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Tod durch Würfelpech

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aikar:
Gestern ist mir wieder bewusst geworden, wie sehr ich es hasse, wenn Systeme es zulassen, dass Charaktere einfach durch Würfelpech sterben.

Ich habe kein/wenig Problem damit, wenn ein System tödlich ist, wenn es die Spieler zu umsichtigen Verhalten anhält und sie Herausforderungen z.B. ohne Kampf lösen. Was ja von vielen OSR-Fans als tolle Wirkung hoher Tödlichkeit dargestellt wird.
Aber hohe Tödlichkeit heißt halt auch, dass eine Verkettung blöder Würfelwürfe einen Charakter ohne Zutun oder Einflussmöglichkeit eines Spielers umbringen kann.

Gestern ist bei uns der Magier der Gruppe (D&D5 Stufe 1) durch einen versauten Wahrnehmungs-Wurf (gewürfelte 1) in einen Hinterhalt geraten, der erste Angriff des Gegners war ein kritischer Erfolg und der hohe ausgewürfelte Schaden hätte den Magier ohne weitere Todesrettungswürfe automatisch umgebracht.
Wir haben das dann gemeinschaftlich auf "normales Sterben" (dass dann durch Stabilisieren verhindert wurde) und eine Langzeitwirkung (schwere Verätzungen die zu einem CHA-Malus führen, bis es mal mit mächtigerer Magie behandelt wird) abgemildert, weil einfach niemand in der Gruppe das haben wollte, schon gar nicht zu Beginn einer Kampagne.

Einen ähnlichen Fall hatte ich vor Jahren mal bei Savage Worlds, wo ein Charakter durch endlos explodierende Schadenswürfel einer Fledermaus (!) am Eingang eines Dungeons gleich zu Beginn des Abenteuers von voller Gesundheit zu Tode gekommen ist ohne dass der SC oder der Spieler irgendwas hätte machen können. Das hat Savage Worlds dann damals bei mir erst mal den Todesstoß gegeben.

Und ein weiterer Stufe 1 D&D5-Charakter wurde ebenfalls in ihrem ersten Kampagnen-Abenteuer unglücklich etwas abseits der restlichen Gruppe von zwei Armbrustbolzen mit hohem Schadenswurf getroffen und hat dann alle Todesrettungswürfe versaut.

Wie geht ihr mit so was um? Mich würde explizit auch die Meinung der Verfechter hoher Tödlichkeit interessieren. Bitte nur nicht "Bei hoher Tödlichkeit müssen sich die Spieler eben mehr Gedanken machen". Wie gesagt ist mir dieser Spielstil bewusst und verständlich. Hier geht es einfach um reines F... Würfelpech, das z.B. bei OSR-Systemen ja auch auf höheren Stufen noch solche Opfer fordern kann. Wird da einfach gelacht und ein neuer Charakter ausgewürfelt?
Die Spieler die ich kenne, hängen meist schon nach der Charaktererstellung so stark am Charakter (weil wir es so wollen und uns entsprechend beim Charakterbau Mühe geben), dass ein Charaktertod auch schon im ersten Abenteuer das Herz bluten lässt und nicht einfach mit einem Schulterzucken abgetan wird. Einfach weil man sich darauf gefreut hat, genau diesen Charakter in der Kampagne zu spielen und dafür in der Session 0 Verknüpfungen im Hintergrund und mit anderen Charakteren angelegt hat.

Boba Fett:

--- Zitat von: aikar am 30.06.2021 | 08:02 ---Gestern ist mir wieder bewusst geworden, wie sehr ich es hasse, wenn Systeme es zulassen, dass Charaktere einfach durch Würfelpech sterben.
...
Wie geht ihr mit so was um?
--- Ende Zitat ---

"Shit happens, mach Dir bitte einen neuen Charakter."
...
Ich nehme das Rollenspiel nicht nur als "Ausspielen einer Rolle" (das ist natürlich integraler Bestandteil, aber eben auch  nur ein (!) Bestandteil), sondern auch als Gesellschaftsspiel wahr. Und bei einem solchen Gesellschaftsspiel gehört es auch dazu, dass man verlieren kann.
In einigen Situationen finde ich das schnelle Aus sogar besser als eine frustrierende Quälerei, die den ganzen Abend andauert.

Außerdem signalisiert es allen Mitspielern am Tisch: "Hier ist etwas falsch gelaufen, beachtet das in Zukunft." Das soll dann nicht bedeuten, dass man solche Resultate immer verhindern kann, wenn man sich nur taktisch klug genug anstellt. Wir reden hier ja vom Pech. Aber: "Shit happens" eben manchmal.
Und insofern reden wir nur von Wahrscheinlichkeiten und deren Reduzierung.

