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[Tag 2] Raumstation Bazaar
Azzu:
Das Gesicht des Ritters folgte den Bewegungen des Decados, der starre Blick immer gerade aus, auf den Gesprächspartner gerichtet. Wisst Ihr, Graf, unter den Li Halan braucht man nicht erst zu einem sieben Fuß großen Goliath zu werden, um sich sowohl dem Haus, als auch der persönlichen Ehre verpflichtet zu fühlen. Keitaro schluckte die Antwort hinunter, die ihm sein Instinkt vorgegeben hatte. Ein Duell diese Nacht genügte voll und ganz.
"Es ist äußerst großzügig von Euch, Eure Räumlichkeiten für einen solchen Anlass zur Verfügung zu stellen und den Kontrahenten einen Kampf unter Verhältnissen zu ersparen, deren Beengtheit der Ausübung der Schwertkunst nicht würdig wäre." Oder zur Belustigung der Massen! Das Kräftemessen zwischen dem Baron und einem der riesigen Kossacken hätte sicher das Zeug zu einer Publikumsattraktion gehabt.
Sieh an, sieh an... hat da jemand gelernt, nicht mit allem herauszuplatzen, was er denkt?
"Darf ich es mir erlauben, nach den Bedingungen des Zweikampfes zu fragen?"
The_Kossack:
Quartiere des Grafen Mandin
Der Graf maß den Li Halan für eine Weile, hob dann eine blasse Hand und betrachtete den Rücken - die Nägel, als müsse er sich daran erinnern, daß er nicht in Chitin gepanzert war. Finger. Fleisch. Die Bewegung war eckig, abgehackt, fremdartig, dann blickte er wieder auf. Der Li Halan hatte die Leimrute gesehen, und er war ihr ausgewichen. Er hatte politisches Training.
"Sie kämpfen mit Schwertern, bis zum ersten Blut. Ich habe dem Hauptmann mitgeteilt, daß ich eine Eskalation jenseits dessen nicht wünsche. Seine Pflichten als meine Ehrengarde haben Vorrang. Natürlich... gibt es diese Geschichte von dem Hazat-Ritter, welcher bei Forderungen bis zum ersten Blut seine Gegner zu enthaupten pflegte." Ein leises Lächeln schlich auf seine Züge.
Azzu:
Der Graf hatte also eine 'Eskalation' über das erste Blut hinaus verboten? Dann musste der Kossacke die Duellforderung ausgesprochen haben. Und der Baron hatte die Wahl der Waffen gehabt. Warum Schwerter, Enkidi? Mit einem Rapier hättest du alle Vorteile auf deiner Seite gehabt! Ein Zweikampf mit Hiebklingen gegen einen der gesichtslosen Riesen konnte ihn dagegen sprichwörtlich den Kopf kosten.
Hochmut kommt vor dem Fall... aber wo bleibt er eigentlich? Lord Enkidi mochte durchaus der Gattung von Fürsten angehören, die mit voller Absicht zu spät zu Terminen erschienen, um die Wartenden zu demütigen und so die eigene Wichtigkeit zu unterstreichen. Gegenüber einem höherrangigen Lord erschien diese Vorgehensweise aber wenig angemessen. Vielleicht will er das Duell zweimal fechten! Der Hauptmann würde vermutlich auch als Champion des Grafen fungieren, sollte dessen Ehre verletzt werden.
"Die Zweikampftraditionen der Hazat mögen mit eine Ursache dafür sein, dass in deren Reihen die Zahl der herausragenden Fechter die Zahl der erwähnenswerten Poeten und Denker um ein Vielfaches überwiegt."
Da war zum Beispiel Dona Aletea gewesen, wegen der sich Keitaro den Beinamen "Taurus" eingehandelt hatte. Sie hatte ihn im Zweikampf beherrscht, wie eine Torrera einen Kampfstier in der Manege. Es war kurz vor Ende des Krieges gewesen. Die Lady hatte ihn zum Kampf gefordert, um ihrer Jägereinheit den blutigen Kampf gegen die Cyberforce des Li Halan zu ersparen. Keitaro, gedemütigt, vor Wut rasend und aus dutzenden kleinen Schnittwunden blutend, hatte den Kampf schließlich mit einem Kopfstoß beendet, nachdem seine Gegnerin in entwaffnet hatte. Im kriegerischen Zweikampf waren deutlich mehr Mittel zugelassen, als im Duell um die Ehre - die Hazat hatte das nicht bedacht gehabt.
