Pen & Paper - Spielsysteme > Systemübergreifende Themen
Welche "realistischen" Rollenspiele kennt ihr (Bitte Definition beachten)?
Raven Nash:
--- Zitat von: Lichtschwerttänzer am 7.06.2021 | 16:41 ---Riposte?
Könnte man wohl mit einer Kampfrundenprobe einfach abhandeln
--- Ende Zitat ---
Jein. "Riposte" wird ja auch als Konter nach Parade verwendet. Bis vor ein paar Jahren war im HEMA der Begriff "Afterblow" verbreitet und heiß diskutiert.
--- Zitat ---Was mich ja an vielen der 90iger-Sim-Spielen gestört hat: da wird die Wirklichkeit menschlicher Interaktion beinahe völlig auf eine Physik-Simulation runtergebrochen.
--- Ende Zitat ---
Ich drücke das mal ganz brutal aus: Weil keiner ein Weichei spielen will, das nach dem Kampf heulend zusammenbricht.
RP bedeutet halt Abenteuer & Action - das sind Bruce Willis und Steven Seagal, nicht Joachim Heulsuse und Hans-Dieter Arschgeige.
Andererseits muss man natürlich auch festhalten, dass der 08/15 Fantasy-Held in einem Umfeld aufwächst, bei dem Gewalt zur Tagesordnung gehört. Der steckt brutale Kämpfe deutlich leichter weg als der Spieler, dessen einzige Gewalt-Erfahrung eine Rangelei auf dem Schulhof ist.
In der durchschnittlichen Fantasy-Welt wären empathische Heiler eigentlich deutlich unrealistischer als kaltschnäuzige Krieger.
tartex:
--- Zitat von: Raven Nash am 8.06.2021 | 08:10 ---Ich drücke das mal ganz brutal aus: Weil keiner ein Weichei spielen will, das nach dem Kampf heulend zusammenbricht.
RP bedeutet halt Abenteuer & Action - das sind Bruce Willis und Steven Seagal, nicht Joachim Heulsuse und Hans-Dieter Arschgeige.
--- Ende Zitat ---
Für mich auch - ich will auch Abenteuer & Action -, aber dazu stehe ich und behaupte dann nicht, dass es mir um Realismus geht.
Man muss ja auch gar nicht in die Spieler-Charakter-Autonomität eingreifen. Es wäre einfach mal interessant sowas zu NSCs zu haben. Ich bin sicher, es gibt da genügend militärische Studien, auf die man zurückgreifen kann.
--- Zitat von: Raven Nash am 8.06.2021 | 08:10 ---In der durchschnittlichen Fantasy-Welt wären empathische Heiler eigentlich deutlich unrealistischer als kaltschnäuzige Krieger.
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Ich brauche auch keine PTSD-Helden, aber ich glaube, wenn man das so schnell abtut, ohne irgendwelche Belege vorzulegen, dass es unrealistischer wäre, macht man es sich doch zu leicht.
Bestes Beispiel: Speerfeuer, Feuerschutz und Deckungsfeuer. Wenn ein 'realistisches Spiel' sowas nicht berücksichtig, aber dafür Modifikatoren für Milzverletzungen hat, ist etwas arg aus dem Lot.
Jiba:
--- Zitat von: Raven Nash am 8.06.2021 | 08:10 ---RP bedeutet halt Abenteuer & Action - das sind Bruce Willis und Steven Seagal, nicht Joachim Heulsuse und Hans-Dieter Arschgeige.
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RP bedeutet erstmal „Role-Playing Game“. Nichts anderes. Was für eine Rolle da gespielt wird, ist von Spiel zu Spiel völlig unterschiedlich.
Und ich gehe noch weiter: Jemand der sich tatsächlich mit dem psychischen und emotionalen Fallout seiner Entscheidungen auseinandersetzen muss und daran auch zu Kauen hat, kann sich den Orden für den größten Badass ans Revers heften: Nicht so’n Halbpsychopath, bei dem schon qua Regeln nicht vorgesehen ist, dass der irgendwas fühlt. Zumal die Integration von z.B. Trauma in ein Spiel nicht heißen muss, dass alle Charaktere psychische Wracks werden. Das ist völlig überspitzt.
--- Zitat ---Andererseits muss man natürlich auch festhalten, dass der 08/15 Fantasy-Held in einem Umfeld aufwächst, bei dem Gewalt zur Tagesordnung gehört. Der steckt brutale Kämpfe deutlich leichter weg als der Spieler, dessen einzige Gewalt-Erfahrung eine Rangelei auf dem Schulhof ist.
In der durchschnittlichen Fantasy-Welt wären empathische Heiler eigentlich deutlich unrealistischer als kaltschnäuzige Krieger.
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Auch Unsinn. Gab’s etwa auch in brutaleren Zeiten (so historisch gesehen) keine empathischen Menschen, die es zu was gebracht haben? Last that I checked basiert die bisher größte Weltreligion auf einem Typen, den man im Kontext seiner Lebenszeit vor 2000 Jahren schon als empathisch beschreiben konnte. Und die Historie kennt weitere, zahlreiche Beispiele.
Und die Tatsache, dass ein Fantasy-Krieger in einer brutalen Welt aufwächst, ist sogar ein Argument für die Beigabe von Regeln zu Psyche und Trauma: Es ist ja grade spannend zu erforschen wie so jemand tickt. Die Ursache darin, dass er das vermeintlich besser wegsteckt liegt nämlich höchstwahrscheinlich an traumatischer Abstumpfung.
