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Harte Entscheidungen
nobody@home:
--- Zitat von: unicum am 6.10.2023 | 15:11 ---Und wie sieht es aus wenn es "anderstherum" aus,...?
Also mit NSC die sich ergeben werden trozdem abgeschlachtet?
sicher, dann sind es die SC welche die Kampange dark machen, aber reagiert die Spielwelt (so sie es mitbekommt) nicht darauf?
--- Ende Zitat ---
Kommt auf die Umstände an. Wenn's keine Zeugen gibt -- vielleicht mitten in der Wildnis, wo sich nur die Aasfresser über eine Gratismahlzeit freuen -- oder das Umbringen des Gegners irgendwie sanktioniert ist wie beispielsweise im Kriegsfall unter bestimmten Anführern, dann reagiert sie natürlich weniger stark oder zumindest anders, als wenn ein SC so was unter "zivilisierteren" Umständen vor aller Augen trotzdem immer noch ungerührt durchzieht. Aber wenn ich eine einigermaßen glaubhaft "echte" Spielwelt präsentieren will und nicht bloß ausdrücklich eine Kulisse für sich ungestraft durchmordende und -plündernde privilegierte Supersonderfiguren, dann gehören logische und einigermaßen absehbare Konsequenzen eben mit dazu.
ArneBab:
--- Zitat von: Alter Weißer Pottwal am 6.10.2023 | 14:12 ---Ach das ist ja vom Plaschka. Guter Autor und sympathischer Kerl :d Schade, dass sein NARNIA-Rollenspiel damals so gefloppt hat.
Edit: Gerade gemerkt - ich hab das Buch im Schrank stehen ~;D
--- Ende Zitat ---
Sehr cool ☺ :d
felixs:
Selbst wenn man zwischen eigener Persönlichkeit und Spielfigur trennen kann (sehe ich eher selten, kommt aber vor), ist immer noch die Frage, ob man das, was da passiert, erzählen/hören möchte.
Mein Grund, kein "grimdark" spielen zu wollen ist, dass da Dinge geschehen und Situationen erzeugt werden, die ich nicht thematisieren möchte.
Es gibt übrigens z.B. in Castle Falkenstein explizit Anweisungen dafür, wie der Autor sich das Spiel vorstellt. Es gibt (normalerweise) keine expliziten Schilderungen grausamer Dinge, sondern es wird quasi der Vorhang davorgezogen. Außerdem soll die Gruppe Gelegenheit haben, sowas zu verhindern. Vor allem soll heroisches, edles Handeln gefördert werden. Regelseitig z.B. dadurch, dass es keine Meuchelmorde an Spielerfiguren gibt und dass Situationen einen nicht-tödlichen Ausgang haben sollen und dass in eigentlich allen Situationen ein Ehrenkodex gewahrt wird. Gewalt ist aber durchaus möglich.
Dilemmata sind durchaus vorgesehen, aber eben solche, die sich für die Inszenierung schnulzig-ritterlichen Heldentums eignen. Und natürlich ist normalerweise ein guter Ausgang möglich und wahrscheinlich.
--- Zitat von: unicum am 6.10.2023 | 14:45 ---Und natürlich gibt es den Satz "Erst kommt das Fressen und dann die Moral".
--- Ende Zitat ---
Der ist aber sehr oft falsch interpretiert. Brecht meint damit nicht, dass die Moral egal wäre und sich jeder selbst der nächste ist oder gar sein sollte.
Brecht meint, dass die Befriedigung elementarer (!) Grundbedürfnisse Voraussetzung dafür ist, moralisch sein zu können.
Die meisten Spieler am Tisch dürften satt und warm sein, die meisten Entscheidungen über die wir hier sprechen, sind auch keine, in denen sich die Spielerfiguren in akuten Notlagen befinden und daher nach Brecht moralisch zu entschuldigen sein könnten.
--- Zitat von: ArneBab am 6.10.2023 | 15:24 ---Das seh ich auch so.
