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[Starship Troopers] Utopie oder Dystopie - oder irgendwo dazwischen?

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Eulenspiegel:

--- Zitat von: Tobias D. am 11.06.2007 | 21:57 ---Nein. Selbstverständlich kann man auch bei der Bundeswehr jederzeit feststellen, dass der Dienst an der Waffe nicht mit dem eigenen Gewissen vereinbar ist, und verweigern. Das geht, seit man überhaupt verweigern kann.
--- Ende Zitat ---
Theoretisch vielleicht.
Praktisch musste man sich dann aber die Frage anhören, wieso man erst plötzlich das mit seinem Gewissen nicht mehr vereinbaren kann. Vor 2 Monaten konnte man das noch mit seinem Gewissen vereinbaren.

Wenn man erfolgreich belegen kann, wieso sich das eigene Gewissen seit der Einberufung verändert hat, ist ein Austritt möglich. (Wenn man z.B. einen nahen Verwandten durch eine Schusswaffe verloren hat oder während dieses Zeitraumes in die Kirche eingetreten ist.)
Ansonsten wirkt die Aussage: "Ja, vor 2 Monaten konnte ich es noch mit meinem Gewissen vereinbaren aber heute kann ich es nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren." ziemlich unglaubwürdig.

Des Weiteren kann man in der Förderation auch ohne Angabe von Gründen die Armee verlassen. Es reicht aus zus agen: "Ich habe keinen Bock!".
Das ist in der BW (auch wieder vor 1990) nicht möglich gewesen: Hier musste man als Grund immer Gewissensbisse angeben. (Und dann wurde auch noch überprüft, ob das Geschriebene plausibel klang oder ob man vielleicht gelogen hat und aus anderen Gründen keine Wehrpflicht leisten wollte.)


--- Zitat ---Falsch. Die Armee nimmt nicht jeden. Es gibt allerdings die Möglichkeit, den Staatsdienst außerhalb der Armee abzuleisten und dadurch die Bürgerrechte zu erlangen.
--- Ende Zitat ---
Hmm, ich kann mich noch an das Kapitel erinnern, wo Rico bei der meidzinischen Eignunsgprüfung beim Arzt war und diesen gefragt hatte, ob er auch mal Leute ausmustert. Und dieser hat gesagt, dass sie bisher jeden genommen haben und der einzige Grund, nicht genommen zu werden ist, wenn man den Diensteid nicht versteht.

Und dann noch folgendes Zitat aus der deutschen Übersetzung.
Der Marinesergeant, mit den Prothesen erklärt den Leuten folgendes:

--- Zitat von: Starship Troopers ---Weil es bei gewissen Leuten zur Mode geworden ist - bei viel zu vielen Leuten -, sich beim Bund zu bewerben, sich sein Wahlrecht zu verdienen und dann eine Ordensschnalle am Revers tragen zu dürfen, die sie als Veteranen auszeichnet, gleichgültig, ob sie einen Einsatz mitgemacht haben oder nicht. Aber wenn ihr beim Bund dienen wollt und ich es euch nicht ausreden kann, dann müssen wir euch nehmen, weil das zu euren Grundrechten gehört. Die Verfassung garantiert jedem Mann und jeder Frau mit der Geburt das Recht, seinen Dienst beim Bund abzuleisten und damit sein volles Bürgerrecht zu erlangen. - Aber tatsächlich sind wir in arger Verlegenheit, für die vielen Freiwilligen eine Tätigkeit zu finden, die nicht nur aus glorifizierte Kartoffelschälen besteht. Ihr könnt nicht alle echte Soldaten sein; wir brauchen nicht so viele, und die meisten haben sowieso nicht das Zeug zu einem erstklassigen Soldaten."
--- Ende Zitat ---
Das zeigt recht deutlich, dass sie jeden nehmen (müssen), der sich bewirbt. (Weil es ihr Recht ist, bei der Armee zu dienen.)

Ok, der Sergeant könnte lügen. Im weiteren Buch stellt sich ja heraus, dass er z.B. keine echten Prothesen hat und diese nur bekommen hat, um neue Rekruten abzustrecken. Aber wenn er sagt: "In der Verfassung steht...", dann wird er wohl die Wahrheit sagen.


