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Tod durch Würfelpech
nobody@home:
--- Zitat von: aikar am 30.06.2021 | 08:02 ---Die Spieler die ich kenne, hängen meist schon nach der Charaktererstellung so stark am Charakter (weil wir es so wollen und uns entsprechend beim Charakterbau Mühe geben), dass ein Charaktertod auch schon im ersten Abenteuer das Herz bluten lässt und nicht einfach mit einem Schulterzucken abgetan wird. Einfach weil man sich darauf gefreut hat, genau diesen Charakter in der Kampagne zu spielen und dafür in der Session 0 Verknüpfungen im Hintergrund und mit anderen Charakteren angelegt hat.
--- Ende Zitat ---
Für solche Fälle empfehlen sich Systeme, die einen Tod durch Würfelpech alleine weitgehend bis komplett ausschließen. Wenn ich umgekehrt doch mal etwas spiele, in dem der einfach doch Teil des Spiels ist und das am Tisch dann auch hart durchgezogen wird? Dann darf ich eben auch (aus meiner rein persönlichen Sicht, d.h., so würde ich für meine eigenen SC an die Sache herangehen) erst gar nicht so stark an diesem einen bestimmten Charakter hängen und sollte mir frühzeitig Gedanken um Alternativen zu und Ersatz für ihn machen, weil bei hinreichender Kampagnenlänge die Wahrscheinlichkeit doch recht hoch ist, daß ihn der Zufall früher oder später halt zerlegen wird und ich dann also entweder raus bin oder die Kampagne mit einem anderen Charakterblatt weiterspielen muß.
Den Vergleich mit typischen "Gesellschaftsspielen, die man verlieren können muß" halte ich an dieser Stelle nebenbei für etwas deplaziert; die laden schließlich klassischerweise im Gegensatz zum Rollenspiel eher nicht großartig zur persönlichen Identifikation mit genau diesem oder jenem Pöppel ein, und bei denen ist die Spieldauer obendrein meist völlig unabhängig von Sieg oder Niederlage von vornherein begrenzt. Umgekehrt würde ein Schachspieler, der darauf bestünde, zu jeder Partie seinen ganz persönlichen Das-bin-ich-Läufer (komplett mit aufgemaltem Gesicht, um Verwechslungen vorzubeugen) mitzubringen und aufs Brett zu stellen und dessen Schutz während des Spiels dann höhere Priorität einzuräumen als dem des Königs, bei seinen Kollegen ja ebenfalls einen etwas merkwürdigen Eindruck hinterlassen... ;)
Swafnir:
Ich hab damit null Probleme. Ganz im Gegenteil: Ich würde darauf bestehen, dass mein Charakter tot bleibt, wenn die Würfel es ergeben.
Wenn ich mich auf alea (Glücksspielanteil nach Caillois) einlasse, dann möchte ich auch jedes mögliche Ergebnis respektieren. Sonst leidet bei mir die Spannung. Aber: Das gilt für mich als Spieler. Ich hab null dagegen, wenn andere Spieler das anders sehen und deren Figuren gerettet werden.
Ich spiele dann einfach den nächsten Charakter, der sonst vielleicht nie gespielt werden würde.
aikar:
--- Zitat von: JollyOrc am 30.06.2021 | 09:21 ---Fiktive Situation #1: Beginn einer Kampagne, die Charaktere haben alle eine ausgeklügelte Hintergrundgeschichte die wir in Session 0 zusammen erstellt haben, sind untereinander und mit der Kampagne verwoben. Wir haben insg. 1h gespielt und sind in dem ersten Kampf mit einer Sumpfratte um das Kampfsystem für alle besser kennenzulernen. Ich würfel überraschend hoch und der Magier stirbt, ohne selbst überhaupt eine Chance zu haben, zu den Würfeln zu greifen.
--- Ende Zitat ---
Genau das war die Situation.
--- Zitat von: nobody@home am 30.06.2021 | 09:29 ---Für solche Fälle empfehlen sich Systeme, die einen Tod durch Würfelpech alleine weitgehend bis komplett ausschließen. Wenn ich umgekehrt doch mal etwas spiele, in dem der einfach doch Teil des Spiels ist und das am Tisch dann auch hart durchgezogen wird? Dann darf ich eben auch (aus meiner rein persönlichen Sicht, d.h., so würde ich für meine eigenen SC an die Sache herangehen) erst gar nicht so stark an diesem einen bestimmten Charakter hängen und sollte mir frühzeitig Gedanken um Alternativen zu und Ersatz für ihn machen, weil bei hinreichender Kampagnenlänge die Wahrscheinlichkeit doch recht hoch ist, daß ihn der Zufall früher oder später halt zerlegen wird und ich dann also entweder raus bin oder die Kampagne mit einem anderen Charakterblatt weiterspielen muß.
--- Ende Zitat ---
Es gibt halt nicht nur das Schwarz und Weiß von FATE-"Unsterblichkeit" und OSR-Charakterbeliebigkeit. Viele Systeme bewegen sich dazwischen.
