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[AD&D 2.5E] Von Feuer und Düsternis – Erzählungen aus Euborea
Jenseher:
Die Gemächer, die Bargh, Zussa und Neire durchsucht hatten, waren voll von Prunk gewesen. Je höher sie gekommen waren, desto kostbarer war die Einrichtung gewesen. Die Tempelhallen aus schimmerndem schwarzem Marmor waren mit alter, über Jahrhunderte angereicherter Kriegsbeute geschmückt gewesen. Kostbare Teppiche und Felle, goldener Schmuck und Geschirr, Truhen aus seltenen Hölzern, Vorhänge aus Samt und Seide, juwelenverzierte Kerzenleuchter, samtweiche Polster- und Ledermöbel sowie Statuen aus feinstem Marmor, hatten sie gesehen. Alles war in dem schwachen Licht der rötlich glühenden, spinnennetzartigen Riefen erhellt worden. Nur an vereinzelten Stellen hatten immerbrennende Kandelaber, die düsteren Hallen mit verlorenem Kerzenschimmer angereichert. Neire hatte keine Geräusche mehr von den Priesterinnen gehört und so hatten sie sich an die Plünderung begeben. Sie waren an einer kleinen Kammer voller chaotisch verteilter Papyrusfetzen vorbeigekommen, auf die kurze, krakelige Notizen in der Dunkelelfischen Sprache notiert worden waren. Die Zettel waren mit dunkelelfischen Namen versehen gewesen. Auf einem hatte: „Lird – Hat sich bewährt, hat keine Angst gezeigt bei den Wächtern,“ gestanden. Auf einem anderen Fetzen hatten sie gelesen: „Ryldia – Ist faul und lässt sich gerne bedienen von den anderen. Vielleicht kann sie noch als Opfer dienen.“ Sie hatten die anderen Notizen nicht weiter beachtet und waren schließlich in das höchste Gemach gelangt. Die Ebene war von einer opulenten Einrichtung gewesen. Sie hatten auf Teppichen und Wandgemälden die Abbildungen von nackten Dunkelelfen gesehen. Männer und Frauen hatten sich perversen Liebesspielen hingegeben, die mit Szenen des Aufschneidens und des Verstümmelns versehen worden waren. Statuen von lebensgroßen schwarzen Spinnen hingen an adamantenen Ketten hinab und verdeckten die Fenster. Sie hatten die obere Ebene durchsucht und waren zuletzt in das fürstlich eingerichtete Gemach Charinidas gelangt. Vielfältige Gerüche, wie diffuses Licht waren ihnen entgegengekommen. Alles hatte den morbiden Charm unermesslichen Reichtums gehabt und dunkelelfische Runen sowie Spinnenverzierungen getragen. Sie hatten den Raum durchsucht und nichts gefunden. Dann hatte Bargh die Spuren Charinidas zu einer Wand gehen sehen, die von einem seidenen Spinnenteppich bedeckt war. Neire hatte die Wand abgesucht und eine Falle entdeckt. Vorsichtig hatte der Jüngling die geheime Tür geöffnet. Dahinter hatten sie eine Folterkammer entdeckt. Der Geruch von Blut, Urin und Fäkalien war ihnen entgegengeströmt, der von einem süßlichen Parfüm überdeckt wurde. Es hatte sich jedoch niemand im Gemach gefunden und die Spuren waren bereits einige Wochen alt gewesen. Zwischen den Peitschen, Zangen und Ketten hatte Bargh dann eine weitere Spur Charinidas gefunden, die sich zur gegenüberliegenden Wand bewegt hatte. Auch hier hatten sie die Geheimtür geöffnet, die sie in ein weiteres kleines Gemach geführt hatte. Neire lugte jetzt vorsichtig durch den geöffneten Schlitz und blickte in die Kammer. Schimmernd lag dort auf einer weißen Marmorsäule die Skulptur einer handgroßen Spinne. Der Gegenstand war aus goldsilbern schimmerndem, purem Mithril gearbeitet und musste einen unermesslichen Reichtum darstellen. Hinter der Säule ruhten vier geschlossene große Truhen. Vorsichtig bewegte sich Neire auf den Gegenstand zu und begann die Säule nach Fallen zu untersuchen. Er fand nichts, doch sein Instinkt warnte ihn vor dem Fluch, der in dem Gegenstand innewohnte. Kurz malte er sich das Bild aus, wie eine Berührung der Spinne zum Verschwinden des Diebes führte. Neire rätselte nicht lange über den Ort, an den die verfluchte Person gebracht werden würde und flüsterte: „Bargh, Zussa… fasst die Spinne nicht an. Es wohnt ein Fluch in ihr, der jenen Dieb befallen soll, der sie unbedacht aufnimmt.“ Kaum waren die Worte im Raum verhallt, da hörten Bargh, Zussa und Neire die Stimme, die in ihren Köpfen widerhallte. Die Worte wurden von einem Kichern begleitet und klangen lieblich, aber gehässig zugleich. Das Mädchen, das hin und her stolpert… von einem Ort zum anderen. Für einen Augenblick bewegte sich Zussa nicht, hielt ihren Atem und raunte. „Habt ihr das gehört? Bin damit…“ Bargh unterbrach sie grummelnd. „Ihr könnt nicht gemeint sein, Zussa. Ihr seid kein Mädchen mehr.“ Kaum war Barghs Stimme verhallt, war da wieder das Lachen in ihren Köpfen. Der Krieger, der aus den Schatten kam. Dabei ist es nur der Schatten eines Anderen, dem er hinterherläuft. Nachdem die Worte verklungen waren, schwiegen die drei Streiter Jiarliraes. Sie blickten sich für eine Zeit in die Augen, nickten sich dann zu und begannen mit der Plünderung der Truhen.
