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[Deadlands] Savage West Solo Play
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--- Zitat von: HAL 40000 am 18.09.2025 | 14:07 ---Schöne Sache. Bin gespannt wie es weitergeht :d
--- Ende Zitat ---
Danke fürs Mitlesen, freut mich! :) Nächste Woche kommt die nächste Fortsetzung.
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Also beschert uns (wie oben etabliert) der Beamte namens William Olson einen Hinweis. Worin besteht der denn? Diese Frage beantworten die Orakelwürfel mit Create a Plot Arc. Oha, das ist ja ein großer Aufschlag. Was immer Mister Olson uns mitzuteilen hat, führt in einen ganz neuen Handlungsbogen für die Kampagne. Da frage ich mal wieder die Tabelle Themes aus Ironsworn, was denn das Thema dieses Handlungsbogens sein wird? Die Tabelle sagt, Trade, also Handel. Das ist ja ein zentrales Thema vieler Fraktionen in Gomorra, aber allen anderen voran natürlich das Thema und oberste Ansinnen der Sweetrock Mining Company. Wenn das Orakel will, dass der Handlungsbogen der Sweetrock vorangeht, fällt mir direkt was ein, aus der zugrundeliegenden Story des Trading Card Game. Machen wir das mal so:
William Olson zündet seine Pfeife neu an, die ihm beim Bürgersteigfegen ausgegangen ist, und knurrt dabei, „Denke mir, Findley persönlich stellt hier die Weichen, Pardners. Der feine Herr hat Angst, dass ihm das ganze hier entgleitet!“
„Weichen? Was denn für Weichen?“, fragt Byrd neugierig.
„Na ja“, raunt Olson paffend, „Die Sweetrock hat doch alles von diesem Kuhdorf hier schleunigst aufgekauft, direkt nach dem Großen Beben von '68. Als das Great Maze entstanden war, und Ghost Rock gefunden wurde, was? Howard Findley wurde aus Pittsburgh hierher geschickt, um alles Geschäftliche in die Hand zu nehmen. Und lange konnte er hier schalten und walten wie‘s ihm gepasst hat! Hier in dieser gesetzlosen Einöde am Rand des Katastrophengebiets, da war natürlich gut wirtschaften, was? Gibt ja fast keine Regeln oder Gesetze, die dem sein Leben kompliziert gemacht hätten!“
Joycelyn nickt ahnungsvoll, „Ich glaube ich weiß, worauf Sie hinaus wollen … Der dicke Findley hat Angst, seinen hübschen Sandkasten zu verlieren, in dem er sich austoben kann, durch Leute wie Sheriff Coleman!“
Olson sagt, „Das Witzige ist ja, dass die Sweetrock J.P. Coleman ursprünglich selber eingesetzt hatte. Als unser Camp groß genug geworden war, dass es unbedingt einen örtlichen Sheriff brauchte. Die hatten natürlich einen aus den eigenen Reihen aufgestellt, klar. Die hatten sich von ihrem Arbeiter Coleman versprochen, dass er das Gesetz stets zu Gunsten seiner Firma auslegen würde! Im Grunde so wie Sicherheitsmann Jim MacNeil, nur mit 'nem offiziellen, goldenen Stern vorne dran!“
„Aber das hat er nicht gemacht!“, lacht Luca, „Im Gegenteil, mittlerweile sind die ja gar nicht mehr am gemeinsamen Kirschenessen interessiert!“
„Das will ich meinen“, knurrt William Olson, „Aber das sind nicht nur die Law Dogs, von denen Findley angepisst ist, sondern auch die notorische Blackjack-Bande, die aufrührerischen Indianer, der spinnerte Jebediah Whateley mit seinen Kaufinteressen, und das Collegium vom Nordende.“
„Das Collegium?“, fragt Joycelyn verdutzt.
„Klar“, sagt Olson mit einem Schulterzucken, „Die kaufen auch alle Ghost-Rock-Minen die sie kriegen können auf, um ihre Forschungen machen zu können.“
„Und die Männer in Schwarzen Dustern sollen auch in der Stadt sein, und sogar Texas Rangers“, fügt Joycelyn hinzu.
„Na ja: Howard Findley ist, so glaube ich persönlich, grade beim Versuch, sein kleines Fürstentum zu retten! Das sollte doch mal seine Company Town werden, wo die Sweetrock praktisch alles besitzt, und im rechtsfreien Raum wirtschaften kann! Aber mit Gewalt und Drohgebärden geht’s jetzt nicht mehr. Das hat J.P. Coleman bewiesen. Ich glaube, darum will Findley so dringend Richter Gabriel noch einmal hier anschleppen und zu Gericht sitzen lassen, über so viele seiner Feinde wie‘s nur geht. Die Sweetrock weiß, dass Coleman einen wirklichen Richter angefordert hat, und dass tatsächlich einer kommen wird. Das Gerichtsgebäude ist schon halb fertig gebaut. Bald könnte in Gomorra ein gänzlich anderer Wind wehen.“
„Und, Mister Olson, Sie lustiger Zollamtsverwalter und Knopfkästchenbetreuer“, grinst Mister Byrd, „Wissen Sie, wo Steven Gabriel ist, und wann er in Gomorra einreiten wird? Der Sheriff befürchtet wohl, dass das schon in den nächsten paar Tagen passiert!“
„Fragen Sie Howard Findley doch selber, Byrd!“, sagt Olson, „Wahrscheinlich weiß nur der das genauer. Aber einen Haken hat die Sache natürlich: Normalerweise kommen Leute wie Sie an den nicht ran, was? Der residiert ja in seinem gut beheizten Bureau im Verwaltungsgebäude! Aber ich sag’ Ihnen jetzt mal was: Wie der Zufall es will, wird der große Mister Findley sich morgen früh die Ehre geben, hier in unserer schönen Stadthalle, um ein paar seiner neuesten Kaufverträge zu besprechen. Und die Stadthalle ist für den kleinen Mann von der Straße geöffnet, das ist ja der Sinn der Sache, was?“
„Und wir könnten einfach mal vorbei schneien!“, sagt Joycelyn.
„Könnte sogar sein, dass einer wie ich Ihnen sogar das richtige Besprechungszimmer zeigt, und die Tür im rechten Moment aufschließt, Ma'am“, sagt Olson, und tippt sich höflich an den Schlapphut, „könnte sehr wohl schon mal sein.“
Danke, William Olson! Damit haben wir also unseren ersten Hinweis:
Queste: Bezirksrichter Gabriel so lange von Gomorra fern halten, bis Richter Warwick eintrifft (Clue Target 1\2).
