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Artikel über Spiele-Entwicklung

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Dom:
Könnte thematisch auf den ersten Blick in den Bereich Brettspiele passen... Ich finde vor allem auch interessant, was/ob man damit auch was im Rollenspiel-Bereich anfangen kann (da wir ja keine Brettspiel-Entwickler haben, oder doch?!). Daher habe ich es hierher gepackt.

Hier ist ein Artikel von Wolfgang Kramer über erfolgreiches Entwickeln von Spielen.

Kurzer Überblick über den Text:
Teil 1: Kramer teilt die erfolgreichen Spiele in "ausgezeichnete Spiele, die viel verkauft werden", "ausgezeichnete Spiele" und "viel verkaufte Spiele" ein. Er stellt fest, dass ausgezeichnete Spiele diejenigen mit den guten und interessanten Regeln sind, viel verkaufte Spiele die mit besonders einfachen Regeln auftrumpfen.
Teil 2: Hier schreibt der Autor etwas über Themen und Trends und in welche Richtung man ein neues Spiel entwickeln sollte.
Teil 3: Jetzt gehts konkreter an die Entwicklung; hier betont Kramer, dass es wichtig sei, das beste aus seiner Idee herauszuholen. Er gibt ein paar Beispiele für Spiele, die das geschafft haben und solche, die von anderen überflügelt wurden.
Teil 4: In diesem Teil gehts um Testen.
Teil 5: Hier gibts ein paar Schlagworte, was für Eingenschaften ein Spieleautor haben sollte.

Auch wenn es um Brett- und nicht um Rollenspiele geht, kann man davon einiges auf unser Thema übertragen. Insbesondere wäre im Rollenspiel-Bereich eine Analyse im Sinne von Teil 1 interessant. Vor allem muss man sich - glaube ich - mal vor Augen halten, dass auch viel verkaufte Spiele in gewisser Weise gut sind. Als zweites möchte ich auf Teil 3 verweisen. Gerade der Zusammenhang Idee -> Spiel ist mir bei der heutigen, bunten Welt der Rollenspiele nicht so ganz klar. Vor allem weiß ich noch nicht, was überhaupt eine Idee beim  Rollenspiel ausmacht: Ist es das Genre? Ist es ein bestimmter Spielstil? Eine Kombination daraus?

Dom

Merlin Emrys:
Ich wuerde sagen, Kramers Empfehlung fuer den Rollenspielsektor lautet:


--- Zitat von: Kramer ---Ist ein Trend bereits fortgeschritten, lass die Hände davon! Entwickle kein Spiel mit einem Thema, von dem es am Markt bereits schon erfolgreiche Spiele gibt; vor allem dann, wenn das Thema durch die vorhandenen Spiele ausreichend abgedeckt wurde.
--- Ende Zitat ---

Wo im Trend sind wir gerade? Andernorts im Forum wurde, wenn ich mich recht entsinne, schon die Frage gestellt, ob die Zahl von Rollenspielern nun zu- oder abnimmt... Andererseits geht es ihm ja auch um Kommerz, nicht um Liebhaberprojekte.


--- Zitat von: Dom --- Gerade der Zusammenhang Idee -> Spiel ist mir bei der heutigen, bunten Welt der Rollenspiele nicht so ganz klar. Vor allem weiß ich noch nicht, was überhaupt eine Idee beim  Rollenspiel ausmacht: Ist es das Genre? Ist es ein bestimmter Spielstil? Eine Kombination daraus?
--- Ende Zitat ---

Kramer sagt dazu:

--- Zitat von: Kramer ---Dies kann ein Thema oder ein Mechanismus sein. ... Man kann aus der Natur lernen und sich abschauen, wie die Natur bestimmte Probleme gelöst hat. Oder man kann erfolgreiche Spiele analysieren und in ihre Strukturen zerlegen. Dabei wird man feststellen, dass manche Mechanismen bis jetzt sehr selten oder gar nicht umgesetzt wurden. Dies kann dann zu neuen Ideen führen.
--- Ende Zitat ---
Also: Ein anderes Genre kann eine Idee sein - nur sind da irgendwann alle Ideen umgesetzt. Das erste Rollenspiel, das auf Klamauk gesetzt hat, hatte aber wohl eine neue Idee.
Ein Spielstil oder ein innovativer Probenmechanismus (eine "Struktur") wohl auch: Was wohl passiert, wenn man den "failure award" konsequent ins Zentrum eines Spiels stellt? (Eh, gibt es das schon?) - Vermutlich endet es in Klamauk, ist also je nach dem, wie gut es sich abgrenzt, nur die alte oder eine neue Masche. Und je nach dem kann sich Freunde machen oder nur ein Gaehnen ernten. 
Und auch eine Kombination, wenn sie "unerwartet" oder pfiffig ist, kann eine neue Idee darstellen. Siedler von Catan hat mE nur Ideen kombiniert, die es schon gab (Wuerfeln, Karten, Ressourcen sammeln und ausgeben...), aber eben zu etwas ingesamt "Neuem". Ich wuerde von einem Hererosis-Effekt sprechen.

