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Je älter der SL umso geerdeter die Abenteuer?
Jens:
Erdung ist für mich: alles ist irgendwie im Boden verwurzelt und falls etwas abgedrehtes passiert, kommt das am Ende auch dort an, kann also verstanden werden.
Blitze sind ziemlich krasse Dinge, aber mit einem geerdeten Blitzableiter für ein Haus kein Problem und sogar eigentlich ein sehr spannendes Erlebnis (pun intended...)
Genauso sind abgefahrene Monster etc. schon sehr krasse Dinge aber über den Plotableiter im Setting geerdet für eine Spielgruppe kein Problem (der suspension of disbelieve) und sogar eigentlich ein sehr spannendes Erlebnis. Oder so
Edith: und nach der Definition bin ich mit dem Alter auch einigermaßen geerdet - mehr als früher zumindest ;D
nobody@home:
Wie gesagt, für mich sehe ich da keinen Alterszusammenhang. Aspekte von Spielwelten mal ein bißchen hinterfragt habe ich auch früher schon ("Wovon lebt so ein Riese in einer für ihn völlig unterdimensionierten Welt eigentlich...oder gibt's vielleicht auch Gegenden, in denen einfach alles riesenhaft ist und die man besuchen könnte? :think:" oder "Wieso eigentlich ist Magie immer so eine Art Extra, das einer Welt, in der sonst die Gesetze der Physik laut 20./21. Jahrhundert gelten, einfach nur übergestülpt wird?" beispielsweise), und was Namo im Eingangspost unter "geerdet" zu verstehen scheint, läuft in meiner persönlichen Begriffsraupensammlung mehr unter einer Art von Realismusanspruch, der sich mit meinen Vorlieben recht direkt beißt -- mein langjähriges Interesse an Universalsystemen speist sich ja gerade aus deren Versprechen, mit ihnen alles Mögliche und damit eben ruhig auch Abgefahreneres spielen und bespielen zu können! -- und für den ich als Adjektiv ganz persönlich im eigenen Kopf gerne mal "graubraun" verwende, weil ich damit eine gewisse Farballergie assoziiere. ;)
Nodens Sohn:
--- Zitat von: Namo am 30.08.2024 | 08:58 ---Und das ist dann die Gretchenfrage: Liegt das daran, dass ich älter geworden bin und schon zu unflexibel und zu sehr durch den Alltag geerdet im Kopf bin oder dann doch nur daran, dass ich einfach eine lange Rollenspielpause hatte und mich aufgrund der ganzen Lebensumständen eben auch nicht mehr täglich mit entsprechenden Medien beschäftige?
Kennt ihr das? Hat sich eure Art der Spielleitung in Zusammenhang mit dem Weltenbau, Realismus darin oder auch den Abenteuer im Kleinen geändert im Laufe der Jahre?
--- Ende Zitat ---
Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Aber ich glaube, das hat nicht unbedingt etwas mit dem Alter zu tun. (hoffe ich jedenfalls ;) )
Wenn ich mir so manche Abenteuer von früher anschaue, dann waren die mit den unterschiedlichsten Monster gespickt und das Monster eine Tür weiter hat sich nicht um den Kampflärm aus dem Nachbarraum gekümmert. Am Eingang des Dungeons stand ein Händler mit seinem Bauchladen mit Dingen, die man noch zu kaufen vergessen hatte. Das war für uns gut so, uns hat das Spaß gemacht und wir schnetzelten uns durch die Dungeons und sammelten immer bessere Items, je tiefer die Dungeonebene war, in die wir eingedrungen waren.
Und irgendwann kam (bei mir mit der blauen Expertenbox D&D) die Welt dazu. So langsam änderte sich dann unsere Spielweise. Mehr und mehr wurde der Plausibilität der Welt untergeordnet. Dann kamen nicht einfach mal irgenwelche Monster daher. Sie mussten in die Gegend und in die Welt passen, oder es gab Gründe (Dimensionstor, Kataklysmus, Raumschiff-Absturz) Nichts passierte mehr ohne Grund.