Die Spur führt zum Oberhaupt der Sweetrock und des Handels in Gomorra, wird auch höchste Zeit, dass wir uns dem mal vorstellen. Und unsere Wild Cards werden offensichtlich etwas Neues vom Handlungsbogen der Sweetrock Mining Company erfahren im Zuge dessen.
☆
Machen wir an dieser Stelle doch mal wieder einen GM Move! Die Orakelwürfel sagen dabei, An NPC Takes Action. Da würfle ich mir aus, von welcher der Machtgruppen diese Einmischung kommt: Meine Tabelle sagt, es sind die diabolischen Whateleys. Meine Lieblings-Gegnerfraktion! Wahrscheinlich hängen die Exzentriker sich mit rein, weil Jebediah doch noch vom nächtlichen Ausbüxen von Dolores Wind bekommen hat, und dem Zusammentreffen mit unseren Helden auf dem Elephant-Hill-Friedhof nach der Schießerei in den Straßen. Ist das wohl so? Das Orakel spricht, und sagt wider Erwarten, mitnichten! Da fragen wir die Tabellen von Neuem, und die geben vor, Deceive Recent Events. Wie können die Whateleys denn die kürzlich vorgefallenen Ereignisse betrügen?! Dann deuten wir das mal um, sagen wir mal, sie verwenden die neuesten Ereignisse als Aufhänger für ihren Betrug. Dann so:
Mallory Kentrall nimmt im kleinen Frühstücksraum des Golden Mare Hotel an diesem grauen, zwielichtigen Morgen des ersten Februar ihr Frühstück ein. Sie hat schlecht geschlafen, weil Luca Byrd und Joycelyn Lancaster sie und Mister Perriwinkle gestern nacht abgepasst hatten. Das stundenlange Umhören im Fat Chance Saloon hatte nichts gebracht (außer einem leichten Kater jetzt am Morgen). Byrd und Joycelyn diese Glückspilze wussten aber davon zu erzählen, dass man heute in der Stadthalle auf Howard Findley treffen könne. In einer Viertelstunde wird Mallory das Golden Mare Hotel verlassen, um den Rest des Aufgebots zu treffen, und die Stadthalle anzusteuern. Ihr ist außerordentlich mulmig.
Sie nippt gerade gedankenvoll an ihrer Teetasse, als der Schatten eines hageren, großen Mannes auf sie fällt.
„Miss Kentrall!“, sagt die ruhige aber freudlose Altherrenstimme von Jebediah Whateley.
Jebediah Whateley hat wieder Geschäfte in Gomorra
Mallory fährt zusammen, als sie ihn hört, und sieht auf. Sofort verwünscht sie ihre eigene Schreckhaftigkeit, das war ein deutliches Zeichen von Schwäche dem Alten gegenüber, das hätte ihr nicht passieren dürfen! Sofort hat sie aber ihre Selbstbeherrschung wieder, und setzt ein geschäftliches Lächeln auf.
„Mister Whateley! Sie, hier, im Hotel? Ein ungewohnter Anblick!“, und sie erhebt sich halb aus ihrem Stuhl, streckt zögerlich die Hand aus, obwohl sie insgeheim nichts weniger will als ihn zu berühren.
Jebediah Whateley macht eine halbwegs elegante, etwas gestelzt aussehende Verbeugung, anstatt ihr die Hand zu schütteln, oder gar einen Handkuss anzudeuten. Alles an ihm wirkt streng und puritanisch, wie ein verknöcherter, alter Sittenwächter.
„Ich habe eine Unterredung mit Miss Vandekamp, der Frau Besitzerin des Hotels. Da sah ich Sie an Ihrem Frühstückstisch, und dachte, es gezieme sich, einen guten Morgen zu wünschen.“
„Ihnen auch, Mister Whateley, Ihnen auch. Wir hatten ja seit Monaten keine Gelegenheit mehr, zu plaudern. Bedauerlicherweise!“
Jebediah sieht sie abschätzig an, beinahe angewidert. (Andererseits schaut er meistens derart säuerlich drein.)
„Ja, seit Ihrem reizenden Besuche in unserem Herrenhaus, im Oktober. Und auch dort konnte ich Sie ja gar nicht persönlich begrüßen.“
Drei ziemlich hässlich aussehende Schlägertypen in schmuddeligen Wintermänteln und Bowler-Hüten schlendern näher, und stellen sich hinter Jebediah auf, seine übliche Eskorte.
Mallory säuselt, „Ich bedauere sehr, den ganzen Winter über keine Gelegenheit gefunden zu haben, erneut eine Aufwartung bei Ihnen zu machen.“
„Dabei hätten wir gewisslich eine Ihrer kleinen Darbietungen genossen, Miss Kentrall!“, sagt Mister Whateley, und legt dabei die Hände auf den Rücken, „Sie sollen ja ein gewisses Publikum angesammelt haben letztlich!“
„Meinen Sie etwa …“
„Gewiss, gewiss. Ihre Auftritte als Medium für die Verblichenen! Man hörte davon, dass Sie so manches abgedunkelte Hinterzimmer in der Stadt in eine gewisse Verblüffung versetzt haben.“
„Es gibt eben Dinge im Jenseits, die der Herrgott …“
„Ja, ja. Auch bei Ihnen liegt das Talent für Esoterisches in der Familie, nicht wahr, Miss Kentrall!“
Mallory schluckt, und ihr wird kalt. Der Schweinehund soll bloss ihre Großmutter da raus lassen.
Whateley fährt fort, „Über Eleanor Kentrall wurde ähnliches berichtet, drüben an der Ostküste. Nicht wahr! Welch eine Freude, dass jetzt Sie, Miss, deren Kunst am Leben erhalten, hier draußen im Westen.“
„Ja … Gott gebe, dass …“
„Man könnte geradezu von einer kleinen Ehre sprechen, für unsere junge Stadt. Ich würde so gerne weiter plaudern, Miss Kentrall. Allein, die Geschäfte warten nicht. Nur eines, weil wir ja auf derselben Seite stehen: …“
„Auf derselben Seite?!“, fragt sie mit brüchiger Stimme.
Unbeirrt fährt Jebediah Whateley fort, „Machen Sie einen Bogen um Steven Gabriel, und die Sweetrock.“
„Woher wollen Sie wissen, dass …“
„Es steht in den Karten, Miss. Ich brauche Ihnen nicht zu erläutern, dass die Karten sich niemals irren, so man sie nur richtig zu lesen versteht. Und auch meine Sippe versteht sich darauf; eine alte Familientradition, so wie bei Ihnen. Treten Sie Richter Gabriel gegenüber, bevor der Mond sein Gesicht verbirgt, so verliert die große Eleanor Kentrall ihre Erbin. Wir wären untröstlich.“
„Ich beabsichtige gar nicht …“
„Bevor Sie handeln, konsultieren Sie besser jene besonderen Kräfte, welche auch einst Eleanor inspirierten, Miss! Sie haben ihre bleichen Fangarme auch nach Kalifornien ausgestreckt, nicht wahr?“
Mallory schweigt eisig. Womöglich weiß der Clan nicht nur von ihrer Großmutter, sondern tatsächlich obendrein von ihrem unsichtbaren Verfolger, Aurath.