--- Zitat ---Erfolgreich ist nicht das gleiche wie mächtig.
--- Ende Zitat ---
Das stimmt. Man erfährt natürlich nichts über das Wirtschaftssystem in der Förderation. Aber wenn es halbwegs kapitalistisch ist, dann sollte der Vater durch seinen Erfolg auch Geld und damit Macht angehäuft haben.


--- Zitat ---Bei Heinlein ist der Mensch ja wenig mehr als ein Tier, dass man mit Gewalt zu sozial akzeptablem Verhalten dressieren muss.
--- Ende Zitat ---
Jain.
Der Mensch ist ein Tier, wie dir jede Biologe bestätigen wird.
Und er muss nicht durch Gewalt zu sozial akzeptablen Verhalten dressiert werden: Ricos Eltern scheinen auch ziemlich gewaltfrei durchs Leben gegangen zu sein, und sind trotzdem soziale Menschen.

Was Heinlein aber glaubt ist, dass in bestimmten Situationen eine Prügelstrafe (Stock- bzw. Peitschenhiebe) wesentlich sinnvoller ist als eine Haftstrafe.

Pyromancer:

--- Zitat von: Eulenspiegel am 11.06.2007 | 23:03 ---
Und dann noch folgendes Zitat aus der deutschen Übersetzung.
Der Marinesergeant, mit den Prothesen erklärt den Leuten folgendes:

--- Zitat von: Starship Troopers ---Weil es bei gewissen Leuten zur Mode geworden ist - bei viel zu vielen Leuten -, sich beim Bund zu bewerben, sich sein Wahlrecht zu verdienen und dann eine Ordensschnalle am Revers tragen zu dürfen, die sie als Veteranen auszeichnet, gleichgültig, ob sie einen Einsatz mitgemacht haben oder nicht. Aber wenn ihr beim Bund dienen wollt und ich es euch nicht ausreden kann, dann müssen wir euch nehmen, weil das zu euren Grundrechten gehört. Die Verfassung garantiert jedem Mann und jeder Frau mit der Geburt das Recht, seinen Dienst beim Bund abzuleisten und damit sein volles Bürgerrecht zu erlangen. - Aber tatsächlich sind wir in arger Verlegenheit, für die vielen Freiwilligen eine Tätigkeit zu finden, die nicht nur aus glorifizierte Kartoffelschälen besteht. Ihr könnt nicht alle echte Soldaten sein; wir brauchen nicht so viele, und die meisten haben sowieso nicht das Zeug zu einem erstklassigen Soldaten."

--- Ende Zitat ---
Das zeigt recht deutlich, dass sie jeden nehmen (müssen), der sich bewirbt. (Weil es ihr Recht ist, bei der Armee zu dienen.)

--- Ende Zitat ---
Im Original ist da von "federal service" die Rede, was eben nicht nur die Armee einschließt, sondern auch zivile Tätigkeiten wie das Spielen von Versuchskaninchen für experimenteller Medikamente oder das testen von Überlebensausrüstung auf Titan.


--- Zitat ---Ok, der Sergeant könnte lügen. Im weiteren Buch stellt sich ja heraus, dass er z.B. keine echten Prothesen hat und diese nur bekommen hat, um neue Rekruten abzustrecken.

--- Ende Zitat ---

Der Mann trägt (zumindest in meiner Buchfassung) im Rekrutierungsbüro überhaupt keine Prothesen, sonder nimmt da einarmig und ohne Beine die potentiellen Rekruten in Empfang. Der Witz ist ja gerade, dass er "nach Feierabend" so gute Prothesen trägt, dass man sie nichtmal mehr als Prothesen erkennt.

Xemides:
Also Wahlrecht nur durch Armee dienst finde ich schon zemlich millitaristisch. Wirklich eine freie Wahl ist das nicht. Das wäre es, wenn man keine Einschränkung für die Verweigerung erdulden müßte.

Und zum the Verweigerung in der Realität:

Ein Freund von mir hatte sich für eine Offizierslaufbahn beworben. Als er dafür abgelehnt wurde hat er verweigert. Und ist nur mit der schriftlichen Begründung durchgekommen damit.

Da habe ich mich auch gefragt, ob das nicht ein bisschen komisch wirkt und warum er nicht zur mündlichen Anhöhrung muß.

Pyromancer:

--- Zitat ---Wie kommst Du darauf, das Heinlein dieser Denkweise ernsthaft anhing?
Starship Troppers ist imho bewusst provozierend geschrieben damit die Leser anfangen übr das Thema nachzudenken.