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„Charinida, die Hohepriesterin ist tot.“ Neires kindlich-zischende Stimme drang durch den Raum in der Sprache der Unterreiche. Es folgte ein dumpfes Geräusch, als der abgetrennte Kopf der Hohepriesterin auf den Boden schlug. Die Kreaturen, deren Augenpaare in der Dunkelheit aufblitzten, duckten sich hinweg und drängten zurück. Sie gingen gebeugt, als ob sie ihre Meister erwarteten. Auf ihren Körpern waren die Spuren von verheilten Peitschenhieben zu sehen. Neire betrachtete das Gemach der Sklaven, aus dem ein fast unerträglicher Gestank von Blut, Schweiß und Fäkalien drang. Nur das rötliche Licht des marmornen Flures hinter ihm erhellte den Eingang. Nachdem sie die Schatzkammer von Charinida geplündert hatten, waren die anderen Gemächer von ihnen durchsucht worden. Sie hatten keine lebenden Priesterinnen mehr angetroffen. So waren sie schließlich hinabgestiegen und hatten sich den beiden verriegelten Räumen gewidmet, aus denen Neire zuvor die Geräusche der Sklaven gehört hatte. Neire blickte in die Dunkelheit des Gemachs. Dennoch konnten seine geübten Augen erkennen, dass sich dort fünf Grottenschrate, drei Orks, sechs Tiefengnome und ein männlicher Mensch versammelt hatten. Nach einer Zeit der Stille trat einer der Grottenschrate hervor und erhob seine Stimme. „Wer seid ihr und was wollt ihr?“ Einer der abgemagerten Orks begann sich neben ihn nach vorn zu bewegen. Die abgemagerte Kreatur wurde jedoch mit einem Schlag ins Gesicht, den der Grottenschrat mit seiner Rückhand ausführte, in seine Schranken gewiesen. „Ihr könnt mit uns kommen, doch eine Frage müsst ihr alle uns beantworten.“ Mit einem Knurren, bellte der Grottenschrat unterwürfig. „Wenn ihr uns umbringen wollt, dann redet nicht. Tut es einfach!“ Neire lächelte durch die Maske der Goldschlange, die er über seinem Gesicht trug. „Jeder, der der Spinnengöttin dient, erhebt jetzt seinen Arm.“ Für einen Moment herrschte Stille, bis ein anderer, sich vorwagender Ork mit einem stärkeren Schlag des Grottenschrates zurückgewiesen wurde. Unter dem Jaulen des Orks knurrte die Kreatur, deren Kopf eine Mischung zwischen einem Humanoiden und einem Bären darstellte. „Was haben wir für eine Wahl. Sie haben uns hier eingekerkert.“ Die anderen Grottenschrate knurrten zustimmend. Dann sprach ein Tiefengnom mit zitternder Stimme. „Wir sind Sklaven, Herr. Was erwartet ihr… wir dienen demjenigen, der uns nicht der Peitsche ausliefert.“ Neire nickte und lächelte freudig. „Ihr habt die Wahl. Ihr könnt mir uns kommen. Wir gehen nach unten, denn dort gibt es einen Tunnel, der uns zum Schwarzwasser führt. Von dort aus werden wir Erelhei-Cinlu verlassen.“ Ein hektisches Raunen ging durch die Menge, als Neire den Weg nach unten erwähnte. Nur der Mensch blickte mit glasigen Augen ins Leere und aus seinem Mund rann Sabber. Dann antwortete der Grottenschrat mit ängstlichen Grunz- und Schmatzlauten. „Wir gehen nicht hinunter. Dort lauert nur der Tod.“ Hinter sich hörte Neire die ungeduldige Stimme Barghs. „Der Tod lauert dort unten wie hier. Ihr kommt entweder mit uns oder ihr bleibt hier im Raum. Keine Spiele mehr Neire!“ Neire nickte und forderte sie ein letztes Mal auf. Hervor traten ein Ork und vier Tiefengnome. Als Neire fragte: „Und was ist mit euch, Menschlein?“ Zeigte der Ork auf seinen Kopf und grunzte. „Der dort tot, hier oben.