„Hören Sie auf meine Warnung, Miss“, beharrt Jebediah Whateley, bedenkt sein Gegenüber noch mit einem freudlosen Kopfnicken, und wendet sich ab.
☆
Vor der Stadthalle stehen alle fünf Wild Cards abseits der geschäftigen Menge in den Straßen aus überfrorenem Schlamm, und beratschlagen sich leise. Mallory Kentrall hat gerade von ihrem Treffen in der Hotellobby berichtet, mit zitternder Stimme.
„… Welchen Sinn könnte es für die Whateleys haben, die Geschäfte der Sweetrock und Richter Gabriel vor unserer Einmischung zu schützen?“, fragt sie schließlich, „Die sind doch ihre Geschäftsgegner. Die Whateleys versuchen schließlich, der Sweetrock das Monopol an Ghost-Rock-Minen abspenstig zu machen. Noch vor Kurzem hat Dolores Whateley eine ganze Horde Faminites auf die Sweetrock-Kerle im Water‘s Edge Strike gehetzt! Warum also jetzt das?“
Byrd schlägt vor, „Vielleicht wollte der olle Jebediah Sie nur etwas provozieren, Mallory! Einfach, weil er das witzig findet!“
Die schüttelt den Kopf, „Unsinn! Diese Whateleys, die spielen doch ihre Karten mit allergrößter Vorsicht. Aber wenn er schon ahnt, dass wir Gabriel auf den Fersen sind, warum sollte er mich davon abhalten wollen?! Damit spielt er ja der Sweetrock in die Hände! Das muss doch das letzte sein, was die Whateleys wollen.“
Joycelyn vermutet, „Aber wenn er uns gewähren lässt — und wir Erfolg haben sollten — dann spielt der Whateley wiederum den Law Dogs in die Hände. Dann kriegen wir binnen weniger Tage einen wirklichen Richter. Und je mehr Recht und Gesetz es in Gomorra gibt, desto schwieriger werden auch die Machenschaften der Whateleys!“
Marcus sagt reserviert, „Das ist alles sehr beklagenswert. Die implizite Drohung des Whateley-Clans hat uns gerade noch gefehlt! Ich selber glaube nicht an derlei abstruse Wahrsagerei: Miss Kentrall solle es schlecht ergehen, wenn sie sich gegen Steven Gabriel stellt? Und das sollen die Spielkarten vorausgesagt haben?!“
„Unterschätzen Sie nicht die verborgenen Botschaften der Karten, Mister Perriwinkle“, rügt Mallory eindringlich.
„Ich räume ja ein, dass es mit Ihnen, verehrte Dame Kentrall, mehr auf sich hat. Das ist evident. Aber Spielkarten sind nichts als bedrucktes Papier. Dem, was sich Mister Jebediah Whateley hier zu bedienen scheint, ist etwas ganz anderes als okkulte Einsichten: Blosse Einschüchterung ist das, würde ich sagen.“
„Finden wir es heraus, sage ich!“, grummelt John Bloody Knife, „Wir gehen zuerst zu Jebediah Whateley, dem Hexer. Machen ihm Angst, wenn nötig. Holen seinen Skalp, wenn möglich.“
Joycelyn widerspricht, „Dafür ist jetzt keine Zeit! Wir können uns jetzt nicht mit den vermaledeiten Whateleys beschäftigen. Dann entgeht uns Steven Gabriel.“
Byrd fügt hinzu, „Joah, und dann wiederum hat uns der gute, alte Sheriff Coleman wieder auf dem Kiecker.“
Joycelyn nickt, „Und vergesst nicht, der hat beim vorletzten Mal gedroht, dass er bereit ist, das Fass wieder aufzumachen mit den ganzen ausgedachten Anschuldigungen gegen uns! Dass wir Lorna Simmons als kleines Flittchen verschachert hätten, und die Rotznase Timmy Derrick entführen wollten, statt ihn zurückzubringen!“
Byrd zieht die Augenbrauen hoch, „Das weißt Du alles noch? Aber das war doch alles nur üble Nachrede! Das haben doch die ollen Law Dogs bestimmt längst wieder vergessen.“
Joycelyn zischt, „Niemals! Damit hat er uns doch gedroht, der feiste Coleman. Der will uns doch mächtig in den Arsch zwicken, wenn wir nicht nach seiner Pfeife tanzen. Egal, ob mit ausgedachten oder echten Vorwürfen. Und, Luca, Du glaubst doch nicht im Ernst, dass einer wie J.P. Coleman ein kurzes Gedächtnis hat?!“
Mallory hebt abwiegelnd ihre behandschuhten Fingerchen, und sagt, „Schon gut, schon gut! Um das abzukürzen, ich glaube auch nicht, dass Jebediah Whateleys Kartenlegen Bedeutung für mich hat. Viel alarmierender ist ja, dass er über das Leben meiner Großmutter so gut Bescheid zu wissen scheint. Aber damit habe ich mich zu späterem Zeitpunkt zu befassen; das hält uns jetzt nicht auf. Wir gehen da jetzt rein, und Sie setzen Howard Findley das Messer auf die Brust! Und dann knöpfen wir uns Steven Gabriel vor.“
Marcus erhebt einen knirschenden Metall-Zeigefinger, „Wenn es sein muss! Aber ich ermahne Sie alle, werte Freunde: Wir dürfen hier keine noch so kleinen Fehler machen! Wenn wir jetzt auch noch die Augen der Whateley-Sippe im Nacken haben, dann gereicht denen jeder hinterlassene Beweis dazu, uns ihrerseits schlecht zu machen. Entweder wieder in der Öffentlichkeit, oder diesmal sogar vor dem Gesetz.“
„Sehr gut, dummer, verfackter Marcus Perriwinkle“, grollt John, und lächelt fies, „Ich mag es, gründlich vorzugehen bei meinem Kriegshandwerk!“
John und Marcus wechseln einen langen, ernsten Blick.
