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Bazaar
The_Kossack:
Der Kossacke beobachtete. Er war nicht in diese Stellung aufgestiegen, ohne etwas über die menschliche Natur zu lernen. Die Blicke, Stimmungen, die so rasch ausgetauscht wurden. Er wußte mittlerweile, daß die Sternfahrerin mehr war als Gefolge - die Art, wie sie Enkidi anblickte, wie sie mit ihm sprach: mit mehr Macht und Autorität, als ihr zustünde. Und Enkidi. Ein Raubtier unter der dünnen Haut aus Li Halan-Anständigkeit. Ein junger Adliger auf der Suche nach einem Platz, einem Lehen vielleicht, wie es so viele gab von diesen jungen, begabten Männern und Frauen, denen das Ende der Kriege fast jede Change genommen hatte, sich hervorzutun. Der Imperator war klug, wenn er diese zu einem Kreuzzug gegen die Kurgen bündelte. Wieviel diese jungen Adligen davon haben würden, das stand auf einem anderen Blatt. In den erlöschenden Sternen.
Ras Chandras Funk blinkte auf, er nahm den Knopf aus dem Helm und schob ihn sich in das Ohr. Leicht spannte sich sein Nacken, dann wandte er sich kurz dem Kleriker zu, ein spekulativer Blick und der Hauch eines Lächelns. Als wüßte er nun mehr über seinen Gast.
Dann blickte er zu Doktor Jubakin. "Ihr wisst, wie junge Adlige anderer Häuser sind", sagte er gedämpft. "Es geht ihnen immer gut. Und vor der Schwelle zu verrecken ist der Gastfreundschaft der Mantis bei weitem vorzuziehen. Wissen Sie, Jubakin, das ist der Preis, den das Haus bezahlt für seine politische Linie, so, wie die Li Halan für Frömmler gehalten werden und die Hazat für Heißsporne."
Er hob die Hand, um dem Doktor zu bedeuten, daß es in Ordnung war. "Es ist nicht nötig, einzuschreiten. Ich kenne das Bedürfnis der Adligen gut, um ihres Stolzes willen zu leiden. Diese Freude will ich ihnen nicht vorenthalten." Ein leichtes Nicken zu Enkidi. Ras Chandra war, was Schmerzen und Hilfe angeht, bei weitem pragmatischer. "Nun, m'Lord, Ihr seid mir willkommen. Ich nehme an, die Einladung ist damit gegenstandslos? Ich kann verstehen, wenn Ihr Euch erst erholen müßt. Geht allerdings davon aus, daß der gute Doktor hier ... vieles gesehen hat in seiner Laufbahn; Ihr könnt noch immer auf ihn zrückgreifen. Jubakin ist nicht nachtragend."
Die Frage der Sternfahrerin traf ihn unvorbereitet. Kurz verengten sich seine Augen. Als hätte er nicht seinen Anteil an Schmerz und Elend erlebt. Als hätten diese metaphysischen Verletzungen Narben erzeugt, die manchmal im Gewitter brannten. Manchmal. Nicht unter Kampfdrogen, aber als Ehrenwache mußte er nüchtern bleiben, nüchtern und kalt. Der Ausweg, einfach zu rasen, war ihm versperrt. Was hatte ihn bewogen, dem jungen Li Halan zu helfen?
Bedeutete es etwas, wenn er ihr etwas zu sehen gibt, was es nach landläufiger Meinung nicht gab. Ein Stück Seele, ein Stück Gesicht. Enkidi, der sich an ihm festhalten wollte. Und zugleich die Furcht und der Abscheu. Das mußte es gewesen sein. Beides kannte er gut, aber selten so zusammen, so in eins gefallen, daß es sich nicht trennen ließ. Er dachte darüber für eine Weile nach, mußte nachdenken, wie ihn gelegentlich der Gedanke überfiel, daß das chemische Bad seinem Verstand geschadet hatte. Die Jaks hatten ihn beruhigt und ihm versichert, alles wäre in bester Ordnung und würde in Ordnung sein, wenn er sich erst an die Veränderung gewöhnt hätte. Die Wahrheit war, daß er langsamer geworden ist, als zweigte sich der Körper Kraft von seinem Geist ab, oder als wirkte die metaphysische Sperre, die ihn vor Beeinflussung schützte, auch wie ein Filter, der kleine Anzeichen erstickte und alles langsamer zu ihm durchdringen ließ.
