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Leitlinien für den Weltenbau

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Fasuhl:

--- Zitat von: snoopie am  7.06.2019 | 20:57 ---Im Zusammenhang mit "Weltenbau" (was meistens bedeutet: Jemand mit viel Freizeit und keiner Rollenspielgruppe bastelt an seiner eigenen kleinen Welt) den Namen "Aventurien" (jahrzehntelang mithilfe von Tausenden Leuten gewachsen) als Beispiel zu bringen, ist schon krass.
Da hat man schon gar keine Lust mehr, die weiteren Ergüsse zu lesen, weil sich das schon selbst disqualifiziert.

--- Ende Zitat ---

Hat man nach so einem "freundlichen und Wertschätzenden" Kommentar noch wirklich Lust sich einem Diskurs zu stellen? las ich mal unbeantwortet.

Also Leitlinien sind heute in Jeder Firma, Universität präsent. Es ist nochmal eine Hilfe für die Arbeit, in dem Fall für das schaffen einer Welt, damit man den Faden nicht verliert. Ich persönlich finde es nicht schlecht nachdem man eine Seite geschrieben hat, diese nochmal aus der perspektive der Leitlinien zu betrachten. Zudem schreibe ich schon seit Jahren mehr oder weniger an der Welt, es sollte eben einen roten Faden haben.

Feuersänger:
Fasuhl, du musst dich da gar nicht rechtfertigen.
Selbstverständlich ist Aventurien ebenso ein Beispiel für Weltenbau wie alle anderen kommerziellen Settings. Eben eines, das bestimmte Extreme zelebriert: maximaler Detailgrad auf minimalster itzebitzetitzeklitzekleiner Fläche. Bzw war ja zuerst die Bierfilzchen-Größe gesetzt, und das hat naturgemäß verhindert, dass das Setting in die Breite wachsen kann, also blieb für die kommerzielle Verwertung der folgenden Jahrzehnte eben nur die Möglichkeit, jede noch so irrelevante Tiefe (Schamhaare? Echt?) aufs letzte Iota auszuloten.

Auch sonst ist Aventurien nach meinem Dafürhalten eher ein Beispiel, wie man's nicht macht. Durch die winzige Fläche ergeben sich zahlreiche Paradoxa -- wie eine als "gefährlich und lebensfeindlich" beschriebene Wüste, die aber eben aus Platzmangel so winzig ist, dass man von jedem beliebigen Punkt aus den Rand sieht, sich also gar nicht darin verirren kann. Oder die etlichen unterschiedlichen Epochen, die da auf engsten Raum nebeneinander gepfercht werden. Oder dass die Halbinsel zusätzlich zu ihrer Winzigkeit quasi vollständig entvölkert ist, und selbst das mächtigste Reich in seinem Goldenen Zeitalter etwa die Bevölkerungsdichte von Lappland aufweist. Und was dergleichen Ungereimtheiten mehr sind.

Daraus kann man natürlich für sein eigenes Setting viele Lehren ziehen. Für mich ist etwa innere Konsistenz sehr wichtig. Also eben zum Beispiel was die vorgenannten Punkte Größe, Kulturvielfalt und Bevölkerung angeht. Dazu versuche ich, von historischen Werten auszugehen und das dann mit den Setting-Eigenheiten (z.B. Einfluss von Magie) abzugleichen.
-

unicum:
Schau mal ob du im Netz dazu schon findest.

Es gibt da einiges was man unter "fantasy world building" finden kann - manches ist eher für die schriftstellerische Seite gedacht aber da kann man sicher auch das ein oder andere davon verwenden.

Ansonsten waren meine Ansätze entwerde von innen nach aussen - also ich fange mit dem kleinen Dorf an wo die Spielfiguren starten und mache mir über das andere Gedanken wenn es wichtig ist - das erfordert eher spontaität geht aber schnell (und ich denke darüber bist Du schon hinaus), oder ich denke wie die Welt entstanden ist und arbeite von aussen nach innen. Ich komme dann auch immer zu dem Punkt wo ich etwas Historie brauche, einen Götterphantheon (oder eben eine erklärung warum die Spieler keine Priester spielen können),...

Bei meinem derzeitigen Weltenbauprojekt brauche ich auch noch eine neue Physik (oder eben "merh magie") - das macht es etwas interessanter.
Lose bassiert dieses Projekt auf https://www.amazon.de/Zerschmetterte-Heyne-Science-Fiction-Fantasy/dp/3453313852.

Das Regelwerk suche ich mir dann passend dazu aus und passe es mit Hausregeln an.

