:T: Koops > Der okkulte Untergrund
Kampagnen-Ideen um neuen Archetyp
Bitpicker:
Seit ich UA das erste Mal gelesen habe, trage ich eine Idee mit mir herum, die ich bisher leider nicht wirklich spieltauglich machen konnte. Vielleicht fällt euch ja etwas dazu ein.
Im Zentrum des Ganzen steht der erstmalige Aufstieg eines neuen Archetypus. Leider habe ich noch keinen griffigen Namen für denselben, was aber irgendwie auch ein Plus ist, denn was man benennen kann, gibt es ja schon...
Der Archetypus basiert auf den Gedanken der Open Source Bewegung. Er steht für jemanden, der etwas erschafft oder eine Fertigkeit besitzt, das oder die er der Allgemeinheit ohne Gegenleistung zur Verfügung stellt. Das Kernmotto könnte sein 'dein Gewinn ist nicht mein Verlust'. Jemand, der diesen Archetyp verkörpert, tut etwas für andere, weil er es kann - nicht aus Altruismus, nicht weil er dafür Geld kriegt, sondern vielleicht einfach nur um der Anerkennung willen oder eben einfach so.
Das führt natürlich zunächst einmal zu einem Konflikt mit allen, die befürchten, es könnte der letzte Archetyp sein, der zur Komplettierung der IC noch fehlt. Diese Leute wollen den Aufstieg verhindern. Es gibt aber auch noch den natürlichen Feind dieses Archetyps, den Kaufmann / Händler. Der ist natürlich völlig abgestoßen von der Idee, dass Menschen ohne Gegenleistung etwas für andere tun, wobei die Avatare des Händlers nicht genau wissen können, ob sich hier tatsächlich ein neuer Archtypus herausbildet oder nur der Händler empfindlich umdefiniert wird, weil sich eine Subkultur bildet, in der sich jeder in eine Art Schneeballsystem der Hilfe einreiht. In jedem Fall würde das die kommende Welt massiv entgegen den Interessen des Händlers umbilden und natürlich auch die gegenwärtige schon verändern.
Als mögliche Proto-Avatare kommen neben Linus Thorvalds und Konsorten z. B. auch Ex-Händler-Avatare in Frage, die eine Renunciation durchlaufen haben, Personen, die gemeinnützige Arbeit leisten, usw.
Für meine Kampagne spiele ich mit dem Gedanken, dass eine Menge solcher Proto-Avatare sich in der Vorweihnachtszeit in New Orleans (wo meine Kampagne spielt) versammeln, vermutlich aus verschiedenen Gründen, weil die wenigsten von ihnen bewusst tun, was sie tun. Aus dem Kommerzfest wird so im Big Easy plötzlich ein seltsamer Reigen von verschenkten Leistungen. Ich weiß aber noch keine genauen Einzelheiten oder wie ich meine SCs hereinbringen werde.
Was haltet ihr von der Idee?
Robin
wjassula:
Sehr schön. Könnte das nicht ein Bote oder ein Pilger sein? Vielleicht der "Heisenberg Messenger" aus "To Go", weil open source ja für freien Zugang zu Inromationen, Finden der eigenen Wahrheit usw. steht?
Bitpicker:
Der Heisenberg Messenger ist doch Dermott Arcanes Version des Messengers; da ich 'To Go' nicht habe, ist er aufgestiegen?
Jedenfalls sehe ich den Messenger nicht als passend an, denn einerseits steht der Archetyp, den ich mir denke, nicht unbedingt auch für die Verbreitung der Fähigkeiten, um die es geht - keiner zwingt dich, Linux zu benutzen, oder macht auch nur besonders massiv Werbung dafür; und es geht auch nicht nur um Software und den Computerbreich im allgemeinen, sondern generell darum, etwas ohne Gegenleistung zur Verfügung zu stellen. Wie viele Menschen machen informative Webseiten (z. B. mit Rollenspielmaterial, Regelsystemen...) nur so zum Spaß, ohne dafür je wirklich zu werben oder damit ein Ziel zu verfolgen? Oder geben in offenen Foren Tips und Tricks zu jedem erdenklichen Thema? Es muss auch nicht unbedingt um Information gehen, obwohl Information den Vorteil hat, dass man sie weitergeben kann, ohne sie zu einzubüßen, anders als die meisten Waren. Aber auf dem Dienstleistungssektor ist ein ähnliches Verhalten vorstellbar, obwohl sich da der Archetyp vielleicht noch erst hin ausbreiten muss.
Ich habe auch mal mit dem Gedanken gespielt, es könnte der Archetyp des Freiwilligen sein. Aber der Freiwillige wird indirekt (also nicht persönlich) aufgefordert, etwas zu tun. Ich sehe z.B. den 16-jährigen patriotischen Soldaten des 1. Weltkriegs als eine Form, dann vielleicht eine weniger martialische Form heute in Menschen, die gemeinnützige Dinge nicht etwa tun, weil sie es können oder weil sie helfen wollen, sondern damit die Nachbarn das Richtige von ihnen denken... Diese Dimension der Aufforderung fehlt in dem mir vorschwebenden Archetyp auch.
