darf. Da ist tatsächlich wenig Substanz unter der Oberfläche. Und ich bin der Ansicht, das Ende war zu lang...

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Joker sitzt im Polizeiauto, sieht die Welt brennen, sagt "Ist es nicht wunderbar.", dann Schnitt ins Asylum, lachender Joker, "Ach den Witz würden sie doch nicht verstehen." und Fade to Black – damit wäre auch alles gesagt gewesen, der Schluss wäre nochmal arg gestrafft und er wäre auch ärmer an Pathos. Naja.
Die Oberfläche ist zweifelsohne ein Hingucker: Todd Phillips hat sich einfach mal die gelbe Lichtstimmung von David Fincher ausgeborgt (umso mehr frage ich mich, wie das wohl als ein echter Fincher-Film gewesen wäre) und sein Gotham ist, wie es sich für die Stadt gehört, richtig schön unmenschlich-anonym.

Der Soundtrack war mir an einigen Stellen zu plakativ traurig, mit viel Gefiedel im Hintergrund... aber sonst bin ich jetzt nicht unzufrieden mit dem Kinobesuch, im Gegenteil.

Mir ist bei dieser Gelegenheit übrigens nochmal bewusst geworden, wie sehr Superhelden-Stories doch die Mythen unserer Zeit geworden sind: Im Sinne von "Jeder Erzähler erzählt sie anders, aber bestimmte Elemente lassen sich nicht entfernen". Die ikonische Szene des Überfalls auf die Wayne-Familie nach dem Theater unterscheidet sich in so ziemlich allen Interpretationen nur in den Details. Es ist quasi die Axis-Mundi der Batman-Geschichte.  :)

Würde trotzdem für den "Joker" nochmals 1 Punkt von Lynonesses Wertung abziehen.

Tegres:
Wenn ihr nur einen Film dieses Jahr schauen wollt, dann schaut bitte "Joker".

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