Pen & Paper - Spielsysteme > Shadowrun

Angenommen, du wärst SR-Chef und wolltest eine neue Edition veröffentlichen...

(1/48) > >>

Doc-Byte:
...wie würdest du die Sache angehen?

Eins gleich mal vorneweg: Die beiden aktuellen Threads zeigen sehr deutlich auf, dass es auf diese Frage keine Antwort geben wird, mit der man es allen recht machen würde. Deshalb ist die Frage eigentlich nicht sonderlich zielführend, aber irgendwie beschäftigt mich gerade trotzdem der Gedanke, wie man eine neue Edition von Shadowrun aufziehen könnte, sollte, müsste, whatever, um die Fanbase zu erweitern und vielleicht wenigstens ein Stück weit wieder zusammen zu bringen.

Ich sehe da grundlegend zwei Punkte, die man zuerst mal herausarbeiten müsste:

1. Was macht den Kern des Settings aus und wie kann man den langfristig interessant und tragfähig gestalten?
2. Was sind Kernelemente des Regelwerks, die Shadowrun einfach ausmachen?

Ein Beispiel für Punkt 2 sind die traditionellen W6. Ohne W6 - und zwar viele W6 - fühlt sich Shadowrun für mich irgendwie nicht nach Shadowrun an, auch wenn seit langem klar scheint, dass die Regeln bei der Verwendung von W10 vermutlich deutlich besser funktionieren würden. (Zumal die Legenden besagen, dass SR1 bis kurz vor Release ursprünglich auch für W10 gedacht war.) Und so gibt es viele kleine Details, die Shadowrun zunächst erst mal gefühlt ausmachen...

---

Was mich persönlich angeht, waren die unzähligen Möglichkeiten, einen Charakter (und später auch die Ausrüstung) zu verbessern / modifizieren, verbunden mit den unzähligen Synergieeffekten zwischen den Optionen einfach der größte Spaß auf der spielmechanischen Seite. Für andere hingegen sind ellenlange Listen und das Feilschen um die letzten Essenzreste für noch mehr Ware der blanke Horror.

Aber ich glaube, ich würde genau hier ansetzen und auf eine möglichst große Modularität und Kombinationsmöglichkeiten bei der Charakterentwicklung setzen, gleichzeitig aber das Grundgerüst dahinter deutlich vereinfachen. Warum an dieser Stelle nicht mal etwas darauf schielen, wie PC Games arbeiten und in diesen Gewässern nach Neuspielern fischen? Zumal, in Zeiten, wo die klassischen TTRPGs durch VTT & Co. sich doch eh schon immer mehr in Richtung hybrides Gaming entwickeln?

Tatsächlich glaube ich inzwischen, dass ich das komplette Regelwerk rund um diesen Kern der Charakterentwicklung auf modularer Basis aufbauen würde, weil das in meinen Augen immer schon ein zentrales Element der Shadowrunregeln war und das Potential hat, ein (nahezu) Alleinstellungsmerkmal zu werden.

Und bei den Würfeln würde ich zwar am liebsten die W6 behalten, glaube aber, dass eine Mischung aus SR1-3 und SR4+ zusammen mit W10 besser funktionieren würde. Kerngedanke:

Es wird grundsätzlich mit einem Pool gewürfelt, der aus der freien Kombination eines der 6 (evtl. auch 8 ) Attribute mit einer Fertigkeit (ich würde dabei maximal um die 18 bis 24 Fertigkeiten verwenden) besteht. Basismindeswurf ist 5 und alle Modifikatoren werden am Ende zu einem Wert von -3 bis +3 darauf zusammengefasst. Gegen einen Wert zwischen 2 und 8 kann man ausgezeichnet mit W10 würfeln. Und über die - ich weiß schwieriges Thema - Erfolgsdeckelung kann dann die Auswirkung von Verbesserungen wie Ausrüstung, Cyberware und Magie einfließen lassen. Damit bekommt man am Ende ein Abstufung der Erfolgsqualität. Ob man darüber hinaus weitere "Nebeneffekte" (beispielsweise über die Auswertung von Paschen) einbauen will, kann man immer noch überlegen. Die würden sich natürlich auch anbieten, um die Auswirkung von Cybertech und Magie abzubilden, falls man die nicht als Poolmods verweden will. Wichtig ist nur, dass die Stellschrauben nicht wieder zu ausufernd werden, aber Shadowrun ist - wieder für mich persönlich - einfach ein System, das mehrere Stellschrauben haben sollte, was wieder den Bogen zum Kern der modularen Charakterentwicklung / -verbesserung schlägt.

