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Shadowrun: Capital Files "Volume/03 - White Russian Nights"
Doc Letterwood:
Dyson atmete tief ein und zog die Stirn in Falten.
"Bisher haben Sie mir keinen Grund gegeben, etwas in dieser Hinsicht zu unternehmen.", antwortete er steif. "Bleiben Sie kooperativ, dann geben Sie mir jetzt die Pläne und verschwinden in den Untergrund, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Wollen Sie mitmischen, müssen wir Sie als unsicheren Faktor aus dem Verkehr ziehen, so oder so. Wir können nicht riskieren, dass Sie nur auf Grund der Eitelkeit eines Russen-Dons unsere Operation gefährden."
The_Kossack:
Eitelkeit. Und selbst, /wenn/ es nur aus Eitelkeit geschah, dann war es noch immer /russische/ Eitelkeit. Er hatte seinen Auftrag, und er hatte seinen Befehl, und er würde gegen Marovs Interessen handeln, wenn er Dyson gehorchte. Er und dieser Mann waren Feinde, kurz und gut. Und er würde ganz sicher nicht noch die Seife aufheben.
Als er zu der Entscheidung gelangt war, wurde alles andere ganz einfach. Das war der Feind. Es gab kein Angebot. Sein Befehl war eindeutig. Und er war sehr viel Geld wert, weil er gut war. Aufgerüstet, mit einer grundsoliden Ausbildung. Von Feinden nahm er keine Befehle entgegen. Jetzt griff die andere Spetsnaz-Taktik: Untergehen, aber eine Menge Schaden dabei anrichten. So viel er konnte.
Oder, wie es ihm sein Ausbilder immer wieder reingeprügelt hatte: Ueberleben ist nicht Priorität Nummer Eins.
"Dann, denke ich, ist alles gesagt." Er klang ruhig, und überließ seinem Körper den Rest. Aktivierte den Reflexe, und ging ansatzlos zum Angriff über.
Doc Letterwood:
Schnitt
"Wo ist sie?", fragte Fischauge und setzte die Brille wieder auf.
"Keller.", antwortete der bullige Albanier knapp und verzog kurz das Gesicht. Seine tiefe Wunde am Arm schmerzte.
"Lass das verarzten.", empfahl Fischauge nach einem kurzen Blick auf das Blut, das auf den Fußboden troff. Dann ging er hinunter, die Stufen, die er am Anfang seiner Karriere so oft genommen hatte. Als Marov und er noch nicht mehr als Schläger waren. Ihr "Hauptquartier", das einzige, das nach Zolnys Angriffen noch übrig war, roch nach altem Benzin und Moder. Die Tür zum Keller war nur angelehnt. Leise Stimmen dahinter, Marov redete.
Er stieß die Tür auf.
Marov saß im Dunkeln, wie immer, die Frau in der Mitte. Ihr Haar glänzte im Strahl der schmierigen Deckenlampe über ihr.
Fischauge ging auf sie zu und musterte sie. Er mochte es nicht, Frauen zu schlagen.
Klatschend landete seine Hand in ihrem Gesicht. Dunkelrote Flecken breiteten sich aus.
Aber er mochte das Geräusch seiner Hände auf ihrer Haut.
"Okay. Nochmal, diesmal mit seiner Unterstützung.", ließ sich Marov vernehmen.
"Was hat die AG Chemie genau vor? Wie unterstützt sie die loyalen Dons hier und im Osten? Wie nehmt ihr Kontakt auf?"
Trotzig blickte ihn die Frau an. Schwieg. Fing sich wieder eine von Fischauge ein, diesmal mit der Faust. Blut spritzte aus ihrem Gesicht.
"Wollen Sie mich nicht nach meinem Namen fragen?", entgegnete sie und spuckte Blut auf den Boden. Tränen flossen ihre hübschen hohen Wangen herab.
"Den weiß ich." Fischauge konnte nahezu sehen, wie Marov grinste. "Eileen..."
The_Kossack:
Bullet-Time. Es gab keinen besseren Begriff dafür. Oder doch. Djam Karet nannte es einer der verrückteren Ausbilder, und in der Spetsnaz waren sie alle verrückt, das half einfach enorm mit dem Job. Irgendwann hatte Vadim ihn mal gefragt, was das bedeutete, denn russisch war das nicht.
Bei einer Kiste Wodka abzustürzen, nach einer Überlebensübung draußen in der Taiga, wenn die Stiefel mit verkrustetem Blut an den Füßen festgebacken waren, wenn Dusche, abgepackte Nahrungsmittel und trockene Kleidung so wertvoll und so illusorisch geworden waren wie die Ernennung zum Generalsekretär. Ganz weit draußen, völlig unmöglich. Vadim hatte sich kaum mehr daran erinnern können, wie es war, keine Schmerzen zu haben.
