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[D&D] Zeit der Wölfe
Tintenteufel:
--- Zitat von: klatschi am 26.08.2023 | 12:26 ---Manchmal will es auch nicht klappen - dann steht eben ein Modell im Regal das ich nicht ganz so cool finde. Passt schon, kommt dann in die zweite Reihe 😂😂
--- Ende Zitat ---
Auf jeden Fall! Aber meine mickrige Sammlung ließe ein zweite Reihe vollkommen lächerlich erscheinen. Jedoch definitiv ein Weg mit so einer misslichen Lage umzugehen! ;D
Tintenteufel:
In Session Nr. 20 mit dem Shadowdark RPG, kurz vor der nächsten Urlaubspause, gab es mal wieder ein totes Expeditionsmitglied! :'(
Jetzt habe ich dafür zwei Wochen Zeit die ausstehenden Berichte zu schreiben. ^-^
Tintenteufel:
Session III.18
Lum, 2. Tag der Königin 1506 n. B. - BERICHT III
Nach einer kurzen, augenscheinlichen Untersuchung befanden die beiden Gelehrten Fiora und Nattias Nirfang, dass die Runen des Zirkels zu ihren Füßen aus Silber bestanden. Es folgte ein kurzes Streitgespräch mit den beiden Söldnern Hilde und Lios, wie mit dem mysteriösen Fund umzugehen sei.
Der junge Bursche von der Kompanie Ohne Banner fühlte sich offenbar so stark herausgefordert, dass er plötzlich seinen Gefühlen freien Lauf ließ und seine tiefe Zuneigung gegenüber Fiora lautstark kundtat; er sprach sogar von Liebe. Die übrigen Expeditionsmitglieder waren ebenso amüsiert wie verwundert ob der ernsthaften Bekundungen des Söldners.
Er bat die Elfin um eine Erwiderung, doch Fiora wich seinen Fragen nur aus und versuchte ihn stattdessen von der Absurdität seiner Bestrebungen zu überzeugen. Lios lenkte nicht ein, sondern stolperte mit gebrochenem Herzen rückwärts in den Runenzirkel, den er als Vollstrecker von Fioras „Todesurteil“ verstand.
Als er sich vollständig im Zirkel befand, erstrahlte eine Säule aus weißblauem Licht um ihn. Der Zylinder aus magischer Energie existierte nur für einen kurzen Augenblick, dann war er spurlos verschwunden; wie der Söldner!
Wieder wurde diskutiert, bis die anderen Abenteurer dem jungen Burschen schließlich in die Ungewissheit folgten.
Es ging zu schnell, als dass es der königliche Herold Nattias hätte gut beschreiben können, aber wie seine Gefährten auch, wurde unser Agent in eine quadratische Kammer teleportiert.
Die mitternachtsblauen Marmorwände des Raumes standen hinter tiefen Steinregalen zurück. In seinem Boden war ebenfalls ein Runenzirkel aus Silber eingelassen. Die Regale waren unterdessen mit unzähligen Schriftrollen gefüllt. In der Südwestecke der Kammer hielt sich ein rotes Teufelchen mit ledrigen Flügeln in der Luft. Das Scheusal wiederum hielt eine lange Pergamentrolle in seinen krallenbewehrten Fingern, die bis auf den Fußboden reichte.
Als das Teufelchen den Sterblichen gewahr wurde, adressierte es die beiden Gelehrten mit seiner krächzenden Stimme in stark akzentuierter Handelssprache. Dabei stellte es sich als Zensor Nor’Baer vor und wollte im Gegenzug wissen, mit wem es das Vergnügen hatte.
Nor'Baer
Die Abenteurer nannten ihre Namen. Dann fragten sie ihrerseits nach den Aufgaben eines infernalen Zensors in einer so beachtlichen Sammlung arkaner Schriften. Nicht ohne Stolz erklärte Nor’Baer mangelhafte Magie aus dem Verkehr zu ziehen. Um es verständlicher zu machen, durchschnitt er mit der spitzen Kralle an seinem rechten Zeigefinger ein einzelnes Wort auf der langen Pergamentrolle in seinen dürren Händen. Blausilberner Staub rieselte von dem Schriftstück herab, das damit vor den Augen der Sterblichen seinen Zauber verlor.
