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Wieviele Fertigkeiten braucht ein System?
Ein:
--- Zitat ---Regeln geben uns ein Gerüst, das wir benötigen. Je detailierter diese sind (wohl gemerkt: nicht kompliziert, sondern detailiert), desto besser klappt das ganze, desto individueller wird es und desto länger haben wir spaß dran.
--- Ende Zitat ---
Nur diesen Einwurf, weil es wieder so eine Sinnlosdiskussion wird.
Nein, Regeln sind um so besser, je robuster sie sind. Denn was bringt mir das detaillierteste System, wenn es keine Ausnahmen abfängt? Wenn zwei System, eines ohne Fertigkeiten und eines mit Fertigkeiten gleich robust sind, dann ist dem einfacheren System der Vorzug zu geben, denn ein gutes Design zeichnet sich dadurch aus, dass man nichts mehr wegnehmen kann.
Vgl.a. killedcat, der das sehr schön verdeutlicht.
Im Übrigen hängt Individualität immer noch nicht von der Anzahl der Werte des Charakters ab. Ein Charakter mit 200 Werten kann ohne Probleme die Individualität (oder besser Tiefe) eines roten Gummibärchens haben, ebenso wie ein Charakter ohne Werte der Inbegriff von Tiefe sein. Denn Werte ersetzen immer noch kein Rollenspiel (also das Spielen einer Rolle).
ragnar:
Wieviele Fertigkeiten braucht ein System?
Ich halte mich eigentlich für einen Crunch-Junky, aber: Keine. Sie sind ein Werkzeug das man einsetzten kann, die ich auch in verschiedenen Ausführungen schätze, die ich aber auch in der Ausführung "nicht vorhanden" spielen kann und z.T. duchaus schätze.
Vor allen Dingen zur Individualisierung halte ich Fertigkeiten für Recht ungeeignet (z.B. wenn sich bei CoC, trotz vieler Fertigkeiten und vieler Abstufungen ein Schnüffler und ein Cop sich in Fertigkeiten um 3%, 5% oder auch 20% unterscheiden, sind das halt nur Chancen die (wenn Würfel dazu kommen oftmal verrückt spielen und) generell nichts über das Individuum aussagen). Da sind Traits/Edges/Feats und Konsorten besser geeignet (und auch dabei gibt es verschiedene Varianten die verschieden Effektiv sind).
--- Zitat von: URPG am 4.08.2008 | 15:17 ---Ich selbst bin mit 29 Jahren und nur gut 17 davon Rollenspielerfahrung leider(?) kein D&D spieler der ersten Runde (und dazu noch nicht amerikaner), ich kann es immer nur mit HeroQuest vergleichen. Ja, dem Brettspiel.
--- Ende Zitat ---
Gehöre auch nicht zur ersten Runde, glaube aber an einer Teilgenommen zu haben, hier mal Nachhilfe/meine Eindrücke:
1) Bei D&D sahen "Fertigkeiten" (also jene Eigenschaften die nicht anderweitig vom System festgehalten wurden) wohl in etwa wie folgt aus: Plausibilitätsabschätzung durch den DM aufgrund von Hintergrundgeschichte, Umständen, und Attributswerten ("Ich entstamme einem Clan von Reiternomaden und die Zeit seit dem letzten Abenteuer habe ich damit verbracht mein Pferd abzurichten, wie schwer kann es schon sein es dazu zu bewegen über den Abgrund zu springen?"- "Dazu kommt das du recht besonnen mit dem Tier umgehen kannst (Hohe Weisheit) so das du recht Problemlos drüben ankommst"). Manchmal (aber nicht immer) unterstützt von Würfelwürfen ( "Das mit deiner Vorgeschichte und dem Pferd stimmt ja schon, überzeugt mich aber nicht ganz und der Abgrund ist sehr breit, würfel mal unter Weisheit+1 um dein Pferd dazu zu bewegen im richtigen Moment abzuspringen und drüben zu landen"). Es war natürlich immer "SL-Willkür" dabei, aber das sie niemandes "Invenstitionen" (EP) zunichte machte, gab es selten Grund sich zu beschweren und da man Umstände ebenso wie die Hintergrundgeschichte manipulieren/weiterentwickeln konnte, gab es da eigentlich weniger Probleme und mehr Charakterentwicklung als man gemeinhin annimmt (Charakterentwicklung: Wenn der Charakter 15 Ingame-Jahre nach seiner Kindheit versucht das Handwerk nachzuempfinden das er sich bei seinem Vater abgeschaut hat, seitdem er sich im Streit von ihm getrennt hat aber nicht mehr nutzte, wird er erstmal arg eingerostet sein (eine Entwicklung die in wenigen "vollwertigen" Fertigkeitssystemen drin ist (und wenn doch dann oft schmerzhaft für den Spieler, gehen doch oft investierte EP flöten)). Etwas recht ähnliches findet man heutzutage bei Savage Worlds in der Regel "Common Knowledge". Man kann sie jedenfalls so nutzen.