Marcus tritt einen Schritt zurück und rückt traurig an seinem Monokel, „Ich fürchte, meine Damen und Herren, wir sind uns gerade über die Grundsätze nicht einig! Ich bin ja nun Repräsentant des Collegiums für Interräumliche Physik. Ich kann unmöglich die offene Konfrontation suchen mit der obersten Verwaltung der Sweetrock Mining Company! Dies würde die Beziehungen meiner Institution zu dieser Firma zu sehr strapazieren. Sie verstehen. Ich sollte es vorziehen, hier draußen zu warten.“
Joycelyn sagt verwundert, „Aber Marcus! Sie sind doch kein Hasenfuss! Sie haben noch vor Kurzem ganz alleine einen Night Terror erschlagen!“
„Gewiss, aber das war etwas anderes, und hier geht es nicht um Mut, meine werte Dame. Wenn mein Auftreten dort drinnen als Überfall ausgelegt werden sollte, dann kann die Sweetrock ihre Feindseligkeit gegenüber dem Collegium weiterhin erhöhen. Ich darf eine derartige Gefährdung unseres Forschungsauftrages nicht riskieren! Wir sprechen hier vom reichsten und wahrscheinlich gefährlichsten Mann im gesamten Gomorra Valley.“
„Aber wenn wir uns doch schon darauf gefreut hatten, dass Sie uns wieder im Boiler-Dampf verschwinden lassen, für unseren dramatischen Abgang?“, fragt Byrd schelmisch.
„Ich fürchte, Sie sind in der Stadthalle auf sich gestellt, Mister Byrd“, sagt der Erfinder bedauernd, „Aber ich versichere Ihnen: Beim kleinsten Anzeichen eines Notfalls alarmiere ich die Law Dogs, oder im Zweifelsfalle meine werten Erfinder-Kollegen. Denen fällt immer etwas ein.“
„Na jut, danke Marcus!“, sagt Byrd, und haut dem Scrapper auf die übergroße Schulter mit dem eingebauten Ofen darin, es gibt ein leises Klonk.
„Aber was ist mit Ihnen, Mallory?“, fragt Joycelyn besorgt, „Sie kommen doch mit? Wir können unsere Ballermänner nicht mit rein nehmen in die Stadthalle. Da wär's schon nützlich, wenn Sie mit dabei wären, mit ihrem bläulichen … wie soll man das nennen …?“
Das Medium wiegelt schnell ab, „Wir brauchen nicht weiter über Kartentechniken zu sprechen, Miss Lancaster! Natürlich begleite ich Sie, wie ich eben schon sagte. Ich habe mich nicht mehr zu sorgen um eine Gruppenanbindung, die ich diskreditieren könnte, denn die Manta-Blake-Gruppe ist tot, und die Temperance Army hat die Stadt längst wieder verlassen. Außerdem glaube ich, dass ich es eventuell so drehen kann, dass selbst ein Howard Findley keinen Verdacht schöpfen kann.“
Alle nicken sich gegenseitig zu, und setzen sich dann in Bewegung.
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Die Herren Geschäftsleute von der Sweetrock sind angeblich zu viert in der Stadthalle, in einem der oberen Stockwerke. Das Gebäudeinnere ist duster an diesem dunklen Februarmorgen, aber es lohnt sich kaum, überall die Ölfunzeln anzuzünden, denn die meisten Bureauzimmer sind eh noch ungenutzt. Etwas Verlassenes haftet ihr an, dieser Stadthalle, beinahe trostlos.
William Olson macht keinerlei Gewese um das Eintreten der Wild Cards. Wie beiläufig nimmt er sie mit hinauf in den ersten Stock, wartet, dass dort die Luft rein ist, und mit stoischer Ruhe schließt er mit dem Zweitschlüssel das Zimmer auf, wo heute unter Ausschluss der Öffentlichkeit Papiere unterzeichnet werden sollen.
„… Begreifen Sie das nicht, Sie Cretin? Mister Findley hier will alle Minen kaufen, die in Frage kommen für diese allerneueste Erforschung! Alle, die von Doctor Duvalier begangen und gesichtet worden sind!“, sagt gerade einer der Anzug-Bonzen zu dem nervösen Vertragspartner.
Der untersetzte Ire Mick Caples steht auch dabei, er schweigt, aber er hat einen Colt Peacemaker gezogen, mit dem er enervierend nahe am Gesicht des Mannes herum hantiert. Als jetzt unvermittelt die Zimmertür aufschwingt, steckt Caples hastig den Sechsschüsser wieder weg. Waffen sind schließlich in der Stadthalle nicht erlaubt, und es sieht ja auch unschön aus, wenn damit hantiert wird, während gerade Vertragsunterzeichnungen stattfinden …
Die Anzugträger sehen irritiert und angepisst auf von ihren Unterlagen, es war keine solche Störung vorgesehen!
Plötzlich sehen unsere vier Helden sich Howard Findley persönlich gegenüber.
Howard Findley, Sweetrock's Mann für Großprojekte
„… Wie zum Henker kommen Sie hier rein?!“, blafft einer der Aktenschmierer, „Hier war abgeschlossen!“
„Das kommt davon, wenn man diese idiotische Stadthalle benutzt, für ernsthafte Geschäfte!“, knurrt ein anderer.
„Howdy allerseits!“, tönt Luca, „Na ja, wir haben da mal eine kleine Frage!“
„Ich glaube, ich weiß bereits, was hier gespielt wird!“, lässt sich Howard Findley vernehmen.
Seine Augen mustern Byrd, Lancaster, Bloody Knife, und Kentrall genauestens. Obwohl sie sich noch nicht über den Weg gelaufen sind, scheint er sich sehr klar darüber zu sein, wen er hier vor sich hat. Er setzt ein dünnes Lächeln auf, äußert berechnend.
„Wo ich Sie schon mal hier habe, können wir Sie auch anhören! Gentlemen, wir geben diesen fünfen eine Minute für ihr Ansinnen.“
Alles an Howard Findley wirkt irgendwie unangenehm: Die schmierigen, mit Pomade zurückgekämmten Haare, der perfekt gestutzte, mephistolische Kinnbart, die penible Sauberkeit seiner Kleidung und Fingernägel.
„Diese Sache mit Ihnen dauert schon länger als mir lieb sein kann!“, fügt Findley hinzu, weiterhin das dünne Lächeln auf seinen Lippen, „Spätestens seit der öffentlichen Kampfansage ihres Rex Shadrack gegenüber meinem Sicherheitschef Jim MacNeil, letzten Herbst! Von Ihrem liberalen Geschnatter zu Halloween müssen wir dabei gar nicht anfangen, Miss Lancaster!“
„Liberales Geschnatter?“, ereifert sich die Sängerin.
