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[DSA1] rillenmannis Klassiker-Orgien: Hexennacht Reloaded
rillenmanni:
Teil 1: Der Rahmen, die Spielers, das Heldenvolk
Am ersten Maiwochenende war es so weit: Ich hatte mir zum Ziel gesetzt, auf dem traditionellen Römer&Falkenhagen-EinladungsCon - auf dem DSA in welcher Edition auch immer eigtl gar nicht mehr gespielt wird - meine im Asboraner Klassiker-Disput zum frühen DSA2-Abenteuer Hexennacht angelegten Ideen auszuarbeiten und zu leiten. (Hier auch eine Beklopptes-Zufallstabelle aus einem Tanelorn-Massenhirnsturm, die gefälligst zu verwenden war.) Und nun musste ich was zeigen! Blechpirat ist mein Zeuge, dass ich ganz schön Bammel hatte, ob die Runde überhaupt zustande käme. (Da bin ich schon ein gebranntes Kind.) Denn meinem Abenteuer haftete ein doppelter Makel an: Erstens war das System "DSA", was für viele ein No Go ist; zweitens war das System "DSA1", was für viele DSAler ein No Go ist (Kein Metaplot! Falscher Hintergrund! Kein Barbie-Spiel! Merkwürdige Abenteuer!).
Aber man glaubt es kaum, es wurde ein volles Haus! 6 Spielers hatte ich! Darunter auch einige Legenden des Tanelorn! Vom Spielleiter aus einmal von links nach rechts um den Tisch herum:
1. Udo alias Schorsch: freundlicher Krieger, der einst seinen Intellekt liegen ließ.
2. Bürger Dirk Remmecke, auch bekannt als Großer Alter des Rollotums, alias Vyrtas Güldenblatt: Elf mit brutalem Bannbaladin.
3. Bürger Teerabe alias Rumburak: Akademie-Zauberer, der schreiben und zeichnen kann.
4. Sven alias Reinhardt: Krieger mit einer unentdeckten Hexenaffinität.
5. Moni alias Rondria: Kriegerin mit großem Herz in ihrer zweiten rillenmanni-DSA1-Experience.
6. Bürger Silent Pat alias Kevin Doppelkorn: Zwerg mit alternativer Nahrungsquelle Met.
Und ja, so ist DSA1: Ganz wie bei OSR üblich entwickeln sich die Details zur Person erst im Spiel.
Die Helden wurden bis auf Rondria (Stufe 3) allesamt vor Ort erwürfelt, und mit Dirks Segen durfte ich einen Weichspülermodus fahren, um keine weinenden Spieler zu riskieren: Die 5 Eigenschaften mussten nicht in Reihenfolge gewürfelt, sondern konnten im Nachhinein verteilt werden. Dann wurden flugs Steigerungen nach Stufe 5 vorgenommen. Dadurch wurde aus dem Abenteurer Reinhardt schließlich der Krieger Reinhardt, ready for witchcraft.
Die Spreu hatte sich vor dem Spiel vom Weizen getrennt: Für niemanden am Tisch waren die gar nicht "stimmungsvollen" Heldennamen, die bereits andeuteten, wohin das im Spiel führen könnte, ein Problem. Dafür hatte ich im Nachhinein von einem anderen Anwesenden (den ich sehr schätze und bei dem ich gern Splittermond und Numenera spiele) vermeldet bekommen, dass er im Moment der Namensvergabe den Tisch verlassen hätte.
Und ja, in der Tat, was da in den nächsten Stunden - wir spielten von 14 Uhr bis 02:30 bei guten 11 Stunden Netto-Spielzeit* - abgefackelt wurde, mag viele "ernsthafte" Spieler das Fürchten lehren. Es war eine ziemlliche Gaudi.
*Ich seh' dich an, Tanelorn-Treffen! Blechpirat hat mir gesteckt, dass solche ausgedehnten Runden niemals nie auf dem Großen stattfänden. Pah! Ihr Weichspüler! :)
Teil 2, die DSA1-Präambel, folgt in aller Kürze. In Teil 3 skizziere ich Überarbeitung des Abenteuers, die sich aus den Gedanken aus Teil 2 ergibt. Ab Teil 4 geht es dann in medias res.
Blechpirat:
"We will ride eternal, shiny and chrome!"
Ja, das kann ich bezeugen. Aber in aller Fairness musste ich länger darum bangen, dass meine Heavy Metal Thunder Mouse-Runde voll wird, als du!
rillenmanni:
--- Zitat von: Blechpirat am 11.05.2019 | 11:54 ---"We will ride eternal, shiny and chrome!"