Aber Charakter entwicklung muss ja nix mit der Entwicklung der Spielwerte zu tun haben, das sich das Wesen eines Charakters ändert ist eine durchaus interessante (manchmal auch die Interessantere) Entwicklung die aber selten als Wert fest gehalten wird.
2) Die Entwicklung in den Klassen scheint dir stark eingeschränkt, aber Entwicklung fand an ganz anderen Stelle statt, als die auf die du achtest:
2a) "Wahl" der Ausrüstung. Klingt Blöd ist aber so. Ein Zauberer gleicht dem anderen? Vielleicht wenn sie mit Knüppeln kämpfen, aber nicht in ihrem Spezialgebiet. Da Zauber stark gehütet wurden und man sie nicht frei wählen/entwickeln konnte, wurde jeder Zauber teuer erkämpft und es ergab sich aus der Zauberselektion eines Magier, das sich eigentlich keine zwei Magier nennenswert ähnelten. Ähnlich verhielt es sich mit der magischen Ausrüstung der Charaktere jenseits ihrer Spezialgebiete. Meist war eine Queste daran gebunden etwas besonderes zu erhalten (man verlies sich ja nicht darauf das man einen gewünschten Gegenstand durch eine Zufallsbegegnung bekam) und dann hatte man kein "einfaches Henkersschwert" in der Hand, sondern das Schwert von Sorenson dem Schrecklichen und man wurde Teil der Legende die sich um dieses Schwert drehten (oder das Schwert Teil der eigenen Legende). Sowohl die Wahl als auch die Auswahl der Ausrüstung war recht bedeutend.
2b) Eine Recht normale Entwicklung schien es zu sein, das sich die Spiele (im Gegensatz zu dem Brettspiel Heroquest) aus dem Dungeon heraus fortentwickeln. Wenn sich ein Charakter erstmal als Überlebensfähig erwiesen hat, werden auch die Bekanntschaften und sein Wissen wichtig(-er), man bekommt früher oder später gesellschaftliche/politische Macht (spätestens mit dem Name-level) und möglicherweise sogar welche die darüber hinaus geht (Falls man in die Sphären der Immortals vordringt).
Eine für viele Spieler wichtige Entwicklung war die "Vernetzung" des Charakters, also wen er kennt, welche Beziehungen er mit diesen Personen unterhält und wie er mit seinem Wissen die Welt "manipulieren" kann.
Klar gibt es nebenbei immer noch Dungeons aber statt "Eine Gruppe Erststufler versucht das Dungeon der Woche zu Überleben" wird daraus halt recht schnell "Die Herrscher von GroßHilzau, steigen in die Tiefen der Unterwelt herab um z.B. einen Krieg abzuhalten, neue Verbündete zu gewinnen, oder (halbwegs klassisch, aber nun mit ernstem Hintergrund) die Prinzessin zu retten die ihnen die Thronfolge sichern soll (man will ja schließlich, falls der Charakter draufgeht, jemanden haben der die Vernetzung wenigstens zum Teil erbt).
Das alles konsequent durchgezogen und es würde mir nichts ausmachen, wenn sich Charaktere Wertetechnisch durch gar nichts unterscheiden. Dahinter (Die Welt dermaßen lebendig zu halten) steckt aber auch eine Menge Arbeit...