Meine Beispiele stammten eben aus D&D5 und Savage Worlds, die beide nicht mit Tödlichkeit und Risiko als Teil ihres speziellen Spielstils werben, sondern eben eher mit heroisch-pulpigem Spiel.
--- Zitat von: Boba Fett am 30.06.2021 | 08:41 ---Der Charakter ist 'nur' Notizen und Zahlen auf einem Stück Papier und investierte Zeit.
Die zeitliche Investition ist aber auch während deren Verlauf durch den Unterhaltungswert abgegolten worden.
--- Ende Zitat ---
Da gehen die Meinungen wohl stark auseinander. Wie gesagt ist für praktisch alle Spieler in meinem Umfeld (und mich) ein Charakter einfach viel mehr als das. Da wird Zeit und Emotionen investiert und das ist auch ein wichtiger Teil des Spiels und ein unverschuldeter Tod fühlt sich einfach enttäuschend an. Deswegen sind Systeme wie DCC oder andere "in 5 Minuten gebaut - in 1 Sekunde gestorben" Systeme bei uns auch überhaupt nicht gefragt (zumindest nicht als Kampagnensysteme).
Wie gesagt, von solchen Systemen würde ich auch nicht diese Charakterbindung erwarten.
unicum:
--- Zitat von: aikar am 30.06.2021 | 08:02 ---Gestern ist mir wieder bewusst geworden, wie sehr ich es hasse, wenn Systeme es zulassen, dass Charaktere einfach durch Würfelpech sterben.
--- Ende Zitat ---
Nun ja du schreibst D&D - zwar eine Version welche ich nicht kenner aber eben D&D - das System auf welchem ich in meiner "Laufbahn" als Rollenspieler die signifikant meisten Wiederbelebungen von Spielfiguren erlebt habe. Oder anderst formuliert - ich habe in anderen Rollenspielen nie eine Wiederbelebung erlebt, selbst wenn es optional irgendwie doch möglich gewesen wäre.
Und du schreibst ja selbst - eine verkettung von unglücklichen würfen, ein einzeler Wurf wäre vieleicht nicht gar so schlimm gewesen. Du hasst diese Situation - mal die Situation umgedreht: Wenn die Spieler so eine Glücksträhne haben - ist das dann auch ein Grund eine Schwäche im System zu sehen?
Ich hab jedenfalls auch schon erlebt das Spieler durch schierres dummes Würfel-Glück ein Abenteuer "crashen". Warum nicht auch mal in der anderen Richtung?
Arldwulf:
Ich habe mir angewöhnt zwischen "swingy" und "deadly" zu unterscheiden. Ersteres ist die "Plötzlichkeit des Todes" welche beschreibt wie viele Einflussmöglichkeiten die Spieler hatten.
Letzteres die tatsächliche Wahrscheinlichkeit in Todesgefahr zu geraten.
Ein "du gehst den Gang entlang, doch plötzlich tötet dich eine Falle" ohne jegliche Einflussmöglichkeit des Spielers ist nur eine scheinbare Tödlichkeit, denn dies sagt noch nichts darüber aus zu welcher Wahrscheinlichkeit dies geschieht. Aber was viel wichtiger ist: Für die Spieler bedeutet "keine Einflussmöglichkeit" auch "keine Gelegenheit um mitzubangen, mitzufiebern". Emotional ist es völlig losgelöst vom Rollenspiel und letztlich nichts anderes als dem Charakter OOC nahezulegen einen neuen Charakter zu machen. Es wird in der Regel eher per Schulterzucken quittiert. Pech gehabt, mach dir einen neuen Charakter klingt nicht nur stimmungslos - es ist es auch.
Deshalb neige ich dazu zwar tödliche Systeme zu mögen, bei denen die Charaktere durchaus häufig in Gefahr geraten und auch eine (verhältnismäßig) hohe Gefahr besteht sie umzulegen.
Aber dies nicht plötzlich geschieht. Nicht einfach nur weil Würfelwurf X schiefgegangen ist, sondern weil vorherige Entscheidungen und Ereignisse dahin führten.
Hierbei ist auch wichtig Zusammenspiel zwischen den Charakteren zu fördern. Je mehr die Kameraden des Charakters in Gefahr in der Lage sind einzugreifen und diesen zu unterstützen umso eher lässt sich auch die Gefährlichkeit steigern und umso mehr multiplizieren sich auch die Möglichkeiten der Gruppe Einfluss zu nehmen.
"swingy" ist etwas das man vermeiden sollte, "deadly" ist wünschenswerte Tödlichkeit. In der Situation oben wäre meine erste Frage also: Welche Möglichkeiten hatte der Magier zuvor einzugreifen, zuvor den Ausgang der Ereignisse zu beeinflussen. Und wenn die Antwort "keine" wäre sollte man überlegen warum dies der Fall war und wie man dies ändern könnte.
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