"Ihr mögt es für unmöglich halten, aber manche Kossacken haben Familie", erwiderte Ras Chandra.
Enkidi Li Halan (N.A.):
Ein Blitzen in Enkidis Augen und er blieb stehen, obwohl schon zum Gehen gewandt.
Er hatte ein scharfes Gehör, und gerade weil der Hauptmann seine Worte nicht an ihn, sondern an diesen Arzt gerichtet hatte, lösten sie noch größeren Zorn in ihm aus. Wie konnte er es wagen. Der Spott traf tief, denn der Mantis-Spross attackierte über wohl gewählte Umwege. Nicht schlecht, für einen Soldaten.
Trotzdem ballten sich Enkidis Hände zu Fäusten und für einen Moment war er versucht – ... er beherrschte sich. Das Blut pochte dröhnend durch seine Adern, flüsterte, lockte, verlangte. Das Versprechen eines Kampfes.
Sei vernünftig, sagte sein Kopf. Doch sein Körper sprach eine andere Sprache.
Wieder heftete sich sein Blick an die eindrucksvolle Gestalt des Kossacken. Er strahlte die überlegene Gelassenheit einer gut gewarteten Maschine aus. Programmiert zu töten. Für einen Augenblick bitzte ein leiser Gedanke in Enkidi hoch- er fragte sich, wie lange er wohl brauchen würde, den Decados zu besiegen.
Ein eisiges Lächeln kroch über seine Lippen.
"Es liegt mir fern, die Gastfreundschaft der Mantis in Frage zu stellen, Sir. Ich bin mir sicher, dass Ihr Euch angemessen um mich bemühen würdet, doch ich verzichte für heute auf die Dienste eures Arztes. Und ich kann Euch versichern, dass dies nichts mit Stolz zu tun hat, Hauptmann."
Seine Stimme war ein gepresstes Raunen. Es ließ keinen Zweifel daran, dass der Li Halan den Sünden, die er an diesem Abend zu beichten hatte, eine weitere hinzufügte: Lüge.
Enkidi wandte sich endgültig zum gehen um, als Megans Neugier eine unerwartete Frage in den Raum stellte. Noch unerwarteter war allerdings die Antwort.
Familie. Es war etwas falsches daran, dieses Wort aus dem Mund eines Kossacken zu hören. Kossacken wurden nicht geboren, sondern gezüchtet. Keine Eltern, sondern einen Bruttank. Keine Seele, nur Gehorsam.
Ihre gesamte Existenz stank nach der Blasphemie, zu der nur Haus Decados im Stande war. Kein Mensch hatte das Recht, den Schöpfer auf diese Art herauszufordern. Und doch taten sie es, jeden Tag und jede Stunde in denen die Welten ihre lautlosen Bahnen unter sterbenden Sternen zogen.
Um so mehr war Enkidi überrascht. Ras Chandra war nicht wie die Kossacken, denen er begegnet war. Sicher, er war Hauptmann, Anführer der Garde eines Grafen, und das forderte etwas mehr Geist und Scharfsinn als bei dem übrigen Gezücht, das von Edenya kam. Aber das? Er mußte sich verhört haben. Oder der Hauptmann hatte seine ganz eigene, verdrehte Vorstellung des Wortes entwickelt. Ein Mann wie er konnte -durfte- nur eine 'Familie' kennen- die verdorbene Brut, deren Schöpfung er war.
Megan:
"...um ihres Stolzes Willen zu leiden..." - JAJA, das ist es, das stimmt... fast hätte Megan lautstark zugestimmt. Dieser Kossacke ist bemerkenswert! Nicht, dass sie viele kennen würde - er ist präzise ausgedrückt der erste seiner Art - abgesehen von den trampelnden Schatten.. dennoch - bemerkenswert. Selten hat Megan ein so widersprüchliches Verhalten erleben dürfen. Einerseits diese Reglosigkeit und Unnahrbarkeit, andererseits, diese fast an Humor grenzenden Beiträge - und sie war schon immer dabei, wenn es um das Hetzen gegen die Selbstverliebtheit und die nicht nachvollziehbare Moral und Ethik des Adels ging. Eine seltsame Euphorie ergreift Besitz von Megan und nur die Stimme der Vernunft hält sie einigermaßen im Zaum. Vielleicht sind sie und Enkidi sich gar nicht so unähnlich - mit Sicherheit nicht - zumindest, wenn ihre Neugier geweckt ist.