--- Ende Zitat ---

Bei Heinlein bin ich mir nicht sicher, obwohl vieles dafür spricht, dass er das wirklich so meint wie er es schreibt.

Ich dachte aber vielmehr an einige Leser des Buches, die das dort beschriebene System so vehement verteidigen.  ;)

Eulenspiegel:

--- Zitat von: Tobias D. am 11.06.2007 | 23:14 ---Im Original ist da von "federal service" die Rede, was eben nicht nur die Armee einschließt, sondern auch zivile Tätigkeiten wie das Spielen von Versuchskaninchen für experimenteller Medikamente oder das testen von Überlebensausrüstung auf Titan.
--- Ende Zitat ---
Ja, eine Seite weiter spricht er das auch in meiner Übersetzung an. Allerdings hört sich das teilweise nach Schauermärchen an, die er den Rekruten erzählt, um sie abzuschrecken. (Er tut in dieser Szene ja einiges, um die Leute davon abzuhalten, der Armee beizutreten.)

BTW:
Das Testen von Überlebensausrüstung stelle ich mir sicherer vor, als den Kampfeinsatz. Bevor Ausrüstung am Menschen getestet wird, wurde sie ja schon so getestet. Beim Kampfeinsatz hat man jedoch gute Chancen zu sterben.


--- Zitat von: Kazander am 12.06.2007 | 04:18 ---Also Wahlrecht nur durch Armee dienst finde ich schon zemlich millitaristisch. Wirklich eine freie Wahl ist das nicht. Das wäre es, wenn man keine Einschränkung für die Verweigerung erdulden müßte.
--- Ende Zitat ---
Also 'Einschränkung bei Verweigerung' ist immer noch besser als keine Verweigerung möglich.
Und wenn es nach der englischen Ausgabe geht, muss man scheinbar keinen Militärdienst leisten, sondern nur Staatsdienst oder "Förderaldienst".

2 Jahre sind vielleicht etwas viel. Aber ich finde, es ist überhaupt nichts Problematisches dran, ein Jahr seines Lebens für den Staat zu "opfern". (Also Bund oder Zivildienst zu leisten.)


--- Zitat ---Ein Freund von mir hatte sich für eine Offizierslaufbahn beworben. Als er dafür abgelehnt wurde hat er verweigert. Und ist nur mit der schriftlichen Begründung durchgekommen damit.
--- Ende Zitat ---
Ich bezog mich immer auf die Zeit vor 1990.
Nach dem Fall der Mauer wurde 1990 die Wehrpflicht liberalisiert.
2002 wurde die Wehrpflicht dann nochmal liberalisiert und die Überprüfung der Begründung abgeschafft.
Vor etwa einem halben Jahr wurde die Wehrpflicht dann nocheinmal liberalisiert, so dass man jetzt auch ohne Angabe von Gründen verweigern kann. (Aber immer noch Zivildienst leisten muss. - In der Förderation kann man komplett verweigern, so dass man weder Bund noch Zivildienst leisten muss.)


--- Zitat ---Da habe ich mich auch gefragt, ob das nicht ein bisschen komisch wirkt und warum er nicht zur mündlichen Anhöhrung muß.
--- Ende Zitat ---
Wenn er innerhalb des letzen halben Jahres verweigert hat, ist das normal: Seitdem darf man ohne Angabe von Gründen verweigern. (Man darf heutzutage also durchaus sagen: "Ich verweigere, weil ich keinen Bock habe.")


--- Zitat von: Tobias D. am 12.06.2007 | 13:41 ---Bei Heinlein bin ich mir nicht sicher, obwohl vieles dafür spricht, dass er das wirklich so meint wie er es schreibt.
--- Ende Zitat ---
Imho wollte er weder eine Utopie noch eine Dystopie erschaffen, sondern einfach nur ein alternatives System, das es noch nicht gab.
Dabei hat dieses System durchaus Einflüsse, die Heinlein gut fand, als auch Einflüsse, die Heinlein schlecht fand.

Von seinem Protagonisten Rico distanziert er sich insofern, als dass er ihn als dumm darstellt, dem die Verantwortung, die er zum Schluss erhält, über den Kopf wächst. (Das ist im Film genau andersrum.)

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