“ Dabei zeigte er sich auf seinen vernarbten Schädel. Neire nickte und Bargh begann die Tür zu schließen. Wie in einem Sturmlauf versuchten die fünf Grottenschrate in diesem Augenblick die Flucht zu ergreifen. Doch Bargh und Neire waren schneller und verschossen die Tür. Sie hörten aus dem Inneren die verzweifelten Schreie und das Kratzen von Klauen auf dem Holz. Danach wendeten sie sich dem anderen Sklavengemach zu und forderten die ausgemergelten Kreaturen auf ihnen zu folgen, falls sie sich es trauten. Aus dem anderen Raum waren es ein weiterer Ork, drei Grottenschrate und ein Kobold, die ihnen folgten. So schritten sie auf die Treppe zu, die hinab in die Tiefe führte. Beim Anblick des spinnenwebenverhangenen Schachtes duckte sich der Kobold zitternd hinfort und versuchte zu fliehen. Neires Degen zuckte in seinen Rücken und er stach die kleine Kreatur nieder. Barghs Stimme klang dröhnend durch die Halle. Die Dunkelheit des heiligen Kriegers der Chaosgöttin umhüllte sie alle. „Ich habe es euch gesagt. Feigheit wird mit dem Tode bestraft.“ Sie drückten die Schar von Gestalten vor sich in die Tiefe. Einige schlotterten nun vor Angst. Dann hörten Bargh, Zussa und Neire wieder die Stimme, die anscheinend nur in ihren Köpfen war. Der Jüngling, der sich nach dem längst Vergangenen sehnt. Neire schüttelte seine Furcht ab. Es musste sich um eine Lüge handeln, denn Nebelheim war ewig. Sie gingen tiefer und tiefer. Die Einwebung des Tunnels nahm zu. Von unten war ein schwaches violettes Licht zu sehen. Auch einer der beiden Orks bekam es mit der Angst zu tun und versuchte zu fliehen. Doch Neire stach auch diesen Flüchtenden nieder. So waren es drei Grottenschrate, ein Ork und vier Tiefengnome, die schließlich die untere Halle betraten, die sich ihnen offenbarte. Dort herrschte ein schummriges gräuliches Licht, das von überall zu kommen schien und nur von dem schwachen violetten Feuer von Kerzenhaltern angereichert wurde. Ein breiter Gang führte zu einer Sarkophag-ähnlichen Opferstelle. Dort war der Boden von getrocknetem Blut bedeckt und ein orangenes Feuer brannte in einem Kohlebecken. Metallene Käfige hingen dort an Ketten. In einem dieser Gefängnisse konnten sie die humanoiden Konturen einer eingesponnenen Kreatur erkennen. Neire spürte das Unwohlsein, das dieser Bereich in ihm hervorrief. Auch Bargh und Zussa schien es ähnlich zu ergehen. Sie trieben die Sklaven weiter vor sich her, bis sie zu dem Altar kamen. Zur rechten Seite ging der Tunnel ab, der jedoch gänzlich von Spinnenweben ausgefüllt war. Die dicken Fäden sahen so aus, als ob dunkle Tropfen einer öligen Substanz von ihnen herabliefen. Gerade wollte er auf den Sarkophag hinzuschreiten, da hörte er das Murmeln aus dem entfernten rechten Tunnel. Durch das Gewirr von Netzen konnte er schemenhaft eine große Kreatur erkennen, die in einer entfernten Halle aufgetaucht war. Bewegung ging durch das Spinnennetz und die violetten Kerzenflammen fingen an zu flackern. Neire rief in seinem Schreck: „Dort!“ Zwischen den Fäden konnte er die Gestalt erkennen. Auf einem gewaltigen Spinnenleib ruhte ein menschlicher Oberkörper einer halbnackten Dunkelelfin. Vier menschliche lange, dürre Arme an jeder Seite trugen die Kreatur, die sich auf den Strängen des Netzes zu bewegen schien. Sie besaß eine Vielzahl von glühenden roten Augen und ein von Beißzangen versehenes monströses Maul. Bargh hielt sein Schild vor sich und gemeinsam begannen sie die Gebete ihrer Göttin zu rezitieren. Die Kreatur lachte diabolisch und wendete ihnen ihren Unterleib zu. Fäden schossen heran und begannen sie zu umwickeln. Neire und Zussa konnten zur Seite springen, doch Bargh wurde gefesselt. Dann beschworen Neire und Zussa ihre Magie. Ein Regen von dunklen Magmageschossen und eine gewaltige Explosion aus Feuer erfasste die Halbspinne. Sie alle hörten den Todesschrei, der durch die Kerkerhallen ging. Doch da war mehr. Es war, als ob zwei Stimmen schreien würde und eine nur in ihren Köpfen war. Sie betrachten den Untergang der monströsen Spinne, die sich im Feuer erst zusammenrollte sich und anschließend in schwarze glühende Asche auflöste. Erst dann stürmten Neire und Zussa zurück und wendeten sich den Grottenschraten zu, die furchterfüllt geflüchtet waren. Hinterrücks schlugen sie die großen Kreaturen nieder. Keiner sollte dem Geschehen entfliehen. Wie Bargh es gesagt hatte, sollte Feigheit mit dem Tode bestraft werden.