„Wie hatte man das denn sonst zu verstehen! Nun denn, sagen Sie mir und den Gentlemen ruhig einmal, was Sie dazu bringt, unsere Unterredung zu stürmen. Eines Ihrer typischen, gefürchteten Narrenstücke kann es ja nicht sein. Sie haben ja schließlich alle ihre Waffen im Erdgeschoss abgegeben, wie ich sehe.“
„Aber Mister Findley!“, will einer der Anzugbonzen aufbrausen, sein Gesicht verfärbt sich hellrot, „Das ist unerhört! Diese Subjekte müssen sofort und augenblicklich wieder—“
Der schneidet ihm das Wort ab, „Doch, natürlich. Ich bin ein Mann des Volkes, und der Interessenvertreter der Arbeiterschar. Wir haben immer ein offenes Ohr für die Angelegenheiten der Siedler!“
„Weißhäutiger Regenwurm, Durchwühler der Erde!“, blafft John Bloody Knife, „Ich werde Dich lehren, was Dir droht, wenn Du Mutter Erde peinigst, und noch dazu Rote, Schwarze, und Gelbe, und sogar andere Bleichgesichter wie Du selbst eins bist! In den Ewigen Jagdgründen wirst Du noch auf lange Jahre Deine Knochen sortieren müssen!“
Er macht einen bedrohlichen Schritt auf die Bonzen zu, offensichtlich geht sein Zorn mit ihm durch. Mick Caples zieht hastig erneut seinen Peacemaker.
„John, tu‘s nicht!“, haucht Joycelyn.
„Mister Caples, was soll denn das Schießeisen?“, fragt Byrd in gespieltem Entsetzen, „Wir sind doch hier in der Stadthalle!“
„Für die Sweetrock gelten andere Regeln als für Pöbel wie Euch!“, keucht der kleine Ire.
„Mäßigen Sie sich, allesamt“, versetzt Findley, „So kommen Sie nicht weiter. Ihnen ist ebenso bewusst wie uns, dass Sie hier drin keine Bluttaten riskieren können. Pfeifen Sie Ihren Indianer besser zurück.“
John knallt beide Handflächen seiner großen Pranken auf den Tisch, dass alle weichgesichtigen Anzugträger zusammenzucken und das Tintenfässchen überall auf den Papieren Flecken verteilt. Sein Gesicht ist eine unbewegte Maske des Zorns, er fixiert den Sweetrock-Chef.
„Wir möchten wissen, was mit den sieben Galgen auf dem Town Square ist, Mister Findley“, bringt Joycelyn hastig vor, „Was denkt Ihre Firma sich dabei? In wenigen Tagen trifft ein wirklicher Richter in Gomorra ein! Die Bürger finden all dies ein wenig suspekt!“
Das wiederum ist Mallorys Chance. Sie steht im Hintergrund, und befragt ungesehen ihre Karten: Was denkt Howard Findley in dem Moment?
Dafür aktiviert sie ihre Empathy-Kraft. Dies gelingt ihr, und zwar mit Raise! Sofort hört sie die Stimmen der Totengeister, die ihr mit großer Klarheit an die Ohren wispern, was Findley denkt. Allerdings löst das Raise auch ihren Channeling-Vorteil aus, was die Powerpunkt-Kosten senkt, aber auch ihren Obvious-Nachteil ins Spiel bringt! Aus ihren Augen, Schläfen, und Nasenlöchern tritt erstes, hellblaues Ectoplasma hervor, das in dünnen Schlieren schwerelos zur Zimmerdecke aufzusteigen beginnt! Mallory tupft die Schlieren hastig mit ihrem Spitzentaschentuch. Das bringt ihr einen Benny ein für ihren Nachteil: Gerade jetzt kann sie es gar nicht brauchen, derartig auffällig zu sein!
In jedem Fall tragen die unsichtbaren Seelen ihr die Gedanken Findleys zu, während er auf Joycelyns Frage antwortet: „Aber der neue Richter ist noch nicht hier, nicht wahr? Und die Feinde der Sweetrock haben lange genug hinter Schloss und Riegel auf ihr gerechtes Urteil gewartet, noch dazu bei dieser Elendskälte! Sie verstehen dies alles nicht, Miss. Der Strang wird ein Akt der Barmherzigkeit sein.“
Aber hinter Findleys höflich lächelndem Gesicht denkt er in diesem Moment an den Ort, wo er seinen Mann Steven Gabriel vermutet. Mallory braucht nur auf den Kartenfächer in ihrer Hand zu schauen und auf das Gewisper der körperlosen Stimmen zu lauschen, um genau darüber Bescheid zu wissen.
Dies erlaubt also den nächsten Wurf auf den Clue-Tabelle aus FlexTale. Der W20 zeigt eine 19, das bedeutet einen Clue, und obendrein einen Reroll, und der Bonus-Wurf gibt einen zusätzlichen Clue! Jetzt habe ich insgesamt drei von zwei Benötigten zusammen. Der überzählige Hinweis ist demnach ein Unlinked Clue für meine Warteliste. Das ist dann logischerweise die Nennung des Namens Doctor Duvalier! Immerhin haben die Orakelwürfel vorhin angegeben, dass wir hier auf den nächsten Handlungsbogen betreffend der Sweetrock Mining Company stoßen werden …
Aber was ist mit dem gechannelten Ectoplasma? Da muss ich die Orakelwürfel befragen, ob Mallorys Machenschaften im Hintergrund auffallen. Die anderen Wild Cards lenken zwar die Anzugträger grade ganz gut ab, aber einem scharfäugigen Beobachter kann der glosende Glibber dennoch ins Auge springen. Und laut Orakel geschieht dies auch!
„Was zum Geier ist denn da los?!“, keucht der Ire, Mick Caples, „Heilige Mutter Gottes, Sapperlot!“, und er starrt Miss Kentrall an.
Die tupft den Rest der schwach leuchtenden Substanz von ihrem Gesicht, und zieht still ihre konservative Damenhaube tiefer in die Stirn.
„Ja ja, das macht der irische Whiskey mit einem, nicht wahr, Mick? Sie sehen schon Gespenster! Lenken Sie mal nicht ab, Pardner!“, sagt sofort Byrd, der sich denken kann, was es ist, das Caples so verdattert macht.
„Whiskey, Schwachsinn, Whiskey? Ich saufe mir doch keinen an vor Vetragsunterzeichnungen! Das da, das ist Mallory Kentrall, das Medium aus dem Buffalo Chip Saloon! Die macht hier irgendeinen teuflischen Hokuspokus!“
Mallory sagt reserviert, „Hokuspokus, Sir? Ich muss doch sehr bitten! Ich bin eine rechtgläubige Dame!“
Wie geht das hier weiter? Ich mache einen GM Move, um das zu entscheiden. Erneut sagt das Orakel, An NPC Takes Action.
