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Reading Challenge 2021

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Jiba:

--- Zitat von: Chiarina am 27.01.2021 | 12:58 ---Ach ja... was Meinungen... bin immer mal wieder erschüttert... ich lasse es dann hier im Tanelorn mit Lesen. Noch ein Bereich weniger... Viel Spaß mit eurer Fantasy.

--- Ende Zitat ---

Also bitte, Chiarina! Vergieß jetzt bitte nicht die Träne des Poeten! Es sind doch erst solche Reaktionen, die den Vorwurf gegenüber uns Geisteswissenschaftlern und Literaturliebhabern, wir seien ganz furchtbar dünnhäutige Elfenbeinturmbewohner, untermauern.

Was hat denn das Huhn jetzt so furchtbar Schlimmes getan? "Effie Briest" und die anderen Deutschlektüren nicht ausreichend gewürdigt? Gesagt, dass Leute, die Klassiker als ihre Lieblingsbücher angeben Heuchler sind? (Ein Vorwurf, den ich, für's Protokoll, auch nicht haltbar finde – manche Leute haben halt auch die Sachen, die sie in Deutsch und Englisch gelesen haben, wahnsinnig gerne gelesen – bei mir haben es zum Beispiel "Der Golem" von Gustav Meyrink und Franz Kafkas sämtliche Erzählungen auf die Liste meiner Lieblingsschriftstücke aller Zeiten geschafft - weil der Kram halt auch einfach gut ist! Meiner Meinung nach. Unterschiedliche Leute mögen unterschiedliche Lektüre.)

Ich meine, du könntest auch den Versuch starten, die Punkte, die Huhn anspricht, einzuordnen. Ist ja schon eine interessante Frage, ob Literatur sich besser entfaltet, wenn man sie für sich liest oder in den ausgewalzten Interpretationssessions in der Schule. Nach meinem eigenen Studium bin ich von der ganzen schulischen Literaturbeschäftigung nämlich auch nicht mehr so wahnsinnig überzeugt: In einer Zeit wie unserer ist es angezeigt, dass andere Medien wie Film, Videospiel und neue literarische Kleinformen (Blog-Essays, interaktive Geschichten, etc.) dieselbe Aufmerksamkeit erhalten wie Goethe und Schiller (wobei, dann doch lieber Schiller, wenn man mich fragt - der bessere Dramatiker, der bessere Gesellschaftstheoretiker und vielleicht sogar (allegedly) der bessere Mensch).

Und die Teilung zwischen "guter Literatur" und "Fantasy" machst du doch nun nicht wirklich auf, oder? Mit welcher Begründung würdest du das auch rechtfertigen wollen. Einige der honoriertesten Werke der Weltliteratur sind Fantasy oder fallen zumindest in die Kategorie Phantastik. Dazu gehören im weitesten Sinne Bram Stoker's "Dracula", die romantischen Schauergeschichten von E.T.A. Hoffmann und natürlich auch Tolkiens Werk.

Huhn:

--- Zitat von: Chiarina am 27.01.2021 | 12:58 ---Ach ja... was Meinungen... bin immer mal wieder erschüttert... ich lasse es dann hier im Tanelorn mit Lesen. Noch ein Bereich weniger... Viel Spaß mit eurer Fantasy.

--- Ende Zitat ---

Wo kommt denn das jetzt her? :( Wie ich sagte - mir hat die Schule Einiges verleidet, was mich vielleicht sonst nicht gestört hätte und die Uni hat mir auf der anderen Seite Texte nähergebracht, die ich sonst nicht gemocht hätte. Das ist keine besonders schnittige Meinung, die ich da vertrete - das geht vielen so.

Und ich habe natürlich nicht behauptet, dass alle, die bestimmten Büchern etwas abgewinnen können oder sie ehrlich mögen, Heuchler sind, die gern einen auf intellektuell und belesen tun. Aber: Unter jenen in meinem persönlichen (nicht-virtuellen) Bekanntenkreis, die behaupteten, dieses und jene sonst von allen gehasste Buch aus der Schullektüre sei ihr (einziges) Lieblingsbuch gewesen, waren in meiner Erfahrungswelt ausschließlich Menschen, die wirklich sonst nicht gelesen haben. Das ist keine Aussage über das bewertete Buch, sondern eher über diese Art Leute, die kaum lesen und dann so ziemlich alles, was nicht die Tageszeitung ist, plötzlich für das beste seit geschnitten Brot halten und sich damit noch klug fühlen.