---

Vermutlich werden diese Ideen jetzt nur bedingten Anklang finden und beim Thema Setting wird es noch schwieriger, aber ich bin einfach ein Anhänger der (vorsichtigen) Anpassug an reale Entwicklungen und Trends. - Was spräche denn dagegen, wenn bspw. jemand im Jahr 2070 das Konzept der sozialen Netzwerke erfinden würde? Die damit verbundenen gesellschaftlichen Veränderungen zu entwickeln wären doch allemal spannender, als den 5. Matrixcrash herbeizuzitieren, um irgendelche Veränderungen herbeizubeschwören.

Und warum erscheint es manchen Fans so unglaubhaft, dass die Techiker der 6. Welt es geschafft haben, innerhalb von 3 Jahrzehnten die Technik der Cyberdecks auf Handygröße zu schrumpfen und paralle auch W-Lan Netze aufgebaut haben? - Ich meine, wenn wir in der Realität doch vergleichbares geschafft haben, warum sollte in der Welt von Shadowrun ein technologischer Stilstand herrschen? - Also, wenn man generell Anhänger der voranschreitenden Zeitlinie ist, versteht sich.

---

Well, so viel mal als "kleine" Einleitung des Threads. ;D

Sashael:
Ich finde die Welt ganz hübsch.
 
Die 3 Videospiele haben für mich auf der regelseitigen Ebene recht gut funktioniert, im Gegensatz zu den PnP Editionen. Aber wer will schon ein SR mit Prozentwürfeln?

 ;)

Darius der Duellant:
- Kernprobensystem aus Attribut + Skill = Würfelpool (5+6 als Erfolg) gegen eine variable Schwierigkeit beibehalten. Nur der W6 ist vollkommen ausreichend.
- zwei Komplexitätsstufen
GRW only oder mit beliebigen Erweiterungen. Die müssen nur mechanisch kompatibel sein, nicht vom Powerlevel, ABER  sie sollten die vom GRW gesetzten Schranken hinsichtlich Poolgrößen, Varianzen und so weiter nicht sprengen.
- Nur noch Pointbuy als Charaktergenerierung. Prio erfüllt aufgrund dem hin und hergeschiebe den selbst auferlegten Anspruch an Geschwindigkeit und simplizität nicht, zwingt einem aber minmaxing auf
-balancing einmal grundlegend überarbeiten und den Magerun scheiss Zusammenkürzen.
-interne Kohärenz beim Settingfortschritt, statt mit jeder neuen Edition das Rad wieder zurückzudrehen.
-kernelemente auch sinnvoll erklären (SIN, Esssnzlöcher, Hintergrundstrahlung) und zwar direkt im Grundregelwerk.
-Mehr Bodenständigkeit, es braucht nicht jede Edition ein neues super magisches next big thing
- aufhören Magie als Entschuldigung für fehlende Schreikompetenz zu verwenden
-, ausnahmslos ALLE Regelsysteme werden von den schlimmsten powergamern, optimieren und regelfickern vor der Abnahme intensivst geprüft. Nein, die Turbo Casuals aus dem Erzählwinkelfreundeskreis sind keine validen Betatester für Regeln
- Geschichtenautoren schreiben Geschichten, keine Regeln
- Einmal mit dem eisernen Besen durch diese ganzen Ultraprimerunner im Shadowtalk durchkehren. Niemand braucht self-inserts, politische Papageien und insbesondere nicht diese alte Garde an Vögeln die sich in Nebensätze über ihren neuen Multimillionen-Drohnenträger unterhält. Das macht der deutsche Shadowtalk übrigens um WELTEN besser.