Robin
Jestocost:
Am Anfang
Die Schreie des ersten Kindes, das zufriedene Nuckeln an der Brust der Mutter. Dann ihr Aufstieg. Das Gegrunze des Kämpfenden, der sein Territorium verteidigt, der den Feind erschlägt, Blut auf einem spitzen Stein. Die Himmelfahrt des Kriegers.
Der Ursprung der Zivilisation, die ersten Menschen, die ersten Gemeinschaften. Beginn der ersten Verträge der ersten Warenflüsse. Die Menschen entdeckten Respekt und Dankbarkeit, ein neuer Archetyp begann sich zu regen, die Statosphäre wurde unruhig und machte sich bereit, ein neues Mitglied im Unsichtbaren Rat zu empfangen.
Das erste Geschenk sollte aus Respekt und Dankbarkeit dargebracht werden, ein Geschenk an die Gemeinschaft, an das größere Wohl. Aber anstelle des Gebers fuhr der Händler in die Statosphäre auf: Ein Geschenk ist Verpflichtung, ein Deal, der sich langfristig ausgleichen muss... Manche sagen, dass dies die eigentliche Geschichte von Kains Mordes an Abel ist - das es eigentlich um ein Opfer ohne Gegenleistung gehen sollte... Andere sagen, dass der Mythos der Büches der Pandora das erste Gerücht war, dass der Händler streute, um den Aufstieg seiner Nemesis zu vereiteln, als er das Füllhorn zur verfluchten Kiste machte - und das Geschenk der Danaer, das trojanische Pferd, sollte das Prinzip auf ewig besiegeln...
Am Ende
Marx hatte Recht. Es gab ein Gespenst, das in Europa umhergeisterte. Aber er verstand es nicht. Der Kommunismus hätte den Geber herovrbringen sollen, aber die Demagogen verzerrten das Bild und die Versuche, den Sowjetmenschen heran zu züchten, scheiterten kläglich: Viele Notwendige Diener, Doppelgesichtige. Aber kein Geber.
Der Händler hätte beinahe das Aufkommen des Internets verschlafen: Thorvald Drakes Krieg gegen die Spinne, nachzulesen in einer nie veröffentlchten Ausgabe des Spiderman-Comics, hätte ihn beinahe seine Position als Gottläufer gekostet...
Schon bald begann der Krieg ums Netz. Und mittlerweile, nach dem Crash der Dotcoms (Und der Narr wandelte in Eintracht mit dem Händler durch eine neue Welt), ist das Netz nur eine weitere Shopping-Mall, ein Monopol wie jedes andere auch. Wäre da nicht der Spam - und die Open Source Bewegung...
Werden Sie die unheiligen Kommandozeilen des Händlers entfernen können, die im Quelltext von Windows vergraben sind. Gibt es einen Patch für die Wirklichkeit. Hat "Matrix" die Wirklichkeit gezeigt? Was ist die okkulte Bedeutung von Hütchenspiel, Pyramiden- und Schneeballsystemen (ein Geheimnis Heiliger Geometrie: Hütchen, Pyramide, Schneeflocke - alles geometrische Formen... Gibt es ein Nicht-euklidisches Spiel?)
Ist Robot nur ein anderer Namen für Arbeiter, oder ist dies nicht der Inbegriff für jemanden, der unentwegt neues für die Gemeinschaft schafft? Oder nichts weiter als ein Sklave seiner seiner selbst, wenn nicht anderer?
Es scheint, als ob alles darauf hindeutet, dass diesmal der Geber nicht zum Gekreuzigten Propheten und Antwortengeber wird. Der Geber gibt. Denn Geben hat nichts mit Seligkeit (Habseligkeiten - das deutsche Wort des Jahres.. Seltsam) oder mit Nehmen zu tun.
Geben schafft mehr... Schaut auf Kazaa nach, irgendwo im Quellkode der Kinderpornografie-Seiten, oder fragt die Tauschgruppen in eurer Stadt, wer tauscht und keine Punkte will.
Der Geber wird kommen. Und die Welt wird neu geboren werden.
Bitpicker:
Herr Ober, ich hätte gerne das gleiche wie der Mann, der den letzten Beitrag geschrieben hat.
Im Ernst, das gefällt mir (glaube ich). Es ist genau diese Art von seltsamen Assoziations- (Dissoziations-?) Strängen, die mir so unheimlich viele Schwierigkeiten dabei bereitet, UA zu leiten. Ich komme einfach nicht auf sowas. Bloß 'Geber' gefällt mir noch nicht so richtig, da wäre ein griffigeres Wort schöner. Der Bote ist ja auch nicht der Weitersager. Aber die Idee, dass der Archetyp schon früher versucht hat, zu entstehen, finde ich gut, auch wenn das in einer Kampagne wahrscheinlich Hintergrund bleibt und nicht herausgearbeitet wird.
Ich muss das wohl noch ein paar Mal lesen, damit der Funke für eine konkrete Umsetzung in meiner Kampagne richtig zündet.
Robin
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
Zur normalen Ansicht wechseln