Nicht nur aufgrund dieser Zerstörung von Magie und Wissen, hakte Nattias nach, welche Inhalte das Teufelchen genau seiner vernichtenden Zensur unterwarf. Nor‘Baer antwortete verschwörerisch mit „Chaosmagie“.*
Das Scheusal erkannte offenbar einen Anhänger des Blauen Gottes in unserem Agenten, denn er erkundigte sich im Gegenzug nach dem Antlitz Lumaenors, welchem der Akolyth huldigte.**
Der Glaubensmann entgegnete wahrheitsgemäß: „Dem lichten Lumaenor in all seiner azurblauen Pracht.“
Fiora hatte sich während der Unterhaltung mit Nor‘Baer zu nah an das Scheusal herangewagt, so zuckte nun völlig unerwartet dessen stachelbewehrter Schwanz vor und stach blitzschnell in den Hals der Elfin. Die Wunde war winzig, doch die Zauberkundige spürte ein brennendes Gift in ihrem zierlichen Körper.
Die beiden Söldner stürzten sich auf das Teufelchen und hatten es im Handumdrehen kampfunfähig gemacht. Hilde fesselte den Zensor, dann wurde der Raum durchsucht.
Fiora fand so gut wie keine Schriftrolle, die nicht von Nor‘Baer zensiert und damit unbrauchbar gemacht worden war. Lediglich zwei intakte Zauber konnte sie bei ihrer kurzen Such entdecken: Brennende Hände auf Leder eingebrannt und Klopfen in eine kleine Steintafel geritzt.
Danach gelang es der Expedition, wieder über den Runenzirkel in die natürliche Höhle hinter dem Geheimgang zurückzukehren.
Vor den beiden großen Feuerschalen weckten sie das Teufelchen aus seiner Bewusstlosigkeit. Fiora, Hilde und Nattias befragten den infernalen Zensor. Sie wollten mehr über die Blaue Bibliothek, ihre Betreiber und den Drachen auf dem Wandmosaik wissen.
Es handelte sich offenbar um eine Kultstätte des Teufels.*** Deshalb hatte sich Nor’Baer für den Glauben unseres Agenten interessiert! Der Sternenkult hortete aber nicht nur arkanes Wissen, er glorifizierte auch Vorkämpfer infernaler Ordnung und Tyrannei; so wie den Blauen Teufel von Marisa.**** Der Geschuppte soll dem Kult sogar ein Geschenk gemacht haben. So glaubten die Männer und Frauen der Bibliothek, dass der berüchtigte Drache eines seiner Eier in das nahegelegene Hexenwasser hatte fallen lassen.
Wie es das Teufelchen mit seinen Aussagen zur Zensur der magischen Schriftstücke bereits verraten hatte, widersetzten sich die Kultisten der Blauen Bibliothek dem Chaos in jeder Form und bekämpften Dämonen sowohl in den unteren Ebenen als auch auf Avalon. Etwas kleinlauter räumte er ein, dass auch die Mächte des Lichts zu ihren Feinden gehörten.
Das letzte Kultoberhaupt hieß jedenfalls Ilvuras. Er war es auch der Nor‘Baer nach Avalon gerufen hatte. Der Zensor diente jedoch in Wahrheit unter Tintenteufeln dem Erzteufel Titivillus. Seine Aussagen ließen insgesamt darauf schließen, dass seit seiner Beschwörung wohl sehr viel Zeit vergangen war.
Die Abenteurer wollten mehr über die Gefahren und Geheimnisse der Bibliothek wissen. Das Teufelchen verweigerte allerdings noch mehr über die finstere Kultstätte preiszugeben. Stattdessen machte er das Angebot seinen Peinigern zu einem Pakt mit Titivillus zu verhelfen. Nattias, Fiora und Hilde lehnten entschieden ab. Lios dagegen schmollte noch immer wegen seiner unerwiderten Liebe gegenüber der Elfin. Der junge Narr zeigte sich also tatsächlich interessiert. Insbesondere nachdem Nor'Baer erwähnte, dass es der Erzteufel vermochte alle Sehnsüchte von Sterblichen zu erfüllen.