Jenseher:
Gierig stürzten sich die Sklaven auf das Essen, das Bargh ihnen hingeworfen hatte. Grunzend und schmatzend begann der Ork das Trockenfleisch zu schlingen. Auch die vier Svirfneblin legten ihre Furcht für einen Augenblick ab und widmeten sich ihren Rationen. Bargh blickte durch seine Maske und betrachtete das Geschehen. Sie hatten sich nach dem Kampf gegen die Spinnenmonstrosität beraten. Danach hatten sie die noch verbleibenden Sklaven einen Weg durch die Spinnennetze schneiden lassen. Sie hatten ihnen dazu einige der Foltermesser gegeben, die sie auf den Tischen um den blutverschmierten Altar gefunden hatten. Während die Sklaven gearbeitet hatten, hatten sie die unterirdischen Hallen des Tempels weiter untersucht. Bargh hatte schließlich alte Spuren gefunden, die einige Monde alt waren und die auf eine unscheinbare Wand hinzugeführt waren. Sie hatten die Stelle untersucht und Zussa war fündig geworfen. Gemeinsam hatten sie eine geheime Tür geöffnet, hinter der sie einen Tunnel in die Tiefe hatten hinabführen sehen. Neire hatte gesagt, dass er in weiter Entfernung rauschendes Wasser hörte. Sie waren sich sicher gewesen, dass der geheime Abstieg zum Schwarzwasser führen würde. Sie hatten sich aber entschieden in der Kerkerhalle auszuharren, die durch ein diffuses graues Licht erhellt worden war. Es wirkte auf Bargh, als ob die Steine oder vielleicht sogar die Luft den Schimmer erzeugen würde. Die in violetten Flammen brennenden Kerzen der Kandelaber brannten so schwach, dass sie kaum etwas beitrugen. Barghs Blick ging von den Sklaven auf seine beiden Mitstreiter über. Zussa trug ihre Maske aus der grauen Haut des toten Riesenkindes. Rubinsplitter, die eine Hand formten, waren dort aufgebracht und endeten in Klauen. Die Ränder hatten Neire und Zussa mit den grünlich schimmernden Haaren der Riesin verziert, deren Augen Zussa herausgeschnitten hatte. Die Feuerhexe war in eine schattenhafte Robe und knöchelhohe Stiefel gekleidet. Sie kratzte sich immer wieder unter der Maske und legte dabei ihr feuerrotes, gelocktes Haar über ihre Schultern. Auch Neire hatte die Maske der juwelenverzierten goldenen Feuerschlange nicht abgelegt. Der Jüngling mit den gold-blonden Locken betrachtete das platinerne Ei, das sie aus der Halle geborgen hatten, in welche die Sklaven den Tunnel durch die Netze geschnitten hatten. Neire betrachtete schon längere Zeit den Gegenstand. Dann erhob er den Kopf und sprach zu Zussa. „Ihr sagtet, es wäre die Magie der Veränderung und die von Raum und Zeit, die diesem Gegenstand innewohnt?“ Es dauerte einige Zeit bis Zussa antwortete. Bargh vermutete, dass das Mädchen träumte. „Magie? … Ja, ich sagte es doch bereits Neire. Versucht die Magie zu bannen. Unsere Macht ist bestimmt stärker, als die der Spinnenanbeter.“ Neire nickte und legte das Ei behutsam zu Boden. Dann kniete er sich nieder und sagte. „Tretet zurück. Ich weiß nicht, was passieren wird.“ Bargh und Zussa traten zurück. Nur die Sklaven schlangen weiter schmatzend und rülpsend das Essen hinab. Dann wirkte Neire seine Magie. Ein kurzes Leuchten ging über die Oberfläche aus Platin. Dann wurde die Hälfte der Schale durchsichtig. Eingeschlossen, wie in einer viskosen, durchsichtigen Flüssigkeit, konnte Bargh vier Gegenstände sehen, die dort schwammen. Bargh beobachtete, wie der Jüngling seine Hand ausstreckt und durch die Schale in das Ei hineingriff. Täuschte er sich oder wurde Neires Hand im Inneren der Flüssigkeit kleiner?
Neire hielt die Kugel aus dem schwarzen Bergkristall in seinen Händen, die ihm Zussa und Bargh einst aus Urrungfaust mitgebracht hatten. Er hatte sich in einen Kniesitz begeben. Der Gegenstand fühlte sich kalt und glatt an. Im Inneren des dunklen Glasballs waren Konturen, wie schwarze, in sich verflossene Tropfen. Je länger er sich auf die Düsternis konzentrierte, desto mehr verschwand die Umgebung um ihn herum. Es war als ob die Schwärze begann, die freien Sichtbereiche zu schlucken. Dann starrte er in die Leere, er blickte in eine sternenlose Nacht. Auch die Geräusche der Sklaven waren verschwunden. Die Worte von Zussa und Bargh, die sich gerade unterhalten hatten, hörte er nicht mehr. Er versuchte die Dunkelheit zu navigieren und ein Name lag auf seinen Lippen. Er flüsterte ihn immer wieder, erinnerte sich das, was einst war. Da waren glühende Funken, die sich wie im Wind zu bewegen begannen. Sie formten einen Tunnel, durch den sich sein Blick fortzog. Dann sah Neire Bautha da’Eilserv, deren Namen er in die Schattenseite der Nacht geflüstert hatte. Die jugendliche Dunkelelfin lächelte zu sich selbst, als sie durch einen verzierten Türbogen schritt. Goldene Strähnen waren in ihre silbernen Haare geflochten, die ihr schlankes, fast übernatürlich hübsches Gesicht umspielten. Sie war in eine enganliegende Lederhose und ein Lederoberteil gekleidet, das mit grünen gestickten Runen verziert war. Neire hörte ihre Schritte, aber auch ein Hämmern und ein Meißeln von außerhalb. Sein Blick verfolgte Bautha, die jetzt in eine Kammer trat. Dort war das Funkeln von Gold, Silber und Edelsteinen. Geöffnete Schatztruhen offenbarten unermesslichen Reichtum. Auf seidenbehangenen Podesten lagen verzierte Waffen, Rüstungen und Schilde. Ein anderer Bereich der Kammer war von einem Bücherregal wertvoller Einbände ausgefüllt. Bautha ging zum Bücherregal und begann einen der Folianten hervorzuziehen. Sie strich sich dabei ihr Haar zurück und Neire konnte die Narbe erkennen, die der falsche Stallmeister ihr zugefügt hatte. Neire hatte genug gesehen. Er zog sich zurück in die Dunkelheit. Sein Geist kehrte zurück in den Tempel der Spinnengöttin. Erst als er sich erhob spürte er den Schwindel, den die Änderung der Wahrnehmung bei ihm bewirkte. „Zussa, wir werden Bautha da’Eilserv besuchen. Bargh, ihr werdet hierbleiben und auf die Sklaven aufpassen. Es wird nicht lange dauern, bis wir zurückkehren werden.