Howard Findley hat derweil einen Schritt zum Fenster gemacht, und raunt gerade einem seiner Speichellecker etwas zu, deutet hinab auf die Straße.
Der jüngere Anzug-Typ reißt das Fenster auf, und schreit hinab: „Deputy Templeton, Deputy Flatbush! Hier oben! Überfall in der Stadthalle! Ergreifen Sie sofort die Unruhestifter!“
Findley verschränkt seine dicklichen Hände und lässt die Fingerknöchel knacken, und lächelt den Wild Cards über den Tisch hinweg zu. Er sieht sehr zufrieden aus.
„Beim nächsten Mal versuchen Sie lieber, sich einen Termin zu erbitten, drüben in meinem Verwaltungsgebäude!“, frötzelt er.
„Sie können die Demokratie nicht weiterhin mit Füßen treten, Mister Findley!“, entfährt es Joycelyn, „Das wird früher oder später ein Ende haben.“
„Jetzt fangen Sie auch schon wieder so an wie der Sheriff, Teuerste!“, schmunzelt Findley, „Aber dies ist meine Stadt. Und zwar buchstäblich. Sehen Sie ruhig einmal die Landbesitz-Urkunden ein — sollte man Sie je wieder in eins der Ämter unserer Siedlung hinein lassen, nach Ihrem heutigen Auftritt!“
Man hört bereits mehrere Paar Stiefel die hölzernen Treppenstufen hinauf poltern. Das werden die Hilfssherriffs sein.
„Aber aber, Mister Findley! Wir haben doch nur ein paar Fragen gefragt!“, protestiert Luca Byrd, „Und Sie haben gesagt, Sie wollen antworten, immerhin so von wegen offenes Ohr der Arbeiterschar und alles! War doch alles im Rahmen!“
„Ja, Mister Byrd, schon recht! Die Experten werden alles weitere beurteilen!“, lächelt Findley berechnend, „Einen gesegneten, guten Tag allerseits.“
Während Charlie Flatbush und John Templeton in den Raum treten, mustert Howard Findley noch einmal Mallory Kentrall, die den Blick gesenkt hält und die Luft anhält.
☆
Die beiden Hilfssherriffs bugsieren unsere Wild Cards nach draußen vor die Stadthalle, beide haben ihre Friedensstifter locker in der Hand. Templeton kann‘s nicht lassen, Luca Byrd noch einen leichten Arschtritt zu verpassen, als sie allesamt draußen sind.
„Das war ja wohl besonders bescheuert!“, raunt Deputy Flatbush leise, und steckt seine Knarre weg, „Sehen Sie zu, dass sowas nicht nochmal passiert!“
Alle sehen sich gegenseitig in die Augen. Den beiden Hilfssherriffs ist ganz klar anzusehen, dass sie keinen Bock haben, den Abgeführten weitere Scherereien zu machen. Sie beide waren ja selber mit dabei bei dem konspirativen Gespräch mit Sheriff Coleman in dessen Office; die wissen, dass unsere Helden gerade verdeckt für die Law Dogs agieren. Wenn ein Howard Findley sie auf den Plan ruft wie eben, können sie natürlich dennoch nicht so tun, als hätten sie nichts gehört, und einfach weiter schlendern!
„Wir wollen Ihre Fressen jetzt erstmal nicht mehr sehen, weder in der Nähe der Stadthalle, noch in der Nähe der braven Sweetrock-Mitarbeiter!“, schnarrt Templeton angepisst, „Und schon gar nicht mit dieser Rothaut da im Schlepptau! Ist das klar?“
Mallory flüstert Joycelyn ans Ohr, „Das sollte keine Schwierigkeit darstellen! Ich weiß, wohin wir uns zu wenden haben! Und dieser Ort liegt nicht hier in der Stadt.“
Joycelyn sagt also lautstark, „Schon gut, schon gut. Wir gehen! Aber glauben Sie nicht, dass die Bürger der Stadt Ihre Grobheiten noch lange über sich ergehen lassen werden!“
„Verpissen Sie sich einfach, Kanarienvögelchen“, knurrt Deputy Templeton.
Eine kleine Traube verdutzter Passanten hat sich bereits gebildet. Marcus Perriwinkle steht in Sichtweite, und verfolgt das Geschehen seinerseits genau.
Die Wild Cards wenden sich also von den Ordnungshütern ab, und tun so, als hätten sie mit dem Sheriff Department nicht das geringste zu schaffen. Die beiden Damen heben pikiert ihre hübschen Nasenspitzen.
„… Nicht in der Stadt?“, flüstert Joycelyn.
„Ja. Wir müssen hinaus ins Great Maze …!“, haucht Mallory, der Schreck von ihrem Auffliegen steckt ihr offensichtlich noch in den Knochen, sie wirkt etwas zitterig.
„Au ja!“, sagt Luca, und rückt seinen alten Hut zurecht, „Aber was sollte eigentlich das Gequatsche von so einer allerneuesten Erforschung, und einem Doctor Duvalier? Kriegen wir’s jetzt auch noch mit Franzosen zu tun?“
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Damit ist unsere Nachforschung für die
Queste: Bezirksrichter Gabriel so lange von Gomorra fern halten, bis Richter Warwick eintrifft (Clue Target 2\2)
abgeschlossen. Wir haben ermittelt, wo Richter Gabriel sich herumtreibt, und müssen uns ihm nur noch entgegenstellen. Natürlich bringt es nichts, nur zu wissen, wo der Kerl sich herumtreibt, wir müssen ihn auch stoppen, um Sheriff Colemans Auftrag zu erfüllen! Das muss aber nicht durch eine Queste verregelt sein, das lösen wir narrativ (und sicherlich mit der einen oder anderen Kampfsequenz).
☆
Gleichzeitig hat eine ganz andere von unseren Wild Cards an diesem Morgen des ersten Februar eigene Probleme zu bewältigen: Die Waisenhaus-Insassen sind, so wie die anderen Schulkinder der Stadt, auch heute wieder dem Schulhaus entgegen getrieben worden.
Der Tag beginnt mit Geraldines Aufsatz: Sie steht gerade vor der Klasse, und verliest, was sie auf ihre Schiefertafel geschrieben hat; mit vor Aufregung rosa verfärbtem Gesicht, aber dafür schön laut!
Eigentlich ist es Geraldines sehnlichster Wunsch, vor anderen zu glänzen, am liebsten mit ihrem Wissen. Leider hatte das Orakel ja angegeben, dass dies alles eine Betrügerei von Aushilfslehrer Delarney ist: Er will die Unruhestifterin Geraldine absichtlich aufs Glatteis führen. Sein Plan geht auf. Während er die vergangenen fünf Minuten ihrer Stimme gelauscht hat, musste er mehrmals ein überhebliches Kichern unterdrücken!