Fiora und Hilde gingen bei der Befragung des Teufelchens zu grässlichen Drohungen über. Der infernale Zensor gab daraufhin lediglich den rätselhaften Hinweis, sich vor den Drachen in den lichtlosen Kammern und Korridoren der Bibliothek zu hüten.
Erst unter Folter verriet Nor‘Baer, dass "die lange Halle" von zwei feuerspuckenden Drachenköpfen bewacht wurde. Er empfahl, den Raum über den Geheimgang im Lager zu umgehen. Zuletzt erklärte er noch, dass die Zellen nahe dem Eingang für Seelenspender gedient hatten. Was damit genau gemeint war, wagten die Sterblichen sich kaum auszumalen.
Matthias war Lumaenor für das gewonnene Wissen überaus dankbar, doch er war wiedermals entsetzt, wie ruchlos seine beiden Begleiterinnen vorgingen. Lios zeigte zudem eine kaum zu ertragende Gleichgültigkeit, was das Leid des Scheusals betraf.
Dann gaben die Foltermägde den Mächten des Lichts sei Dank auf.
Hilde löste Nor’Baers Fesseln und das Teufelchen kehrte zu seiner fragwürdigen Aufgabe in der geheimen Kammer mit den zahlreichen Schriftrollen zurück.
Es dauerte nicht lang, da hatten die Abenteurer den geleerten Lagerraum gefunden. Der Raum war schmal und lang; seine Südwand wurde von einem tiefen Steinregal eingenommen. Die dunklen Regalböden waren bis auf Staub und Spinnenweben leer. Nur im östlichsten Winkel war noch ein drakonischer Totenschädel zu finden. Der gelehrte Akoylth erkannte sogar, dass es sich um den Schädel eines jungen Walddrachen handelte, teilte sein Wissen jedoch nicht mit dem Rest der Expedition.
Hilde spürte einen schwachen Luftzug. So fand die Zwergin kurz darauf eine fingerbreite Fuge am unteren Ende der Ostwand. Die Geheimtür!
Fiora leuchtete den Drachenschädel mit ihrem hellrot strahlenden Zauberstecken aus. Die Elfin entdeckte daraufhin bronzene Druckknöpfe in den leeren Löcher von Augen und Schnauze. Abnutzung sowie Grünspanbildung berichteten davon welche Knöpfe dafür genutzt wurden, um die Tür zu öffnen.
Zuversichtlich, die richtigen Schlüsse gezogen zu haben, drückte sie in die Augenhöhlen des Staubfängers. Leise knirschend schwebte die massive Marmorscheibe empor und gab den Blick auf undurchdringliche Finsternis frei.
- Wendelyn, Stadtschreiber von Peredur
*Die königliche Magiergilde gibt an, dass der Begriff “Chaosmagie” unzulänglich bestimmt ist. Im Allgemeinen wird darunter Magie verstanden, die von Dämonen gewirkt wurde oder durch abyssale Verunreinigung entstanden ist. Teilweise werden aber auch herkömmlichere Wandlungszauber so bezeichnet.
**In der hiesigen Kirche des Lichts konnte ich erfahren, dass es Sternenkulte gibt, die ganz bestimmte Aspekte oder Gesichter der drei Mondgottheiten Taran, Nymia, und Lumaenor verehren. In den jungen Reichen der Drachenkönige waren diese Kulte sehr viel stärker verbreitet als heutzutage. Im Fall des Blauen Gottes gibt es jedoch auf Avalon noch immer Sternenkulte des Richters, des Engels, des Vaters und des Teufels.
***Jene Kulte, die dem Teufel huldigen, bestehen überwiegend aus Zauberwirkern, die ihre Seelen für arkane Macht im Diesseits der Finsternis überlassen haben: Hexen, Paktmagier und andere Schwarzmagier.
****Gemeint war hier wohl der altehrwürdige Sturmdrache, der das Reich der Söldnerkönige erobert und damit im Süden Avalons die Macht des heiligen Drachenthrons dauerhaft gebrochen hatte.
Tintenteufel:
Session III.19
Lum, 2. Tag der Königin 1506 n. B. - BERICHT IV
Fiora versuchte, die Finsternis hinter der Geheimtür mit einem Lichtzauber zu bannen. Anstatt ihren Stecken wie gewohnt erstrahlen zu lassen, rief sie jedoch einen winzigen Wurm aus hellrotem Licht hervor, der unerwartet flink über ihren Arm kroch, um einen Augenblick später in ihrem spitz zulaufenden Ohr zu verschwinden.
