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[Nostalgie]Atmosphäre früher

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Plansch-Ente:
Halli Hallo, liebe Rollenspielgemeinde!

Was fühlt ihr, wenn ihr an früher denkt? Was denkt ihr, wenn ihr euch an vergangene Zeiten erinnert? Ich denke dann vor allem an meine Rollenspielanfänge und wie die Atmosphäre früher war. Kurz: Sie war besser. Warum? Nun, ich denke das hat mehrere Gründe.
Zum einen, war man früher wohl viel gelöster. Man hatte noch nicht so unglaublich viele Probleme (mehr oder weniger groß). Man hatte viel Freizeit und die Kollegen sah man mindestens 5 Tage in der Woche.
Zum anderen hat man früher (zumindest ist es bei uns so) viel mehr auf kleine Details geachtet. Wo man früher noch vor jeder Spielsitzung erstmal sämtliche Fenster abdunkelte, Kerzen anzündete und sich Out Time ausquatschte, bevor es endlich in die geheimnisumwobenen Welten von Aventurien/Midgard/*Setze hier andere Welt ein* ging.
Auch ging ich früher viel mehr in den Abenteuern auf. Früher fieberte ich wirklich jeden Augenblick mit, was der SL als nächstes sagen würde. Ich wollte wissen was dort in der düsteren Kiste liegt, welche mit einem goldenen Schloss versehen war.

Und heute? Wie ist das heute? Hat man noch Spaß am Spiel? Ein klares: Ja. Ist es genauso wie früher? Ein klares: Nein. Ist es schlechter als früher? Nein. Es ist einfach anders. Lediglich die Atmosphäre hat mit den Jahren gelitten. Heute trifft man sich, setzt sich an den großen Tisch, legt seine Rollenspielutensilien auf den Tisch und fängt an zu spielen. Egal ob die Zimmerbeleuchtung voll aufgedreht ist oder 3 von 5 Spielern noch in Outtime Gespräche vertieft sind. Wird halt schonmal der Einkauf ausgespielt. Nochmal: Ich habe jedesmal Spaß an unseren Rollenspielrunden und ich freue mich auch jedesmal drauf. Aber so richtig "eintauchen" will sich nicht mehr einstellen. Woran also liegt das genau? Hat man schon zuviel "erlebt" in diesen Welten? Ist man im Grunde schon abgestumpft? Spielt man vielleicht sogar nur noch aus Gewohnheit Rollenspiele? Eher unwahrscheinlich, schliesslich hat man Spaß!

System- oder Weltwechsel? Oft genug passiert. Hat damit offensichtlich nix zu tun. Verschiedene Spielstile? Vielleicht. Wir haben eine relativ große Gruppe an Leuten die gerne Rollenspiele spielt. Nicht alle in einer Gruppe gleichzeitig, aber in verschiedenen Formationen spielen alle durchaus miteinander. Es ist klar das sich Spielstile da verschieden entwickeln. Aber kann das der einzige Grund sein? Ich glaube nicht, denn SO sehr können sich die Spielstile nicht voneinander unterscheiden, schliesslich hat man immer wieder miteinander gespielt.

Was also könnte der Grund sein? Habt ihr ähnlich Erfahrungen gemacht? Wenn ja, habt ihr was dagegen getan? Und was?

PS: Das sind meine persönlichen Beobachtungen der letzten Jahre und muss deshalb kein bischen auf andere RPG Runden zutreffen ;)

@Edit: Wieso zur Hölle hab ich das in "Spielleiterfragen" gepostet? Wollte eigentlich in die "Allgemein" Ecke. Tut mir sorry. Könnte jemand verschieben? Danke :)

Smendrik:
Im Großen und Ganzen stimm ich dir erstmal zu.

Nur mit dem "eintauchen" hab ich so gut wie nie Probleme. Wenn ich zocke dann bin ich mittendrin statt nur dabei. Das bezieht sich aber nicht nur auf RPGs sondern auch auf Videospiele und gerne auch Bücher ;)

Der Grund warum man "früher" so viel Wert darauf gelegt hat Raum abzudunkeln usw liegt imo daran dass es noch "neu und aufregend" war und heute unter "business as usual" fällt.
Rollenspiele sind für uns alle hier nichts neues mehr und eine Routine hat sich eingestellt. Warum soll ich auch gebannt zuhören wenn sich der Krieger eine neue Axt kauft? Und was betrifft es meinen Magier wenn der Dieb neue Pfeile braucht? In der Zeit kann ich dann den jeweils anderen Spielern ruhig den neuesten Streifen im Kino besprechen.
Das Einkaufen im RPG ist sowieso nur Formsache und wenn das "eigentliche" Spiel beginnt kommt man auch von den OT-Gesprächen weg.

*vergleich an den haaren herbeizerr*
Mit Beziehungen ist es ähnlich. Am Anfang ist alles neu und aufregend, aber irgendwann stellt sich eine Routine ein. Die Beziehung ist deswegen nicht schlechter, nur auf einem anderen Niveau.

Vanis:
In Bezug auf Stress und Freizeit stimme ich dir da zu.

Aber: Ich spiel heute nicht mehr so regelmäßig, genau genommen sogar recht selten. Das heißt, dass wenn ich dann mal spiele, ich mich riesig darauf freue und die Motivation der Mitspieler auch entsprechend hoch ist. Von daher würde ich fast sagen, ist die Atmosphäre heute sogar besser als "in den guten alten Zeiten".

Früher hat man sich sehr regelmäßig getroffen und manchmal von nachmittags bis zum nächsten Morgen durchgezockt. Das waren zwar lange Treffen, aber nicht so atmosphärisch dichte. Irgendwann baut jeder ab.