Im Bereich der Rollenspielentwicklung scheint mir gerade die Fokussierung auf dem Auftreiben solcher Heterosis-Effekte zu liegen; so richtig grundsaetzliche Neuerungen scheinen mir eher selten. Aber man kann vielleicht das Postulieren einer "Rollenspieltheorie" als solcher als die gezielte Suche nach diesen Heterosis-Effekten interpretieren?

1of3:

--- Zitat von: Merlin Emrys am  1.09.2006 | 10:25 ---Was wohl passiert, wenn man den "failure award" konsequent ins Zentrum eines Spiels stellt? (Eh, gibt es das schon?) - Vermutlich endet es in Klamauk, ist also je nach dem, wie gut es sich abgrenzt, nur die alte oder eine neue Masche.

--- Ende Zitat ---

Capes wäre da ein Kandidat. Da ist der Failure Reward so zentral, dass häufig gezielt darauf hingespielt wird, zu verlieren. Klamauk hab ich da allerdings noch nicht erlebt.


--- Zitat ---Im Bereich der Rollenspielentwicklung scheint mir gerade die Fokussierung auf dem Auftreiben solcher Heterosis-Effekte zu liegen; so richtig grundsaetzliche Neuerungen scheinen mir eher selten. Aber man kann vielleicht das Postulieren einer "Rollenspieltheorie" als solcher als die gezielte Suche nach diesen Heterosis-Effekten interpretieren?
--- Ende Zitat ---

Gezielt suchen kann man das wohl nicht. Für mich war es z.B. eine Sensation, dass man Würfel auf dem Tisch liegen lassen kann.

Mir wurde das klar, als ich drei Spiele gesehen habe, die diese Möglichkeit auf verschiedene Weisen ausnutzen. Ich glaube allerdings, auf sowas kann man nur selber kommen. Ich kann das jetzt so sagen, ich kann auch sagen, wo mir das aufgefallen ist, aber mit seinen Erfahrungen vernetzen muss das jeder selber.

Theorie hat mit Praxis genau erst dann zu tun, wenn jemand hingeht, sich die Theorie zu eigen macht und mit seinen praktischen Erfahrungen zusammenbringt.

Und dann können auch grundsätzliche Neuerungen entstehen. Wenn man jetzt gelernt hat "Karteikarten sind nützlich, um gewisse Informationen im Spiel festzuhalten", führt das noch nicht zu einem neuen Spiel. Joshua BishopRoby hat jetzt z.B. diese Erkenntnis mit seiner persönlichen Erfahrungswelt zusammengebracht und wusste daher: 'Papier kann man lochen. Karteikarten sind Papier. Karteikarten kann man lochen.'

Er hat dann ein Spiel gemacht, dessen zentrale Technik darin besteht, Karteikarten auszufüllen, zu lochen und mit Bindfäden zu vernetzen. Total abgefahren.

Merlin Emrys:

--- Zitat von: 1of3 am  1.09.2006 | 11:41 ---Gezielt suchen kann man das wohl nicht.
--- Ende Zitat ---
Warum nicht?
Weil sich Kreativität nicht "erzwingen" lässt? Dazu ein Uralt-Zitat: "Genialität ist zu 5 Prozent Inspiration und zu 95% Transpiration." - Die 5% müssen dabei nicht am Anfang stehen, auch wenn das die Sache zweifellos gefühlsmässig erleichtert.


--- Zitat von: 1of3 am  1.09.2006 | 11:41 ---Theorie hat mit Praxis genau erst dann zu tun, wenn jemand hingeht, sich die Theorie zu eigen macht und mit seinen praktischen Erfahrungen zusammenbringt.
--- Ende Zitat ---
Vom Standpunkt eines Naturwissenschaftlers aus würde ich sagen, das das nicht ganz korrekt ist... aber ich könnte mich darauf einlassen zu sagen, dass für den Bereich der Kreativität Theorie ihren praktischen Nutzen so gewinnt.

Lord Verminaard:
Exzellent. Danke für diesen Link.


--- Zitat ---Ein Spiel, das zwanzigmal mit gut und nicht einmal mit schlecht beurteilt wurde, ist sehr wahrscheinlich am Markt nicht so erfolgreich, wie ein Spiel das achtzehnmal schlecht und zweimal  mit sehr gut beurteilt wurde.
--- Ende Zitat ---

Ja, ja, ja! Wie zu allem anderen auch. Das meiste ist aufs Rollenspieldesign übertragbar, und der Rest ist trotzdem interessant. Wolfgang Kramer ist genial. Heimlich & Co. ist genial. Da sieht man eben, was Erfahrung, Kenntnis vieler Spiele und Kenntnis von theoretischem Handwerkszeug bringen kann.

Verdammt, jetzt habe ich Lust, ein Brettspiel oder Kartenspiel zu entwickeln. ;)

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