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mediale Sichtbarkeit in den 90-er (war aus Wheel of Time auf Amazon Prime)

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Teylen:

--- Zitat von: Raven Nash am 15.12.2021 | 14:32 ---Um es brutal zu sagen: 1990 hat sich die breite Öffentlichkeit um derartige Themen schlicht nicht gekümmert (u.a. in Ermangelung des Internets).
--- Ende Zitat ---
Meine Perspektive als Person die '80 geboren wurde: Ja und Nein.
Es war den Menschen klar das es Homosexualität gibt und die Medienlandschaft ist in den 90ern als Konsequenz der AIDS Epedemie etwas offener geworden.
Heißt man hatte Serien wie Will & Grace und in den späten 90ern durfte sich eine von Marges Schwestern in den Simpsons outen.
Wobei die Darstellung von Homosexualität und Transpersonen sehr häufig mit Vorurteilen und Humor auf Kosten der Gruppen einherging.

Für das Umfeld, in meinem Fall ein 5000 Seelen Ort in der Eifel, war es etwas das existierte, jedoch nicht wirklich im Ort.
Es gab ein paar Personen die unter dem Verdacht standen das sie Homosexuell sein könnten [jeder männliche Friseur, Pastor und ein paar Tratsch Opfer].
Im Grunde waren es jedoch in der Regel "die anderen, die sowas erfahren" und nach der Darstellung würde man vermutlich auch "homosexuell aussehen" - also quasi wie Hella von Sinnen. Themen wie Transpersonen kamen noch weniger bis gar nicht auf. Allenfalls in der Form von Drag. Das kam dann eher im soäteren Verlauf der 00er.
Plus es gab Sprüche wie "Das ist ein 175er", als Hinweis das die Person Homosexuell ist, mit dem Verweis auf den Paragraphen des Strafgesetzbuch nachdem homosexuelle Handlungen zwischen Männern eine Straftat waren.

In dem Rahmen haben sich, nach meiner Einschätzung nach, viele Personen die ggf. auch im eigenen Umfeld waren, entweder nicht geoutet wegen Angst vor Vorurteilen und Diskriminierung, oder weil der Umstand das man Trans sein kann nicht bekannt war - und wohl noch zu deutlich mehr Problemen geführt hätte.

Edit: Selbst wenn es einem selbst scheiß egal ist, respektive das man denkt das es einem scheiß egal wäre, die Personen haben dahingehend immernoch das Problem das eine Enthüllung der Abweichung von der wahrgenommen Norm dazu führt das sie von anderen scheiße behandelt werden.