"Es zeugt von Großmut, dass ihr dem Hauptmann Eurer Garde überhaupt gestattet, Duelle zu fechten. Man kann nur hoffen, dass erstes Blut genügen wird, um die erhitzten Gemüter zu beruhigen." Dass sich Lord Enkidi angesichts seines freundlichen Auftretens mit wütenden Duellforderungen konfrontiert sah, war nicht weiter überraschend. Jetzt muss er auch das Haus würdig repräsentieren, im Kampf gegen die Mantis!
Keitaro wippte leicht auf den Fußballen, um einen Krampf in seinen kybernetischen Wadenmuskeln zu lockern, den der unnatürliche Bewegungsablauf der Verbeugung nach sich gezogen hatte. Die uralten Implantate verliehen ihm nach all den Jahrhunderten seit ihrer Konstruktion zwar noch immer übermenschliche Kraft und Schnelligkeit, aber sie ermüdeten nun deutlich schneller, als im Jahre 4497 a.D. Von Naraka Kaori erzählte man sich, er habe mit den künstlichen Muskeln noch mehrere Tage lang ununterbrochen auf dem Schlachtfeld kämpfen können, angetrieben von seinem unbeugsamen Glauben.
"Der Herausforderer befindet sich bereits im Trainingsraum?"
Enkidi Li Halan (N.A.):
Megan hatte es ihm erklärt. Leise. Mit toter Stimme. Deutliche Worte, von
Pausen durchsetzt, um sicherzugehen, dass er sie verstand.
Das Duell. Der Gegner. Die Bedingungen.
Das Erwachen war also erst der Beginn des Alptraums gewesen.
Ihre kleine Gruppe bewegte sich durch die abgedunkelten Gänge des
Wohnsektors, schweigend, jeder in Gedanken versunken.
Itaru, sein – Schöpfer vergib mir – Sekundant, der sein Schwert trug.
Dahinter Darius, mit steinernem Gesicht und einem dezenten Beutel an der Seite.
Er enthielt neben einem Medpac alles was nötig war, um Angriffen zu begegnen,
die etwas subtiler waren, als der bloße Stahl eines Schwertes.
Seitlich neben ihm Megan, in strenger Uniform, die Arme abweisend über der Brust
verschränkt. Sie kaute verbissen auf ihrer Unterlippe, und es bestand kein Zweifel
daran, dass allein ihr Blick ausreichen würde zuerst sämtliche Decados, dann Enkidi
über den Jordan zu schicken.
Enkidi schritt voran, bemühte sich um einen entschlossenen Gesichtsausdruck.
Es sollte zumindest den Anschein haben, dass er diesen Kampf gewinnen
würde, wollte, konnte... um Itarus Willen. Ihrer aller Ehre stand auf dem Spiel,
von der des Hauses einmal ganz abgesehen. Und warum?
Keine Ahnung.
Megan hatte es ihm nicht sagen können, aber letztendlich war es auch egal.
Nicolaj hatte ganze Arbeit geleistet.
Unter der bleichen, aber gefassten Maske seines Gesichtes brodelte eine
verzweifelte Wut, die sich gegen ein Ziel richtete, das so wenig fassbar war, wie
sein eigener Schatten. Ein Feind, der kam und ging, wie er wolte, gegen den er
kein Schwert führen konnte, keine Waffe, nichts. Dem er nur noch seinen Willen
und den kümmerlichen Rest seines Glaubens entgegensetzen konnte.
Enkidi wusste nicht was ihn, sie alle, erwarten würde. Hauptmann Chandra war so
temperamentvoll und aufbrausend wie ein Felsblock, um so brennender war die Frage,
was ihn zu diesem Duell gereizt hatte.
Ein Blindkampf.
Aber er war auf der sicheren Seite, wenn er mit dem schlimmsten rechnete.
Die Chancen, aus dem Duell siegreich hervorzugehen, waren gering. Sicher,
erstes Blut war von Vorteil. Kampf ohne Rüstung und Schilde ebenso.
Schnelligkeit war der einzig entscheidende Faktor. Eigentlich kein Problem.
