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Wie meta darf's denn sein? - Oder: Ist Fate ein Theorie-Schwafel-Spiel?
Nordwaldwolf:
--- Zitat von: Maarzan am 16.06.2019 | 06:34 ---Dann ignorierst du meines Erachtens den wesentlichen Inhalt von "meta", nämlcih den notwenidgen und von manchen unerwünschten Perspektivenwechsel, wenn Entscheidungen und Verwaltungsakte auf der Autorenebene erfolgen müssen.
HP und Kampfrunden sind nur die Spielweltrealität zur besseren Zugänglichkeit als gemeinsames Spiel eingeführte abstrakte Repräsentationen von innerweltlichen Zuständen und damit gerade nicht meta.
--- Ende Zitat ---
Innerweltliche Zustände ist ein gutes Stichwort; Gerade Situationsaspekte und Konsequenzen sind doch nichts anderes als abstrakte Repräsentationen innerweltliche Zustände. (Mit einem höheren Abstraktionsgrad, das ist aber doch ein feature, not a bug)
Und wie man an DSA 5 und früher der nWod sieht, wurden hier auch Zustände eingeführt, die für mich auch nicht anderes sind als temporäre Charakteraspekte oder Konsequenzen (Der einzige Unterschied ist, das es bei Fate nicht immer regeltechnische Auswirkungen haben muss. Ich denke, damit tun sich viele schwer. Das ging mir übrigens ganz genau so, nach dem ersten Lesen der Fate Regeln hatte ich den Eindruck, dass das sehr komisch ist, dass ein Umstand, der sonst einen mehr oder weniger fixen Modifikator bewirken würde, bei Fate nur dann regeltechnisch (<- das ist das wichtige Wort hier) zum Tragen kommt, wenn man noch Fate-Punkte hat oder freie Einsätze.
Das liegt aber daran, und das sagt zumindest auch Fate Core so, dass das ein bewusstes Design ist. Es soll nur dann auch regeltechnisch etwas besonders zum Tragen kommen, wenn auch der erzählerische Fokus drauf liegen soll.
(Ist das nicht eigentlich genau einer der Unterschiede zwischen simulationistisch und narrativ?)
Deshalb wird Fate-Spiel von den Autoren auch schon mal gerne mit der "Erzähltaktik" in Filmen verglichen. Hier ist auch nicht ständig jedes Detail sichtbar, sondern der Regisseur fokussiert immer genau das, was er gerade für besonders wichtig hält.
Im Übrigen finde auch nicht, dass die SL bei Fate gezwungen ist, ständig den Fate-Punkte stand der Charaktere im Blick zu halten, weil sie die Gegner anpassen will (das nachjustieren von Gegner im Spiel ist auch eine ganz andere Diskussion, deren zulässigkeit man auch bei Nicht-Fate diskutieren kann). Eigentlich ist es so gedacht, dass die SL das vorher überlegt, wie sehr sie es den Spielern schwer machen möchte. Das steht auch so in den Regeln; will ich das die Charaktere Fate-Punkte einsetzen müssen, mach ich die Gegner in den Werten auf die es bei der geplanten Situation ankommt (z.B. Kampfwerte bei einem erwarteten Kampf), einen Ticken besser, sonst eben nicht.
Das ich ständig Konsequenzen und Aspekte als SL auch noch im Blick haben muss, sehe ich so auch nicht. Jedenfalls nicht mehr als sonst (z.B. bei Shadowrun) auch die ganze Situation im Blick haben muss, um auch an alle Modifikatoren zu denken oder mir diese zu merken.
Kreggen:
--- Zitat von: 1of3 am 16.06.2019 | 00:29 ---Nein. Fate ist schlicht zu unbestimmt. Das kam bei jedem Aspekt der Regeln, die hier diskutiert wurden. Was ist wert ein Szenenaspekt zu sein? Was ist ein Detail, das ich mir kaufen kann? Was bedeuten die Werte auf der Leiter?
