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Falkenflug: Neuauflage im neuen Gewand

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Grey:

--- Zitat von: JS am 10.10.2021 | 20:05 ---Bist du denn vertraglich an BOD gebunden oder Selbstverleger? Das verwirrt mich ein wenig. Ist BOD dein Verlag? Wie bist du denn zu BOD gekommen?

--- Ende Zitat ---
Das wird jetzt etwas komplizierter. :D Ich bin "Selfpublisher", aber kein Selbstverleger. Der Unterschied ist Folgender:

Als Selbstverleger hätte ich ganz regulär für meine Bücher einen eigenen Verlag gegründet. In diesem Fall müsste ich für jede Auflage meiner Bücher gewaltig in Vorleistung treten: eine komplette Auflage drucken lassen, diese in geeigneten Lagerräumen einlagern, den ganzen Verwaltungskram für die ISBN, Eintrag ins VLB usw. selbst erledigen, bei den Großhändlern Klinken putzen usw. usf. Bei diesem Vorgehen ist der Aufwand an Zeit und Geld immens und das unternehmerische Risiko astronomisch.

BoD hingegen ist eine sogenannte Selfpublishing-Plattform. Gegen eine (sehr) geringe Verarbeitungsgebühr stelle ich bei dem Unternehmen für jedes neue Buch meine Satz- und Coverdatei ein. Das Buch wird dann im Print-on-Demand-Verfahren veröffentlicht, d.h. es wird immer dann ein Exemplar gedruckt, sobald jemand eins bestellt hat. Das ist zwar unterm Strich deutlich weniger wirtschaftlich als der Druck und Verkauf einer kompletten Auflage, aber dafür ist die Vorleistung und somit das unternehmerische Risiko sehr viel geringer. Der ganze bürokratische Aufwand rund um ISBN, VLB usw. wird von BoD übernommen. Im Gegenzug trete ich aber auch das Veröffentlichungsrecht an BoD ab und rechtlich gesehen tritt BoD als mein Verlag auf.

Deshalb darf ich u.a. für ein Buch, das ich bereits bei BoD untergebracht habe, nicht einfach in Eigenregie ein Ebook erstellen und an BoD vorbei vertreiben. Im Fall von "Bändigerin der Schatten" umfasst mein Vertrag bei BoD die Veröffentlichung sowohl im Print als auch als Ebook, aber die Erstellung des Ebooks aus meiner Printdatei muss ich von Vertrags wegen BoD überlassen.

JS:
Ah, faszinierend, dieses Business. Mit richtigen Verlagen gab es ja viel Zunder, glaube ich.
Ist denn ein "ordentlicher" Verlag besser und ein großer sowas wie ein Jackpot?
Hast du das Buch dort vorgestellt?
Müßte BOD das eBook nicht langsam mal liefern?

Grey:

--- Zitat von: JS am 10.10.2021 | 21:26 ---Ist denn ein "ordentlicher" Verlag besser und ein großer sowas wie ein Jackpot?

--- Ende Zitat ---
Das ist etwas schwer zu beantworten, da die Branche gerade ziemlich rapide im Fluss ist. Grundsätzlich gilt (noch): Reguläre Verlage sind renommierter und lukrativer. Normalerweise.

Als ich meine ersten Buchverträge unterschrieb, gab es bei "ordentlichen" Verlagen noch ein "ordentliches" Honorar. Damals hätte ich also gesagt, dass es wirtschaftlich eindeutig ergiebiger ist, ein Buch bei einem regulären Verlag unterzubringen. Aber inzwischen sitzt das Geld bei den Verlagen längst nicht mehr so locker und oft bekommt man (zumindest bei Kleinverlagen) kein festes Honorar mehr, sondern nur noch einen vertraglich zugesicherten Anteil an den Verkaufserlösen. Im Allgemeinen ist das deutlich magerer.