„… Und damit ist dreierlei zu schließen:“, verkündet das rothaarige Mädchen gerade in grandiosem Tonfall, „Unser Präsident Ulysses Grant will Washington halten, damit die Rebellen es nicht einnehmen können, wie sie es vor zwei Jahren versucht haben! Er will die Transkontinentale Eisenbahn fertigstellen, damit wir hier vom kalifornischen Gomorra aus bequem im Zug nach Washington fahren können! Und er will sehr gerne erneut wiedergewählt werden von den dankbaren Wählern in den Nordstaaten, wie vergangenen November!“
Geraldine setzt ein breites Lächeln auf, und schaut in die Pultreihen, als würde sie erwarten, dass nach verblüfften Schweigen nun donnernder Applaus einsetzt.
Mister Delarney macht einen Schritt vorwärts, und er lässt sich seinen Triumph nicht anhören, während er verkündet, „Unsinn, Unsinn, Unsinn! Setzen, Montmorency!“
Sie fährt entgeistert zu ihm herum, „Aber … aber es stimmt!“
„Setzen, habe ich gesagt! Keine Widerrede hier in der Klasse. Es stimmt? Soso, na, das habe immer noch ich zu beurteilen! Seht Ihr nun, Kinder: Das kommt davon, wenn man aufmüpfig ist und die Gedanken in den Wolken hat, statt die Nase im Geschichtsbuche! Keinen von Euch will ich erneut bei Tagträumereien ertappen müssen für den Rest des Schuljahres! Ist das einem jeden von Euch nun klar?“
Geraldine sieht Mister Delarney mit wütend aufgesperrtem Mund an, sie zieht Luft in ihre Lungen, ihr liegen ganz offensichtlich durchaus Widerworte auf der Zunge!
„Setzen, Montmorency“, wiederholt der Aushilfslehrer ungnädig.
„Aber das ist es, was Präsident Grant will!“
„Unfug! Dein Thema war, das Vorankommen des Präsidenten bei seinen militärischen Zielen! Und er hat nicht das geringste Interesse daran, die Transkontinentale Eisenbahn deswegen zu schaffen, nur damit Du von Gomorra aus nach Washington fahren kannst!“
„Aber daran, den Ghost Rock unter unseren Schuhsohlen dorthin zu holen, Mister Delarney!“
„Ruhe jetzt, keine Widerrede! Ja, das schon eher, aber das hast Du so nicht geschrieben. Alles nur Unfug. Und auch das sagt der Klasse nicht allzu viel über die Bedeutung der Truppenbewegungen an der Ostküste. Da sollte man als kanadische Landpomeranze also sein Mundwerk im Zaume halten! Setzen!“
Kreidebleich geht Geraldine zu ihrem Pult zurück. Sie war ehrlich gesagt sogar ziemlich stolz auf ihren prosaischen Satzbau! Als sie einen vielsagenden Blick mit Katie Maurice wechselt, beginnt es ihr jedoch zu dämmern, was wirklich hinter Mister Delarneys Aufgabe gesteckt hat. Er hatte das Thema ja absichtlich gewählt, um sie doof dastehen zu lassen! Und sie ist dem Fiesling auf den Leim gekrochen! Katie‘s Blick ist mitfühlend, aber spiegelt auch eine stille Empörung, und Geraldine spürt diese auch in sich aufsteigen.
„Wir sagen‘s den Großen!“, flüstert sie ihrer Freundin empört zu, „Luca wird schon ein Machtwort zu sprechen wissen!“
„Was gibt’s da jetzt auch noch zu tuscheln!“, blafft Delarney.
„Nichts, Herr Lehrer!“, schnappt Geraldine, immer noch unverändert kreideweiß im Gesicht.
„Ja, das will ich meinen“, versetzt Delarney schonungslos, „Nichts“, und es klingt wie eine persönliche Verunglimpfung, so wie er das sagt.
☆
Dann gehen wir mal über zur Action! Richter Gabriel der korrupte Mistfisch ist also noch vor der Stadt, zusammen mit anderen der Sweetrock-Schergen. Na, hat man sich wohl einen lukrativen Seiten-Coup einfallen lassen, dem man schnell noch mal nachgeht? Dort draußen im Great Maze, wo sonst keiner hinguckt, wie? Mallory hat aber ja Howard Findleys oberflächliche Gedanken gelesen, mit ihrer Empathy-Kraft, und weiß nun in Grundzügen, woher der Wind weht.
Also raus in die abenteuerliche Endzeitlandschaft des Great Maze! Ich würfle einen W20 auf meiner Tabelle Reisemethode und bekomme eine 19 — Schwein gehabt, wir erhalten Zugang zu einem fahrbaren Untersatz! Dies ist eins der modernen, mit Ghost Rock betriebenen und gepanzerten Dampfboote, ein sogenannter Maze Runner. Sieht aus, als würde die heroische Reputation unseres Aufgebots ihnen heute Türen öffnen, dort unten an den Docks. Ein paar Fischer nehmen sie mit auf ihrem Kahn, weil sie eh in dieselbe Richtung fahren. Das gibt allerdings dann Mecker von John, der ja den Alte-Wege-Schwur geleistet hat, und eher verdammt nochmal schwimmen würde durch das Eiswasser, als mit in diesen maschinenbetriebenen Pott zu steigen!
„… Aber auf Dich verzichten können wir nicht!“, sagt Luca Byrd, „Ganz besonders nicht bei dieser wüsten Scheiße dort draußen, irgendwo im Maze! Und Du, John, Du kannst auch nicht verzichten …!“
„Darauf, die Maschinen des Wasichu zu verwenden, verzichte ich!“, knurrt dieser in bedrohlicher Stimme.
„Nee, das meine ich nicht!“, grinst Byrd, „Aber auf die Chance, den ollen Steven Gabriel anzuschnauzen, und möglicherweise zu filetieren, darauf kannst Du nicht verzichten!“
„Wir mieten ein Kanu. Schlimm genug, das dreckige Geld des Weißen Mannes zu verwenden. Kraft unserer Arme bringt uns zum Ziel.“
Mallory sagt besorgt, „Aber wir müssen nach Bygone Mesa! In einem Ruderboot brauchen wir über einen Tag dorthin, das ist unvorstellbar, noch dazu bei der Eiseskälte des Februars. Bis wir Bygone Mesa erreichen, haben unsere Gegner längst ihre Schandtaten dort abgeschlossen, und sind mit ihren eigenen Dampfschiffen hierher zurückgekehrt.“
Joycelyn pflichtet bei, „Und überhaupt, wir lassen doch solch eine Gelegenheit doch nicht fahren! Diese Fischersleute kommen uns buchstäblich wie gerufen, und sie verlangen keinen müden Dollar dafür, uns zu schippern!“
„Den beiden Squaws kann es nur guttun, wenn wir in der Kälte rudern, mehr als den anderen“, murrt John.
