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Fast-Food-Rollenspiel aka Fuck me and Fuck off

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Ein:
Fast Food gilt ja gemeinhin als ziemlich ungesund, aber irgendwie scheint es dann doch seine Daseinsberechtigung zu haben. Sicherlich ist mühevoll zusammengekochtes, ob im Restaurant oder Zuhause, weit schmackhafter, andererseits passt Fast Food wunderbar zu dem Lebensstil, den immer mehr von uns führen, ob freiwillig oder erzwungen.

Aber was ist mit Rollenspiel? Ja, ja, wir erinnern uns sicherlich noch alle an unsere Schulzeiten, als wir so unendlich viel Zeit hatten, die wir im Rollenspiel verbrennen konnten. Stunden-, tage-, wochenlang haben wir uns durch fiktive Welten gepirscht, aufwendigste Regelkonstrukte aufgestellt und zum wiederholten Male die Ultimative Kampagne(TM) geplant, während andere Fußball gespielt und Mädels abgeschleppt haben.

Doch heute sieht das alles etwas anders aus. Wir gehen auf die 30, 40, 100 zu und sind zunehmens in berufliche, soziale, familäre und lebenserhaltende Verpflichtungen eingebunden, die ZEIT fressen. So spielen wir immer seltener. Unseren Freunden geht es ja auch nicht anders. Die haben auch kaum Zeit und meistens ausgerechnet dann, wenn wir keine haben. So werde die Rollenspielsessions seltener und seltener.

Doch unsere Ansprüche dadurch natürlich nicht geringer, sondern eher höher. Wer nur einmal im Monat einen Abend Zeit findet um die fiktiven Welten des Rollenspiels einzutauchen, der will diese wenigen Stunden, die er sich mühevoll frei geschaufelt hat, auch 200%ig auskosten. Also trennt man sich von vielen alten Gewohnheiten, Charaktere werden knall hart aufeinander abgestimmt, Motivation werden ignoriert oder gestreamlinet. Railroading? -- Früher gehasst wie die Pest, wird heute akzeptiert, so lange nur die Story vorangeht.

Aber auch unser Anspruch an die Systeme ändert sich. Sie sollen kurz, schnell, prägnant und möglichst unter 100 Seiten sein. 300-400 Seiten durchackern, von denen die Hälfte Fluff, unnötiger Crunch und Sonderregeln sind? Keine Chance, ein gutes Spiel bringt dasselbe auf 80 Seiten unter. Und natürlich sollen uns die Regeln nicht nur ein Werkzeug an die Hand geben, sondern sollen uns direkt ins Spiel katapultieren. Für das Bauen eines eigenen Katapults wollen noch können wir Zeit aufwenden.

Natürlich benehmen wir uns auch während des Spielen anders. Früher wurden oft tagelange Diskussionen über irgendwelche Regeln geführt. Heute wird das ganze kurz per Handzeichen abgewickelt. Springt ein Mitspieler aus der Reihe, stellt sich nicht nur der Spielleiter quer, sondern auch die anderen Spieler erheben das Wort. Im Härtefall wird einvernehmlich gemeinsam rausgeschmissen: Einer packt am Kragen, einer macht die Tür auf, einer tritt.

Generell finden wir es okay und nur natürlich Probleme auf der Metaebene zu lösen. Spiel gefällt nicht. Es wird ein Break gemacht, alle diskutieren drüber, dann gehts weiter. Im Zweifel wechselt sogar der Spielleiter mal eben. Sofern es überhaupt noch einen gibt, denn mit den richtigen Mechanismen kann man auch den wegrationalisieren und so noch schneller zum Kick kommen.

Ja, so ist wohl das Leben der Generation X im Rollenspiel. Kurz hin, Spaß bis zum Exzess haben und wieder abdüsen. Fuck me and fuck off.*

Wie geht's euch damit? Wie fühlt ihr euch? Zufrieden damit, oder wünscht ihr euch ein Slow down my role-playing life?
Gespannt auf Kommentare.


* Danke an Arbo für diesen prägnanten Ausdruck.

Fredi der Elch:
Du findest es schlecht, wenn die Gruppe über ihre Probleme spricht? Wenn die Leute, statt  sich durch 4 Stunden Langeweile kämpfen zu müssen, um dann 15 Minuten Spaß zu haben, das umgekehrte Verhältnis hinkriegen?  wtf?

Du bist ein sehr merkwürdiger Mensch...

Village Idiot:
Ich verstehe das auch irgendwie nicht! Echt beim besten Willen, gut meine Erfahrungen sind da wohl teilweise anders (vorallem bei dem Teil mit: in der Schulzeit dolle große, konsistente Kampangen und heute Railroding, keine Motivation) aber trotzdem einiges verstehe ich da echt nicht.  wtf?

Friedensbringer:
naja, er stellt nur fest wie es ist (und mal ehrlich: es ist so!) ohne zu werten.

ich seh das etwas zwiegespalten. ein wenig rührseelig werd ich schon wenn ich an unsere früheren "jeden sonntag wird gespielt" runden denke... heute is pacing angesagt, story vorantreiben, spotlight ausnutzen. schlecht ist das nicht - eher effektiv. aber ab und an sehn ich mich doch zurück...

my 2 cents

Falcon:
Gut, wir haben nicht mehr 4Tage in der Woche Zeit um 12Stunden Rollenspiel zu spielen. Aber ehrlich gesagt will ich das auch nicht. Es gibt von Allem zu viel des Guten und auf die stümperhaften und sehr langweiligen sich gegenseitig anödenden  Gehversuche, weil man nicht wusste wie Rollenspiel funktioniert, kann ich verzichten.
Das einzige was bleibt war der Reiz des Neuen. Den würde ich aber nicht gegen heute austauschen, wo ich weiss, was ich will (wär natürlich cooler wenn der Rest der Runde das auch wüsste).

Aber jeder Mensch hat Freizeit, sonst wären wir Sklaven. Wer einen regelmäßigen Tagesablauf hat (also nicht um die Welt jettet und alle paar Tage woanders nach Öl bohren muss) und sein Hobby im übertragenen Sinne ernst nimmt, findet auch Zeit zum Rollenspiel. Auch beinahe wöchentlich.
Keine Zeit zu haben heisst nur, daß einem anderes Wichtiger ist und man die Prioritäten anders setzt. Kein Grund rumzuheulen wenn man es ändern kann.

aber ich bevorzuge auch Fast-Food, wie du es sagst (wobei ich nicht so extrem trashig spiele). Aber nur weil ich weiss, daß man keine komplizierten Regeln und langes Tavernengequatsche braucht um einen spannende Rollenspielabend zu haben.

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