Das Tanelorn spielt > [Cthulhu] Tot & begraben
[Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
Der Läuterer:
Nachdem Ihr kondoliert habt, hört Ihr von der nahen Andreaskirche, die aus roten Backsteinen erbaut wurde, und an die Friedhofsmauer angrenzt, das Geläut der Glocken herüberschallen.
Die beschauliche Kirche in der Lindenstrasse ist klein aber fein. Sie wurde in neugotischem Stil errichtet und ist ohne auffälligen Prunk.
Ihre Vorhalle dient gleichzeitig auch als Aussegnungshalle. Es ist jetzt etwas dreissig Jahre her, dass die Kirche, die zur Gänze von den Wannseer Bürgern finanziert wurde, eingeweiht wurde.
Um Euch herum befinden sich die Grabanlagen bedeutender Familien unter ihnen Künstler, Wissenschaftler, Bankiers und Industrielle. Und von Eisenstein ist nun einer von ihnen.
Und wieder unterhalten sich die Professoren.
Ernesti: "Wussten Sie, dass es Menschen gibt, die unter der sogenannten Koimetrophobie leiden? Also Gräber und Friedhöfe meiden wie der Teufel das Weihwasser?"
Beutler: "Glauben Sie, werter Professor, dass diese Leute die Endlichkeit fürchten?"
Ernesti: "Vielleicht fürchten sie ja den Verlust im Speziellen."
Beutler: "Oder sogar im Allgemeinen? Was meinen Sie, Herr Kollege?"
Ernesti: "Ich glaube, diese Personen fürchten die Nähe des Todes, weil sie einfach mehr wissen, als andere, normale Menschen. Sie haben möglicherweise einen sechsten Sinn und können den Tod erspüren. Das halte ich durchaus für möglich."
Möbius: "Auch ich fühle mich auf Friedhöfen etwas unwohl. Vor allem die Jahrhunderte alten Friedhöfe, mit ihren bemoosten Gräbern, dem verwilderten, knorrigen Bewuchs, verwitterten Steinen. In meiner Vorstellung hausen hier jene, die den Gräbern zu entsteigen vermögen, um Rache an den Lebenden zu nehmen."
Ernesti: "Herrlich, wie Ihre morbide Phantasie Legenden um Geister und Untote lebendig werden lässt. Es soll ja Menschen geben, die tatsächlich glauben, dass es Kreaturen wie Vampire gibt, die sich an den Lebenden laben und ihnen das Leben aus dem Mark heraus saugen."
Beutler: "Nichts als Legenden. Aberglaube."
Ernesti: "Gespensterfurcht."
Beutler: "Sinnestäuschungen. Hirngespinste. Oder Wahn."
Möbius: "Oder etwas, von dem nur wenige Menschen wissen, dass es das gibt. Mehr als die Schulweisheit bereit ist verstehen zu wollen, weil die Wahrheit zu grauenvoll ist und der menschliche Verstand noch nicht bereit dafür ist."
Der Läuterer:
Die Professoren gehen langsam auf dem Kiesweg Richtung Kirche durch den Regen.
Möbius: "Ich hatte heute Nacht einen schrecklichen Albtraum..." Er schaut auf die Steinchen zu seinen Füssen.
"Ich schreckte hoch aus einem unruhigen Schlaf und schaue im stockfinsteren Zimmer an die Wanduhr. Es ist null Uhr und sieben Minuten. Urplötzlich spüre ich scharfe Fingernägel, die sich in meine Brust bohren und eine lederige, verrottende, glitschige Hand presst sich auf meinen Mund, um meine Schreie zum Verstummen zu bringen. Der süssliche Gestank der Verwesung liegt schwer in der Luft..."
"Ich wache auf und ringe nach Luft, als ob mir jemand im Schlaf die Kehle zugeschnürt hätte. Der Mond scheint ins Zimmer. Die Wanduhr zeigt sechs Minuten nach Mitternacht, als ich plötzlich kratzende Geräusche von unterhalb meine Bettes wahrnehme..."
"Meine Frau rüttelt mich wach. Ich komme langsam zu mir, während sie mir gut zuredet, ich solle mich doch beruhigen... Alles sei gut. Ich hätte nur schlecht geträumt... Sie küsst mich innig auf den Mund, während sie ihren Arm um mich legt und ihren Körper an mich schmiegt..."
Beutler: "Aber Hildegard ist doch bereits vor fünf Jahren gestorben!?"
Möbius: "Das ist noch nicht einmal das Schlimmste." Er macht eine lange Pause, als ob er abwägen müsse, ob und wie er weitererzählen soll.