Feuersänger:
Mal zwei Beispiele, wie ich meine letzten Welten bzw Settings gebaut habe:

A: Fantasy
Hier waren die Grundgedanken: Wie sieht ein konsequent durchexerziertes High Magic Setting aus? - in dem Fall speziell bezogen auf D&D 3.5 - und warum nicht mal eine Hochkultur in ihrer Blütezeit abbilden?. Das war vom Grundgedanken so ein bißchen wie Tippyverse, aber bei Tippy dreht es sich mehr um das exploiten bestimmer Regel-Dysfunktionalitäten von 3.5, was ich versucht habe zu vermeiden.
Es stand also am Anfang die Systemwahl, und die Entscheidung ein (magisches) Reich nach der Art von Illefarn etc in seiner Blütezeit abzubilden, statt wie in 99% der existierenden Fantasysettings nur als versunkene Ruinen, während man in der Gegenwart kleinteilig vor sich hinwurschtelt.
Eine weitere Prämisse war Es gibt einige mächtige Götter, die ein direktes Interesse an den Geschicken der Welt haben, also ein kleines Pantheon geschrieben und wie sich diese Götter in die weltliche Politik einmischen.
Dann kamen einige eher willkürliche Setzungen ("in der Welt soll es diese und jene Kulturen geben"), und ich habe die Gesellschaft und das Wirtschaftssystem durchdekliniert, wie ich es für stimmig halte.
Dann vermutlich für die Spieler am wichtigsten: existierende und potentielle Konfliktherde definiert; in erster Linie an den Randbereichen der zivilisierten Welt. Hier würden die eigentlichen Abenteuer hauptsächlich stattfinden.
Weiteres Eskalationspotential, einen großen epischen Gut/Böse-Konflikt habe ich nur grob vorskizziert, um noch genügend Spielraum zu haben.

--

B: Science Fiction
Völlig anders bin ich bei meinem SF Setting (Redshift) vorgegangen. Da stand zuallererst die Core Story: die SCs sind Raumfahrer, die als "Freelancer" mit dem eigenen Raumschiff durchs All düsen.
Da stand am Anfang ein riesiger Lernprozess über die Möglichkeiten und Grenzen von Physik und Technologie. Meine ersten Entwürfe entpuppten sich alsbald als so vollumfänglicher Rubbish, dass davon rein gar nichts mehr übrig geblieben ist. Mein Anspruch wurde, plausible Technologien zu entwerfen, die einerseits leidlich schnellen Verkehr zwischen Kolonien ermöglichen, andererseits aber nicht so gefährlich sind, dass private Raumschiffe ein Ding der Unmöglichkeit würden.
Die längste Zeit des Prozesses bin ich außerdem von FTL (Faster Than Light) ausgegangen, weil ich unbedingt Freiluftwelten haben wollte. Aber letztendlich wogen dann die Probleme, die FTL für Physik und Setting versursacht, so stark, dass ich davon abgerückt bin und jetzt mehr von Bishop Rings und anderen "künstlichen Welten" in einem rein solaren Setting ausgehe.

Um ein Regelsystem habe ich mich dabei so gut wie gar nicht gekümmert. Bräuchte vermutlich was eigenes, hab aber auch keine Lust, da viel Aufwand zu betreiben.

BBB:
Ich glaube auch, dass ein paar Prämissen und Leitlinien nicht schaden können - eher im Gegenteil. Hängt halt sehr davon ab, wo man mit seinem Setting hinmöchte.

Wenn es dir nur darum geht, mit deiner Gruppe ein paar nette Abende zu erleben, dann kann man tatsächlich wie von Flamebeard vorgeschlagen einfach ein paar zentrale Stichpunkte niederschreiben, sich daran orientieren und der Rest passiert während des Spiels. Hat den großen Vorteil, dass die Welt schnell und ohne großen Aufwand spielbar wird.
Aber wenn ich dich richtig verstehe, geht es dir ja gerade nicht darum.

Legt man das ganze größer an, beispielsweise weil man es auch anderen zugänglich machen will, kommt man glaube ich um ein paar Leitlinien und einen top down approach nicht herum, meiner Erfahrung nach. Bzw. es mag Leute geben, die das so gut können, dass sie eine ganze, in sich schlüssige Welt aus den Details raus beschreiben können - ich verliere mich da zu schnell und gerate in logische Konflikte.

Und damit sind wir auch schon beim Stichwort: Konflikte.
Für mich die wichtigste Leitlinie ist tatsächlich der oder die zentrale(n), große(n) Konflikt(e). Je umfassender und größer, desto besser. Der Streit zweier Adliger taugt als One-Shot, die dahinter stehende Fehde ihrer Familien für eine Kampagne, dass ihre jeweiligen Staaten mit in den Konflikt reingezogen wurden reicht u.U. für ein Setting und dass dieser Streit letztendlich durch unterschiedliche Wirtschaftssysteme asugelöst wird bietet dir Stoff für ein ganzes Spiel.

Denk groß und erforsche, was diese großen Konflikte im kleinen für Auswirkungen haben.
So würde zumindest ich vorgehen.

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