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Wie kommuniziert man Spielern, dass MinMaxing kein impliziter Zwang ist?

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Eadee:
Ich beobachte online oft SLs die sich über optimierende oder PG-Spieler beschweren un um Hilfe bitten. Häufig beschreiben sie dann dass sie extra weniger AP/EP/XP/Karma vergeben damit die Charaktere nicht zu schnell stark werden, die Helden aber eben nur optimieren.

Den Zusammenhang erkennen dabei wenige.

Jeder Spieler hat eine comfort-zone was den Kampf angeht, diese variiert je nach Persönlichkeit. Die einen haben kein Problem ihre Lebenskraft als Ressource anzusehen, die sie bis zum letzten Punkt im Kampf verwenden können, andere fühlen sich schon unwohl wenn ihr Charakter einen einzigen Treffer abbekommt.

Solange die Charaktere der Spieler nicht vom Power-Niveau in dieser Comfort-Zone liegen, werden sie weiter ihre Kampffähigkeiten verbessern und andere Fähigkeiten zurückstellen. Überleben liegt nunmal ganz unten auf der Bedürfnispyramide.

Wenn der SL jetzt knausrig mit AP/EP/XP/Karma umgeht, bleibt den meisten Spielern nichts anderes übrig als zu optimieren. Sie müssen jeden XP zweimal umdrehen um ihre Überlebenschancen zu erhöhen. Das führt dazu dass der SL sich wieder über zu starke Charaktere ärgert, noch weniger XP vergibt und die Spieler noch mehr optimieren... eine Teufelsspirale.

Optimalerweise gibt man in einer Spielrunde von Anfang an so viele AP/EP/XP/Karma, dass es locker ausreicht dass die Spieler in ihrer comfort-zone bleiben UND dann noch genug Punkte übrig haben um Fähigkeiten für Fluff und Spaß zu erwerben. So kommen die Spieler überhaupt nicht erst in ein Mindset sie müssten optimieren.

Schwierig wird es erstmal aus der XP-Knauser-Optimier-Spirale auszubrechen wenn man erstmal drin ist. Hier muss man wirklich outgame mit den Spielern reden und ihr Vertrauen wieder gewinnen. Ihnen ZEIGEN dass sie nicht um das Leben ihrer Charaktere bangen müssen wenn sie nicht optimieren.

Arldwulf:
Es geht letztlich nur über Balancing. Je besser die Optionen gegeneinander ausbalanciert sind und je mehr gleichwertige Optionen vorhanden sind umso eher werden Spieler das spielen worauf sie Lust haben.

Eadee:
Das würde ich so nicht sagen. Es gibt Spiele mit himmelschreienden Unterschieden im powerlevel von Fähigkeiten, wo aus Fluffgründen dennoch die schwächeren genauso gern gewählt werden wie die mächtigeren.

Die WoD z.B. ist ein System auf dem quasi schwarz auf schwarz im Einband steht "es ist nicht fair" trotzdem gibt es eine breite Masse an Spielern die z.B. in Vampire gerne Clans mit schwächeren Disziplinen oder gar Sterbliche spielen, Seite an Seite mit Spielern die Tremere spielen,welche wohl die mächtigste und vielfältigste Disziplin im ganzen Spiel beherrschen.

Regelseitiges Balancing ist und bleibt eine Illusion, denn nur ein winziger Bruchteil der Spielrunden da draussen wird haargenau denselben Fokus und Spielstil haben wie der Regelautor mit seiner Spielrunde.

Es ist wirklich von der Persönlichkeit der Spieler abhängig, wie sicher sie sich fühlen müssen um Spaß am Spiel zu haben und wieviel Sicherheit die Beziehung zwischen SL und Spielern verspricht oder gar torpediert.

Fillus:
Komplexe Frage, ich habe die bisherigen Antworten bisher nur überfliegen können.

Erstmal kommt es auf der System an, einige sugerieren es tun zu müssen, damit die Gruppe nicht drunter "leidet". Jedenfalls habe ich es früher oft erlebt, das Mitspielende sauer wurden, wenn es einen Charakter gab, der nichts konnte. Heute sollte doch meist anders gespielt werden, aber es sitzt teils noch im Gedankengut fest.