Aber dieser Körper wurde nur noch von einem Cocktail aus Aufputsch- und
Schmerzmitteln in Betrieb gehalten. Das protestierende Fleisch war taub und
jede Bewegung kroch sirupartig dahin. Die bandagierte Schwerthand unter dem
wattierten Lederhandschuh machte zwar augenblicklich keine Probleme, das
würde sich aber ganz schnell ändern, wenn sie ein Schwert halten sollte.
Und dann war da noch die Wild Card. Nicolaj hatte ihn nicht in diese Situation
getrieben, ohne sie gänzlich für sich auszukosten.
Enkidi seufzte innerlich. Vielleicht würde der Hauptmann ihn einfach aus diesem
Alptraum erlösen. Ein sauberer Kehlschnitt, und er würde endlich seine Ruhe
haben.
Er blickte unter gesenkten Lidern zu Megan, die schräg hinter ihm lief und eine
Zigarette nach der anderen verschlang.
Nein, er würde sich nicht töten lassen. Er würde für die Fehler, die er zu
verantworten hatte, einstehen. Das Duell ehrenhaft kämpfen.
Und dann würde er Megan nehmen und von hier verschwinden, weit weg von diesem
Schrotthaufen am Ende der Welt, weit weg von den Decados, dem Amulett und der
ganzen Misere dieser Mission.
Er wollte der Frau, die er liebte, wieder in die Augen sehen können.
Sie traten in den Korridor, der zu den Quartieren der Mantis führte.
Zwei massige Kossacken hinter spiegelnden Helmen. Kurz vor Mitternacht.
Itaru holte kaum hörbar Luft, trat vor und verbeugte sich.
"Seine Lordschaft Baron Enkidi Donato Li Halan. Wir werden erwartet."
The_Kossack:
"Nur persönliche Erfahrungen erlauben es, die Natur der Hazat so exakt zu fassen. Stärken der Li Halan, eine innere Strenge und Schärfe der Wahrnehmung, nicht zuletzt die Gabe, sie in schlichte und elegante Worte zu kleiden." Andrei wirkte fast geistesabwesend - der diplomatische Tanz war eine natürliche Reaktion seines Geistes auf Sir Keitaros Beobachtung. Smalltalk, Komplimente. "Die Tugenden der Hazat haben ihnen Ansehen und Macht gebracht - eine gewisse... Verengung der Wahrnehmung ist fast zwangsläufig der Preis dafür." Er lächelte schmal, die Lippen kräuselten sich mit etwas Ironie und tatsächlichem Humor.
"Der Hauptmann war vor der Beförderung zum Kossacken mein Lehnsmann. Die Verpflichtung zwischen Lehnsherrn und Lehnsmann reicht tiefer als viele andere Bindungen, Schutz, Beistand und unverbrüchliche Treue, die Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Sir Chandra hat mir das Lehen zurückgeben wollen, aber ich kann mir schlechterdings keinen besseren Herren eines Gutes vorstellen, das an der Grenze zu feindlichen Askorbitenstämmen liegt." Andrei nahm wieder eine seiner starren Posen ein, unbewußt, das Abwarten eines Askorbiten. "Sie respektieren ihn, die Wilden." Was nicht zuletzt einer der Gründe war, weswegen ihm der etwas ungeschlachte Adlige das erste Mal aufgefallen war. Sie waren beide eng den Askorbiten verbunden, dem Dschungel, und seinen kompromißlosen Wahrheiten über Leben und Tod. "Sein Temperament wird nicht leicht entzündet, Ras Chandras Stolz liegt in seiner Pflicht und seinem Dienst für die Mantis begründet. Sein persönlicher Stolz ist nicht der eines Welpen, der noch seinen Platz finden muß, der ungebunden ist und ohne Platz in der Welt, wie so viele bedauerliche junge Ritter und Damen." Andreis Lächeln blieb vollkommen unverändert. "Und er steht zu jedem Zeitpunkt vollkommen unter der Kontrolle der Mantis."
Vor allem jetzt, wo seine Frau tot ist. Es sollte eine Decados-Lady sein, erfahren, aber nicht zu erfahren, um ihn zu ihrer Waffe zu machen.
"Ja, im Trainingsraum." Andrei machte eine leichte Kopfbewegung in die Richtung. "Nebenan." Natürlichg lag der Bereich der Kossacken direkt neben dem Empfangssaal. Sie konnten ihn so jederzeit stürmen. Eine erquickliche Vorstellung. "Warten wir noch auf die übrigen Gäste."
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