Ja, das kann ich bezeugen. Aber in aller Fairness musste ich länger darum bangen, dass meine Heavy Metal Thunder Mouse-Runde voll wird, als du!
--- Ende Zitat ---
Ja, das stimmt, du Armer! Und dann hattest Du auch noch jemanden mit Fate-Abneigung am Tisch!
"Mutter der Porzellan-Spieler" - bekloppt! :)
rillenmanni:
Teil 2: DSA1-Präambel
Ja, "Präambel" hat was Feierliches. Und tatsächlich finde ich, dass man eine DSA1-Runde auch feierlich angehen darf. Denn es mag schon ein besonderes Erlebnis sein, besonders für diejenigen, welche DSA1 früher gar nicht mitbekommen haben. Auf jeden Fall ist es wichtig, potentielle Spieler vorzubereiten, weil man andernfalls, sobald der Vorhang geöffnet wurde, für bekloppt, einen schlechten Rollenspieler oder sonstwie verloren erachtet wird. Nun ja, Information schützt auch nicht, aber immerhin kann man damit dann sagen, dass man gewarnt habe.
Ich bin ja ein 85er-DSAler und ein OSR-Freund. Und ich hege schon seit einiger Zeit den Gedanken, das DSA-OSR zu entschlüsseln. Das ist durchaus ein Experiment, und ich möchte jetzt und hier nicht in die Tiefe gehen. Aber sicherlich es ist nicht damit getan, DSA1-Abenteuer by the book zu spielen. Abenteuer dürfen verändert werden, um bewusst Akzente zu setzen, sollten auch verändert werden, wo immer sie schon nach damaligen ganz banalen Kriterien misslungen waren. Und auf die Einstellung kommt es feilich an.
Wie sehr das in die Hose gehen kann, wenn falsch angegangen, zeigt mE die Negativ-Werbung für DSA1 bei den Let's Plays von Orkenspalter-TV, wo ein SL, der alles über Gebühr ironisiert und 1:1 vom Blatt spielt, flankiert wird von einem Miesepeter und einer Miesepetra, die ja im Kontext der nach heutigem Allgemeinbefinden kruden Art von Abenteuer und des "Jugendstils" des SLs bewusst schlechte Stimmung verbreiten. (Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber den dritten oder vierten Mitspieler bemerke ich kaum, weil die fortwährend praktizierte Distanzierung von dem, was man da spielt, alles andere überlagert.)
Bei den frühen DSA-Abenteuern, welches für mich die Abenteuer von DSA1 und des frühen DSA2 sind, stehen mE folgende Elemente für den besonderen, abzuleitenden Spielcharakter jener DSA-Zeit:
1. Eine Vermischung der Genres oder der Zeiten/Epochen, die nach heutigem Verständnis oft schlicht als inkonsistent wahrgenommen wird.
2. Ein nach heutigen Maßstäben recht hoher "Weirdness"-Faktor, der von Punkt 1 noch einmal zu unterscheiden ist. Mitten rein werden einzelne Elemente gestellt, bei denen einem heutzutage die Ohren schlackern, wenn man nicht gerade an Lamentations of the Flame Princess gewöhnt ist, das ja mit dem Etikett "weird" wirbt, oder an Systeme, die bewusst mit dem Surrealem kokettieren (Itras By?). Ein wahrscheinlich bei vielen SLs in spe einsetzender Impuls beim Lesen ist die geistige Notiz "das muss unbedingt geändert werden!". Wichtig festzuhalten ist, dass diese Weirdness-Elemente nur bedingt gefährlich sind. Ich werde dazu unten ein Beispiel aus dem aktuellen Abenteuer geben.
3. Märchenhafte oder düstere Elemente, zumindest abseits von Stadt- bzw. ausgewiesenen Intrigenabenteuern.
4. Als Konsequenz auf die Unbestimmtheit des rudimentären Regelwerks wird gar nicht erst groß versucht, für alles eine regeltechnische Erklärung zu geben. Dinge werden einfach gesetzt und funktionieren, "weil".
5. Dinge sind zum Ausprobieren da. Ob es nun stets sinnvoll ist oder nicht. Wenn ein Element/Ding platziert wird, dann benutze es! Nur der neugierige Spieler erhöht den Spielspaß (der Gruppe). Selten wird dabei auch nachgeholfen, damit auch die langweiligsten Spieler das erkennen, indem zB Zettel an dem Ding hängen. Beispiel: "Reize mich nicht!", was trotz der Verneinung eine klare Aufforderung (inkl Warnung) an den Spieler ist, den Zettelträger doch bitte zu reizen.
6. Ein mehr oder weniger stark ausgeprägter Herausforderungscharakter, der aber oftmals entschärft oder anderweitig unterlaufen wurde. (Das wurmt mich manchmal.)