Arbo:
@ Ein:
Wenn Dein Einwurf weiter oben an mich gerichtet war ... Mit einem freien bzw. offenen "reinen" Fertigkeitssystem meinte ich sowas in Richtung Over the Edge. Gut, das passt auch nicht so wirklich ... aber irgendwie in diese Richtung meinte ich es: Fertigkeiten ausdenken, möglichst mit "griffigen" Bezeichnungen ... im Sinne von "Berufsfeld" werden dann bspw. bestimmte grundsätzlichen Sachen "abgedeckt", wobei der "Beruf" dann eher als Gedankenstütze und Ideenradgeber fungiert. Da gibt es vielleicht zig verschiedene "Fertigkeiten", die aber dann charaktertypisch sind ... während der Aristokrat "tanzt" ... "schwingt" der Rock'n'Roller die "Hüfte" ... der Metaller das "Haar" und der Derwisch den Säbel. ;) Ich meine, in etwa dürfte dann doch wohl klar sein, wie sich das im Spiel umsetzen lässt.
@ Generell:
Ansonsten denke ich, sollten wir vielleicht noch einmal auf das Eingangsposting zurück kommen. Ich denke, Aradur erwähnte nicht ohne Grund "Rolemaster". Und ich vermute, es geht ihm darum, wie Spieler, die Spaß am ausführlichen „Ausstatten“ haben, ein Fertigkeitensystem geliefert bekommen, ohne dass dieses gleich in einem Fertigkeitenwald enden muss.
Ich meine, wichtig ist schon, zu wissen, was ein Charakter in diesen und jenen Lagen / Situationen kann oder nicht. Gerade in historischen Settings ist das nicht gerade zu vernachlässigen. Und selbst, wenn mit allgemeinen „Berufsbildern“ gearbeitet wird, wird mensch doch nicht umhin kommen, dort wieder bestimmte Fertigkeiten zu nennen. Hm ... :-\
Arbo
Eulenspiegel:
--- Zitat von: Ein am 4.08.2008 | 09:13 ---Dass ein Kampfsystem geradezu nach Fertigkeiten schreit. Fertigkeiten bedingen ja in ihrer Art, dass sie optional sind, da sie dazu dienen sollen den Charakter auszuschmücken. Falls es in einem System Werte gibt, die zwingend sind, wie Kampffertigkeiten, dann kann man auch direkt Attribute daraus machen, da die Optionalität de facto nicht gegeben ist.
--- Ende Zitat ---
1) Nein. Es kann zwar sein, dass es ausgefeilte Kampfregeln gibt. Trotzdem muss es nicht zwangsläufig so sein, dass alle Chars Kämpfer sind. - Es kann auch trotz detaillierter Kampfregeln der Fall sein, dass Nichtkampftalente ebenso wichtig sind und es keine Probleme gibt, einen Nichtkämpfer zu spielen. Kampftalente sind nur notwendig, wenn der Großteil des RPGs aus Kampf besteht.
2) Selbst, wenn der Großteil des Abends aus Kampf besteht, heißt das nur, dass Kampftalente zwingend sind. Es sagt aber noch nichts darüber aus, welche Kampftalente wichtig sind.
So kann es zum Beispiel die Kampftalente
- von hinten meucheln
- Finte
- Wuchtschlag
- Panzerbrecher
- zu Fall bringen
- Provozieren
- entwaffnen
geben. Aber welches Kampftalent man kauft, und wie stark man dieses Talents teigert, ist wiederum optional.
BTW:
In D&D 3 sowie D&D 4 gibt es Talente.
--- Zitat von: killedcat am 4.08.2008 | 16:53 ---Spieler A möchte unbedingt etwas "verwubbeln". Nun muss ich überlegen, ob es die Fähigkeit "verwubbeln" überhaupt gibt / geben soll. Wenn nicht, könnte sie vielleicht von einer anderen Fähigkeit wie z.B. "obigabeln" abgedeckt sein? Oder handelt es sich um einen klassischen Fall einer Attributsprobe? Dies alles zu entscheiden wird um so schwieriger, je mehr Fähigkeiten ich habe.
--- Ende Zitat ---
Komisch. Dieses Problem hatte ich selbst bei DSA nicht. (Und dieses System wird ja häufig als Beispiel für viele Talente herangezogen.)
Der Spieler sagt, was er machen will und welches Talent er dafür benutzen will. - Dann entscheide ich als SL, ob die Fertigkeit super passend ist (keine Abzüge), fast passt (wenig Abzüge) oder nur halbwegs passt (hohe Abzüge).
Ich hatte damit noch nie Probleme. (Selbst, wenn ich solche Monstren wie DSA spiele.)