In letzter Instanz: Es ist 'nur' ein Spiel. Der Charakter ist 'nur' Notizen und Zahlen auf einem Stück Papier und investierte Zeit.
Die zeitliche Investition ist aber auch während deren Verlauf durch den Unterhaltungswert abgegolten worden. Insofern darf man es natürlich als 'schade' empfinden, wenn einem ein Charakter stirbt - aber das gehört zu einem Spiel dazu.

Wer das nicht möchte, muss sich eine Story-Telling Beschäftigung suchen, bei der man sowas ausschließen kann. Es gibt genug genug davon.
Und es ist auch nicht falsch, sich das als Zeitvertreib auszusuchen. (Man kann sich höchstens austauschen, inwiefern das als 'Spiel' (Gesellschaftsspiel) wahrgenommen werden kann.)

Und ja, ich mag auch kein "Respawn" bei Computerspielen. Spielsituationen abspeichern stellt für mich ein Feature dar, dass man am Ende eines gespielten Abends macht. Deswegen spiele ich die allermeisten Spiele auch nicht.

ArneBab:

--- Zitat von: Boba Fett am 30.06.2021 | 08:41 ---Wer das nicht möchte, muss sich eine Story-Telling Beschäftigung suchen, bei der man sowas ausschließen kann. Es gibt genug genug davon.

--- Ende Zitat ---
Oder einfach ein Rollenspielsystem, das keinen Tod *nur* durch Würfelwurf kennt.

Boba Fett:

--- Zitat von: ArneBab am 30.06.2021 | 09:00 ---Oder einfach ein Rollenspielsystem, das keinen Tod *nur* durch Würfelwurf kennt.
--- Ende Zitat ---

Ja, naja - eigentlich ein anderes Thema. Letztendlich ist das für mich eine Genre Frage.
Ich finde so etwas bei unernsten Genres wie Mantel & Degen in Ordnung.
Ansonsten (und jetzt sind wir wieder beim Thema) sehe ich einen Charaktertod (insbesonder wenn er unverhofft zu Stande gekommen ist) eigentlich als optionales Element, auf das ich nicht verzichten möchte. Denn das gehört für mich zum Spielinhalt dazu. Ich möchte mit dem potentiellen Risiko des Verlustes spielen und ich möchte auch mal um einen (virtuellen) Verlust "trauern" können. Ich möchte auch mal geschockt sein, weil plötzlich jemand aus der eigenen Mitte fehlt.
Und mir dann überlegen, wie mein Charakter damit umgeht. (oder wahrnehmen, wie die anderen damit umgehen, wenn es mein Charakter war)
Wenn das immer nur möglich ist, nachdem es alle abgenickt haben (überspitzt formuliert), dann nehme ich das nicht mehr als "Verlust" wahr.

JollyOrc:
Ich mache sowas von der Stimmung am Tisch abhängig.

Fiktive Situation #1: Beginn einer Kampagne, die Charaktere haben alle eine ausgeklügelte Hintergrundgeschichte die wir in Session 0 zusammen erstellt haben, sind untereinander und mit der Kampagne verwoben. Wir haben insg. 1h gespielt und sind in dem ersten Kampf mit einer Sumpfratte um das Kampfsystem für alle besser kennenzulernen. Ich würfel überraschend hoch und der Magier stirbt, ohne selbst überhaupt eine Chance zu haben, zu den Würfeln zu greifen.

Ich schaue auf die Würfel und würfel wortlos nochmal...

Fiktive Situation #2: Gleiche Gruppe, aber wir sind jetzt in Session 2. Erste Begegnung mit den Schergen vom Big Bad. Der Magier vergeigt seinen Rettungswurf (erster Wurf des Abends) und stirbt. Ärgerlich, aber so hat die Gruppe halt einen Grund so richtig sauer auf die Schergen und Big Bad zu sein. Der Wurf steht.

Fiktive Situation #3: Gleiche Spieler, aber wir spielen irgendwas OSR-nahes. Die Charaktererstellung hat mit Erklärung und Spezialitäten absprechen insg. 30min gedauert und man marschiert ins Dungeon. Erste Falle schnappt zu, weil die Diebin beim Aufmerksamkeitswurf gepatzt hat. Zwei Chars sind sofort tot. Man zieht sich zurück und heuert im Dorf zwei neue Leute an..

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