„Zauberwurm!“, entschuldigte die Magierin ihre Unfähigkeit, für Licht zu sorgen. Übertrieben enttäuscht entzündete Lios eine Fackel.
Vor den Abenteurern lag ein Gang, der weiter nach Osten führte. Seine nördliche Begrenzung war eine der vollkommen fugenlosen Wände aus mitternachtsblauem Marmor, während im Süden eine natürliche Höhlenwand lag. Der Korridor endete in einem großen Raum mit weiteren Gängen nach Osten sowie Türen nach Norden und Süden. Die Marmorwand zwischen den beiden Abzweigungen war mit einem Mosaik versehen, das einen fallenden Stern mit blauem Schweif zeigte. In einer Nische stand eine weitere riesenhafte Statue.
Wie das Lumaenorbildnis im Eingangsbereich, bestand auch diese Statue aus Granit und besaß die Größe eines Riesen. Sie stellte einen gerobten Mann dar, dessen Gesicht in einer tiefen Kapuze verborgen blieb. Es ragten jedoch zwei spitze, offenbar geschwungene Hörner aus dem düsteren Kleidungsstück hervor. Der Gerobte hielt einen Kelch in der Rechten und ein Buch in der Linken. Jenes Buch war deutlich kleiner als der beachtliche Foliant unter dem Arm der Lumaenorstatue. Es wies auch nicht den achtzackigen Stern des Blauen Gottes auf, sondern besaß einen befremdlichen Verschluss in Form einer krallenbewehrten Hand.
Die Gelehrten studierten zunächst das Wandmosaik. Anschließend rätselten sie, wen die Granitstatue darstellen sollte und ob auch sie über ein Geheimnis verfügte. Sie beschlossen erst die Umgebung auf Gefahren zu überprüfen, bevor sie an den Kunstwerken weitere Untersuchungen anstellen wollten.
Die Tür im Norden war nur angelehnt. Fiora und Nattias vermuteten dahinter die lange Halle, von der das Teufelchen Nor‘Baer gesprochen hatte.
Hilde und Lios drangen in den nördlichen der beiden Gänge nach Osten vor. Die Zwergin zerschlug einen weiteren Grauschlick, ansonsten war da nichts Bemerkenswertes. Da der Korridor bald nach Süden abbog und kurz darauf wieder nach Westen, reifte in den beiden Frauen die Annahme heran, dass sich hinter dem Mosaik ein geheimer Raum verbarg.
Die Abenteurer öffneten dennoch zuerst die Türen im Süden. Sie arbeiteten sich dabei von Westen nach Osten durch.
Hinter der ersten Tür lag eine Aussegnungshalle.
Der Raum verfügte über einen großen Steinblock aus dem allgegenwärtigen, mitternachtsblauen Marmor sowie über ein Steinregal im Osten.
Die Halle war bis auf Staub und Spinnweben leer. Nur in dem Regal fanden sich vier Kanopenkrüge aus einem hellen Gestein mit azurblauen Einschlüssen. Die vier gespenstischen Gefäße waren etwa einen Fuß hoch und ähnelten schweren Vasen mit steinernem Deckel. Jene Verschlüsse besaßen wiederum die Form von Tierköpfen. So waren da der Kopf eines Schakals, eines Krokodils, eines Falken und einer Schlange.
Nattias Nirfang klärte die anderen Expeditionsmitglieder darüber auf, dass solche Kanopen bei den Bestattungsriten seines Glaubens zum Einsatz kamen. Die Tatsache, dass die kostbaren Krüge nur bei der Erschaffung von untoten Mumien eingesetzt wurden, verschwieg er allerdings. Er wollte die angespannte Stimmung in den Tiefen der Blauen Bibliothek nicht noch zusätzlich belasten. Zumal solche Riten nur im Unheiligen Land praktiziert wurden.
So hatte er aber auch nichts dagegen einzuwenden, als die beiden Frauenzimmer die Kanopen einsteckten.