Dadurch wurde das Spiel vielleicht weniger bunt, aber auch viel epischer, da nicht nur das Monster of the week zu besiege war, sondern eine Welt umspannende Geschichte erlebt werden konnte, was uns dann viel mehr Befriedigung gab und zu einem tieferen Charakterspiel mit Dramatik und Epos führte.
Was nicht heißt, wir hätten dem Spiel aus unseren Anfängertagen ganz verloren. Ich habe es sehr genossen, als mein Sohn das erste Mal geleitet hatte und uns die unmöglichsten Monster entgegen warf. Solche Abende können auch sehr befreiend sein. Kein Drama, kein tiefes Nachdenken, nur rein, Monster hauen, Schatz looten, EPs bekommen, aufleveln. Immer noch befriedigend :D
felixs:
--- Zitat von: Raven Nash am 31.08.2024 | 12:07 ---Ich mag kein Quietschbunt, ich mag keine Weirdness, ich mag es nicht "abgedreht". Das hat aber nichts mit dem Alter zu tun, das mochte ich nämlich noch nie. Nichtmal als Kind.
Ich mag Grautöne, ich mag es, wenn ein Setting in sich schlüssig ist.
Ich mag keine Zoo-Dungeons, ja ich mag generell keine Dungeons, die eigentlich nur Labyrinthe sind, in denen irgendwas lebt.
Ich mag es, wenn es eine Story gibt, die sich weiterentwickelt (die Richtung ist mir dabei ziemlich egal).
Das hat sich eigentlich nicht verändert.
--- Ende Zitat ---
Mir geht es auch so und mir sind die meisten Rollenspielszenarien zu bunt, zu wild, zu viel von allem möglichen.
Das war tendentiell schon immer so. Mich hat damals die DSA-3-Doktrin überzeugt und geprägt: Elfen, Orks, Zwerge sollten schon ungewöhnlich sein, Drachen legendär und kaum zu sehen, Magie muss selten sein, etc. (DSA 3 hat das freilich nie wirklich umgesetzt, aber die Idee habe ich halt von dort mitgenommen).
--- Zitat von: Namo am 30.08.2024 | 08:58 ---Im Kern stelle ich bei mir aber fest, dass ich mehr zu "Realismus" als fantastischem Eskapismus neige.
--- Ende Zitat ---
Will keine Worte klauben und das ist auch nicht das Thema. Trotzdem meine ich, dass "Eskapismus" hier nicht der richtige Begriff ist. "Eskapismus" bezeichnet (normalerweise) den Ausbruch aus der Realität. Der Ausbruch in eine mehr oder weniger glaubhafte, also "realistische" Phantasie ist immer noch Eskapismus.
Eskapismus ist übrigens, meine ich zumindest, nicht schlecht, sondern eine berechtigte Antwort auf die Unzulänglichkeiten, die die Welt uns zumutet.
Arldwulf:
Am Alter liegt es nicht unbedingt, eher an Weiterentwicklung von Fantasy als Regelwerke und als Genre.
Vor 50 Jahren wären Aliens die ihr Raumschiff neben den Orks und den Pharaonen abstürzen lassen nicht nur cool, sondern auch durchaus üblich gewesen.
Heute sind konsistentere Welten mit größerer Geschichte und mehr Fokus auf Plausibilität als Konkurrenz hinzu gekommen. Wenn ich heute Fantasy im Fernsehen konsumiere dann sind gesellschaftliche Themen, Intrigen und zwischenmenschliche Dramen gleichermaßen präsent wie Drachen und Riesen.
Und auch was die Regelwerke angeht gibt es inzwischen viel mehr Möglichkeiten diese Dinge anzuspielen, mit Regelhilfen versehen umzusetzen. Was die Notwendigkeit alles mit fantastischen Mitteln zu lösen senkt.
Ich würde nicht sagen, dass dies ein linearer Trend sei, nein auch heute gibt es natürlich immer noch das bewusst fantastische, abgefahrene und dergleichen.
Aber die Auswahl ist größer als früher, die Regelhilfen um anders zu spielen sind verfügbarer und auch das Publikum hat sich gewandelt.
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