Meine Nostalgie bezieht sich also nicht so sehr auf die Atmosphäre, sondern eher darauf, dass schon gerne zumindest ein bis zweimal im Monat zocken würde. Aber selbst das krieg ich nicht hin.

Cycronos:
Also ich kann eigentlich gar nicht zustimmen.

Die Atmosphäre ist bei mir mit den Jahren viel besser geworden, ich binviel mehr im "flow" des Abenteuers und auch meine RSP-Frequenz hat sich eigentlich nur erhöht.
Die Glaubwürdigkeit der Plots und ihre Qualität haben massiv zugenommen und das OT-Gelaber abgenommen.

Ist quasi alles besser als "früher".  :D

Rraurgrimm:
*grübelt* Also ich habe dann irgendwie andere Entwicklungsstufen der "Immersion" in das Spielgeschehen gehabt. Von den wilden Anfängen, in denen man jung war und das Geld brauchte - und so ziemlich alles Alberne mitgemacht hat und irgendwo zwischen Munchkin und PowerGamer hing.
Über die langsam komplexer werdenden Kampagnen, die nicht mehr eine blosse Aneinanderreihung von Zufallsbegegnungen und Endgegnern waren sondern (Schreck!) ihre Story bekamen. Hier schlich sich dann nach und nach auch die von Dir ein wenig herbeigesehnte Atmosphäre ein. Und in der Tat: das war gegen Ende der Schulzeit, man war schliesslich reifer geworden und älter und sowieso langsam über diese kindische Zeit hinaus.
Irgendwie fing dann jemand zaghaft an, Soundtracks im Hintergrund auf dem Kassettenplayer vor sich hindudeln zu lassen - gelegentlich sogar zur Spielsituation passend.
Irgendwann hatte es dann auch den einen oder anderen Höhepunkt, mit nach wie vor stolzgeschwellter Brust erinnere ich mich an ein Midgard-Detektivabenteuer bei dem ich dieses Mal sorgfältig die Musikauswahl getroffen hatte und Kerzenlicht wie abgedunkeltes Zimmer wie auch ein Platz an der Tür um diese zu öffnen wenn es so weit war und mit Hilfe des Durchzuges vom Fenster die wohlpositionierten Kerzen rechtzeitig zum Flackern zu bringen... - ja, da sagte man mir damals, dass man stellenweise wirklich ein wohliges Schaudern empfunden habe. *schwelgt kurz in Erinnerungen*

Inzwischen ist Atmosphäre beim Spiel eine Option. Wir haben bei einer Vampire: Dark Ages-Runde eine recht abgedunkelte Nische gehabt in der wir spielten - es gab vorbereitete Props wie Pergamentfetzen die wir real zusammenpuzzeln durften (in Variationen auch schon gehabt aber selten so angenehm ausgeführt wie dort), die Musik kommt inzwischen aus vorbereiteten, situationsspezifischen MP3-Playlists und passt dementsprechend häufiger zur Spielsituation. Und ja, das sorgt auch jetzt noch für ein wohliges Schaudern - vor allem dann, wenn man einen Hauch des Glitzerns der Begeisterung für das momentane Spiel in den Augen der Mitspielern und des Spielleiters sieht.
Man wurde irgendwie professioneller - und man hat inzwischen durch eigene Lebenserfahrung es mitunter einfacher, sich diese oder jene Situation oder gar Rolle vorzustellen und in diese hineinzuversetzen. Da die Zeit für Spielabende familien- oder berufsbedingt weniger geworden ist im Vergleich zu den hehren Schulzeiten - ist ein Rollenspieltreffen auch das Treffen von Freunden, die sich einige Wochen nicht gesehen haben und manchmal nur gelegentlichen Kontakt über ICQ oder Mail oder Telefon hatten. Natürlich wird da über Gott und die Welt geschnackt bevor das Spiel losgeht. Und inzwischen ist es immer seltener die Tiefkühlkost aus dem Backofen - sondern irgendeiner traut sich zu, mit neuen kulinarischen Genüssen den Gaumen zu erfreuen (oder dies zumindest versucht zu haben, der reale Kochen-Skill steigt anscheinend nicht immer linear). Doch irgendwann kommt es dann zum Spiel - und weil man sich nur noch selten trifft wird dieses auch mit einer fast verbissenen Ernsthaftigkeit angenommen. Immerhin war es doch ein Grund für das Treffen, oder? Doch während der Spielrunde - begleitet von nun passender Hintergrundmusik und wohlgenährt und auch auf freundschaftlicher Ebene zufriedengestellt - kommt nach wie vor das Spiel der Phantasie zu seiner Geltung. Und ich denke, wir haben mit der Zeit viel hinzugewonnen bei uns - auch wenn wir nicht ein, zwei Mal im Monat spielen wie ich es mir manchmal (vor allem nach den letzten Treffen) aber immer wieder wünsche.

Nur eines haben wir mit der Zeit verloren: es kann nur noch wenig ganz neu erfahren werden. Es kann kaum noch etwas an Aufwand wirklich überraschen - und scheint danach zu verlangen, nur mehr Zeit, Geld oder Arbeit in die Vorbereitung zu investieren um zu überraschen. Sich positiv abzuheben. Vorher war es zumindest bei mir das lockende Unbekannte, welches ergründet werden wollte. Inzwischen ist ein Teil dieser kindlichen Unschuld verlorengegangen. Man sah sich einst selbst in dieser oder jener ungewissen Situation - inzwischen ist man als alter Hase mit vielen Wassern (und unsäglichen anderen Substanzen) gewaschen und hat dieses oder jenes doch schon irgendwie mal erlebt, oder?

Manchmal nicht. Manchmal kommt noch die alte Begeisterung und die Neugierde, Licht in das Dunkel zu bringen, durch. Und das sind dann die Spielabende, die einem in Erinnerung bleiben.

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