Das sind alles keine konzeptionellen Dinge. Das hat nichts mit großen Worten wie Author Stance zu tun. Das ist schlicht Design. Und das hat auch nichts mit dem Schreibstil des Regelwerks zu tun. Gute Regeln müssten mit minimaler Erklärung verständlich sein.
--- Ende Zitat ---
Danke. So sehe ich das auch.
Wie ich an anderer Stelle schon schrieb: das Spielen selbst, die Story und mein Charakter haben mir Spaß gemacht. Vom reinen Lesen des Regelwerks (mehrfach) habe ich die Regeln nicht verstanden. Vor allem "Aspekte erschaffen", Stress und Stunts waren mir völlig unklar. Und so richtig konnten mir das die SL und die Mitspieler auch nicht erklären (zumindest nicht in einfachen Worten).
Ich spiele in diesem Jahr seit 30 Jahren Rollenspiel und habe mich bereits mit vielen Systemen beschäftigt und die Regelwerke gelesen. Keines davon hat mich so ratlos zurückgelassen wie Fate.
Beispiel Stunts: da steht im Regelbuch "Ein Stunt sollte so limitiert sein, dass es etwas Besonders ist, wenn du ihn einsetzt, aber nicht so eng gestrickt, dass du ihn niemals
einsetzen kannst." Ja, alles klar, oder? Oder "Du kannst einen Stunt auch begrenzen, indem jede Verwendung des Stunts einen Fate‑Punkt kostet. Das ist eine gute Wahl, wenn der Stunteffekt sehr mächtig ist oder du ihn nicht so formulieren kannst, dass er ansonsten weniger oft ins Spiel käme." Ich stelle die Frage beim Charakterbau, WER bestimmt denn, ob der Stunt "mächtig" ist oder Fate-Punkte kostet? Antwort "DU!" Und beim Einsatz ging dann das Diskutieren los, der Stunt ist zu mächtig, der kostet zu wenig, das ist kein Stunt nach Definition, das ist ein Aspekt, ja, nein, doch, warum? Ätzend! Klare Regeln, klare Ansagen, keine Diskussionen.
Nicht falsch verstehen: der Ansatz, die Spieler aktiv an der Entwicklung von Szenen und Story zu beteiligen, ist super. Das Phasentrio hat mich so begeistert, dass ich es für andere Systeme adaptiert habe.
Ich persönlich finde Fate nicht "zu meta", ist finde es aber zu abstrakt und zu verworren geschrieben. Ich würde es ungern nochmals spielen(nur wenn ich muss, weil nichts anderes angeboten wird), und leiten traue mich aufgrund meiner Regelunsicherheit gar nicht zu. Das ist zB bei Dungeon World völlig anders.
eldaen:
Aber wozu führt denn die Unbestimmtheit? Zu Diskussionen. Über das System, nicht über die Spielwelt. Meta?
Jiba:
--- Zitat von: Kreggen am 16.06.2019 | 10:11 ---Ich stelle die Frage beim Charakterbau, WER bestimmt denn, ob der Stunt "mächtig" ist oder Fate-Punkte kostet? Antwort "DU!" Und beim Einsatz ging dann das Diskutieren los, der Stunt ist zu mächtig, der kostet zu wenig, das ist kein Stunt nach Definition, das ist ein Aspekt, ja, nein, doch, warum? Ätzend! Klare Regeln, klare Ansagen, keine Diskussionen.
--- Ende Zitat ---
Okay, hier legst du tatsächlich einen Finger in die Wunde und das ist eigentlich schon wieder eine andere Diskussion. Aber ich stimme dir zu, dass die Stuntregeln von Fate auch für mich der frustrierendste Teil von Fate sind, eben weil sie so unverbindlich sind. Ein Blick in Turbo-Fate lohnt, da ist es etwas besser. Besonders die „Erzeuge eine Regelausnahme“-Schablone ist an Beliebigkeit nicht zu überbieten. Ich habe mal versucht ein paar mehr Stuntschablonen aus diversen Fate-Auskopplungen herauszuschreiben und bin dabei zu folgendem Schluss gekommen: Jede Fate World of Adventure mach hinsichtlich Stunts komplett was sie will. Da gibt es kein Balancing. Da hält sich auch keine so richtig an die Vorgaben. Fate wäre besser, wenn es da ehrlich schreiben würde, dass Balancing nicht existiert oder eben mehr Schablonen anbietet, die ausbalanciert sind. Ich glaube Fate braucht dringend ein „Stunts- und Extras-Handbuch“.