“ Zussa, die wie Bargh und er selbst, ihre Maske ausgezogen hatte, grinste freudig, während Bargh eisern nickte. Dann reichte er Zussa das Amulett von Aunrae da’Eilserv. Er selbst zog sich das Amulett ihrer Schwester, Faeza da’Eilserv, an. Neire nahm Zussa an der Hand, legte einen Finger auf die Lippen und sprach die arkanen Worte der Macht. Augenblicklich begannen sie sich in glühende Schatten aufzulösen. Wieder überkam ihn das Gefühl von Schwindel. Dann erblickte er die glitzernde Kammer, in die er sich mit Zussa begeben hatte. Bautha stand noch immer vor dem Bücherregal. Leise flüsterte Neire. „Bautha, erschreckt euch nicht. Ich bin es, Neire von Nebelheim.“ Bautha zuckte herum, als wolle sie um Hilfe rufen. Dann legte sie einen Finger auf ihre Lippen und zeigte auf die Stahltür, die offen stand. Sie bewegte sich dorthin und begann die Pforte zuzudrücken. Erst dann fuhr sie herum und zischte arrogant. „Ich habe nicht so früh mit eurer Rückkehr gerechnet, Prophet. In meinen Kreisen kündigt man derartige Besuche an.“ Neire überhörte den Ton und antwortete. „Wir sind um eure Sicherheit interessiert und wir bringen wichtige Neuigkeiten. Doch sagt, konntet ihr eure Macht festigen? Hat man euch geglaubt?“ Jetzt lächelte Bautha boshaft. „Natürlich hat man mir geglaubt.“ Sie strich sich über die einst tiefen, jetzt vernarbten Wunden an Bauch und Arm. „Meine Wunden sind geheilt und die beiden Männlein wurden für diesen Frevel getötet. Doch meine Herrschaft hat gerade erst begonnen.“ Neire nickte beipflichtend und sagte dann. „Wir kommen aus dem Tempel der Spinnengöttin. Wir haben sie getötet. Alle Priesterinnen und ihre Krieger. Und wir waren in den Kerkern des Tempels und haben dort eine Abscheulichkeit getötet. Eine Mischung aus einer Frau und einer Spinne. Sie hatte…“ Bauthas Gesicht hatte sich in ein Grauen verwandelt und sie hatte ihm an den Lippen gehangen. Dann unterbrach die Herrin des Hauses Eilserv ihn. „Ihr habt was… wie kann es nur sein. Charinida war mächtig. Sie war die größte Priesterin von ganz Erelhei-Cinlu. Und sie hatte Pellanistra, ihre Leibwächterin. Aber die Spinne, die ihr getötet habt… kann es sein? Wenn die Gerüchte wahr sind?“ Neire schüttelte mit dem Kopf. „Jetzt sind sie tot. Pellanistra, Charinida, die Priesterinnen sowie Kriegerinnen und die Spinnenfrau. Wir sind gekommen um euch das mitzuteilen. Vielleicht könnt ihr es zu eurem Vorteil nutzen. Vielleicht wart ihr ja auf eurer Reise in den Tempel und habt diesen Frevel zuerst gesehen. Vielleicht nutzt ihr die Gunst der Stunde.“ Zuerst schüttelte Bautha den Kopf, doch dann zeigte sie ein diabolisches Lächeln. „Ja, so könnte es sein. Als neue Herrin vom größten Haus Erelhei-Cinlus, als Herrscherin vom edlen Haus Eilserv wurde ich von Charinida eingeladen, mein Opfer zu vollbringen. Ich reiste zum Tempel und fand das Massaker. Vielleicht sprach die Spinnengöttin dort selbst zu mir. Nun muss ich für Recht und Ordnung sorgen in Erelhei-Cinlu und das werde ich tun.“ Bautha begann zu lachen und dann verrückt zu kichern. Sie musste fast ihre Fassung verloren haben, denn sie sprach in ihr wieherndes Lachen hinein. „Ich werde die Kriegerinnen der Zunft schicken. Sie dienen noch immer unserem, nein, meinem Haus. Sie werden den Tempel besetzen und dafür sorgen, dass es erst einmal keine Spinnengöttin mehr gibt in Erelhei-Cinlu.“ Dann schaute sie unschuldig Neire an. „Natürlich wird es die Spinnengöttin im Tempel geben und die Opfergaben werden gerne entgegengenommen werden. Wir werden sie gerne entgegennehmen.“ Jetzt war ihr verrücktes Lachen noch stärker geworden und sie fuhr fort. „Ich werde Erelhei-Cinlu beherrschen, wie es noch nie eine Herrin zuvor getan hat. Sie werden alle ihr Knie beugen. Jene die sich widersetzen, werde ich ausrotten, vernichten… ihre Namen aus der Geschichte tilgen.“ Neire nickte und lächelte Bautha an. Als die junge Herrin aufhörte zu lachen blickte sie sich um und zeigte auf einige Gegenstände. „Neire von Nebelheim, ihr habt mir zur Macht verholfen und ich habe euch nicht vergessen. Sucht euch das, nach dem euer Herz begehrt. Es liegen so viele Dinge seit Jahrhunderten hier herum. Doch wisset, einige Gegenstände liegen mir am Herzen. Bereits die große Aunrae, gelobt möge sie sein, hat diese Kammer wie ihr eigenes Kind beschützt, das sie nie hatte.“ Wieder kicherte Bautha. Dann schritten sie gemeinsam durch Halle und begutachtenden die Kostbarkeiten. Zussa und Neire griffen nach Schwertern, Ringen und Büchern. Einige wenige Male schüttelte Bautha mit dem Kopf und sie ließen die Artefakte unberührt. Danach verabschiedeten sie sich. Sie sagten Bautha, wie sie sie erreichen konnte und kehrten zurück zu Bargh, in den Tempel der Spinnengöttin.