Die Resonanz auf ihre Frage entgeht ihr nicht - so markant wenn auch minimal sticht sie aus der allgemeinen Ausdruckslosigkeit heraus. Fast scheint es, als hätte den Kossacken etwas getroffen. Nichts bedeutendes, dafür ist er zu groß und robust, vielleicht eher etwas kleines, lästiges, dem man sich dennoch nicht ohne weiteres entziehen kann. Zumindest ER nicht.
"...aber manche Kossacken haben Familie..."Ungläubig vernimmt Megan die Worte des Mannes, ein Zucken ihrer Braue verrät Überraschung. 1:0 für dich, Hauptmann. Er ist wirklich...interessant! Fast erschrickt sie über dieses stille Bekenntnis. Sie versucht sich diese Familie vorzustellen. Wurde er zwangsverheiratet? Hat er es aus "Karrieregründen" gemacht? Vielleicht versteht er etwas anderes unter Familie, als sie. Wer weiß? Bruder "Heiltank" oder irgendeine andere Perversität? Oder kann er doch so etwas wie Liebe empfinden? Ergebenheit und Loyalität seinem Haus gegenüber ja, aber LIEBE? Schade, dass die Differenzen so groß sind. Ich hätte gerne mehr darüber erfahren, denkt Megan bei sich und zuckt kaum merklich die Schultern im inneren Monolog. Schwer, es sich einzugestehen, aber sie ist beinahe enttäuscht...
The_Kossack:
Männer waren schon wegen geringerer Vergehen gestorben, dachte Ras Chandra, als er sah, wie der Li Halan sich unter dem Skorpionstich windete. Er konnte sie spüren, die Kampfeslust, den Zwang, Ungebührlichkeit mit dem Stahl fortzuwischen. Ein langer, kühler Blick prüfte Enkidis Reichweite, die der seinen zwar nachstand, aber was er bisher gesehen hatte, ließ große Schnellkraft vermuten. Und daran mangelte es ihm, die Masse ließ sich schlecht bewegen. Der Säbel war nun wirklich keine Fechtwaffe, sondern die Axt, mit der eine Schlachtreihe aufgebrochen wurde. Er war ein Wellenbrecher, kein Fechter. Das war früher anders, aber seither hat er gut sechzig Kilo an Muskeln zugelegt.
Nun, mal sehen, aus welchem Material dieser Li Halan gemacht war. "Ich wäre enttäuscht, wenn es wirklich nichts mit Stolz zu tun hätte, Baron", erwiderte er kühl. Doch was bedeutete schon die Enttäuschung eines Kossacken? Er hatte dem Hofleben entsagt und das war schon lange her. In der Zwischenzeit wären bessere Klingen rostig geworden.
"Die einzige mögliche Erklärung, die nach dem Stolz zurückbleibt, wäre Feigheit, und dessen kann ich Euch nicht bezichtigen, ohne mir ein Duell aufzuladen. Stolz ist gewiß die bessere Motivation, wenn auch nicht die klügere." Er verneigte sich leicht zum Abschied, wußte ganz genau, daß Enkidi nicht in der Verfassung war zu kämpfen. Ein erfahrenerer Decados hätte ihn jetzt bis aufs Blut gereizt, in einen Angriff getrieben und zur Strecke gebracht, aber Ras hatte kein Bedürfnis danach, Trophäen zu sammeln. Und er schuldete dem Grafen seine Einsatzfähigkeit. Er hatte zuviel über die Kriegskunst gelernt, um von Duell zu Duell zu jagen, immer auf der Suche nach dem einen Feind, der ihm überlegen war. Er hat seinen Meister gefunden, vor Jahren, und damit Frieden. Diese turbulente Begegnung hat die Monotonie der Reise, der letzten Monate, wenn nicht gar Jahre, aufgerissen und ließ ihn Neugierde empfinden. Das letzte Mal war lange her. Aber dann würde er eben in die Monotonie zurückfallen und vielleicht wieder aufgestört, wenn etwas anderes geschah - die Pfade der Mantis waren verschlungen, und auch ein Leibwächter war vor ihrem Zugriff nicht sicher.