Hinter der zweiten Tür lag ein weiterer Lagerraum, dessen langes Steinregal bis auf mehr Staub und mehr Spinnweben nur ein paar löchrige Leinenbinden für die Abenteurer bereit hielt. Auf dem Boden der schmalen Kammer fanden sich dagegen noch Scherben aus Glas und Ton, die von zerstörten sowie vermutlich auch entwendeten Gefäßen verschiedenster Größen und Formen zeugten.
Hinter der dritten Tür lag eine Gruft. Die Luft war hier merklich kühler als im Rest der Bibliothek.
Fiora versuchte einen Schutzzauber zu sprechen, allerdings kam dabei der hellrote Lichtwurm aus einem ihrer weiten Ärmel gekrochen und ruinierte die komplexe Bewegungsabfolge ihrer schlanken Finger. Der Zauber misslang und der leuchtende Parasit entkam erneut.
In der kargen Kammer standen jedenfalls zwei Steinsärge. Auf den Deckeln der Sarkophage lagen die blanken Schädel von Widdern, welche scheinbar vor langer Zeit von einer dunklen Flüssigkeit verfärbt worden waren. Durch fünf runde Öffnungen im Sargdeckel war jene Flüssigkeit jedoch in die jeweilige Totenlade abgelaufen.*
Hilde spähte unter einen der Tierschädel. Sie entdeckte einen fünfzackigen Stern, der in den Deckel eingeritzt war. Das Pentagramm verband die fünf Löcher miteinander und hatte ebenfalls die dunkle Flüssigkeit aufgenommen. Die beiden Gelehrten beratschlagten, wie mit den Särgen umzugehen war, bis die Wissbegierde obsiegte und die Expedition einen Sarkophag öffnete.
Sogleich griff eine bleiche, sehnige Hand mit schwarz-gelben Fingernägeln nach den Armen der Söldner, die den Sargdeckel gerade zur Seite schoben.
Der Akolyth des Blauen Gottes tastete nach seinem heiligen Symbol. Bevor er die silberne Raute aber zu fassen bekam, wurde bereits der Deckel von der Totenlade geschleudert. Ein untoter Krieger erhob sich über die Lebenden und schlug ansatzlos mit seinem schartigen Schwert nach Lios.
Plötzlich polterte auch der zweite Sargdeckel auf den Höhlenboden. Ein zweiter Gruftschrecken sprang hervor und griff die Elfin mit einer rostigen Klinge an. Die Zauberkundige wurde schwer verwundet, ihre Leibwächterin drosch den magischen Runenhammer gegen den Untoten, dann erst sprach der Priester seinen Vertreibungszauber. Die heilige Raute unseres Agenten begann auf der Stelle weißblau zu strahlen. Das göttliche Licht brannte offensichtlich in den rot-schwarzen Augen der Gruftschrecken, die gequält aus der Kammer flüchteten.
Es brauchte ein gutes Dutzend ohrenbetäubender Herzschläge, bis sich alle Expeditionsmitglieder ausreichend beruhigt hatten. Solche Untoten gehörten immerhin zu den höheren Dienern der Schwarzen Göttin und jeder von ihnen wusste sich glücklich zu schätzen noch am Leben zu sein.
Zögerlich wagten sich zunächst die Söldner aus der Kammer, denen Nattias mit fest umschlossener Raute folgte. Sie wussten nicht wo die Gruftschrecken wieder Herr ihrer unheiligen Glieder geworden waren.
Die Abenteurer kehrten zu den düsteren Kunstwerken zurück. Fiora kletterte auf die Statue und warf einen Blick in den Kelch. Ihre scharfen Elfenaugen entdeckten dunkle, rot-braune Rückstände darin. Sie biss die Zähne zusammen, drückte eine Hand auf die blutende Wunde an ihrem Schlüsselbein und streifte den frischen Lebenssaft anschließend in dem Granitgefäß ab.
Langsam erhob sich rubinroter Dunst aus dem Kelch. Unterdessen versank die Wandscheibe mit dem Mosaik des fallenden Sterns im Boden. Das Fackellicht von Lios fiel in eine weitere geheime Kammer, deren Wände bis zur natürlichen Höhlendecke von gefüllten Steinregalen verborgen wurden.
