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[HBO] House of dragons
Jiba:
Okay, das wird dann wohl meine Mittagspause. :P
Ich schreib später was dazu.
Isegrim:
--- Zitat von: Jiba am 12.10.2021 | 10:17 ---Also darf ich einen schwarzen, adligen Charakter mit weißen Haaren niemalsnicht in eine mittelalterlich-phantastische Welt einbauen... ohne mir den Vorwurf des "Erzwungenseins" anzuhören?
--- Ende Zitat ---
Noch eine Ergänzung, weil ich diese Unterstelung eigentlich ziemlich unverschämt finde:
Fun Fact mit (Live-) Rollenspielbezug: Ich erinnere mich an eine lange Debatte in einem nicht mehr erreichbarem LARP-Forum, in der von manchen tatsächlich die Position vertreten wurde, dunkelhäutige Spieler seien in klassisch-europäischen Fäntelalter-Rollen wie Ritter nicht gut aufgehoben. Das fand ich reichlich daneben, muss ich sagen, und nicht nur, weil es (im Gegensatz zu i-welchen Filmrollen) direkt darum ging, was Spieler respektiv Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe tun oder nicht tun sollen.
Was ganz anderes ist schlechtes Worl Building. Schwarze in so ner europäisch basierten Fantasy-Story? Warum nicht. Braucht eine entsprechende Erklärung, aber da ist man bei Fantasy ja recht frei.
Aber: Eine einzelne, alt-eingesessene schwarze Familie in einem weißen Umfeld? Macht keinen Sinn. Eine ethnische Gruppe innerhalb einer anders geprägten Mehrheitsbevölkerung, ohne Grund, wo die herkommen? Macht keinen Sinn. Eine Population, die gewisse genetische Merkmale teilt, aber andere nicht? Macht keinen Sinn.
Jiba:
Isegrim, deine Aussagen laufen letztendlich genau darauf hinaus:
--- Zitat ---Also darf ich einen schwarzen, adligen Charakter mit weißen Haaren niemalsnicht in eine mittelalterlich-phantastische Welt einbauen... ohne mir den Vorwurf des "Erzwungenseins" anzuhören?
--- Ende Zitat ---
Das hat nichts mit Unverschämtheit zu tun. Wenn du das Vorkommen bestimmter Menschen (egal ob jetzt schwul, oder schwarz, oder weiß, oder rechts, oder gehandicapt, oder mental eingeschränkt) in einem Kunstprodukt von der Warte aus bewertest, ob sie quasi "gewollt" repräsentieren sollen oder nicht, dann muss zwangsläufig jeder Versuch, das "unerzwungen" darzustellen, scheitern.
Einfach weil jede künstlerische Entscheidung in jedem Kunstprodukt immer gewollt und zwingend ist. Kunst repräsentiert, in ihr spiegeln sich die Wertvorstellungen und Einstellungen seiner Autoren und auch bestimmte Aspekte der Gesellschaft, in der sie entstehen wieder. Selbstverständlich wird hier ein schwarzes Adelshaus eingebaut, weil man schwarze Schauspieler stärker in der Serie repräsentieren möchte. Das ist eine ganz normale künstlerische Entscheidung in einem Meer anderer künstlerischer Entscheidungen. Und all diese Entscheidungen, vom schwarzen Charakter bis zum Aufstellen zusätzlichen Schwerterbarrieren um den Eisernen Thron repräsentiert etwas, drückt einen Gedanken oder eine Vorstellung aus, manchmal auch für den Ausdrückenden unterbewusst. Diese Vorstellung kann auch eine ganz banale und pragmatische sein.
Das heißt es ist letztlich die Natur des Gedanken, der dahinter steht, der hier bewertet wird: Ist der Gedanke der dahintersteht im weitesten Sinne politisch, muss ich konstruieren, warum etwas, in einer Fantasywelt überhaupt möglich sein soll... und egal wie elegant ich es konstruiere – dadurch dass die Repräsentation auf eine bestimmte Weise von den Autoren angelegt ist, wird sie immer erzwungen wirken, denn...
--- Zitat ---Aber: Eine einzelne, alt-eingesessene schwarze Familie in einem weißen Umfeld? Macht keinen Sinn. Eine ethnische Gruppe innerhalb einer anders geprägten Mehrheitsbevölkerung, ohne Grund, wo die herkommen? Macht keinen Sinn. Eine Population, die gewisse genetische Merkmale teilt, aber andere nicht? Macht keinen Sinn.
--- Ende Zitat ---
Aber welche Maßstäbe legen wir da denn überhaupt an? Biologischen? Soziogeschichtlichen? Es ist nicht mal klar, ob in der GoT-Welt Genetik überhaupt existiert. Und wir schlucken so viele Kröten in Fantasy-Welten, die keinen Sinn ergeben, ohne uns darüber Gedanken zu machen. Ich habe jüngst einen Essay in einem Tolkien-Magazin darüber gelesen, warum Gil-Galad womöglich gar nicht Fingons Sohn sein kann (oder etwas in die Richtung).
Ich meine, inwieweit unterscheidet sich denn diese deine Einschätzung da oben von deiner berechtigten Kritik daran, dass schwarze Menschen nicht beim LARP mitspielen dürfen?
Übertrüge ich nämlich deine Kritik oben auf diese Spielsituation, in vollem Maße, dann würde daraus meiner Ansicht nach schnell so etwas: "Hey, das ist wirklich daneben, dass schwarze Spieler keine Ritter spielen dürfen, das ist doch nicht fair... aber eine Gruppe schwarze Spieler darf bitte kein Adelshaus spielen, das wäre dann schlechtes World-Building."