Jenseher:
Ächzend zog sich Bargh durch den Tunnel. Die schleimige, bernsteinfarbene Flüssigkeit war mittlerweile durch seine Rüstung gedrungen. Dort, wo die seltsame Substanz mit seiner Haut in Kontakt gekommen war, fühle er ein kaltes Prickeln. Die transparenten Wände der Röhre schienen sich seinen Bewegungen anzupassen – so als ob sie bei der Berührung mit dem Bernsteinschleim nachgeben würden. Der heilige Ritter Jiarliraes zog sich unermüdlich vorwärts. Sein Blick war nach vorn gerichtet. Hinter den Wänden waren nur silbern schimmernde Nebel zu sehen. Bargh hörte Neires Gebete hinter sich und er stimmte in den zischelnden Gesang ein. Das Lied zu Ehren Jiarliraes gab ihm Kraft und half ihm das Gefühl von Hohn und Spott zu vergessen, das er gespürt hatte, seit sie die Spinnenkreatur der Frau getötet hatten. Bargh hatte eine Zeit in den Katakomben des Tempels gewartet, bis Neire mit Zussa von Haus Eilserv zurückgekehrt war. Neire hatte kurz berichtet, sich dann aber an die weitere Erkundung der unteren Ebene gemacht. Nach einer Zeit war er zurückgekommen und hatte von Lagerräumen und verschlossenen Türen erzählt. In dem Tunnel hatte er zudem einige untote Kreaturen gesehen, die dort willenlos auf und abschritten. Neire, Zussa und er selbst hatten dann beraten, ob sie die Kreaturen töten und den Bereich durchsuchen oder in den oberen Raum mit der Statue der Spinnengöttin zurückkehren wollten. Sie hatten sich dann dafür entschieden, nach oben zu gehen, um das Abbild von Lolth zu zerstören. Die Durchsuchung der unteren Hallen hatten sie aufgeschoben. Zurück im oberen Geschoss, hatten sie zu ihrer Überraschung gesehen, dass das Relief des schwarzen Nachthimmels sich bewegt hatte. Der Tunnel, den sie schon zuvor gesehen hatten, tanzte zwischen den glitzernden Sternen. Der Weihrauch der Kohlebecken wurde durch einen Luftzug in die Wand gezogen. Sie hatte voller Staunen die magische Wandkarte untersucht, deren Sternzeichen Zussa als ein getreues Abbild des euboräischen Himmels erkannt hatte. Neire war sich sicher gewesen, dass der Tunnel eine Art Portal darstellte, das in ein Jenseits hinter den Sternen führte. Er hatte ihnen zudem gesagt, dass er keine direkte Gefahr auf der anderen Seite des Portals spüren könne. Sie hatten zuerst versucht die vier Gegenstände als Portalschlüssel einzusetzen, die sie eingeschlossen im platinernen Ei gefunden hatten – die eiserne Pyramide, die silberne Kugel, den blauen kristallenen Würfel und den bronzenen achtzackigen Stern. Nachdem die Versuche erfolglos geblieben waren, hatte Neire die Idee gehabt seine Hand in die bernsteinfarbene Flüssigkeit der Säule einzutauchen. Der Tunnel hatte bei der Berührung des jungen Propheten nachgegeben und wild angefangen zu zucken. So hatten sie gemeinsam zu Jiarlirae gebetet und sich dann in die Flüssigkeit begeben. Bargh war zuerst in den Tunnel gestiegen. Je weiter sich Bargh vorzog, desto mehr konnte er die Kraft seiner Göttin fühlen. Er hörte den Singsang von brennenden Feuern, die Brise eines schattigen Nachtwindes. Aber da war immer noch der Spott, der tief in ihm nagte. Nur durch die Konzentration auf seine hohe Herrin von Flamme und Düsternis, konnte er die Selbstzweifel abschütteln. Bargh wusste nicht, wie lange sie sich schon durch den Tunnel zogen. Es kam ihm wie eine halbe Ewigkeit vor. Dann sah er es unter sich. Zuerst war es wie eine Kontur im Nebel. Schließlich konnte er den polierten glatten Stein erkennen. Ein Pfad, wie eine schlanke Straße, von Nebel umschlungen. Der transparente Schlauch führte dort hin. Bargh spürte jetzt die Öffnung und ließ sich hinab. Langsam richtete er sich auf und ein Schaudern durchfuhr ihn. Hier waren keine Geräusche. Alles fühlte sich anders an – auch die Klinge Glimringshert in seiner rechten Hand. Ihm war, als wolle dieser Ort seinen Untergang hervorrufen und ihm ewige Qualen bescheren. Bargh half zuerst Neire hinab, dann entschlüpfte Zussa dem Schlauch zwischen den Welten. „Achtet auf den eure Schritte. Wir wissen nicht, was sich dort im Nebel befindet,“ flüsterte Bargh und zeigte in die Schwaden, die kaum heller als Mondlicht waren. Dieser Ort war falsch. Es war kein Geruch hier, keine Geräusche. „Unsere Göttin ist nah. Ich spüre sie und sie spürt uns. Zu dritt sind wir an diesen Ort gelangt und zu dritt werden wir ihn wieder verlassen.“ Bargh nickte bei Neires Worten, dann zeigte der Jüngling mit den goldblonden Locken in eine Richtung. Sie schritten über den schimmernden Stein des Wegs im Nichts. Sie begannen durch die silbernen Nebel, denen Flamme und Düsternis so nah, doch auch so unglaublich fern schienen.