- Wendelyn, Stadtschreiber von Peredur
*Die Kirche des Lichts konnte mich aufklären, dass die berüchtigten Wighur - ein Stamm der menschlichen Ureinwohner Avalons - ihre Toten auf diese Weise in Hügelgräbern bestattet haben. Wurde jene Beisetzung von einem mächtigen Zauberwirker durchgeführt, konnten die Toten ihren Kampf gegen die Stammesfeinde als untote Gruftschrecken fortführen.
Tintenteufel:
Spielbericht III.20
Lum, 2. Tag der Königin 1506 n. B. - BERICHT V
Auf dem mitternachtsblauen, schwarz geäderten Marmor der Steinregale standen zahlreiche Bücher mit Rücken aus dunklem Leder, angelaufenem Metall und bleicher Haut, die befremdlich an jene von Menschen, Elfen und Halblingen erinnerte. Zwischen den Konvoluten, Manuskripten, Fibeln und Folianten lagen einzelne Schriftrollen, Glasbehältnisse mit trübem Inhalt und die verstaubten Schädel von Tieren, Monstern sowie Humanoiden. In den Boden der Kammer war ein Runenzirkel aus Rotgold eingelassen.
Als die Wandscheibe der Geheimtür vollständig im Boden versunken war, betrat die Söldnerin Hilde zuerst den mysteriösen Raum. Sie ging geradewegs auf den Zirkel zu, in dem sie eine feine Rußschicht entdeckte. Fiora wollte an der Seite ihrer Leibwächterin bleiben und schloss zügig auf. In etwa gleichzeitig erreichten sie die rotgoldenen Runen, die plötzlich in einem orangen Licht explodierten.
Beide Frauen wichen rechtzeitig zurück, um nicht vollständig von dem emporschießenden Flammenzylinder aus dem Runenzirkel umschlossen zu werden. Das magische Feuer existierte nur für einen kurzen Augenblick; sein Kern war dabei rubinrot, sein Saum dagegen azurblau.
Es war für alle vier Abenteurer unvorstellbar heiß, aber die Zwergin taumelte mit verbrannten Unterarmen rückwärts, während die Elfin qualmend und bewusstlos zu Boden ging.
Nattias heilte die Zauberkundige mit der Magie, die ihm sein Gott zuteilwerden ließ. Es gelang dem Akolythen Lumaenors die schlimmsten Wunden von Fiora wieder wegzuzaubern, doch wie die Gelehrte waren auch alle anderen Expeditionsmitglieder am Ende ihrer Kräfte.
Die Geheimtür begann sich zu schließen. Allerdings entdeckte Hilde eine Vertiefung neben der Türöffnung von der Form sowie Größe des Lapislazulitellers: ein Öffnungsmechanismus. Es wurde beschlossen, in der Kammer zu rasten.
Das Fackellicht reichte nur noch dafür, die Ecken jenseits des Runenzirkels aufzuteilen und die Schlafsäcke auszulegen. Auf Wachen wurde in der vermeintlichen Sicherheit des Geheimraums gänzlich verzichtet.
Die beiden geschundenen Frauen schliefen schon, bevor die Fackel verloschen war. Nur Lios blickte noch nachdenklich zu der Elfin hinüber, der er sein Herz geschenkt hatte.
Dann starb das feurige Licht. Undurchdringliche Finsternis bemächtigte sich dem unheimlichen Raum mit den befremdlichen Büchern, Behältnissen und Totenschädeln.
Ein weiterer Feuersturm, gefolgt von einer eiskalten Stimme, weckte die Expeditionsmitglieder nach wenigen Stunden Alptraum geplagten Schlafes.
Fiora ließ augenblicklich ihren Stecken in hellrotem Licht erstrahlen. Die Zauberwirker hatten also immerhin ausreichend geruht, um neue Magie schöpfen zu können.
Die Elfin enthüllte eine schlanke Frau mit fein geschnittenen Gesichtszügen, blasser Haut und pechschwarzem Haar, die sich mit rabenschwarz gefiederten Schwingen über dem Runenzirkel in der Luft hielt. Das engelsgleiche Wesen trug einen nachtschwarzen Plattenpanzer und war mit einem gezogenen Zweihänder sowie einem Langbogen über ihrer Schulter bewaffnet.
