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Horror - Best Practice?

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Fulko:

--- Zitat von: Quaint am 13.01.2025 | 02:06 ---Ich denke mit das wichtigste sind Spieler, die da auch mitmachen. Sonst ist das ganz schnell passiert, dass dumme Sprüche kommen und Flaxen gemacht werden - und dann kannste dich als Horror SL auf dem Kopp stellen und mit den Zehen wackeln, da wird es keine gute Stimmung mehr geben.

--- Ende Zitat ---

Ich kann mich eine Cthulhu-Runde Mitte der 90er erinnern, die wir früh am Morgen gespielt hatten. Es war ein Standard-Szenario, in dem die Investigatoren ein Haus inspizieren sollten, auf dessen Dachboden eine tödliche Kreatur lauerte. Unserer Spielleitung gelang es tatsächlich, ein Gefühl von Horror herüberzubringen, sodass alle und alles mucksmäuschenstill war. Die Stimmung wurde jäh unterbrochen und dann komplett zerstört. als ein leises Schnarchen zu vernehmen war - einer der Mitspieler war eingeschlafen.

Saffron:
Ich stimme Quaint zu, dass die Spieler bereit sein müssen, sich darauf einzulassen. Deshalb würde ich immer vorher absprechen, welche Vorstellungen alle Beteiligten von der Runde haben.

Auch deshalb, weil es unterschiedliche Arten von Horror gibt. Geh nicht in den Winterwald hat eine Atmosphäre von Gruselgeschichte, die am Lagerfeuer erzählt wird, Final Girl ist ein Slasherfest mit vielen Wegwerf-Charakteren und  Cthulhu beginnt als Ermittlungsabenteuer, dass irgendwann zum Kampf um das eigene Überleben bzw. die geistige Gesundheit wird.

Außerdem wichtig: Sicherheitswerkzeuge, also z.B. vorher Themen besprechen, die nicht vorkommen dürfen. Nur wenn der Spinnen-Phobiker in der Runde sicher sein kann, dass er nicht getriggert wird, kann er sich richtig auf den Horror einlassen.

unicum:
Was Quaint sagt.

Horror ist die Königsdisziplin im RPG wobei Humor gleich dahinter kommt, was lustig ist da gerade die beiden Antipoden am schwersten sind. Beim einen ist es einen Kalauer nach dem anderen rauszuhauen und bei dem anderen ist es das gerade nicht zu machen.

Es steht und Fällt mit den Spielern die sich darauf einlassen müssen.

Horror ist imho auch das einzige wo ich auf Ambiente achten würde. (Alles andere ob nun SF oder Fantasy, ist mir das Ambiente einerlei).

Marduk:
Meine best practices für Horror sind folgende:

- Die Spieler müssen mit an Bord sein, ohne dass die Spieler sich darauf einlassen, ist Horror im Rollenspiel unmöglich.

- Vertrauen. Die Spieler müssen der SL trauen

- Safety Tools/Horror Contract etc. es ist unheimlich wichtig, dass Grenzen abgesteckt werden

- Kontrast: es ist wichtig ab und an Tempo rauszunehmen, oder auch mal zu lachen, damit der Horror dann auch ordentlich reinknallen kann. Gerne auch mal Alltagszsenen anspielen, gerade am Anfang.

- Die Fantasy der Spieler ist dein mächtigster Verbündeter. Egal wie toll du beschreiben kannst, gib den Spielern Lücken, die ihre Fantasy selber ausfüllt. Niemand weiß besser, was einen erschreckt usw, als die eigene Fantasy. Deute Dinge lieber an, anstatt zu explizit zu werden.

- Benutze Jump-Scares, wenn überhaupt nur spärlich. Die nutzen sich schnell ab.

Boba Fett:
Ich fasse mich mal kurz.

Horror ist immer schwierig.
 Das resultiert daraus, dass ein einzelnes störendes Element ausreicht, um die Stimmung zunichte zu machen und dass es einfach ganz viele Möglichkeiten gibt, dass so ein Element eben ganz schnell entsteht. Und da reicht es auch, wenn irgendwer "zu albern" ist und irgendwann loslacht.

- Die Leute müssen mitmachen und "wollen".
  Teflon-Billies, Problemlöser und Taktiker oder "nicht verlieren können wollen" machen ein Spiel schwierig, das auf Kontrollverlust und Ohnmacht (da entsteht Horror) baut.
  Die Charaktere müssen Angst haben können und die Spieler müssen das zulassen WOLLEN.
- Das "Ambiente" muss stimmen.
  Beleuchtung, Umgebung, Geräusche, Ablenkungen - darauf sollte man acht geben.
  (Chips futternd, Coke schlürfend, am Küchentisch im hell erleuchtetem Raum sitzend, Smartphone in der Hand und fröhliche Fun-Punk Musik hörend - wird das nix)
  Dazu zählt auch: Der Spielleiter muss die Stimmung vermitteln können.
- Gewalt und rationale Problemlösungsansätze dürfen nicht zur Lösung führen.
- Es darf nicht darum gehen, zu gewinnen oder die Situation zu beherrschen. Wer das versucht, verhindert Horror.
  Es geht darum, heraus zufinden, was los ist, dann einen Schritt zu weit gegangen zu sein und dann zu versuchen, da lebend (möglichst unbeschadet) herauszukommen.
  Probleme dürfen daher auch nicht mit Spielmechaniker zu bewältigen sein. Genrewissen (Exorzismus, Weihwasser, Silber) darf auch keine Lösung sein.
  Generell: Nicht die erste, nicht die beste Idee bringt eine Lösung, sondern:
  die in aller letzter Sekunde versuchte Idee bringt einen soweit weiter, dass man sich für kurze Momente von der Bedrohung distanzieren kann, bevor es weitergeht.
  Dinge spitzen sich zu. Die Bedrohung wird immer größer, es wird immer schlimmer, die Zeit immer knapper und der Ausweg immer unwahrscheinlicher.
  Ziel muss sein, dass die Leute froh sind, davongekommen zu sein und das niemand dorthin zurück möchte.
- Spielregeln braucht es wenig. Je weniger gewürfelt wird, desto besser. Man kann den Charakteren der Spieler ruhig alles schaffen lassen, nur die Dinge, die gegen "die Bedrohung" gehen, klappen nicht, gehen schief oder helfen nur kurz.
- Spieler sollten in der Lage sein, zuzuhören. Tatendrang ist verständlich, aber beim Stimmung vermitteln, kommt es darauf an, dass der Spielleiter in der Lage ist, seine Dinge vollständig zu beschreiben und nicht von "Ich mach dies!" "Ich jenes!" "Ich schlag zu." unterbrochen zu werden.

Gute Hintergrundmusik: Der Soundtrack von Vikings, Staffel 1-3 im Hintergrund leise mitspielen. Ist schön unaufdringlich und unterschwellig, liefert aber jedemenge beunruhigende Stimmung. Geht lang genug für einen Abend und drängt sich akkustisch nicht in den Vordergrund.

Und ja: Ich würde mich auch vergewissern, dass die Leute wissen worauf sie sich einlassen, NoGos klar formuliert werden, dass jeder weiß, wie man abbricht und ein Abbruchwunsch vorausplanen.
Was machen wir, wenn die X-Card gespielt wird (zB: Spiel wird sofort unterbrochen, Musik aus, Licht an, jemand kümmert sich, die anderen halten sich zurück. Die Person geht nicht alleine nach Hause, ...was auch immer notwendig ist...)

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