Menthirs Rezension zu Effie Briest fand ich auf der anderen Seite sehr nachvollziehbar - am Ende kam er sogar zu ähnlichen Schlüssen wie ich, hat sich nur nicht so drüber ärgern müssen, weil er das Buch freiwillig las und nicht wochenlang interpretieren musste. ;)

Wenn du die Reading Challenge in den letzten Jahren verfolgt hast, hast du ja gesehen, dass hier wirklich nicht nur Fantasy gelesen wird. Und dass auch mit ganz unterschiedlichen Intentionen gelesen wird. Und dass wir beide offenkundig nicht dieselben Interessen beim Lesen verfolgen bzw. unsere Freude aus ganz verschiedenen Texten ziehen, haben wir ja in anderen Threads schon festgestellt, das sollte jetzt hier eigentlich auch nicht überraschend kommen.

Menthir:
Danke für die lobenden Worte für meine Analyse; und irgendwie bin ich auch überrascht und froh, dass die Effi eine Diskussion auszulösen vermag.

Beschränken will ich mich bei meinem Beitrag aber vor allem auf die Schullektüre.

Ich kann für mich nicht so eine ausschließliche Ablehnung schulischer Interpretation finden. Vielleicht bin ich da inzwischen nostalgisch, aber in meiner Einbildung oder hoffentlich Erinnerung hing das natürlich allen voran mit dem Lehrkörper zusammen.
Dort wo unvorbereitete Lehrer/innen, ein nach Lehrplan mehr oder weniger oktroyiertes Buch und ein schnell greifbarer Literaturschlüssel zusammenkamen, war mein Eindruck so ähnlich wie der Huhns. Und das habe ich zutiefst verabscheut; das hat sich an der Uni jedoch auch nicht geändert, sodass Universitas und Schule da von mir ähnlich bewertet werden.
Jedoch dort, wo Lehrer/innen selbst Interesse hatten, und gleichzeitig weder versuchten ihr Bild aufs Buch noch den klassischen Lektüreschlüssel, sondern den Spaß an der Analyse und an dem Diskurs zu vermitteln, und ihre Einstellung dazu als Projektionsfläche hergaben, da kann ich mich gut daran erinnern und da hat mir auch die schulische Bearbeitung Spaß gemacht. Wenn das Ganze noch mit Kompetenzenschulung verbunden war, war es sogar sehr gut.
Ich bin da als Schüler vielleicht etwas binär gewesen, denn wenn die erste Variante der schlechten Vermittlung eintrat, habe ich das Buch nicht beendet, geschweige denn wirklich gelesen, auch wenn andere sicher sagen werden, dass es gute Bücher sind (und sie möglicherweise oder sogar wahrscheinlich recht haben).

Ich habe Deutsch nur als Fachergänzung studiert, aber das zusammen mit meinem historischen und philosophischen Studium hat mir sehr bei der Eröffnung von Literatur geholfen, obwohl ich natürlich auch einfach zur Zerstreuung lese. Deswegen bin ich da nicht mehr so binär; und ich habe gelernt, auch schlechte Bücher meist beenden zu können. Nicht immer, aber meist.

Aber um mal drei Beispiele zu nennen, die eher auf meinem Stapel der Schande durch die Schule liegen oder an die ich schlechte Erinnerungen habe.

Goethe - Die Leiden des jungen Werther: (Hier teile ich Jibas Ansicht, dass er eine männliche Effi ist, und komme auch zu der verwunderten Frage über den Werthereffekt). Das Buch habe ich tatsächlich nach meinem Schulleben noch beendet, und habe es für mich bereut. Ich habe da meine menschlichen Abgründe entdeckt, dass ich es Werther nach dieser Leseerfahrung gegönnt habe, dass er sich nicht einmal vernünftig erschießen konnte und elendig leidend vergeht. Darauf bin ich nicht stolz. Insofern hat es zumindest einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Patrick Süskind - Das Parfüm: Unser Lehrer war derartig von dem Buch überzeugt, dass es nur seine Meinung gab. Das hat mich schnell verloren. Ich mochte deswegen auch nicht die Verfilmung sehen. Das Schulquartal an diesem Buch war ein Graus, ein Trauma der Langeweile wie Huhn es mit der Effi-Analyse hatte.