Wie ich gehe ich das an:
1. Schauen ob es bei dem Spiel überhaupt nötig ist. Wenn nicht, lasse ich es. (Beispiel D&D5)
2. Wenn die Balance nicht gewährleistet ist, greife ich vor dem bauen ein und limitiere z.B. Kampffertigkeiten (Beispiel Shadowrun, max 15 Würfel für den Angriff) Dadurch werden es auch weniger einseitige Charaktere.
3. Mein Leitstil, ich erkläre den vor Beginn der Runde, erkläre das ich auch gerne kreative Lösungen ünterstürze und es darum geht das alle am Tisch Spaß haben. Ich auch das Charakterspiel und das Teamwork entsprechend würdige.
4. Ich nehme den Druck aus dem Charakterbau. Ich sage es auch gleich an, dass die Spielenden gerne noch nach den ersten Spielabenden was am Charakter ändern dürfen, wenn ihnen was nicht gefällt. Mir ist es wichtig, dass sich die Spielenden mit ihrem Charakter auch wohl fühlen. Im Rollenspiel und in der Mechanik. Letzteres kann man vorher oft nicht abschätzen, wenn das System neu ist.
5. Ab und zu mache ich sogar noch einen Abstecher in die Vergangenheit und erzähle wie sich meiner Meinung nach das Rollenspiel verändert hat und das alle am Tisch für den Spielspaß aller verantwortlich sind. Die Spielenden also auch mit ihrem Charakter (rollenspielerisch) beitragen sollen und die SL keinen Gottstatus hat. Natürlich auch immer auf den Typ Mensch (Introvertiert?) und die Erfahrung (Anfänger?) im Hobby geachtet. Ich übe also keinen Zwang aus, sondern versuche sie in die (für mich) richtige Richtung zu schupsen. Oft in  Sätzen wie "Es wäre schön wenn ihr es hinbekommt heute viel im Charakter zu sprechen" von ein paar Beispielen gefolgt.

Boba Fett:
Spielt Traveller, da stellt sich das Problem überhaupt nicht.

Traveller hat ein Lebenslauf-System, bei dem man seine Karriere auswürfelt. Und die ist ähnlich vorherbestimmbar wie die im echten Leben.
Und anschliessend gibt es keine (classic Traveller) bis wenig (13 Mann Traveller) Entwicklung. Es gibt keine XP.
Beim 13 Mann Traveller kann man Fertigkeiten auch im Spiel lernen und trainieren, aber das kostet Zeit. Und je mehr man bereits kann, desto länger dauert es, etwas neues zu lernen oder in etwas besser zu werden.
Und irgendwelchen Sonderschnickschnack (Talente) gibt es nicht.

Ansonsten mag Kommunikation helfen, aber der Powergamer wird immer zum Minmaxen tendieren.
Das ist kein böser Wille, das ist in den Genen und Charaktere effektiv zu gestalten, ist für ihn so etwas wie atmen. (das macht man einfach...)

Ingame Lösungen finde ich nicht gut. Beschränkt man den Minmaxer, ist der unglücklich. Beschränkt man ihn nicht, sind andere unglücklich.
Dann gibt es noch das Konzept, den Minmaxer ALLE Charaktere bauen zu lassen. Oder eben Archetypen zu nehmen.
Oder eben die Gruppe so zu strukturieren, dass alle auf dem selben Minmaxlevel sind. Dazu braucht es aber ausreichend Angebot an Spielern.
Das kann man auch geschickt durch die Wahl des richtigen Rollenspiels (atmosphärisch, stimmungsvoll) machen.

Das Problem ist so alt wie das Rollenspiel selbst und wenn es nicht der Powergamer ist, der alle strategischen Nieten verstimmt, dann ist es der Taktiker, der sich umsichtig verhält und alle Taktik-Nieten sind neidisch, weil sie immer das volle Pfund abkriegen. Ganz blöd, wenn Powergamer und Taktiker in Personalunion vertreten sind.

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