Flamebeard:
1) Nach wie vor ein Near-Future-Setting, dass darstellt, wie es aussehen wird, wenn wir 'es' (die allgemeine Lage der Welt) nicht gerissen bekommen und alles einfach weiter laufen lassen. Spannend hierbei wird bei der Weiterentwicklung des Settings der Blick auf die Technologie und eventuelle Technik-Sprünge, die wahrscheinlich oder aber zumindest nicht komplett unmöglich sind. (Miniaturisierung, Leistung von Computern und Programmen, Entwicklungen in Medizin und Genetik,...) Hier wäre eine grundlegende Beratung mit SciFi-Autoren, die zu dem Thema regelmäßig tiefere Recherchen betreiben, sinnvoll.

 Die Grundprämisse sollte weiterhin ein 'Wir-gegen-die'-Setting sein, in dem die Charaktere aus widrigen Umständen gegen das System und ihr eigenes Schicksal an kämpfen, obwohl alle Wahrscheinlichkeiten zu ihren Ungunsten manipuliert sind. m.E. wichtig wäre aber auch eine Belohnungs-Mechanik, durch die Spieler sich für ihre Charaktere Änderungen des Status Quo erspielen können. Diese könnte z.B. auf den festgehaltenen Prinzipien und Zielen des Charakters basieren. Wenn also ein Charakter durch das Umsetzen seiner Prinzipien ein Beispiel setzt, sollten Spieler und Charakter als narratives Belohnungs-Element eine wie auch immer geartete Teil-Erfüllung der Ziele des Charakters festhalten dürfen. Umgekehrt aber auch: Wer konsequent gegen seine Prinzipien handelt, wird es im Narrativ schlimmer machen. Ebenso, wenn jemand seine Prinzipien völlig ändert. So haben Entscheidungen einen dauerhaften Einfluss.

2) Der W6-Würfelpool ist für Shadowrun definitiv ein Markenzeichen. Großartig daran ändern sollte man also nichts. Das Konzept der 'explodierenden Würfel', also dem Hochwürfeln von 6en, ist ebenfalls klassisch verankert. (eventuell kann man dies aber an Charakter-Fähigkeiten koppeln, sodass man z.B. einen Mindestwert im entsprechenden Talent oder einen entsprechenden Vorteil haben muss - sollte man auf jeden Fall mal diskutieren) Die Ausrüstungs-Vielfalt ist ebenfalls etwas, für das Shadowrun berühmt-berüchtigt ist. Hier sollte man aber eventuell ein wenig den Rasentrimmer ansetzen, indem man z.B. für Waffen jeweils einen Standard-Manteleintrag formuliert, unter dem die en masse produzierten Waffen gefasst sind. Dazu dann Sonderausführungen und/oder qualitativ hochwertige Waffen, die dann entsprechend teurer sind und bessere Werte haben. Umfassendes Playtesting wäre hier aber definitiv angezeigt. Niemand hat die Absicht, einen Maraskanischen Hartholz-Harnisch zu bauen!

==

Für mich momentan wesentlich spannender ist ein Punkt, der in den anderen beiden Threads immer mal wieder auftaucht: Wie kann man Shadowrun neu aufstellen, wenn man als Grundkonzept eine Skalierbarkeit der Komplexität des Systems auf der Achse Fate>Anarchy>Shadowrun(>Rolemaster) schaffen möchte? Für's Erste habe ich da noch jede Menge Tabellen und Multiplikatoren im Kopf rum fliegen...

Ein Dämon auf Abwegen:
Also variable Schwierigkeit in einem Pool System find ich inhärent eine schlechte Lösung (insbesondere mit W6 als Würfeln) da würde ich ehr bei Variablem Poolgrößen oder Mindestmengen an Erfolgen bleiben.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

Zur normalen Ansicht wechseln