Friedrich Schiller - Maria Stuart: Tatsächlich eines der wenigen Werke, von denen ich so gar nichts erinnere außer das Gefühl von erdrückender, interpretatorischer Langeweile. Auch da konnte ich mich bis heute nicht aufraffen, dem eine zweite Chance zu geben.

Es gäbe hier noch mehr Werke, wie Romeo und Julia von Shakespeare, Moon Palace von Paul Auster, Antigone von Sophokles oder auch Die Verwandlung von Kafka, die ich in schlechter Erinnerung durch die Schule habe.
Gleichwohl gibt es auch Werke, die mich langfristig mit Autoren verbunden haben und an die ich immer gerne zurückdenke.

Nancy H. Kleinbaums Buchadaption des Filmes Dead Poets Society ist bei uns ausführlich besprochen wurden, aber unser Lehrer hatte ähnlich viel Feuer wie der Robin Williams gespielte John Keating. Bis heute denke ich gerne an die Zeiten zurück, die mir wirklich auch als Schüler Spaß gemacht haben.

In einem Deutschkurs hatte ich bei einem alternden Lehrer das Feuerschiff von Siegfried Lenz gelesen, welches mir bis heute eines meiner liebsten Bücher und einer meiner liebsten Autoren ist. Alleine wie der ältliche, kurz vor dem Ruhestand befindliche Lehrer - der kurz darauf starb, als er den Ruhestand endlich erreicht hatte - die Lektüre für sich selbst wirken ließ, uns unsere Interpretation finden ließ, und dann gleichzeitig versuchte das Thema der Verantwortung durch Buch, Unterricht, Erschließen von Kompetenzen etc. zu vermitteln, ist für mich eine der großen Erinnerung meiner Schulzeit.

Und in ähnlicher Form gilt das für eine ältere Lehrerin, die mit ähnlich viel Emphase, wenn auch thematisch etwas anders, mit uns Alfred Andersch - Sansibar oder der letzte Grund besprach.

Auch hier würde ich noch andere Werke finden, an die ich gute Erinnerung habe, wie Nathan der Weise von Lessing, Götz von Berlichingen von Goethe und Die Räuber von Schiller. Manchmal kann es also auch bei einzelnen Autoren sehr ambivalent sein, was man in Erinnerung hat. Goethe und Schiller waren mir sowohl hold als auch Schreckgespenster (und auch hier stimme ich mit Jiba überein, dass ich Schiller am Ende für besser erachte) :)

Danke also für die Diskussion an dieser Stelle, und schade, dass Chiarina sie nicht aus seiner Sicht spiegelt. Ich hatte immer ein wenig darauf gehofft, dass er Bücher irgendwo in diesem Rahmen so ähnlich liest wie er Musik hört (und andeuten tut er das ja häufig genug, dass er das hervorragend kann!). Das wäre ein Gewinn für alle Leser hier. :)

Ich denke aber auch, dass viele der Challangeteilnehmer beweisen, dass sie ungemein breitgefächert lesen und literarisch interessiert sind. Sicher gibt es auch den einen oder anderen, der einen gewissen Fokus auf das Phantastische hat. Aber da gilt ja auch weiterhin, dass jeder nach Fasson selig werden solle.  :)

Huhn:
Ich werde das Gefühl nicht los, dass ich irgendjemandes Beitrag überlesen habe, der/die irgendwas schrieb, was ich hätte im Startpost vermerken müssen. Da zwischenzeitlich lange Gesprächsbeiträge geschrieben und zudem offenbar mehrere Postings gelöscht wurden, bin ich mit der Nachverfolgung etwas durcheinander gekommen. Sollte sich jemand von mir übergangen fühlen, bitte ich um Entschuldigung und kurze Erinnerung.

