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[Film] Everything Everywhere All at Once

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Teylen:
Hm, um meine Überlegungen etwas zu vertiefen.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)In Bezug auf die Tochter sehe ich ihren aus dem Multiversum abgeleiteten Standpunkt das nichts einen Sinn hat als eine interessante Darstellung einer schweren Depression bzw. eines geplanten Suizid. Schließlich kann man durchaus Erfahrungen innerhalb der Multiversen machen, wenn man die jeweiligen Gegebenheiten an sich heran läßt. Was sie zum Großteil nicht will respektive nicht kann und wenn sie es versucht in einer Allmacht-Fantasie endet die aus ihrer Ansicht alles nur weiterhin nihilistisch/sinnlos macht.
Dementsprechend mag sie auch, nach eigener Aussage, die Universen in denen es "nichts" gibt, wie das Grand Canyon Universum wo man ein Stein ist.

Die depressive Einstellung trifft dabei nicht nur auf die "amoklaufende" Version der Tochter zu, sondern auch auf die in der "normalen" Realität.
Die wiederum suizidal depressiv ist obwohl sie eine Freundin hat, die Freundin von der Familie akzeptiert wurde und ihre Mutter Empathie entwickelte.

Insofern fand ich es brilliant dargestellt wie Personen die eigentlich ziemlich normal wirken psychische Probleme haben können die man nicht sieht und wo sie eigentlich akut Hilfe brauchen. Und ich fand es positiv das sie im Film quasi zumindest zunächst gerettet wird.

Die Existenz des Multiversums an sich und das herum reisen macht erstmal nicht nihilistisch, wie man bei denen aus dem Prime Universum sieht.
Auch nicht wenn man allmächtig ist, da ihre Mutter mit den vielen Universen deutlich besser mental zurecht kam.

In Bezug auf die Mutter,...
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Ich denke nicht das sie im schlechtesten aller Universen lebte.
Der Actress-Universum-Waymond stellte dahingehend auch fest das er sich vorstellen kann mit ihr in einem schäbigen Waschsalon zu leben und steuern zu machen.

Ich bin dahingehend eher davon ausgegangen das sie selbst denkt immer die schlecht möglichsten Entscheidungen getroffen zu haben.
Das sie sich vielleicht auch deswegen so sehr mit Arbeit eingedeckt hat, Verantwortung für den Vater und einem doppelten Dutzend Hobbies ~ dem Steuerbescheid nach ~ das sie sich komplett emotional von allem isoliert hat. So sehr das sie nichtmal bemerkte das ihre Beziehung quasi dabei war in den Binsen zu gehen.
Dementsprechend lernt sie dann auch das das Leben als Starlet ohne Waymond vielleicht nicht so gut ist, wie sie im Wurstfinger-Versum die Beziehung rettet und das sie Probleme nicht wegboxt sondern empathisch angeht. Zum Schluß dann das das Leben mit dem Waschsalon nicht so schlecht ist und gute Aspekte hat, das sie akzeptiert wird ~ zumindest von Waymond ~ wenn sie nicht zu 100% der Zeit 150% gibt und versucht alles selbst zu lösen.

Was Waymond angeht, finde ich dieses Video ganz gut gemacht:
Everyone Everywhere Needs Waymond Wang by Popculture Detective

Alexandro:
Ich denke da ist auch eine Form der Medienkritik verarbeitet worden:
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Zunächst der Gedanke, dass jede noch so originelle Idee in tausendfacher Kopie durch den Medienbetrieb (repräsentiert durch das Multiversum) reproduziert und dadurch belanglos gemacht wird. Auf diese Weise kann man keine ästhetischen Erfahrungen machen, außer man zerschmettert die Massenmedienindustrie und sorgt dafür, dass deren Durchkapitalisierung nicht mehr die "echte Kunst" vergiftet. Das ist der pessimistische Ästhetik-Ansatz Theodor Adornos (der aktuell auch von Leuten wie Martin Scorsese vertreten wird).

Aber dann gibt es auch die Gegenposition: dass es Milliarden Kopien jedes Kunstwerks gibt, ist für das Erleben des Einzelnen nicht von Bedeutung. Eine ästhetische Erfahrung kann trotzdem mit einem von anderen als "belanglos" eingestuften Werk eingegangen werden - selbst wenn dieses aus der Wurst(finger)fabrik der Massenunterhaltung stammt. Das ist der soziologisch motivierte Ästhetikbegriff von (u.a.) Arthur C. Danto.

Ebenso wie diese Gegensätze im Film verarbeitet werden, stellt der Film selbst einen Spagat zwischen Dingen des Massengeschmacks (Bzwords wie "Kung-Fu", "Multiversum", "Humor", "Familiendrama") dar, welche er gleichzeitig mit einer ästhetischen Bedeutung auflädt. Die Geschichte innerhalb des Films ist also quasi eine Roadmap für die Positionierung des Films selber, innerhalb der aktuellen Filmlandschaft.

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