Lyonesse:
Wirklich auf die Agenda kam das Thema erst mit dem Privatfernsehen, wo schon nachmittags
über dieses und jenes diskutiert wurde und damit auch ''ausgefallenere'' Themen in der breiteren
Gesellschaft einen Zugang fanden. Aber das ist ein langsam fortschreitender Prozess, der allerdings
sicher in den letzten 10-15 Jahren an Dynamik gewonnen hat, und mit der Ehe für alle in Deutschland
einen vorläufigen Abschluss gefunden hat.
Es gab den ersten Kuss zwischen zwei Männern im Fernsehen in der Lindenstrasse 1990 (übrigens war
eine Reaktion aus dem Publikum: Nach TV-Kuss hieß es: "Du schwule Sau, ab ins KZ!") ::),
es gab den schwulen Regisseur Rosa von Praunheim, der in seinen Filmen auf die Situation homosexuel-
ler Menschen aufmerksam machte, aber kein sonderlich großes Publikum fand. Es gab Disco, wobei die
wenigsten in den 70ern wußten, dass die Musik aus dem schwulen amerikanischen Underground kam.
Es gab die Comics von Ralf König - u.a. Der bewegte Mann -, die eine größere Öffentlichkeit erreichten, vor
allem mit der gleichnamigen Kinokomödie. Es gab den Erfolg der Love-Parade. Es gab unfreiwillige Fremd-
Outings von deutschen Fernseh-VIPs wie Alfred Biolek.
Allerdings wurde AIDS zu Beginn die Schwulenpest und eine Strafe Gottes genannt. Die gesamte Geburtsstation
wurde 1985 in einem Krankenhaus in Paris geräumt, als sich herumsprach, dass der todkranke Rock Hudson ein
Stockwerk höher liegt.
Das Thema war also schon in gewisser Weise in der Öffentlichkeit, aber als Schwuler, zumal in der
Öffentlichkeit stehend, war es damals (wie auch heute noch etwa als Fußballer) ratsam, seine sexuelle Orientierung
nicht preiszugeben - siehe Rex Gildo. Wer ungestört leben wollte, der zog in eine größere Stadt mit einer Szene
wie Köln, Berlin, München oder Zürich.
Das sich Menschen mit einer anderen als einer heterosexuellen Orientierung organisieren und selbstbewusst auf-
treten, würde ich auch erst ins Internetzeitalter verlegen. Wobei wir ja in Bezug auf die sexuelle Orientierung und
ihre Relativität, inzwischen auch schon viel mehr wissen als vor 40 Jahren.
In der Wheel of Time Serie wird das Thema behandelt, auch wenn es sich - für meinen Geschmack - etwas zu auf-
dringlich in den Vordergrund spielt ohne eigentliche Relevanz für die Story zu haben. Es scheint jedenfalls in dieser
Welt so normal zu sein wie im Florenz von Romeo und Julia, was ich in einem, selbst byzantinisch angehauchten,
Fäntelalter-Setting nicht unbedingt erwartet hätte, aber vielleicht kommen die Homohasser ja noch irgendwann aus
den Büschen gesprungen.
Sorry wegen offtopic.

PS: Mir ist vorhin noch eingefallen, dass Romeo & Julia natürlich in Verona spielt, ich meinte aber auch eher die
Anything-goes-Haltung bei jungen Adligen und Patriziern in den oberitalienischen Stadtstaaten jener Zeit, die
dazu führte, dass Homosexualität in diesen Kreisen unter der Hand eine zeitlang mehr oder weniger toleriert wurde.
Ähnlich wie im Nachtleben Berlins in den 20er Jahren, wo auch mehr ging als gemeinhin üblich war.

Faras Damion:
Es ist ein großes Thema, inwieweit Medien abgeändert werden sollten, um aktuellen ethischen Standards zu genügen. 

Bin nicht homosexuell, habe aber aus anderen Gründen die üblichen Probleme gehabt.

Ich persönlich bin immer dankbar, wenn sich Medienschaffende Gedanken machen und finde es meistens gut, wenn eine Anpassung erfolgt. Wobei auch eine 1:1 Umsetzung in Ordnung ist, Hauptsache, es nimmt meine negativen Erfahrungen ernst.

Das projeziere ich auf andere Gruppen wie Homosexuelle, daher finde ich solche Diskussionen wichtig.
Und ich bin gespannt wie sie WoTs gestalten.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Ich kenne doch recht viele Homosexuelle, die in den 90igern ihre Jugend erlebt haben und jede(r) hatte sehr problematische Erfahrungen. Habt ihr Freunde, die das anders erlebt haben?  :o Oder redet ihr nicht mit ihnen darüber?

Raven Nash:

--- Zitat von: Teylen am 16.12.2021 | 13:31 ---Für das Umfeld, in meinem Fall ein 5000 Seelen Ort in der Eifel, war es etwas das existierte, jedoch nicht wirklich im Ort.
--- Ende Zitat ---
Genau das meinte ich - es war etwas, das irgendwen betraf, niemals aber einen selbst oder einen Bekannten. Es wurde gemunkelt, aber nie offen angesprochen.
Dementsprechend waren wohl auch viele Ideen darüber im Umlauf, was "die" denn dann so treiben...

Und genau da kommen dann Jordan's Ideen wohl auch her. Vorstellungen von etwas, von dem man keine konkrete Vorstellung hat. Und in dem Kontext muss man das eben auch betrachten.

Was Amazon dann draus macht, tja, darüber kann man dann ja urteilen, wenn es passiert.

Sosthenes:
Robert Jordan war in der Navy.

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