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„Dort,“ zischelte Neire. „Eine geheime Tür… Wartet, ich werde sie öffnen.“ Der Jüngling drehte sich zu der nackten Wand des kargen Gemaches, in das sie getreten waren. Zuvor waren sie Stunde um Stunde durch die matten Nebel gewandelt. Ab und an hatten sie eine Tür aus altem, teils verschimmeltem Holz samt Rahmen gesehen, die am Rande des steinernen Steges stand. Dahinter war nichts gewesen, doch als sie das mysteriöse Portal geöffnet hatten, war dort ein Gang aufgetaucht. Sie waren dem Gang und auch anderen Gängen gefolgt, aber oft waren sie im Kreis gegangen. Bargh hatte ihre eigenen Spuren auf dem marmornen Steg entdeckt. Nachdem sie hinter einer weiten Türe einen Raum mit vier steinernen Trollen entdeckt und diese getötet hatten, waren sie schließlich auf den leeren Raum gestoßen, den sie dann abgesucht hatten. Jetzt begann Neire vorsichtig einen Teil der Wand hervorzuziehen, der sich mit einem Knirschen öffnete. Dahinter sahen sie eine von Fackellicht erhellte Kammer, in deren Mitte eine Reihe von Gitterstäben zwei Bereiche trennten. Gefangen hinter den Stäben sahen sie vier verweste Körper, mit langen blonden Haaren und den Kleidern von Frauen. Auf ihrer Seite saß ein alter Mann, der in noble Gewänder gehüllt war und noch langsam atmete. Er war knochendürr und langes weißes Haar hing offen über seine Schultern hinab. Mit dem Geräusch der sich öffnenden Tür erhob sich der Mann ächzend. Es war, als ob er unter Schmerzen leiden würde. Er drehte sich zu ihnen um und fing an zu grinsen. Im flackernden Licht waren vergilbte Augen, eingefallene Wangen und ein Stoppelbart zu sehen. Sabber und Geifer rannen aus seinem Mund, in dem fast keine Zähne mehr zu erkennen waren. Mit einem Unglauben in den Augen fing der Alte an zu Kichern, was sich schnell in ein verrücktes Gackern veränderte und unter Schmerzen erstarb. „Ihr seid zu meiner Hochzeit gekommen, Fremde? Wo sind meine Brautgeschenke für meine vier Prachtstücke?“ Der Mann sprach mit gebrechlicher Stimme und wies dabei auf die vier Leichname. Neire trat hervor und verbeugte sich in höfischer Geste. „Wessen Hochzeit ist dies und wieso findet sie an diesem Ort statt?“ Für einen Augenblick starrte der Alte wirr in das Licht der Fackeln, dann antwortete er. „Ich bin der Herr von Trahks und das ist meine Hochzeit. Wo sonst, wenn nicht hier mein Herr, sollte sie stattfinden. Und meine vier Bräute können es gar nicht erwarten, mir zu dienen.“ Dabei zeigte er grinsend seine wenigen fauligen Zähne. „Es ist die Hochzeitsnacht, ihr wisst was ich meine…“ Wieder war da das verrückte Lachen, das in einem Hustenanfall endete. Neire ging einen Schritt auf die Gestalt zu und sagte. „Wir kommen wohl etwas spät zu eurem Spiel oder wieso bewegen sie sich nicht. Wieso sind sie auf der anderen Seite des Gitters. Wer hat sie dort hingebracht?“ Für einen Augenblick zogen sich die Augen des Alten zusammen und es war, als ob eine alte Erinnerung in seinem Verstand auftauchen würde. Dann lachte er wieder. „Damit sie mir nicht stiften gehen… Prachtweiber sind es, das sage ich euch. Sehr begehrt in diesen Zeiten. Ihr wollt sie mir doch nicht wegnehmen, ihr und euer großer Leibwächter.“ Dabei zeigte der Alte auf Bargh, der sich hinabgebeugt hatte, um durch die Tür zu blicken. Jetzt lächelte Neire ihn an und antwortete. „Wir wollen sie euch nicht wegnehmen, nein. Ich selbst habe mich bereits versprochen und auf ewig gebunden. Meine Frau kann leider nicht an euer Feier teilnehmen.“ Bei Neires Worten versteinerte sich das Gesicht des Adeligen. „Ha, wieso nur einer versprochen? Könnt ihr euch nicht mehrere leisten? Sie sind ihren Preis wert, das sage ich euch… eine reicht mir nicht. Sie können zwar anstrengend sein, aber manchmal hat das Eheleben auch seine Vorzüge.“ Wieder lachte der Alte wirr, dann fuhr er fort. „Woher kommt ihr Fremder. In welchen Landen könnt ihr euch nur eine Braut leisten?“ Jetzt nickte Neire und blickte sich zu Bargh und Zussa um. „Wir kommen von weit her, aus den Schneebergen. Doch wir haben unseren Weg in dieses Reich gefunden, in dem ihr euren leblosen, schmerzerfüllten Reigen zu Ehren der Spinnengöttin tanzt. Wir haben Flamme und Dunkelheit mitgebracht und wir könnten eine Kerze für euch anzünden. Ein Licht, das euch IHRE Schatten bringt. Ihr könnt das Geheimnis der Dualität von Flamme und Düsternis bestaunen, bevor die Spinnenanbeter eure Seele zermalmen.“ Während Neires Worten hatte der Alte zuerst zugehört, doch dann wirr angefangen ein Kinderlied zu summen. Jetzt rief er. „Eine Kerze, mehr Licht für meine Hochzeit… ein guter Einfall. Erlhart, kommt herbei! Wo sind sie nur, meine Diener?