Ansonsten habe ich noch ein kürzeres Buch zu Ende gelesen. :)

#3
Rita Mielke - Atlas der verlorenen Sprachen

Ein angenehm geschriebenes Sachbuch, das, nach Kontinenten geordnet, eine Reihe von Sprachen vorstellt, die im weitesten Sinne als "verloren" gelten können. Dazu zählt dieses Buch ausgestorbene Sprachen, Sprachen mit nur wenigen Sprecher*innen und gescheiterte Kunstsprachen, aber auch wiederbelebte Sprachen mit ungewisser Zukunft.

Die Sprachen werden dabei nicht etwa strukturiert "abgehandelt" und nach rein sprachwissenschaftlichen Aspekten trocken vorgestellt. Stattdessen widmet sich jedes Kapitel einer Sprache unter ganz verschiedenen Gesichtspunkten. Natürlich wird dabei auch auf die Besonderheiten der Sprache als solche eingegangen - vor allem wird jedoch die Chance genutzt, Sprache auch als in Geschichte und Gesellschaften eingebundenes Phänomen zu verstehen.

Einige Kapitel erzählen von den Besonderheiten einer isolierten Kultur, die sich in einem umfangreichen Fachvokabular oder anderen sprachlichen Phänomenen (wie etwa einer eigenen Vermeidungssprache für spezielle Anlässe) niederschlägt. Andere berichten von den Auswirkungen der Kolonisation auf die Entwicklung einer Sprache und jener, die sie sprachen. Wieder andere zeigen, wie Sprache als Teil kultureller Identität wiederentdeckt und bewahrt wurde. Die Botschaft, dass mit jeder verlorenen Sprache auch ein Teil menschlicher Kultur und Geschichte untergeht, durchzieht das Buch. Immer wieder wird auch auf die Sprache als Politikum und Machtinstrument eingegangen, wenn etwa von Sprachverboten und Umerziehung, aber auch von von eigenen Interessen geleiteter Forschung die Rede ist. Nicht zuletzt wird daher immer wieder vermerkt, dass die Erforschung von Sprachen und Sprachgemeinschaften von einem wertschätzenden, nicht-wertenden Umgang mit den Sprecher*innen sehr profitiert, wenn nicht diesen sogar voraussetzt, ist man an unvoreingenommenen Forschungsergebnissen interessiert. Nicht ohne Grund endet die Autorin ihr letztes Kapitel mit der Geschichte der Sprachwissenschaftlerin Luise Hercus und ihren umfassenden Forschungen zu den Sprachen der Aborigines, die vor allem durch ihren offenes und ehrlich interessiertes Auftreten den Sprachgemeinschaften gegenüber möglich wurden.

Als nicht zu kompliziert geschriebener Übersichtsband bietet das Buch natürlich zu keiner Sprache einen umfassenden Überblick. Ich habe es vielmehr als "Blick über den Tellerrand" verstanden. Das Buch gbt Einblicke, welche Überlegungen in der Beschäftigung mit Sprache stecken können und zeigt anhand der ausgewählten Beispiele, wie viele verschiedene Sprachen und Spracheigenheiten es gibt. Damit macht es geschickt neugierig auf mehr. Die angebotene weiterführende Literaturübersicht am Schluss ist dann ein schöner Ansatzpunkt, um eventuell das Wissen um die ein oder andere Sprache noch zu vertiefen.

Wegen mir hätte das Buch insgesamt und einige Kapitel im Speziellen ruhig noch etwas ausführlicher sein dürfen. Auch hätte ein Glossar nicht geschadet, denke ich, wenn sich das Buch schon eher an ein Nicht-Fachpublikum richtet. Alles in allem aber ein wirklich interessantes Buch, das unkompliziert genug ist, um es auch nach einem langen Arbeitstag noch gemütlich schmökern zu können. :)

Raiden:
#2 Todgeweiht ein DSA Roman von Markus Tillmanns
Schwer zu sagen, ich fand den Roman Ok, hab schlechtere gelesen aber auch deutlich bessere. Fand die Charaktere zu stereotypisch und die große "Bedrohung", welche die Spannung aufrecht erhalten sollte wurde auch recht unspektakulär abgehandelt.

#3 Nacht über Herathis ein Splittermond Roman von Anton Weste
Ein durchaus solider Roman, hat mir sehr viel Spaß gemacht den zu lesen. Die Charaktere waren glaubhaft, die Story war gut und hat super mit der Welt harmoniert.

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