Nattias erkannte in ihr eine Erinye, einen gefallenen Engel der nun in den Diensten infernaler Mächte der Finsternis stand. Die Teufelin wollte wissen, wie die Sterblichen gedachten dem „Herren der Zitadelle“* zu dienen, mit Schwert oder Zauber. Hilde nahm der Erinye ganz frei heraus jede Hoffnung die Abenteurer als Rekruten für den Blutkrieg** zu verstehen.
Das schöne Gesicht der Gefallenen verzog sich zu einer Fratze des Zorns, während sie ohne jedwedes Zögern auf die Zwergin, die Elfin und Lios herabschoss.
Ihre mächtige Klinge brachte den Söldner zu Fall und die anderen beiden in arge Bedrängnis. Als jedoch die Gegenangriffe der Zwergin Wirkung zeigten, zog sich die Furie in den Fernkampf zurück. Sie flog aus der Reichweite von Hildes Hammer und schoss Pfeil um Pfeil auf die Expeditionsmitglieder.
Die schwarz gefiederten Geschosse bohrten nicht nur garstige Wunden in ihre Körper, sondern waren auch vergiftet. So nahm bald ein solcher Pfeil der Zwergin die Herrschaft über ihre Glieder. Hildes Augen wurden tiefschwarz und sie schlug unerbittlich auf ihre eigene Auftraggeberin ein, bis ihr Runenhammer die Elfin am Kopf traf und sie bewusstlos von den Beinen fegte.
Schauderhaft lachend flog die teuflische Bogenschützin aus dem Runenzirkel heraus, landete und trat wieder in den Kreis hinein. Die rot-blaue Flammensäule fauchte auf und die Erinye war verschwunden.
Ich bin kein Gelehrter im eigentlichen Sinne und erst recht kein Fachmann was arkane Magie anbelangt, doch ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser Zirkel mehr als eine Falle infernaler Glyphen ist!
Unser Agent musste sich zunächst noch mit einem beschworenen Schild des Glaubens gegen die mordlustige Zwergin verteidigen, bis die Wirkung des Giftes endlich verflogen war.
Hilde ließ sich kaum etwas anmerken, aber Nattias spürte, wie betroffen die Söldnerin war, Fiora mit dem Zauberbrecher niedergestreckt zu haben; einer Waffe die nur zu dem Zweck geschaffen worden war, Zauberwirker zu erschlagen.
Der Akolyth des Blauen Gottes heilte die Verwundeten. Anschließend wollten die Abenteurer so schnell wie möglich zurück ans Tageslicht. Sie verzichteten sogar darauf, den Geheimraum zu durchsuchen!
Bevor die Expedition sich in der Kammer eingeschlossen hatte, hatte Lios den Verbleib der Gruftschrecken (siehe Bericht IV vom 2.8.1506) ausgekundschaftet. Die Untoten waren nach ihrer Vertreibung durch Nattias bis zu den Statuen im Eingangsbereich geflohen.
So blieben die Abenteurer natürlich wachsam.
Sie kehrten zunächst durch den Lagerraum mit dem Drachenschädel in den westlichen Teil der Bibliothek zurück.
Die Gruppe war gerade dabei die beiden silbernen Feuerschalen mit den blauen Flammen zu passieren, da vernahmen die Söldner ein tiefes Knurren, wie es Wölfe oder besonders große Hunde von sich geben.
Voller Schrecken sahen Hilde und Lios das infernale Licht von zwei orange glühenden Augen im Korridor des Gallertwürfels auf sie zukommen. Kurz darauf hörten sie bereits das Hecheln des Höllenhundes, dessen rotbraunes Fell sich nun langsam aus der Dunkelheit schälte. Als sie zur Flucht ansetzen wollten, sprang das Scheusal nuff er so auf sie zu. Obwohl der Hund schnell war, hofften die Abenteurer den Ausgang noch rechtzeitig erreichen zu können, da spuckte ihr vierbeiniger Verfolger ihnen plötzlich eine Feuerwolke in den Rücken.
Lios, Hilde und Fiora wurden in rote Flammen mit azurblauem Saum gehüllt. Die Frauen ließen sich fallen, während der junge Söldner zur menschlichen Fackel wurde. Seine gellenden Schreie hallten noch durch die schattenverhangenen Gänge der Bibliothek, als sein rußgeschwärzter Körper qualmend und leblos vor der Statue mit der kleinen silbernen Schale zusammenbrach.