Aaaaaaber, aus dieser Beliebigkeit ergibt sich meines Erachtens eine ganz andere Verantwortung am Spieltisch: Es ist nicht „Du“, der entscheidet, wann ein Stunt vom Powerniveau her in deine Runde passt: Es ist „die Gruppe“. Charaktererschaffung bei Fate läuft immer im Kollektiv, also läuft auch Stunterschaffung im Kollektiv. Das heißt, dein Stunt ist letztlich bereits von der Gruppe oder zumindest der SL abgenickt, bevor er ins Spiel kommt.
Und falls er sich dann im Spiel doch als zu stark oder schwach herausstellt: Nenn mir ein Rollenspiel, wo Diskussionen über die schiere Power von Vorteilen, Feats, etc. ausgeschlossen wären. Bei „Exalted“, einem hochcrunchigen Spiel z.B., wurden ganze Editionen entlang der Balancing-Frage verhandelt, weil die Anzahl an Errata und Hausregelsets ins Unermessliche stieg. Von DSA4 ganz zu schweigen.
@HEXer: Ach komm, als ob nur bei Fate über das Spiel diskutiert würde und alle anderen RPGs einfach so diskussionsfrei vor sich hinplätschern. Schau dir nur mal die Diskussionen zu Fechten bei „All For One“ hier an Board an, ist ein guter Vorgeschmack. (Regeldiskussionen – jetzt auch in ihrem Lieblingsrollenspiel!)
Um beim Beispiel oben zu bleiben: Ob ich einen überstarken Stunt jetzt selbst geschrieben hab oder der Regelautor: Er ist ein Diskussionspunkt. Immerhin liefert Fate wenigstens einige (wenn auch viel zu wenige) Schablonen für seine Vorteile. Bei anderen Systemen wüsste ich gar nicht, wo ich anfangen soll, wenn ich eigene Powers gestalten wollte. Mein heißgeliebtes „Powered By the Apocalypse“ ist zum Beispiel ein Spiel, was du ohne ganz enormen Denkaufwand gar nicht auf andere Settings anpassen kannst. Da habe ich schneller ein paar Stunts zusammengekloppt.
Also, wenn doch alles aufs Selbe rausläuft, mit der Power-Vergleicherei... wo liegt dann der Unterschied zwischen Fate und den Systemen mit den „klaren“ Regeln? Ich glaube er liegt da, dass viele Rollenspieler den Regelautoren eine größere Kompetenz und Autorität über die Regeln zugestehen als sich selbst. Selbstgebautes hat für Sie einfach nicht dieselbe Rechtmäßigkeit wie im Regelwerk vorgegebenes.
Diese Sichtweise habe ich zum Glück aufgegeben. Sie stellt sich nämlich oft genug als falsch heraus.
nobody@home:
--- Zitat von: Vasant am 16.06.2019 | 00:38 ---
--- Ende Zitat ---
Okay, mal sehen... :) (Ich habe hier etwas mit der heißen Nadel editiert und geschrieben, wenn ich also einen wichtigen Punkt nicht ansprechen sollte, bitte noch mal daran erinnern.)
--- Zitat ---...und wenn viel auf dem Spiel steht, hat man an der Stelle dann aber Pech?