„Ah ja?“, fragt Joycelyn.
„Ja. Macht sie härter. Besonders die bleiche Squaw Mallory Kentrall muss härter werden.“
Byrd fragt mit gespielter Entrüstung, „Aber wenn sie uns doch noch zu einer Eisblume gefriert bei solch einer Unternehmung, John!“
„Dann tot.“
„Es sieht so aus als müssten wir die Reise ohne unseren Fortschrittsfeind antreten“, sagt Marcus traurig, „So nötig wir auch seine Kampfesstärke brauchen könnten, wenn wir den korrupten Revolverhelden der Sweetrock gegenüber treten müssen.“
„Und überhaupt ist das inkonsequent, John!“, setzt Joycelyn noch einen drauf, „Du machst doch auch gemeinsame Sache mit Marcus hier! Und der ist eine Dampfmaschine! Nun ja, halb.“
Der Erfinder guckt sie etwas überrascht an, beinahe getroffen. Er hat nicht eben darum gebeten, ein Scrapper zu werden.
„How! Das ist der Punkt!“, versetzt Bloody Knife, „Ich mache mit dem dummen, verfackten Erbauer von Maschinen nur gemeinsame Sache, weil ich muss. Und ich tue es unter Protest.“
„Aha!“, trumpft Byrd auf, „Dann geht das ja vielleicht doch! Dann kannst Du ja auch in unserem kostenlos verfügbaren Maze Runner mitfahren, weil Du es musst, und Du darfst währenddessen protestieren!“
„Genau!“, pflichtet Joycelyn bei, „So wie Du‘s im Zug von Salt Lake City hierher gemacht hast!“
John fletscht angepisst die Zähne und mustert die trotteligen Weißen.
„So ist das nicht. Ihr versteht nicht, dass das ein Betrug an den Naturgeistern ist. … Wenn ich den starken Glauben meines Vaters hätte, Joseph Eyes-Like-Rain, würde ich Euch trotz allem nicht zustimmen.“
„Das heißt, Du kommst mit an Bord?“, freut sich Mister Byrd.
„Ich werde hinterher Buße tun müssen, damit die Geister der Ewigen Jagdgründe mir vergeben. Wie letztes Mal. Und Ihr helft mir diesmal dabei!“
„Ja ja, klar doch, Pardner!“, nickt der Revolvermann, „Wenn’s weiter nichts ist! Stark, also dann, Leute, allesamt an Bord!“
John bekommt dadurch einen Benny für seinen Nachteil Old Ways Oath. Er verliert temporär die Gunst der Geister, die ihm seine Gratis-Rerolls bei Spirit-Würfen gewährt. Aber leider haben die verfackten Bleichgesichter Recht, und das eiserne Teufels-Kanu ist das schnellste Transportmittel zur Bygone Mesa.
Die meisten Maze Runner sind grob zusammengehämmerte Unikate
Also ziehe ich für den Hinweg Karten für meine Tabelle Auf den Trails. Das Resultat ist 'Indianer-Kriegspfad'! Das bedeutet hier draußen im Labyrinth von Felseninseln natürlich einen Hinterhalt, nicht etwa von den Seiten … sondern von oben!
(Die Pik Sechs besagt nämlich bei meiner Tabelle: Indianer-Kriegspfad. Eine Gruppe von Indianern auf dem Kriegspfad stellt sich den Wild Cards entgegen. Die Wild Cards müssen ein Quick Encounter (Persuasion, Intimidation, Taunt, Riding, etc.) bestehen, um durchgelassen zu werden oder zu entkommen und einen Benny zu erhalten. Wenn die SCs ein Ausrüstungsstück (Whiskey, Munition, oder Waffen jeglicher Art) oder $1W10 dafür ablegen, erhalten sie alle +3 auf ihr jeweiliges Wurfergebnis. Ist das Quick Encounter unerfolgreich, beginnt sofort ein regulärer Kampf gegen 2W4 Indianer-Krieger.)
Also machen wir das mal so:
Nach einer Stunde Fahrt durch das verwirrende Zickzack der Kanäle verlangsamen die Fischer ihren Ghost-Rock-Boiler. Alle aus der Crew wirken grimmig und nervös. Die zerklüfteten Felswände um sie her impfen ihnen allen ein Gefühl von klaustrophobischer Desorientierung ein ...
„Süßer Herr Jesus! Ich hatte es geahnt!“, zischt Miss Kentrall leise Luca Byrd zu, „Die Kerle nehmen dies zur Gelegenheit, um schlagartig den Preis zu erhöhen! Oder uns gleich ganz auszunehmen wie Forellen!“
„Ach wo, die machen doch nur ihren Job, oder?“
„Und warum dann dieser Halt? Und warum reden die nicht mehr? Die wollen uns ans Leder!“
„Die sind nur‘n bisschen maulfaul. … Glauben Sie?!“, flüstert Byrd.
„Ja natürlich glaube ich das, dies ist das Great Maze! Hier verschwinden täglich Leute auf solcherlei Weise!“, sagt sie mit zitternder Stimme.
„He, was ist denn mit Eurem Antrieb los, Pardners? Kleines Päuschen?“, ruft der Revolverheld den Seeleuten zu.
„Halten Sie‘s Maul, Byrd!“, zischt einer der Fischer, „Wir lassen uns jetzt von der Strömung treiben, ganz bis Ende dieses Kanals! Alle verhalten sich ruhig, ja?“
„Ist der Brennstoff schon aus?“, fragt die Landratte.
„Nein, Mann, aber unser Runner zieht doch 'ne dicke Fahne von Ghost-Rock-Rauch hinter sich her! Kann zu unliebsamen Begegnungen führen hier draußen … Und Jim hier hat eben was gesehen … oben auf den Felsplateaus!“
„Hoffen wir, dass wir sie verlieren, wenn der Ofen zwischendurch aus ist …!“, fügt ein anderer Seebär hinzu.
Aber John und Mallory haben es mittlerweile auch gesehen — die Silhouetten von Eingeborenen bewegen sich hoch oben zwischen den Felsen, sie balancieren mit traumtänzerischer Sicherheit. Dies ist die perfekte Stelle, um ein Boot wie dieses einzukesseln. Die Silhouetten bewegen sich auf beiden Seiten des Kanals im Dunst ...
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