Nach nur einem Herzschlag war die Zwergin wieder auf den Beinen, um den feuerspuckenden Hund mit ihrem Runenhammer zu empfangen. Sobald die rennende Bestie in Reichweite war, zertrümmerte sie ihm zielsicher die Schnauze mit dem gefährlichen Raubtiergebiss. Das Scheusal wich winselnd zurück. Öliger Rauch troff aus seinem geschundenen Maul. Es warf sich dennoch auf die wackere Söldnerin.
Hilde trat zur Seite und schlug ihre Waffe tief in den Brustkorb des Höllenhundes, der auf der Stelle zu noch mehr öligem, stinkenden Qualm zerfloss.
Trotz des raschen Sieges über den furchteinflößenden Gegner konnte unser Agent nichts mehr für Lios tun; die schrecklichen Verbrennungen des jungen Söldners waren zu schwer und seine Seele war bereits weitergezogen.
Nun waren es die Untoten, die den drei überlebenden Expeditionsmitgliedern die größten Sorgen bereiteten. Die Gruftschrecken lauerten am einzigen bekannten Ausgang der Blauen Bibliothek und die Kämpfe nach der erholsamen Rast hatten den Sterblichen schwer zugesetzt.
Hilde, Fiora und Nattias bewegten sich auf den Ring von zwölf Statuen um das Lumaenorbildnis zu, da lösten sich zwei kriegerische Gestalten aus den Schatten jenseits der magischen Lichter.
Unser Agent trat ihnen voller Gottvertrauen entgegen. Er hielt die silberne Raute vor sich und sprach die Zauberformel, um die Untoten zu vertreiben. Doch der Blaue Gott hatte sich von seinem Akolythen abgewandt. Als sein letztes Wort verhallte, fühlte Nattias eine unbeschreibliche Leere sowie Einsamkeit und die göttliche Magie blieb aus.
Mit unbändiger Wut und Schadenfreude in den dunklen Augen griffen die blassen Gruftschrecken den verlassenen Priester an, bis sich die zwergische Söldnerin dazwischen drängte. Sie fing die schartigen Klingen der untoten Angreifer ab, nur um einen Herzschlag später ihre Kniegelenke bersten zu lassen und ihnen die Schädel einzuschlagen.
Die beiden Gelehrten wollten nur noch aus der Finsternis voller Tod und Zerstörung entkommen. Sie stiegen über die gefallenen Gegner hinweg und öffneten das Portal mit dem Lapislazuliteller. Hilde hatte jedoch eigentümliche Runen auf dem Harnisch eines Gruftschrecken entdeckt. Da es sich mit Gewissheit nicht um zwergische Schriftzeichen handelte, sie sich aber nicht gut mit solchen Dingen auskannte, löste sie die Rüstung von ihrem niedergestreckten Besitzer und nahm sie ganz einfach mit.
Niemals zuvor hatten sich die Abenteurer so über das streckenweise zehrende Lautgeben ihres Esels sowie den Gestank der Grünen Grotte gefreut, wie in dem Augenblick danach.
- Wendelyn, Stadtschreiber von Peredur
*Der „Herr der Zitadelle“ war mir kein geläufiger Begriff oder Titel. Darum habe ich sowohl die Kirche des Lichts, wie auch die königliche Magiergilde um Aufklärung gebeten.
Mitunter wird wohl der Erzteufel Mephistopheles, Herrscher der Achten Hölle Cania, als solcher bezeichnet. Jener Herr der Zitadelle gilt als begnadeter Arkanist und Pyromant des gefürchteten Höllenfeuers, was alles für seine Nähe zum Sternenkult der Blauen Bibliothek spricht. Ist Mephistopheles „der Teufel“?
**Im Zuge meiner Nachforschungen zu dem Erzteufel kam der Blutkrieg erneut zur Sprache. Dabei handelt es sich um den ewig währenden Krieg zwischen den Scheusalen der niederen Existenzebenen, in den sich aber auch das himmlische Heer der Solani über die Jahrtausende immer wieder eingemischt hat und der mit dem Dämonenkönig Arzul schließlich auf Avalon übergeschwappt ist.
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