--- Ende Zitat ---
Grob gesagt: JA. Die Grundfaustregel beim Festlegen von Schwierigkeiten bei Fate kann man grob angenähert schon so zusammenfassen: hoch, wenn's spannend sein soll, niedrig, wenn's nicht so drauf ankommt, aber ein Mißerfolg (oder Erfolg mit Haken) immer noch interessant sein könnte (sonst bräuchte man ja gar nicht erst zu würfeln). Da ist nichts Mysteriöses oder Esoterisches dran -- Überlegungen zum Thema "wie hart will ich die SC hier herannehmen?" sind außerhalb vielleicht von extrahartwurstiger Simulation meiner Erfahrung nach auch bei anderen Systemen schlicht der Normalfall. Nimm dann dazu, daß Fate-Punkte noch am ehesten tatsächlich "Glück" (womit ich ausdrücklich nicht dasselbe wie den würfelgenerierten reinen "Zufall" meine) oder "Jetzt bin ich dran!"-Momente abbilden, und wenn mein Schmuggler dann ohne sie plötzlich Darth Vader und einem Kontingent Sturmtruppen gegenübersteht, dann hat er halt auch mal gelitten und landet im Karbonit.
--- Zitat ---Aber es ist doch weiterhin so, dass ich ohne Fate-Punkte entweder mehr Aktionen oder Hilfe von außerhalb für das gleiche Ergebnis brauche, ohne, dass das innerweltlich Sinn ergibt, warum ich "plötzlich" weniger kompetent bin.
--- Ende Zitat ---
Umgekehrt. Meine "normalen" Basiskompetenzen sind die Sachen, die ich auch ohne Fate-Punkte ohnehin schon kann. Was mir Fate-Punkte ermöglichen, ist, in klassischer Abenteuerprotagonistenmanier im richtigen Moment ein Stück weit darüber hinaus zu gehen -- und im Gegensatz zu den "freien" Aspekteinsätzen, die ganz so frei ja gar nicht sind, weil ich sie mir meistens erst mit Aktionen verdienen muß, ganz ohne große Rechtfertigung (außer eben "pfeif auf die Aktionen, hier ist 'n Punkt, das muß reichen!" und daß schon irgendein passender Aspekt herumliegen sollte, damit es nicht gar zu übertrieben nach Deus ex Machina aussieht). Und richtig, wenn mir die Fate-Punkte mal ausgegangen sind, kann ich das einstweilen nicht mehr machen -- und das ist aus meiner Sicht auch völlig in Ordnung, denn nach wieviel Spotlight will ich denn noch geiern? ;)
--- Zitat ---[Nebenschauplätze:Jo, aber D&D-Feats sind doch dann Dinge, die der betreffende SC total toll kann und deshalb gefühlt dauernd macht, oder?
--- Ende Zitat ---
Nun, Fate-Stunts sind auch Dinge, die dieser SC kann und andere eben nicht, und wenn die nicht einigermaßen regelmäßig zum Einsatz kämen, würde sich die Investition kaum lohnen, oder? :) Es ist allerdings richtig, daß Fate beim Stuntdesign von Sachen wie "ich kriege immer (oder praktisch immer) einen Bonus auf Fertigkeit X" abrät und Stunts lieber an bestimmte nicht dauernd vorkommende Situationen und/oder nur bestimmte Aktionen mit der Fertigkeit koppelt -- "ich kriege Plus Sonstwas auf Kämpfen mit Zwergenäxten, von denen ich als Zwerg zufällig so gut wie immer eine dabei habe" ist für einen "angemessenen" Fate-Stunt zu breit und würde sich dann im Spiel wohl auch nicht mehr wirklich nach einer besonderen Fähigkeit anfühlen, weil man ja schnell gar nicht mehr merken würde, daß sie überhaupt da ist. "Ich kriege Plus Sonstwas auf meinen allerersten Angriff mit meiner Zwergenaxt gegen jeden neuen Gegner (ein Mob zählt als ein Gegner)"? Okay, darüber läßt sich reden...und wenn der sich dann später im Spiel als zu heftig oder zu schwach herausstellen sollte, auch gerne noch mal nachverhandeln.
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