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Spannende Darstellung

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Derius:
Hey Leute,

ich hab mal ne Frage. Bzw. ich möchte euch gerne ein "Problem" schildern, das mich beim Leiten gelegentlich beschäftigt und würde mich über eure Gedanken dazu freuen. Also es geht um Folgendes:

Wenn ich leite bzw. mir in Vorbereitung dazu die Szenen, das Abenteuer überlege, dann möchte ich, dass die SC sich Gedanken machen müssen, um das vor ihnen liegende Problem zu lösen. Was das Problem im Einzelnen ist, ist erstmal egal. Das bedeutet, dass die Lösung nicht offensichtlich sein darf. Das wiederum bedeutet, dass es erstmal eine gewisse Anzahl an potentieller Lösungen geben muss. Und da liegt meine Schwierigkeit. Häufig finde ich es schwer, wirklich mehrere Möglichkeiten zu präsentieren.

Das beschreibt mein Problem abstrakt ganz gut, aber beim Drüberlesen merke ich aber gerade, dass es vielleicht doch nicht ganz klar geworden ist. Also nochmal anders, vielleicht mit einem Beispiel: Die SC betreten eine neue Szenerie und in dieser Szenerie soll ihnen etwas auffallen. Dabei geht es mir um den Moment des Auffallens selber. Ich möchte erreichen, dass nicht nur die SC im Spiel, sondern irgendwie die Spieler selber  diesen Moment erleben können. Das Problem ist nun, dass sie ja nur "sehen", was ich beschreibe und dadurch geht der Moment irgendwie kaputt, weil die Spieler nicht eigenständig vom "Mir ist nichts aufgefallen" bis zum "Jetzt ist mir was aufgefallen" gelangen.

Mir ist bewusst, dass in einem Erzählspiel die Möglichkeiten diesbezüglich auch einfach begrenzt sind, was auch nicht wirklich schlimm ist nicht. Dennoch finde ich es einfach schön, auch bei den Spieler gewisse "Aha"- und "Verstehens"-Momente zu erzeugen. Kürzlich hab ich mich da etwas herangetastet: Die SC waren auf Kopfgeldjagd und wollten eine Räuberbande ausschalten und vor allem deren Anführer gefangen nehmen oder vielleicht auch einfach umbringen. Letztlich gelang es, die Bande wurde besiegt, doch der Anführer war gar nicht mehr dort, sondern hatte das Lager mit einigen Leuten aus einem anderen Grund schon etwas vorher (temporär) verlassen. Dem sollten die SC nun folgen und einen Hinweis gab in seinem Zelt. Dort befanden sich nämlich eine Briefkorrespondenz, ein Logbuch und andere Notizen, aus denen Informationen hervorgingen. Nun wollte ich es an dieser Stelle nicht so handhaben, dass die Spieler sagen "Wir gucken nach, was es dort gibt" und ich es dann beschreibe und anschließend mitteile, welche Informationen sie dadurch bekommen. Also habe ich (in stundenlanger Arbeit) die Briefe alle geschrieben und auch einiges an Text produziert, der nun keine unmittelbar relevanten Informationen enthielt. Das habe ich den Spielern in die Hände gedruckt, sodass sie wirklich selber nach den wichtigen Informationen suchen konnten und mussten. Das hat auch schön geklappt, war aber ne Menge Arbeit.

Naja, so sehe ich das. Ich freue mich, wenn ihr eure Gedanken dazu teilt. Falls was unklar geblieben ist, dann schreit einfach. :)

Grüße,
Derius

Der Läuterer:
Könnte es sein, dass ein Hauptproblem Deiner Vorbereitung einer Szene hier liegt?

--- Zitat von: Derius am 15.08.2020 | 19:41 ---Das wiederum bedeutet, dass es erstmal eine gewisse Anzahl an potentieller Lösungen geben muss. Und da liegt meine Schwierigkeit. Häufig finde ich es schwer, wirklich mehrere Möglichkeiten zu präsentieren.
--- Ende Zitat ---
Ich persönlich pflege ein ordentliches Player Empowerment. Wenn..., ja wenn, die Spieler das annehmen, dann hast Du weniger Probleme in diese Richtung.

Beim Player Empowerment gibst Du Teile Deiner SL Funktion an Deine Spieler ab.
Du schilderst die grobe Situation; z.B. eine breite Strasse, mit Ständen, Geschäften und vielen Menschen. Überfüllt, eng. Ein Gedränge. Ein Stimmengewirr. Viele Geräusche, viele Farben, viele Gerüche, viele Versuchungen.

Dann überlässt Du die Szene den Spielern. Es ist Ihre Aufgabe mit der Situation zu interagieren, nicht Deine.
Wenn die Chars etwas wollen, dann müssen sie aktiv werden.
Und Du musst das zulassen und aufnehmen können.

Jemand sucht einen Waffenschmied / Uhrmacher etc., dann sagt der Spieler nicht "Ich suche XY!" und Du, als SL, beschreibst alles... Nein.
Der Spieler sucht und findet XY selbst und beschreibt die Situation und Du, als SL, reagierst.

Das hat zwei wesentliche Vorteile.
Das Spiel wird schneller, weil die Spieler gezwungen sind, aktiv zu werden.
Als SL muss man sich nichts mehr aus den Fingern saugen, sondern darf auch mal zuhören und sich überraschen lassen.
Das ist etwas, das mir persönlich sehr viel Spass macht. Das muss man nicht mögen, aber man kann es lernen.