Teilweise ist für mich auch gerade der Widerspruch zu den eigenen moralischen Vorstellungen interessant. Wenn wir die Englischen Gentlemen um 1924 spielen, die völlig überzeugt sind, dass sie das Maß der Welt sind, dann wissen wir als Spielende gleichzeitig um die Opiumkriege, die Schrecken der Sklaverei, die Indian Tea Company, usw. Wir spielen die Gentlemen trotzdem so wie sie sich selbst sehen.
--- Ende Zitat ---
Die sind in der Regel aber weit weg. Falls wir tatsächlich in den Opiumkriegen oder in einem kolonialen Kontext spielen und falls die Gräuel im Spiel thematisiert werden, wird es vielleicht anders aussehen.
Deshalb übertragen ja viele beliebte Pseudo-Mittelalter-Fantasy-Rollenspiele auch in hohem Maß moderne Moralvorstellungen in ihre Spielwelt. DSA und viele DnD-Welten dürften da sehr gute Beispiele abgeben.
Klar ist es interessant, sich in völlig andere Figuren, Zeiten, Wertvorstellungen zu versetzen. Aber das können nur die Wenigsten. Und dann wird es auch oft schnell plump und klischeehaft, weil man eben nur eine unzureichende Vorstellung von dem Weltbild und den Vorstellungen der Figuren hat. Schon bei Beispielen, die uns ziemlich nahe sind, funktioniert das eher schlecht. "Interkulturelle Kompetenz", der Umgang mit anderen Welt-, Menschen- und Wertebildern ist schon bei den eher kleinen Unterschieden unseres globalisierten Zeitalters schwierig. Schon das Verständnis der Lebensrealität der anderen zwischen Angehörigen von verschiedenen Schichten derselben Kultur ist ein großes Problem.
ArneBab:
--- Zitat von: felixs am 6.10.2023 | 15:29 ---Schon bei Beispielen, die uns ziemlich nahe sind, funktioniert das eher schlecht. "Interkulturelle Kompetenz", der Umgang mit anderen Welt-, Menschen- und Wertebildern ist schon bei den eher kleinen Unterschieden unseres globalisierten Zeitalters schwierig. Schon das Verständnis der Lebensrealität der anderen zwischen Angehörigen von verschiedenen Schichten derselben Kultur ist ein großes Problem.
--- Ende Zitat ---
Das wäre doch gerade ein Grund, es im Rollenspiel zu fördern, Leute mit anderen Vorstellungen zu spielen.
Ja, das wird vielleicht Klischeehaft, aber über längeres Spiel wird es üblicherweise differenzierter (oder fällt zurück auf eigene Vorstellungen).
Weltengeist:
+1 zu allem, was felixs schreibt. Von dem "Wollen wir das wirklich thematisieren?" bis hin zu den klischeehaften Darstellungen, wenn es doch getan wird.
Und nicht selten hatte das, was ich da am Spieltisch erleben durfte, auch weitaus weniger mit "sich mal wirklich in eine andere Moralvorstellung reinversetzen" zu tun als mit "mal die Sau rauslassen" bzw. "mein Charakter ist halt so". Die meisten Leute spielen da am Spieltisch nämlich nicht die Frau, die in einer wirklich patriarchalischen Gesellschaft geprägt wurde, oder den Leibeigenen, der es gewohnt ist zu kuschen, wenn der oben genannte Ritter auftaucht. Komischerweise spielen alle lieber den, der am obersten Ende der Nahrungskette steht und auf alle anderen scheißen darf, und freuen sich, wie differenziert sie dessen moralischen Kompass ausspielen können.
Meine Erfahrung sagt jedenfalls: Nur sehr wenige Spieler waren in der Lage, da bei mir den Wow-Effekt einer differenzierten Darstellung auszulösen. Ja, es fallen mir welche ein, und die waren wirklich großartig. Aber sie waren wirklich die Ausnahme.
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