“ Neire versuchte es ein weiteres Mal. „Hört, alter Mann… Herr von Trahks! Wir waren in Aschwind und haben die Dunkelheit gesehen, die sich über die Stadt gelegt hat. Niemand kam herein oder heraus. Wir sprachen mit Randos damals, doch das ist nun fast fünf Winter her.“ Der Alte schaute zu Boden, dann in das Licht der Fackeln. Er murmelte. „Randos, dieser… er ist ein Jungspund… niemand kommt herein und oder heraus?“ Da war wieder das wirre, hässliche Lachen. „Wenn ihr die Schenkel meiner Bräute meint, junger Freund, so ist es. Nachdem ich sie geehelicht habe, wird dort niemand anderes als ich selbst herein oder heraus kommen. Hehehe!“ Neire wendete sich ab und sprach zu Bargh und Zussa. „Er wurde von den Spinnenanbetern verflucht. Ich fühle es. Sie ergötzen sich an seinem Siechtum. Sie zehren von solch niederen Kreaturen. Armselige Menschlein reichern ihre Macht so an, wie eine Spinne ihre Beute in einem Netz zappeln lässt.“ Neire blickte zu Zussa. „Es ist an euch, Hand der Flamme, dem Spiel ein Ende zu bereiten.“ Zussa strich sich ihre roten Locken zurück und antwortete betont gelangweilt. „Er ist doch schon tot Neire. Soll er doch hier weiter tot bleiben.“ Als Neire schwieg, fügte sie an. „Na gut, ein bisschen mehr tot kann ja auch nicht schaden.“ Als Zussa sich auf den Alten zubewegte grinste er und sagte. „Eine fünfte Braut… kommt her mein Schätzchen, der Herr von Trahks wird sich schon gut um euch kümmern.“ Zussa blickte ihn gelangweilt an, dann stieß sie ihren Säbel durch sein Herz. Mit einem Seufzer hauchte der Alte sein Leben aus. Als der Leichnam zu Boden fiel, drehte sich Zussa um, wischte das Blut von ihrer Waffe und fragte. „Und was machen wir jetzt, können wir nun weiter?“
~
Der Strahl, den Neire entfesselte war dünn und glühte in magischen Magmatönen. Es war, als strömten kleine Glühwürmchen durch das Portal. Als sie den schwarzen Spiegel berührten, begann das Feuer in den Stein einzudringen. Die glatte Oberfläche wurde von rötlich schimmernden Furchen durchzogen. Dann brach der matte Glanz und glühende Stahlstücke fielen zu Boden. Nur Augenblickte später hörte Neire die grunzenden Schreie, die aus den anliegenden Türen kamen. Er dachte zurück an ihren Kampf und machte sich angriffsbereit. Nachdem sie zuvor das Gefängnis des Herren von Trahks verlassen hatten, waren sie weiter durch das Labyrinth der im Nebel schwebenden Steinwege geirrt. Schließlich hatten sie hinter einem Portal eine große Halle entdeckt. Dort waren sie von unsichtbaren Kreaturen angegriffen worden. Als sie die Affendämonen schließlich besiegt hatten, hatte Neire die Pyramide hervorgeholt. Der Gegenstand war warm geworden und hatte vibriert. So hatten sie Halle durchschritten und ein schwarzes Loch in der Wand war wie aus Geisterhand durchsichtig geworden. Dahinter waren sie wieder auf einen steinernen Weg gelangt, der sie durch die Nebel geführt hatte. Sie hatten aber, anders als zuvor, über und unter ihnen weitere Pfade entdecken können, die dort verborgen gelegen hatten. So waren sie schließlich zu der Tür gelangt, hinter der Neire den Spiegel entdeckt hatte. Von dem Spiegel war eine große Anziehungskraft gegenüber metallischen Gegenständen ausgegangen und so hatte Neire sich dazu entschieden seine schwarze Kunst zu entfesseln. Gerade als Neire begann einen weiteren Zauber vorzubereiten, wurden die beiden Türen aufgeworfen und große, fellige Humanoide strömten in steinernen Raum. Sie trugen lederne Lumpen und knöcherne Knüppel. Ihr rostbraunes Fell war an einigen Stellen ausgefallen und offenbarte bleiche Haut. Ihre bärenartigen Gesichter und spitzen Ohren waren durch Brandnarben entstellt. Ihre Zähne angespitzt und Lippen und Zahnfleisch offenbarten grausame Narben. Kränklich gelbliche Augen blickten sich hasserfüllt im Zwielicht um. Dann warf Neire das Magmafeuer seiner Göttin. Nach der ohrenbetäubenden Explosion waren sterbende Grunzschreie zu hören. Einige Kreaturen hauchten ihr Leben aus, als sie wie lebende Fackeln durch die Kammer torkelten. Anderen fehlten Finger, Hände oder Arme, die durch die Wucht der Explosion abgerissen worden waren. In diesem Chaos von Feuer und Düsternis drangen Bargh, Neire und Zussa vor und töteten die letzten Überlebenden. Erst dann blickten sie sich an und sprachen Gebete zu ihrer Göttin. Sie waren bis hierhin gekommen, doch sie durften nicht den Hohn und den Spott an ihren Geistern nagen lassen. Sie mussten einig und stark sein im Glauben, denn es konnte nur eine Göttin des aufsteigenden Chaos des Abgrundes geben. Jiarlirae würde ihnen den vollkommenen Sieg geben, der den Schlüssel zu neuen Geheimnissen bedeutete.
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