Er betrachtete das Weibchen, meinte zu sehen, wie sie darüber nachdachte, sie war zu lebhaft, verriet ihre Gefühle in der Art wie sie atmete, wie sie blinzelte, wie sie den Kopf trug, sich ihre Schultern spannten. Aber was sollte er sagen, was konnte er sagen, was nicht nach Schwäche klang? Sich zu einer Familie zu bekennen barg keine Fallstricke. Doch weiter als das ...
"... was für eine seelenvolle Kreatur", sagte da jemand, der soeben eintrat. Schmalgliedrig, in schwarzer Kleidung, stumpfer schwarzer Stoff, der mit irisierenden schwarzen Fäden reich bestickt ist. Körperlich ein Fechter, lange, elegante Gliedmaßen, ein blasses Gesicht mit grünen Augen, die Körpersprache fast wie die eines Askorbiten. Fließende Bewegung, dann abrupter Stop, Verharren. Angeblich der Mann, der Cadavus beherrschte, da das Herzogspaar dazu nicht in der Lage zu sein schien. Ein Metallzylinder am Gürtel - kein Fluxschwert, vielleicht eine Drahtklinge. "Ich sehe, du hast Gäste geladen, Ras."
Er trat auf den Kossacken zu, der vor ihm automatisch Haltung annahm, verharrte dann, hebt die Hand, verharrte. Ein fast bizarrer Tanz, die Bewegungen zugleich natürlich, als handelte es sich um seine normale Körpersprache. Dicht vor Ras drehte sich der Adlige um, daß Ras Schultern und Kopf hinter ihm aufragen. "Ihr erlaubt. Graf Andrei Mandin Decados. Ich hoffe, mein Freund hier hat es an nichts fehlen lassen?" Eine Augenbraue hob sich, der Kopf wird schräg gelegt. "Ich muß gestehen, ich hungere nach distinguierter Gesellschaft." Wieder drehte sich der Decados leicht, berührte Ras' Brustplatte mit schmalen blassen Fingern. "Du wirst mir nicht auch noch fahnenflüchtig wie Grischa, Ras? Das Imperium wäre nichts für dich."
Ras verneigte sich tief, doch die Berührung ließ ihn auf ein Knie fallen, gleich einem Schlachtroß, dem man das Knien beigebracht hat. Er war dann fast auf Augenhöhe mit dem Grafen. "Ihr scherzt, Meister."
Andrei lächelte stahlend. "Ja. Ich scherze. Steh auf, mein Lieber. Ich komme um vor Neugierde, was unsere Gäste angehen."
Enkidi Li Halan (N.A.):
Für einen Moment verengten sich Enkidis Augen zu Schlitzen, doch dann lächelte er. Ein Test. Mantis-Spielchen. Der Hauptmann witterte eine Gelegenheit sein Opfer zu studieren. Als hätte er ihm nicht schon genug offenbart. Decados betrachteten Menschen nach ihren eigenen Maßstäben, ihrem Nutzen, ihrem strategischen Wert und der Möglichkeit, gewinnbringend manipuliert zu werden. Schwäche war eine Einladung. Stärke umso mehr. Das Spiel gewann an Reiz, je mehr man ihnen entgegen setzte und jede Faser in Enkidi wußte, dass der Einsatz zu hoch sein würde. Und dennoch war das Angebot verlockend. Ras Chandra schien ein Mann zu sein, mit dem man seinen Spaß haben konnte. Aber dazu hatte er keine Zeit. Seine Nackenmuskulatur spannte sich an, als läge die Andeutung einer kommenden Gefahr in der Luft. Er sollte nicht hier sein.
So nahm er die Herausforderung nicht an und antwortete schlicht:
"Stolz ist die Maske der eigenen Fehler, Hauptmann. Ich glaube nicht, dass ich einen Fehler begangen habe."
Er wollte gehen, doch wieder machte ihm das Schicksal einen Strich durch die Rechnung.