Sie waren alle wund, von den zuerst blutgefüllten, dann geplatzten Blasen bis zu den roh gelaufenen Eiern, die sich anfühlten wie Syphilis im Endstadium, und die absolut jede Berührung der Kampfhosen mit Fleisch unerträglich machten. Wodka war das einzige was half. Sie waren noch nicht fertig genug, um auf das Kodein zurückzugreifen, das sie um die Hälse trugen. Aber Vadim mußte immer daran denken, daß das wirklich das Ende dieser Tortur wäre, und er fragte sich, wie der Ausbilder das durchstand, der sich antrieb, wohl, weil er es unbedingt zum Offizier bringen wollte. Der kleine Mensch war von der gefährlichen Sorte - schmal, sehnig, und knochenhart. Und er sprach von Djam Karet.
Und während die anderen Soldaten stumpf ihr Ding machten, drängte sich die Frage in Vadims Kopf, was das war. Die Neugier war ein echtes Problem, fast so schlimm wie seine komischen Gedanken und Wendungen. Kreativität war eine Sache, Tricks und Kniffe, aber Spetsnaz waren hauptsächlich hart, dann pragmatisch, und ihre Ausbildung basierte zum größten Teil auf reiner körperlicher Kraft. Einer der komische Fragen stellte oder komische Sachen sagte, wurde schräg angesehen. Oder schlimmeres.
"Ist indonesisch", hatte der Ausbilder gesagt, und ein Wasserglas Wodka weggeschluckt, nachdem er die Kratzer auf seinen Unterarmen kurz ausgewaschen hatte, `innere und äußere Hygiene` war das Stichwort. "Die Stunde, die andauert."
Vadim hatte den Kopf geschüttelt, der Ausbilder grinste nur. "Das ist, wenn Einsteins Relativität plötzlich auftaucht und dich in den Arsch fickt."
Vadim hustete, wollte die Hand heben, um anzudeuten, daß er genug hatte. Klang nicht wirklich gut, irgendwie.
"Wart`s ab. Gibt genug, die völlig süchtig danach sind. Die kommen gar nicht mehr raus, vor allem Drogen und Drähte sind ne gute Kombi dafür." Der Ausbilder grinste ihn mit diesem Ausdruck an, der sagte: Wart`s nur ab. Du kommst auch noch dahinter.
Und Vadim war nicht sicher, ob ihm das gefallen wollte.
Mittlerweile wußte er es. Es konnte bei einer Hauserstürmung passieren, wenn wirklich jeder Handgriff saß, und sich die Sekunden mit tektonischer Geschwindigkeit bewegten, gleichzeitig schnell, und unendlich langsam, mit absoluter Klarheit, jeder Sinn bis ins fast Schmerzhafte gesteigert, gleichzeitig mit so viel Zeit, daß es ein Kinderspiel wurde. Alles paßte, alles geschah zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Reihenfolge, wie man ein Gewehr nach dem Putzen wieder zusammenbaute. Es war ein Ort ohne Denken, aber er vermißte es auch nicht, im Gegenteil. Wenn er darüber nachgedacht hätte, hätte er alles zerstört, den Ablauf zum Stocken gebracht. Es war die Weisheit des Körpers, sein Geist hatte damit nichts zu tun, er wurde zu einem Stück Maschine, er lief einfach, Muskeln spannten und entspannten sich, die Lungen atmeten, das Herz schlug, und alles andere hatte keine Bedeutung mehr, die Schulden, das Heimweh, die Verwirrung fielen einfach von ihm ab.
Die Spornen fuhren aus, weil sie es sollten, weil das ihre natürliche Bestimmung war, und er ging ansatzlos in eine Serie Angriffe aus dem Muay Thai, lief durch die Abläufe, wie er sie tausendmal trainiert hatte - defensiv reingehen, dann offensiv arbeiten, Stärke und Reflexe und sein Körpergewicht in jeder Bewegung, bereit, mit Ellbögen und Knien zu blocken, was den meisten Angreifern mehr wehtat als ihm, und setzte einen Tritt gegen die Halsseite des Elfen an, Hände mit den Spornen vor dem Körper versammelt.
Edit: Tipper
Doc Letterwood:
Mit übermenschlich erscheinenden Reflexen - verchippt, klar, aber trotzdem immer wieder faszinierend, nicht wahr? - pendelte Dyson zur Seite, der Fuß wischte an seinen Hals, Vadim spürte, dass er getroffen hatte...
Dyson riss den Stuhl hoch, an dem er sich festgehalten hatte, schlug ihne gegen Vadims Standbein, um ihn zumindest abzulenken, und sein linker Ellbogen traf Vadims Unterkiefer. Es knackte hörbar.
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