Und natürlich schränkt das in letzter Konsequenz dann auch die realen Handlungsmöglichkeiten von Menschen mit schwarzer Hautfarbe ein, denn es dürften dann eben nicht ganz so viele Schwarze gecastet werden. Das ist eigentlich auch ganz logisch denn jede kreative Entscheidung im TV schließt jemanden aus, der dann im Casting nicht mehr infrage kommt.
"Schlechtes" World-Building zeichnet sich nicht dadurch aus, dass kreative, ästhetische Entscheidungen in einer Spielwelt aus gesellschaftspolitischen Überlegungen heraus erfolgt sind. Wir haben in der Geschichte von (im weitesten Sinne) phantastischen Welten unglaublich viele Beispiele wo "das Politische" den Hauptausschlag für die Gegebenheiten in der Welt gegeben haben. Das reicht von den "Hunger Games" über "The Handmaid's Tale" über "Animal Farm" über "Die andere Seite" von Alfred Kubin bis hin zur "Nibelungenklage".
"Schlechtes" Worldbuilding zeichnet sich auch nicht daraus aus, dass Zusammenhänge nicht erklärt würden. Lovecraft erklärt dem Leser einen Furz über seine fiktiven Welten. Dasselbe gilt für die Sachen von Studio Ghibli. (Soft Worldbuilding ist als Begriff ein guter Ansatzpunkt um zu ergoogeln, was ich meine).
Wir sollten uns fragen, warum ausgerechnet die Tatsache, dass bei eine Leerstelle bei einem schwarzen Charakter oder einer schwarzen Familie in einer Fantasywelt so starke Debatten erzeugt, andere beliebige Leerstellen im Text aber nicht?
Ich kann mich ja selbst davon nicht befreien: Was habe ich mich aufgeregt, dass in 7te See ein vormals weißer Piratenkapitän in der 2nd Edition plötzlich eine schwarze Frau ist. Aber letztlich gibt es keinen Grund, warum das nicht völlig legitim ist. Ich fand den alten Käpt'n Reis halt arschcool und die Neubesetzung bricht mit meinem alten Bild dieses Charakters. Das ist dann aber ein Geschmacksurteil.
Bad_Data:
--- Zitat von: Isegrim am 12.10.2021 | 10:40 ---Sehr viel wahrscheinlicher ist mE der Gedankengang: "Wir wollen Schwarze in zentraler Position in dieser neuen Show. Bei GoT zeichnen sich diese Drachentypen durch weiße Haare aus. Also gibts bei uns jetzt Schwarze mit weißen Haaren."
--- Ende Zitat ---
Wie wäre es mit: "Das ist ein cooler und echt kompetenter Schauspieler, der die Rolle super verkörpern wird" und: "Wir möchten, dass der Charakter herausragt und trotzdem einer bestimmten Gruppe zuzuordnen ist - wie wäre es, wenn er ebenfalls weiße Haare bekommt? Haare färben wird schließlich auch in den Büchern gemacht."
--- Zitat von: Isegrim am 12.10.2021 | 10:56 ---Was ganz anderes ist schlechtes Worl Building. Schwarze in so ner europäisch basierten Fantasy-Story? Warum nicht. Braucht eine entsprechende Erklärung, aber da ist man bei Fantasy ja recht frei.
--- Ende Zitat ---
Es gibt Drachen. Wird irgendwo erklärt, warum es Drachen gibt?
Abgesehen davon - Westeros ist durchaus europäisch geprägt. Essos nicht unbedingt. Und Westeros selber ist schon deutlich diverser als es Europa im Mittelalter war.
--- Zitat von: Isegrim am 12.10.2021 | 10:56 ---Aber: Eine einzelne, alt-eingesessene schwarze Familie in einem weißen Umfeld? Macht keinen Sinn. Eine ethnische Gruppe innerhalb einer anders geprägten Mehrheitsbevölkerung, ohne Grund, wo die herkommen? Macht keinen Sinn. Eine Population, die gewisse genetische Merkmale teilt, aber andere nicht? Macht keinen Sinn.
--- Ende Zitat ---
Schau dir mal das Kabinett von Barack Obama an.
Dinge ohne Grund ergeben eigentlich selten Sinn. Die Frage ist, ob ich den Grund unbedingt erklären muss - oder ob ich damit einverstanden sein kann, dass es einen Grund geben wird. Das für mich Schwierige ist, dass häufig und insbesondere bei der Hautfarbe eine Erklärung verlangt wird. Wobei es im Lied von Eis und Feuer durchaus viele mögliche Erklärungen gibt.
Bei deinem letzten Punkt muss ich schon ein bisschen an Männer und Frauen denken ;) Aber ganz ernsthaft: Genetik und Vererbung ist ein hochkomplexes Thema. Es gibt immer genetische Merkmale, die geteilt werden und andere eben nicht, beispielsweise vererbte Farbsinnstörungen. Ich bin auch immer noch dankbar, dass ich gewisse Dinge, die das Schlaganfallrisiko erhöhen, nicht geerbt habe. Um es kurz zu sagen: Ja, in einer Population gibt es genetische Merkmale, die geteilt werden und andere eben nicht.
First Orko:
Ich finde übrigens, der Begriff "Rasse" wurde hier ein paarmal zu oft genannt - egal in welchem Kontex. :-\
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