"... was für eine seelenvolle Kreatur". Etwas in Enkidi lachte frohlockend. Vier Worte würden genügen, um sein Schicksal zu besiegeln, doch es war noch nicht an der Zeit. Eine Lektion wartete darauf, gelernt zu werden.
Als der Graf vor ihn trat und ihn der Blick seiner grünen, wachsamen Augen traf, geschah etwas, was Enkidi nur am Rande seiner Wahrnehmung begriff. Die Anspannung, die seit ihnen der Hauptman begegnet war, Adrenalin in seinen Körper gepumpt hatte, fiel von ihm. Tief in seiner Seele öffnete sich eine Tür, die lange verschlossen gewesen war.
Der Schmerz, der sich gierig in Enkidis Körper gefressen hatte, verklang wie das Echo eines geflüsterten Befehls. Er, der durch die Tür tief im Inneren geschritten war, wollte, dass er klar sah, ohne Schleier oder Filter – so als würde er in einen Spiegel blicken. Es würde um so vieles einfacher werden, wenn Enkidi begriff, das er nicht sein Feind war.
Die Stimme des Grafen drang leicht und angenehm durch den Raum. Sickerte wie Wasser in verdurstende Erde. Einladend und umgarnend wie eine sich entfaltende Droge. Enkdids Blick fiel auf Ras, der treu und ergeben vor seinem Herren auf die Knie ging. Bedingungslose Hingabe. Eine Aufgabe. Ein Ziel. Für einen Augenblick beneidete er Ras um die von jedem Zweifel freie Loyalität, die er seinem Lord schenkte. Enkidi fühlte sich leer, als eine innere Stimme fragte, für wen er auf die Knie sinken würde. Er hatte keinen Herren.
Und was ist mit dem Schöpfer? Keine Antwort.
Die bedingunslose Loyalität zu seinem Haus war ihm ebenso erzogen worden, wie Ras. Vielleicht auf eine andere Art, aber nicht weniger intensiv. Doch wo Ras das Martyrium von Edenya für immer an die Wege der Mantis schmiedete, hatte die Freiheit, die man ihm gewährte, nur Zweifel in ihm geweckt.
Der Zweifel fraß die Treue und hinterließ ein Vakuum, toten Raum, der im Zentrum seiner Seele lauerte und danach schrie, erfüllt zu werden.
Es hatte eine Zeit gegeben, in der der Glaube die Leere verdrängt hatte. Aber jetzt?
Seine Bande zu Haus Li Halan sickerten wie der feine Sand von Midians Küsten durch seine Hände. Er mißachtete ihre Traditionen, ihre Gebote und, wie zuletzt, ihre Befehle. Die Heilige Schrift, wie man sie ihn gelehrt hatte, war nur eine Ansammlung von Worthülsen und Lippenbekenntnissen und die gesegneten Männer, zu denen er einst aufgeblickt hatte, nur skrupellose Vasallen einer Hure namens Kirche. Er hatte hinter zu viel Masken geblickt und Wahrheiten entdeckt, die sich jedem Versuch, sie um der eigenen Seele willen zu ignorieren, widersetzten. Zweifel war alles, was ihm geblieben war. Eine der wenigen zuverlässigen Konstanten in seinem Leben.
Ras zweifelte nicht. Fleisch und Blut der Mantis. Enkidi spürte einen Stich in seinem Herzen und sah Graf Mandin in die Augen. Er kannte diesen Blick. Er erinnerte ihn an einen anderen Mann, der jetzt ebenfalls Graf war.
Erinnerungen quollen empor und im gleichen Augenblick waren seine Sinne wieder klar, frei von der Verlockung, der Stimme einfach nachzugeben, die ihn ins Verderben locken wollte. Er riß sich zusammen, ließ ein höfliches Lächeln auf seinen Lippen erscheinen und deutete eine Verbeugung an. Du solltest knien.
"Graf Mandin. Es ist mir eine Freude." Seine Stimme klang schal und ihm war, als würde sich eine kalte Schlinge um den Hals legen. Das Bild von Megans ausdruckslosem, enttäuschten Gesicht blitze kurz vor seinen Augen auf. Er wollte fort von hier, aber man ließ ihn nicht.
"Ich bin Baron du Enkidi gehörst Li mir Halan."
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