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„Play to find out“ versus tiefgründige Story

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GornOfDagon:
In den über 35 Jahren meiner RPG-Begeisterung bin ich von Old-School Systemen zu TradGames gekommen und dort hängen geblieben. Erst vor einem Jahr bin ich dann durch „Blades in the Dark“ das erste Mal mit dem Ansatz des „play to find out“ in Berührung gekommen und bin mir noch immer nicht sicher, ob mir das Konzept gefällt oder nicht.

Es ist auf der einen Seite faszinierend und hält sicher auch Überraschungen (vor allem für mich als SL) bereit. Auf der anderen Seite habe ich festgestellt, dass im Gegensatz zu einer tiefgründigen, vorbereiteten Geschichte oftmals spannende Erzählbögen oder überraschende Wendungen fehlen und dass es seltener coole WTF-Momente gibt. Eine gut orchestrierte Dramaturgie kann meines Erachtens nicht spontan und durch Improvisation entstehen. Auch die meisten Drehbuchschreiber und Romanautoren grübeln sicherlich lange über ihre Geschichte und den darin enthaltenen Verwicklungen und Wendungen nach, statt auf ein „write to find out“ zu setzen.

Habt ihr da andere Erfahrungen gemacht? Oder habt ihr ein ganz anderes Vorgehen gewählt?
Gibt es hilfreiche Tipps, wie trotz (oder gerade wegen) „play to find out“ die Ebene des spontan-trivialen Small-Talk-Erzählens verlassen werden kann?
Oder habt ihr Ideen, wie eine tiefgründige Story statt durch Railroading über „play to find out“ erzählt werden kann?

Maarzan:
Ich kenne play-to-find-out jetzt als festem Begriff als Variante der Charakterdefinition - ob jetzt der Charakter bei Sitzung 1 idealerweise steht oder der Hintergrund "fliegend" spontan zur aktuellen Spiellage nachgebastelt oder geretconnt wird.

In dem Sinne bin ich mir nicht ganz sicher was du wirklich da gegeneinander stellen willst.

Ansonsten würde ich die Wortbedeutung ratend bis auf eben ein paar formelle und viele informelle/"illegale" Ausreißer play-to-find-out für den üblichen Standard halten.

rillenmanni:
Er meint damit, dass die Handlung erst am Spieltisch entsteht, auch wenn das oft nichts mit "Dramaturgie" zu tun hat, statt eines "Plots", der wohlorchestriert geplant ist und vom SL nach Möglichkeit durchgezogen werden soll.

PS: Willkommen, Gorn! :)

ArneBab:

--- Zitat von: rillenmanni am 29.09.2020 | 12:47 ---statt eines "Plots", der wohlorchestriert geplant ist und vom SL nach Möglichkeit durchgezogen werden soll.

--- Ende Zitat ---
Den letzten Teil des Satzes würde ich so nicht stehen lassen. Ein wohlorchestrierter Plot kann sich sehr wohl im Spiel ändern, die dafür aufgebauten Spannungsmomente überstehen diese Änderungen aber größtenteils.

Auch das werden dir Schreibende erzählen: Die Planung für das Buch hilft auch dann, wenn der genaue Plot umgestellt wird.

Achamanian:
Ich stelle einfach mal die komplette Gegenthese auf:
Wenn man wirklich eine tiefgründige Story will, kommt man an Play-to-find-out im einen oder anderen Sinne kaum vorbei; zumindest, wenn tiefgründig heißen soll, dass die Figuren der Geschichte ergründet werden sollen. Das geht schlicht nicht per Vorausplanung irgendwelcher Handlungsbögen, Twists oder WTF-Momente, weil alle drei nur echte Bedeutung gewinnen können, indem sie aus den Entscheidungen der Spielercharaktere als Hauptfiguren resultieren (oder sie zu Entscheidungen treiben, was dann aber bedeutet, dass diese Entscheidungen offen bleiben müssen und die Planung wieder zerschossen ist).

Das heißt nicht, dass Vorbereitung seitens der SL nicht wichtig für so etwas wäre; aber die Vorbereitung muss vor allem Angebote bereitstellen, mit denen die Spielleitung an die Charaktereigenschaften und Ziele der SC appelliert, nicht vorgefertigte Abläufe und schon gar keine Twists.

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