--- Zitat von: ragnar am 4.08.2008 | 18:06 ---Vor allen Dingen zur Individualisierung halte ich Fertigkeiten für Recht ungeeignet (z.B. wenn sich bei CoC, trotz vieler Fertigkeiten und vieler Abstufungen ein Schnüffler und ein Cop sich in Fertigkeiten um 3%, 5% oder auch 20% unterscheiden, sind das halt nur Chancen die (wenn Würfel dazu kommen oftmal verrückt spielen und) generell nichts über das Individuum aussagen). Da sind Traits/Edges/Feats und Konsorten besser geeignet (und auch dabei gibt es verschiedene Varianten die verschieden Effektiv sind).
--- Ende Zitat ---
Wieso sagt ein 0/1 Wert mehr über den Charakter aus, als eine skalierbare Größe?
Klar sind Vorteile hilfreich. Ich würde kein System wollen, dass NUR auf Talenten basiert.
Aber ebenso würde ich kein System wollen, dass NUR auf Vor- und Nachteilen besteht.
Imho ist es die Mischung von beiden, die eine Differenzierung am besten ermöglicht.
--- Zitat ---2) Die Entwicklung in den Klassen scheint dir stark eingeschränkt, aber Entwicklung fand an ganz anderen Stelle statt, als die auf die du achtest:
2a) "Wahl" der Ausrüstung.
--- Ende Zitat ---
Diese Wahl hast du erst recht bei klassenlosen Systemen. (Im Gegegenteil, ist die Wahl der Ausrüstung bei Klassen häufiger stärker eingeschränkt als bei klassenlosen Systemen.)
--- Zitat ---2b) Eine Recht normale Entwicklung schien es zu sein, das sich die Spiele (im Gegensatz zu dem Brettspiel Heroquest) aus dem Dungeon heraus fortentwickeln. Wenn sich ein Charakter erstmal als Überlebensfähig erwiesen hat, werden auch die Bekanntschaften und sein Wissen wichtig(-er), man bekommt früher oder später gesellschaftliche/politische Macht
--- Ende Zitat ---
Und was hat das mit Klassen vs. klassenlos bzw mit
viele Talente vs. wenig Talente zu tun?
--- Zitat ---Das alles konsequent durchgezogen und es würde mir nichts ausmachen, wenn sich Charaktere Wertetechnisch durch gar nichts unterscheiden. Dahinter (Die Welt dermaßen lebendig zu halten) steckt aber auch eine Menge Arbeit...
--- Ende Zitat ---
Wie schon mehrmals gesagt: Niemand spricht sich gegen Freeformen aus. - Freeform kann durchaus Spaß machen. - Wenn ich aber auf Freeform verzichte und ein Regelwerk benutzen will, dann sollte es wenigstens ein anständiges Regelwerk sein.
killedcat:
--- Zitat von: Eulenspiegel am 5.08.2008 | 02:55 ---Komisch. Dieses Problem hatte ich selbst bei DSA nicht. (Und dieses System wird ja häufig als Beispiel für viele Talente herangezogen.)
Der Spieler sagt, was er machen will und welches Talent er dafür benutzen will. - Dann entscheide ich als SL, ob die Fertigkeit super passend ist (keine Abzüge), fast passt (wenig Abzüge) oder nur halbwegs passt (hohe Abzüge).
Ich hatte damit noch nie Probleme. (Selbst, wenn ich solche Monstren wie DSA spiele.)
--- Ende Zitat ---
Nein, das o.a. Problem ist da. Das ist nicht zu leugnen. Dass manche - wie du - damit ganz natürlich umgehen können, steht dabei außer Frage. Du zum Beispiel umschiffst das Problem mit der Vergabe von Abzügen, das hast du ja selbst geschrieben. Das ist bei vielen anderen Spielen mit weniger Fertigkeiten schlicht einfacher oder gar unnötig. Und das zeigt, dass soetwas ein Manko von Spielen mit vielen Fertigkeiten ist.
Das heißt nicht, dass Spiele mit vielen Fertigkeiten unspielbar sind oder keinen Spaß machen. Das heißt auch nicht, dass die vielen Fertigkeiten nicht bei manchen Systemen ihre Berechtigung haben. Es heißt einfach das: diese (von mir angesprochenen Probleme) treten eben hauptsächlich bei Systemen mit vielen Fertigkeiten auf. Mehr nicht.
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