Raven Nash:
--- Zitat ---Last that I checked basiert die bisher größte Weltreligion auf einem Typen, den man im Kontext seiner Lebenszeit vor 2000 Jahren schon als empathisch beschreiben konnte.
--- Ende Zitat ---
Du meinst die frei erfundene Figur in Geschichten, die später aus politischen Gründen zu einem Reader's Digest zusammengekürzt und in einer schlechten Übersetzung in eine Sprache, die nur 1% verstanden, publiziert wurde? Über das historische Vorbild jener sagenhaften Figur ist recht wenig bekannt. >;D
Und besagte Weltreligion fußt auf weit älteren Geschichten, die man sich an Lagerfeuern in der Wüste erzählt hat. Und die sind dann auch noch meist eher wenig "empathisch". ;)
So, genug davon.
Fakt ist, dass das Umfeld die Psyche formt. Historische Quellen haben meist kein Problem damit, Dinge als normal zu schildern, die uns heute erschrecken würden (lies mal Gerichtsakten der Frühen Neuzeit...). Wenn man mit Menschen aus Kulturen zu tun hat, bei denen Gewalt noch alltäglich ist, stellt man ebenfalls fest, dass die Grenze zu dem, was bei uns Angst und Abscheu erzeugt, deutlich höher liegt.
Hat auch was mit psychischem Selbstschutz zu tun.
Dieses Hochloben der sog. "Empathie" ist doch vor allem ein Wohlstandsprodukt. Wenn es ums Überleben geht, verliert das ganz schnell an Bedeutung.
--- Zitat ---Bestes Beispiel: Speerfeuer, Feuerschutz und Deckungsfeuer.
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Moderne Gefechtsführung und Fantasy sind zwei Paar Schuhe. Ohne automatische Waffen sieht das schon anders aus, und mit Bogen oder Armbrust gleich nochmal.
Man betrachte Crecy, wo die Franzosen trotz Pfeilhagel und Morast meinten, den Hügel erstürmen zu können. ;)
Da spielt auch sehr stark sozialer Druck und Ideale rein. Damals war es das Ideal der Tapferkeit, heute sind's seltsame Ideologien für Selbstmordattentäter. Das Ergebnis ist das selbe: sehenden Auges in den Tod rennen.
Ich finde das z.B. in TOR recht gut umgesetzt, wo es deutlich kampfentscheidender ist, die Gefährten immer wieder neu anzufeuern (Rally) und die Feinde einzuschüchtern, als wirklich Gegner umzumetzeln. Wenn von 10 Orks 3 fallen und die restlichen 7 die Hosen voll haben, ist der Kampf auch gewonnen. Aber wenn der Ringgeist dahinter steht, kämpfen die auf einmal bis zum Tod.
Jiba:
--- Zitat von: Raven Nash am 8.06.2021 | 12:45 ---Du meinst die frei erfundene Figur in Geschichten, die später aus politischen Gründen zu einem Reader's Digest zusammengekürzt und in einer schlechten Übersetzung in eine Sprache, die nur 1% verstanden, publiziert wurde? Über das historische Vorbild jener sagenhaften Figur ist recht wenig bekannt. >;D
Und besagte Weltreligion fußt auf weit älteren Geschichten, die man sich an Lagerfeuern in der Wüste erzählt hat. Und die sind dann auch noch meist eher wenig "empathisch". ;)
So, genug davon.
--- Ende Zitat ---
Kann man natürlich jetzt ins Lächerliche ziehen. Fakt ist aber, dass Charaktereigenschaften wie Empathie, Kooperation und generelles "ein netter Mensch sein" auch in anderen historischen Figuren zu finden waren (eben auch solchen, die sich auf besagte fiktive Figur stützen) und das auch gut dokumentiert ist. Das Prinzip der Philanthropie beispielsweise existiert schon seit der Antike.
--- Zitat ---Fakt ist, dass das Umfeld die Psyche formt. Historische Quellen haben meist kein Problem damit, Dinge als normal zu schildern, die uns heute erschrecken würden (lies mal Gerichtsakten der Frühen Neuzeit...). Wenn man mit Menschen aus Kulturen zu tun hat, bei denen Gewalt noch alltäglich ist, stellt man ebenfalls fest, dass die Grenze zu dem, was bei uns Angst und Abscheu erzeugt, deutlich höher liegt.
Hat auch was mit psychischem Selbstschutz zu tun.
--- Ende Zitat ---
Ja, siehst du. Das Umfeld formt die Psyche. Erlebnisse formen die Psyche. Warum sollte ich keine simulierenden Regeln dafür haben wollen, mit denen ist da ein wenig Realismus reinbringe.
--- Zitat ---Dieses Hochloben der sog. "Empathie" ist doch vor allem ein Wohlstandsprodukt. Wenn es ums Überleben geht, verliert das ganz schnell an Bedeutung.
--- Ende Zitat ---
Das Hochloben des "Egoismus" ist ebenfalls ein Wohlstandsprodukt, genauso wie die Sichtweise, dass "Arschloch-Sein" irgendwie der natürliche Urzustand alles Menschlichen ist. In der Tat sind Empathie, also die Möglichkeit sich in andere hineinzuversetzen, wie auch die Fähigkeit zur Kooperation mit Fremden die größten Fortschrittstreiber und Überlebensgaranten der gesamten Menschheitsgeschichte gewesen. Wären alle Menschen immer ausschließlich Egoisten gewesen gäbe es besagten Wohlstand heute gar nicht. Wer Überleben will, muss zusammenarbeiten. Wer Geflügel will, muss freundlich sein.
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