7. Eine bereits festzustellende, aber nur in manchen Abenteuern voll ausgeprägte Tendenz zu geskriptetem Spiel und Abenteuerlenkung. (Das wurmt mich dann.) Das ist aber wirklich von Abenteuer zu Abenteuer unterschiedlich, weil abhängig vom Abenteuerdesigner. Exkurs: Da gibt es zB meinen ganz persönlichen Held jener Tage: Reinhold H. Mai. Er kam wohl eigtl aus der Battletech-Ecke und gehörte im alten Erkrather FanPro-Laden zum Inventar (Kunde mit Wohnsitz im Laden). Er schrieb dann auch DSA-Abenteuer, drei insgesamt, nach seinem ganz eigenen Spielverständnis: Da ist ein Problem, so gestalten sich die Beziehungen und Umweltfaktoren, und jetzt los! Ich wage abschließend noch ein bisschen Verschwörungstheorie: Dass trotz dieser Herangehensweise dramaturgische Wände und doppelte Netze eingezogen wurden, liegt mE daran, dass die Abenteuer am Schluss von Uli Kiesow überarbeitet wurden.
Weirdness
Wie oben angekündigt nun eines von mindestens zwei Paradebeispielen für Weirdness im Abenteuer "Hexennacht":
In einem als Wiese unter freiem Himmel gestalteten Raum steht ein 2 Meter hohes, perfekt gestaltetes Emaille-Ei, dessen obere zwei Drittel man über einen versteckten Mechanismus heben und senken kann. Die böse Hexe Achaz, deren Wirken es zu neutralisieren gilt, hat im Ei ihre Bettstatt. Sie kompensiert damit psychologisch den für sie nicht hinnehmbaren Umstand, nicht wie einige ganz wenige gesegnete Hexen Aventuriens "eigeboren" zu sein, also aus einem Ei geschlüpft und unsterblich.
Da nun das restliche Hexenhaus halbwegs "normal" ist - immer unter Berücksichtigung des oben in Punkt 1 genannten Umstands - ist dieses mittenrein so nüchtern präsentierte Ding ein Fanal für alle Weirdness-Sucher dieser Welt. Entsprechend fiel gegen 1 Uhr morgens bei meinen hellwachen Spielern (-1 :) ) auch die Reaktion aus. Spieler Udo proklamierte: "Jetzt ist es amtlich. Ich habe alles erlebt, was man im Rollenspiel erleben kann!"
Wir spielen allerdings DSA, nicht Lamentations of the Flame Princess. Tatsächlich macht dieses Ei nichts weiter, was zugegebenermaßen ein wenig lahm ist. Es ist einfach nur da und kann einigermaßen ungemütlich beschlafen werden. Denkbar wäre natürlich eine irgendwie geartete magische Wirkung, die nicht aus den vorhandenen Regeln abgeleitet werden müsste. Vielleicht wirklich eine Verjüngung bei regelmäßiger Verwendung. Oder dass die nur bei der Besitzerin oder nur bei einer Hexe wirkt. Oder dass eine Wirkung da ist, die bei übermäßigen Gebrauch Nachteile einbringt. Tja, und was würde dieses Ei bei Lamentations mit einem mutigen Abenteurer machen? Ganz klar: Wenn der Abenteurer das Ei zum ersten Mal "benutzt", verjüngt er sich um zwei Jahre oder erhält Vorteile durch Attraktivität. Wenn er das Ei zum zweiten Mal benutzt, verwandelt er sich unvermittelt in ein Huhn. (Und zwar genau in ein solches Huhn!) (Und wenn die Abenteurer es schaffen, das Ei abzumontieren, um es in einer Stadt zu verkloppen, gibt es mächtig viele XP.)
In Teil 3 geht es bald weiter mit den Folgen der mit dieser Präambel vorgstellten Ideen fürs Abenteuer. Und dann aber, nach dem ganzen Meta, gibt es den Spielbericht in Teil 4! :)
Blechpirat:
--- Zitat von: rillenmanni am 11.05.2019 | 12:20 ---Ja, das stimmt, du Armer! Und dann hattest Du auch noch jemanden mit Fate-Abneigung am Tisch!
"Mutter der Porzellan-Spieler" - bekloppt! :)
--- Ende Zitat ---
Ja, der arme Anton Weste: Er wusste nicht was er tat, als er sich an meinen :wf: :wf: :wf: :wf: Tisch setzte. Er tat mir wirklich leid, ich habe es deshalb sehr kurz gehalten.
Für jemanden, der sich nicht auf das Treffen traut, hast du wirklich einen hohen Titeldurchsatz :)
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