Darüber hinaus ist es eine Frage des Renommees. Als Selfpublisher (ob Selbstverlag oder Print-on-Demand) hast du ständig mit dem Vorurteil zu kämpfen, du wärest nicht gut genug, als dass ein Verlag dich genommen hätte. Aber in 20 Jahren als Verlagsautor mit insgesamt fünf Verträgen habe ich die Beobachtung gemacht: Qualität hat sehr wenig damit zu tun, ob du veröffentlicht wirst und wieviele Leser du erreichst. Sobald du vom Schreibhandwerk her gewisse Mindeststandards erfüllst, kommst du in die große Lotterie mit einer Chance von vielleicht 1:10000, dass dein Buch hinterher auch genommen wird. Oberhalb dieser Messlatte aber ist nicht mehr die Qualität entscheidend, sondern höchstens, ob dein Buch gerade zur aktuellen Modewelle passt. Und selbst dann brauchst du noch viel Glück, um angenommen zu werden.

In Punkto Einkünfte und Bekanntheit ist ein "großer" Verlag durchaus ein Jackpot, ja. Ich hatte auch schon mal bei einem der Großen den Fuß in der Tür. Aber wie es so schön heißt: Knapp daneben ...

Meine Falkenflug-Trilogie hatte ich tatsächlich schon mal bei einem regulären (Klein-)Verlag untergebracht. Der Vertrag war unterzeichnet, Band 1 in der Ebook-Version schon draußen. Leider hat sich in dieser Zeit der Verleger mit der Fusion mit einem anderen Verlag verhoben und musste Konkurs anmelden. Dadurch sind die Rechte an mich zurückgefallen.

Als ich anderthalb Jahre später ins Selfpublishing gewechselt bin, habe ich auf diesem Weg auch gleich einen Neustart für diese Trilogie gemacht. Mein Fazit: Ich habe zwar weniger daran verdient, aber mehr Leser erreicht. Und letzteres ist eigentlich mein primäres Ziel, also bin ich jetzt auf der (für mich) richtigen Schiene.

Und ja: BoD ist mit dem Ebook inzwischen mehrere Tage überfällig. Wenn ich heute nichts davon höre, hake ich noch mal nach.

JS:
Sehr erhellend.
Wie hat man denn Amazon und Kindle zu bewerten, wenn man "vom Fach" ist"?
Ist die klassische Buchform in Buchhandlungen noch der Königsweg für einen erfahrenen Autor?

Grey:
Amazon ist ein Quasimonopolist mit einem für meinen Geschmack geradezu brutalen Geschäftsgebaren. Ich komme als Autor nicht daran vorbei, lotse Leser aber mit meiner Werbung bevorzugt zu anderen Händlern.

Das Kindle-Format ist eins der zentralen Werkzeuge von Amazon, um die eigene Monopolstellung auszubauen. Aus meiner persönlichen Sicht handelt es sich um unlauteren Wettbewerb, um Kundenbindung auf technisch/juristischem Wege zu forcieren, anstatt sich gegenüber der Konkurrenz durch Qualität hervorzutun.

Nun ist Amazon mit seiner enormen Marktmacht in der Lage, Autoren sehr attraktive Angebote zu machen. Viele meiner Kollegen setzen daher inzwischen auf exklusive Verträge mit Amazon, um ihre Bücher allein über diesen einen Anbieter zu vertreiben. Ich habe Verständnis für diese Kollegen und verurteile niemanden, kann es aber für mich selbst nicht mit meinen Grundsätzen vereinbaren.

Das mit dem "Königsweg" ist so eine Sache. Die besseren Gewinnmargen und die leichtere Verbreitung liegen für mich als Autor beim Ebook. Printbücher sind aber immer noch dominierende Saisonartikel z.B. in der Vorweihnachtszeit oder zum Valentinstag. Und Käufer von Printbüchern können über Mund-zu-Mund-Propaganda wiederum die Bekanntheit eines Buchs insgesamt steigern, was dann wieder Auswirkungen auf die Ebook-Verkäufe hat. ("Schau mal, was ich Tolles zu Weihnachten bekommen habe, ich bin ganz begeistert!") Daher halte ich es nach wie vor für den besten Weg, zweigleisig zu fahren und Romane sowohl im Print als auch als Ebook anzubieten.

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