--- Zitat von: Derius am 15.08.2020 | 19:41 ---Die SC betreten eine neue Szenerie und in dieser Szenerie soll ihnen etwas auffallen. Dabei geht es mir um den Moment des Auffallens selber. Ich möchte erreichen, dass nicht nur die SC im Spiel, sondern irgendwie die Spieler selber diesen Moment erleben können.
--- Ende Zitat ---
Ein Spieler beschreibt z.B. dass sein Char beobachtet, wie ein Junge an einem Obststand einen Apfel klaut...
Möglicherweise ist das nicht das, was den Chars auffallen sollte...
Aber... Du kannst das für Dich nutzen, da Du ja als einziger weisst, wie es weiter gehen wird.Jetzt können daraus verschiedene Aktionen folgen. Das hängt dann sowohl von den Spielern als auch von Dir, als SL, ab.


--- Zitat von: Derius am 15.08.2020 | 19:41 ---Mir ist bewusst, dass in einem Erzählspiel die Möglichkeiten diesbezüglich auch einfach begrenzt sind
--- Ende Zitat ---
Wenn Ihr das in der Gruppe so macht, wie gerade beschrieben, sind die Möglichkeiten richtig gross. Und das Spiel Empfinden wird ganz anders... viel intensiver.

Isegrim:
Was der Läuterer da anführt, ist halt eine ganz andere Art der Spannung, und eine andere Art des Erfolgserlebnisses. Kann man probieren, ist aber nicht für jeden.

Unmengen an Schriftwerk zu produzieren (oder unendlich viel zu erzählen), um darin ein paar wichtige, zu finden Infos unterzubringen, kann man machen, ist aber natürlich viel Arbeit. Meiner Erfahrung nach braucht es oft gar nicht so viel "Verwirrung draußenrum", besonders wenn es um Zusammenhänge geht. Ein Situation, Intrige, Beziehungsgeflecht, die für die SL eigentlich völlig klar und eindeutig ist, stellt sich oft aus Spielersicht als viel verworrener dar. Hierbei kann es zu tollen Aha-Momenten kommen.

Bsp: Hättest du bei der Räubergeschichte vorher ein paar Infos gegeben, dass es nur eine begrenzte Anzahl mögliche Hehler gibt, oder das einer von ein paar Förster/Jäger der Umgebung Infos an die Räuber weiter gibt, oder dass es i-einen Adligen gibt, der seine Hand über sie hält (nennen wir sie Alfons, Berta, Claus, Dorothea und Emil), und die Spieler hätten einen ansonsten nichtssagenden Brief gefunden, unterschrieben mit B., hätte das vielleicht schon ausgereicht, dass die Spieler sich selber feiern, wenn sie raffen, dass sie den Räuberhauptmann am besten bei Berta suchen sollten. Und du hättest nur einen Brief schreiben müssen.

Eine andere Möglichkeit (die man aber nur alle Jubeljahre auspacken sollte): Sie finden einen nichtssagenden Brief, auf dem eine wichtige Information mit unsichtbarer Schrift geschrieben ist (Milch, Zitronensaft); oder die Anfangsbuchstaben jeder Zeile, von oben nach unten oder anders rum gelesen, eine Botschaft ergeben.

Klar, kann auch schief gehen und zu einfach sein. Aber mE unterschätzt man als SL eher die Schwierigkeit für die Spieler als anders rum. Und man braucht natürlich einen Plan, was man macht, wenns doch zu schwer ist, damit das SPiel nicht völlig ins Stocken gerät.

Derius:
Hey, danke für die Antworten! :)

Läuterer, Du hast schon irgendwie Recht damit, wenn Du meinst, es geht um die Vorbereitung einer Szene. Hab jetzt nochmal ein bisschen drüber nachgedacht und ich denke, ich kann mein Problem so zusammenfassen: In meinem Kopf gibt es tolle, ausgefeilte Szenen und ich möchte, dass sowohl die SC als auch die Spieler diese erleben können. Doch das zu bewerkstelligen fällt mir (manchmal) schwer. Schon alleine, weil ich durch meine Beschreibungen ja Schwerpunkte setze, die die Szene aus Sicht der SC nicht unbedingt hat.

Deinen Vorschlag mit dem Player Empowerment finde ich aber richtig toll. Dann erleben die Spieler zwar nicht nur, was ich mir ausdenke, aber ich bin ja auch nicht der einzige mit Fantasie. Und so wird die Szene ja zwangsweise auch mit nicht nur relevanten Details gefüllt (was ich gut finde). Mal gucken, ob wir das hinbekommen. Ich schätze da müssen wir uns herantasten. Vielen Dank jedenfalls!

Isegrim, Du hast ja auch irgendwie recht. Es ist nun auch nicht so, dass meine Spieler zu mir kommen und meinen, es wäre ein bisschen langweilig gewesen. Im Gegenteil - die sind zumeist begeistert. Geht hier wohl vor allem um meine Ansprüche an mich selbst bzw. die Runde. :)

Haukrinn:
Spannung entsteht in einem interaktivem Medium auf völlig andere Weise als in einem passiven. Und längst nicht alles, was in deinem Kopf nach einer tollen Szene oder einer pfiffigen Problemlösung aussieht, ist auch genau das (und selbst wenn es das ist, dann ist es vielleicht in einer Cutscene besser aufgehoben als in einer interaktiven Szene). Das setzen auf die gemeinsame Kreativität (siehe Player Empowerment weiter oben) ist schon mal ein gutes Mittel, hier, vor allem auch für dich als SL, für Spannung und Überraschungsmomente zu sorgen. Für mich waren zudem viele PtbA-Spiele, die die PtbA-Prämisse "Play to find out what happens" echte Augenöffner wenn es um Szenenkonstruktion und Spannung geht.

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