"Heute morgen war das Bettlaken völlig verdreckt. Ich hatte feuchte Erde an den Füssen. Die Spuren führten aus dem Schlafzimmer durch das Haus hinunter in den Garten. Doch die Hintertür war verschlossen! Und der Schlüssel steckte von aussen!!!"
Der Läuterer:
Die Honoratioren schreiten schnellen Schrittes weiter Richtung Kirche, als würden sie dem Regen schlussendlich doch zu entkommen trachten und ihr könnt unter den Regenschirmen und hochgestellten Krägen ihrer Mäntel nur noch Wortfetzen ihres Gespräches verstehen bzw. erahnen.
Es geht anscheinend um die 'Archenhold-Sternwarte' (im Treptower Park, im Bezirk Alt Treptow), um einen vor Wochen 'entdeckten Kometen', um Cleopatra, sowie um eine 'Waffe'.
In der Kirche werden die Schirme geräuschvoll durch Schütteln von ihrer nassen Last befreit und dann zusammengefaltet.
Die kultivierteren Herrschaften hängen den Griff im Ellenbogen über den angewinkelten Arm, die weniger kultivierten klemmen sich das Utensil schlicht unter die Achsel.
Als eine pechschwarze Katze die Aussegnungshalle von links nach rechts kreuzt, zeigt sich bei Möbius erneut sein schwaches, zerbrechliches Nervenkostüm.
Die Katze rennt schnell aus der Halle, über den Kiesweg, und verschwindet in einem Gebüsch, aus dem sogleich ein klägliches, hohes Fiepen zu hören ist.
Möbius: "Die Kat...ze... von links. Sie kommt... von... links. Das ist ein Zeichen.. Ein böses Omen."
Der Läuterer:
Der Mann muss von den beiden anderen Professoren zur Linken und zur Rechten gestützt werden, sonst würde er zu Boden gestürzt sein.
Der Russe holt derweil flugs einen Flachmann aus der Brusttasche seines Mantels und verleibt dem aufgelösten Möbius ein paar kräftige Schlucke ein.
Ivanov: "Chier. Trink Brüdercchen. Das sein Wasser des Lebens. Ist sicch von Vater Vitali. Es vitalisieren Körper."
Währenddessen wird Möbius auf eine Bank an der Wand der Halle plaziert. Er hustet.
Ein paar Minuten des Wartens vergehen, bis alle Trauernden in der Kirche angekommen sind.
Möbius kalkweisse Gesichtsfarbe zeigt indessen wieder Anzeichen von Leben.
Der Läuterer:
Erneut ist es Hieronymus, der ältere Bruder des verstorbenen Professors, der das Wort ergreift.
Jetzt, da der Regenschirm ihn nicht mehr verdeckt, seht Ihr zum ersten Mal deutlich Hieronymus Frederick Julien von Eisenstein vor Euch.
Der an den Rollstuhl gefesselte Mann sieht aus wie eine uralte Mumie. Kaltes, totes Fleisch, das spricht und seine Worte an Euch richtet.
Der Mann wirkt fragil und energetisch zugleich. Sein Körper ausgezehrt, abgemagert, ausgemergelt, zerbrechlich und schwach. Sein Geist hellwach und messerscharf.
Unter der pergamentartigen, fahlen Haut mit vielen dunklen Pigmentflecken, treten die Knochen markant hervor. Der skelettierte Schädel des Mannes, mit den tiefliegenden Augen und den langen Zähnen, hat etwas raubtierhaftes, geierartiges. Das schüttete, weisse Haar trägt er zum Pferdeschwanz gebunden.
Doch seine Art zu sprechen ist eigenwillig und zutiefst verstörend.
Die mumienhafte Hand Hieronymus' hebt sich langsam von der Armlehne seines Rollstuhls. Sein Zeigefinger deutet den Friedhofsweg entlang, in Richtung Stadt.
"Meine." Seine Stimme ist dünn, aber eindringlich und gut zu verstehen.
"Herrschaften ich habe mir er.
Laubt einen Leichen.
Schmaus im Hause.
Meines Bruders richten.
Zu lassen."
"Wir würden.
Uns..." Er blickt zu Elfi hoch, die seinen Blick mit einem Nicken beantwortet.
"Freuen.
Wenn Sie.
Uns noch die Ehre erweisen.
Würden Sie bewirten zu dürfen so.
Dass wir noch etwas in.
Erinnerungen über meinen Bruder.
Schwelgen können."
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